19. Dezember 2025

Weltweit: Neujahrsfeiern von der Antike zur Gegenwart

Seit der Antike sind Neujahrsfeierlichkeiten mit den religiösen, sozialen, politischen und astronomischen Kontexten menschlicher Gesellschaften verbunden. Mit der Entwicklung von Kalendersystemen, die hauptsächlich auf astronomischen Beobachtungen und Berechnungen der Bewegung von Sonne und Mond basieren, haben die Menschen den Jahresbeginn als Anlass zum Feiern und zum symbolischen Ausdruck der Erneuerung der Zeit genutzt. Trotz der Einheitlichkeit des Anlasses, den der Beginn eines neuen Jahres darstellt, variierten die Formen und Methoden der Feierlichkeiten zwischen den verschiedenen Kulturen und Zivilisationen, da diese Praktiken eng mit den intellektuellen, religiösen und politischen Überzeugungen verbunden waren, die in jeder Gesellschaft und Epoche vorherrschten. Diese Feierlichkeiten haben sich im Laufe der Geschichte kontinuierlich verändert und sind in der Moderne zu einem globalen Phänomen geworden, das von den meisten Völkern geteilt wird, wobei jede Kultur ihre eigenen einzigartigen Ausdrucksformen bewahrt hat.

Legitimation des Königs durch die Götter

Das Akitu-Fest in den Zivilisationen der Sumerer und Babylonier in Mesopotamien gilt als das älteste bekannte Neujahrsfest und reicht bis etwa 2000 v. Chr. zurück. Es begann mit der Frühlings-Tagundnachtgleiche im April und symbolisierte den Beginn der Landwirtschaftssaison und die Erneuerung des Lebens. Akitu war geprägt von religiösen und politischen Ritualen wie das Tragen von Götterstatuen in religiösen Prozessionen, die Aufführung von Ritualen, die den Kampf der Götter und den Sieg der Ordnung über das Chaos darstellten, sowie die Erneuerung der Legitimität des Königs durch einen Treueeid gegenüber dem Gott Marduk. Hinzu kamen zwölf Tage volkstümlicher Feierlichkeiten mit Gesängen und Festmahlen. Akitu spiegelte die zentrale Bedeutung des Königs und der Götter in der Gesellschaft und ihre Beziehung zum kosmischen und sozialen Gleichgewicht wider.

Erneuerung des Lebens durch die Überschwemmung des Nil

Das Neujahrsfest im alten Ägypten stand im Zusammenhang mit der jährlichen Überschwemmung des Nil im Juni und dem Erscheinen des Sterns Sirius am Himmel. Das Fest war als „Wibit-Renbet” oder Beginn des neuen Jahres bekannt. Dieses Ereignis war ein Symbol für die Erneuerung des Lebens und die Fruchtbarkeit des Landes und stand daher in engem Zusammenhang mit dem landwirtschaftlichen Zyklus, der die Grundlage der ägyptischen Zivilisation bildete. Zu den Feierlichkeiten gehörten feierliche religiöse Rituale in den Tempeln von Amun, Ra und Isis sowie Opfergaben an die Götter aus Dankbarkeit für das Eintreffen der Flut, die das Leben erneuerte und die Fortsetzung der landwirtschaftlichen Produktion sicherstellte. Das Anzünden von Fackeln war ebenfalls Teil der Rituale und symbolisierte Fruchtbarkeit und Licht. Daneben gab es Volksfeste mit Gesang, Musik und Gruppentänzen, die dem Ereignis eine soziale Dimension verliehen.

Dionysos-Feiern mit Theater und Kunst

Die Griechen hatten kein festes Datum für den Beginn des Jahres, da dieses von Stadt zu Stadt und von Land zu Land variierte. In einigen Regionen begann das Jahr mitten im Sommer, während es in anderen mit dem Beginn des Winters startete. Neujahrsfeiern waren mit der Religion verbunden, wobei den Göttern Bitten und Segenswünsche dargebracht wurden, um Glück und Wohlstand zu erhalten. Einer der bedeutendsten Götter, der gefeiert wurde, war Dionysos, der Gott des Weines und der Freude, dessen Feste mit Fröhlichkeit, Theater und der Feier des Lebens verbunden waren. Religiöse Theaterstücke waren ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil der Rituale und wurden an öffentlichen Orten aufgeführt, um die religiösen, sozialen und historischen Werte der Gesellschaft zum Ausdruck zu bringen. Darüber hinaus umfassten die Feierlichkeiten öffentliche Bankette und Prozessionen, die die Menschen zu sozialen Interaktionen und zur Feier der Kunst und Freude zusammenbrachten. Durch diese Veranstaltungen erhielt das Fest einen ausgeprägten sozialen und künstlerischen Charakter und war nicht mehr mit Politik oder Macht verbunden.

Licht und Güte gegenüber Dunkelheit und Bösem

Nowruz, das von den alten Persern und den Kurden gefeiert wurde, ist eines der ältesten Feste, die noch heute begangen werden. Es beginnt mit der Frühlings-Tagundnachtgleiche und symbolisiert die Erneuerung der Natur. Zu den Traditionen gehören das Reinigen der Häuser, das Springen über Feuer zur symbolischen Reinigung und das Feiern in Gärten und Feldern. Diese Bräuche stehen in Verbindung mit dem zoroastrischen Glauben, der die Bedeutung von Licht und Güte gegenüber Dunkelheit und Bösem betont.

Seit Cäsar beginnt das Jahr am 1. Januar

In der römischen Zivilisation markierte die Festlegung des Neujahrs einen historischen Wendepunkt, da das Jahr im März begann, bevor Julius Cäsar 46 v. Chr. beschloss, den 1. Januar zu Ehren von Janus, dem Gott der Türen und Anfänge, als Jahresbeginn festzulegen. Zu den Feierlichkeiten gehörten der Austausch von Geschenken, das Entzünden von Feuern, öffentliche Bankette und Opfergaben an Janus, um ein gesegnetes Jahr zu erbitten. Dieses System wurde zur Grundlage für den heute weltweit verwendeten Gregorianischen Kalender.

Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Gendarmenmarkt. Hier findet an Silvester eine große Feuerwerk-Show statt. Foto: Youssef Kanjou.

Feuerwerke und Drachenfeste

Das chinesische Neujahrsfest, auch „Frühlingsfest“ genannt, ist eines der ältesten Feste, das bis heute gefeiert wird. Es basiert auf dem Mondkalender und findet zwischen Ende Januar und Mitte Februar statt. Zu den Feierlichkeiten gehören Feuerwerke, Drachen- und Löwentänze, das Überreichen von Geschenken, Besuche bei Verwandten und die Verteilung von roten Umschlägen, die Glück bringen sollen. Dieses Fest spiegelt eine Mischung aus volkstümlichen Traditionen und konfuzianischer Philosophie wider.

Feuerzeremonien zu Ehren der Erneuerung der Welt

Die Neujahrsfeierlichkeiten in den alten Zivilisationen der Mayas und Azteken im heutigen Mexiko waren direkt mit religiösen und landwirtschaftlichen Kalendern verbunden und nicht, wie heute, an ein festes Datum gebunden. Der Beginn des Jahres wurde durch die Bewegung der Sonne und der Sterne bestimmt, insbesondere im Sonnenkalender (365 Tage) und im heiligen Kalender (260 Tage). Am Ende jedes Zyklus führten die Menschen religiöse Rituale durch, wie das Löschen und Wiederentfachen von Feuern, Opfergaben und Bitten um Segen und Schutz für das neue Jahr. Wenn die beiden Kalender alle 52 Jahre im aztekischen Kalender zusammenfielen, veranstalteten sie ein großes Fest, die sogenannte Feuerzeremonie, um die Erneuerung der Welt und den Beginn einer neuen Ära zu feiern.

Trinkgelage und Feuer zur Beschwörung des Lichts

Über das Neujahrsfest bei den alten germanischen Stämmen in Mittel- und Nordeuropa gibt es keine direkten Quellen, aber Hinweise in Texten römischer Historiker, in angelsächsischen und isländischen Sagen und Chroniken des Mittelalters sowie archäologische Befunde. Das Datum des Neujahrsfests war nicht einheitlich, die meisten Stämme legten es als Julfest in die Mitte des Winters in die Nähe der Wintersonnenwende, einige Stämme aber auf den Frühlingsbeginn. Das große Julfest bestand aus exzessiven kollektiven Trinkgelagen, Dank- und Segensopfern für das kommende Jahr und Opfern für Fruchtbarkeit und Schutz. Eine ganz wichtige Rolle spielten Feuerrituale, Fackeln und Julfeuer als Symbol des „neu geborenen Lichts“ nach der langen Dunkelheit des skandinavischen Winters. Damit ging einher die Vorstellung, dass die Ahnen in der dunklen Jahreszeit nahe sind. An vielen Orten hatten die sogenannten zwölf „Rauhnächte“ zwischen der Sonnenwende und dem heutigen 1. Januar eine besondere Bedeutung: Hier fühlten sich die Menschen bedroht durch überirdische Reiter auf der „wilden Jagd“.

Globalisierung des Kalenders und Säkularisierung der Feiern

Heute gilt in der ganzen Welt der Gregorianische Kalender, sodass der 1. Januar in den meisten Ländern der offizielle Beginn des Jahres ist, obwohl einige traditionelle Kalender wie der chinesische, persische, hebräische und äthiopische Kalender weiterhin verwendet werden. Die Feierlichkeiten haben durch die Globalisierung und die Verbreitung des Internets einen globalen, säkularen Charakter angenommen und umfassen Countdowns, Feuerwerke, den Austausch von Glückwünschen und Geschenken, persönliche Neujahrsvorsätze und gesellschaftliche Zusammenkünfte. Dieser moderne Stil ist eher gesellig und unterhaltsam als religiös.

Neujahrsfeiern offenbaren einen wichtigen Aspekt der Entwicklung der menschlichen Kultur, da sich die Idee von einem religiösen und landwirtschaftlichen Ereignis, das mit der Natur und den Göttern verbunden war, zu einem globalen gesellschaftlichen Ereignis gewandelt hat, das von einem festlichen Charakter geprägt ist. Es handelt sich nicht nur um ein vorübergehendes Unterhaltungsritual, sondern um ein historisch entstandenes kulturelles Phänomen, das die Beziehung der Menschheit zur Zeit, zum Universum und zur Gesellschaft widerspiegelt. Es hat seinen Ursprung in einem astronomischen und religiösen Kontext und hat sich zu einem globalen gesellschaftlichen Ereignis mit tiefer symbolischer Bedeutung entwickelt. Trotz der Einheitlichkeit des Anlasses zeugt die Vielfalt der Feierlichkeiten von der Reichhaltigkeit der menschlichen Erfahrung und der Vielzahl von Möglichkeiten, die Idee des Neubeginns und der Erneuerung zum Ausdruck zu bringen. Die Globalisierung der Feiern erzeugt durch die Zeitzonen der Erde den Effekt, das stündlich in anderen Regionen das neue Jahr beginnt, weltweit durch Fernsehnachrichten sichtbar gemacht. Der Reigen beginnt im Pazifik auf der Weihnachtsinsel und endet wieder im Pazifik auf den US-amerikanischen Baker- und Howland-Inseln.

Siehe auch:
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tun25031801

Von Youssef Kanjou

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