von Wolfgang Sannwald
Dieser Beitrag wurde 2004 verfasst und in den Tübinger Blättern veröffentlicht. Mittlerweile haben sich viele Museen stark modernisiert, beispielsweise das Stadtmuseum Tübingen, das Museum der Universität Tübingen, das Schlossmuseum Kirchentellinsfurt. Einige kleinere Museen gibt es nicht mehr, so das der Familie Huber in Wolfenhausen.
Der Artikel entstand im Zusammenhang mit der Publikation Wolfgang Sannwald (Hg.): AnsichtsSachen: Museumserlebnis im Landkreis Tübingen, Gomaringen 2024.
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Der Landkreis Tübingen gehört europaweit zu den Regionen, die am dichtesten mit Museen ausgestattet sind. Insgesamt 40 Museen und weitere museale Einrichtungen sichern Tradition und Identität. Damit tragen sie – als „weicher“ Standortfaktor – erheblich zur Lebensqualität bei. Besonders spannend im Landkreis Tübingen ist das Nebeneinander von überregional, ja international bedeutsamen Sammlungen, überraschenden Spezialausstellungen und innovativen oder traditionellen Heimatmuseen.
Schätze der Universität
Verhältnismäßig viele der hiesigen Museen zählen zu den „global players“ des Museumswesens. Vor allem einzelne Ausstellungsstücke und komplette Sammlungen der Universitätsmuseen auf Schloss Hohentübingen besitzen Weltgeltung. Hier sind neben vielen anderen Kostbarkeiten die ältesten Kunstwerke der Menschheit von der Vogelherdhöhle bei Ulm ausgestellt, außerdem eine reliefverzierte Opferkammer vom Fuß der Cheopspyramide in Gizeh, Töpferware aus dem antiken Troja oder auch der weltberühmte „Tübinger Waffenläufer“. Weltweit einmalig sind auch die vielen Ichthyosaurier im Geologisch-Paläontologischen Museum in der Sigwartstraße. Zu den Glanzstücken in unserem Landkreis gehören außerdem die historischen Meteoritenfunde der Mineralogischen Sammlung der Universität – versteckt in einer unscheinbaren braunen Baracke hinter dem Lothar-Meyer-Bau. Die Zoologische Sammlung, in einem unauffälligen Gebäude im Schatten der neuen Mensa untergebracht, präsentiert in ausgestopfter oder anderweitig konservierter Form sämtliche Wirbeltiere und Insektengruppen Mitteleuropas, darunter einige, die heute als ausgestorben gelten. Den Reichtum der universitären Sammlungen verdanken wir Professoren, die bereits im 19. Jahrhundert oder noch früher Fundstücke aus ihrem Fachgebiet zusammengetragen haben, um ihren Studenten die Lehrinhalte veranschaulichen oder das Forschen beibringen zu können.
Auch einigen nichtuniversitären Museen der Region verleiht ihre lange und mitunter eigenwillige Sammeltradition eine überregionale Bedeutung. So verfügt das seit 1862 aufgebaute Rottenburger Diözesanmuseum mit seiner auf den ersten Blick eher unspektakulären Sammlung von Reliquiengläsern über eine weltweit führende Dokumentation zur Geschichte des Glases vom 2. bis zum 19. Jahrhundert. Darüber hinaus genießen einige der Plastiken und Tafelbilder eine Geltung, die sich anhand von Abdrucken in der internationalen Literatur belegen lässt, zum Beispiel zwei romanische Bronze-Kruzifixe, das „Bursa-Reliquiar“ von Ennabeuren oder Werke des Ulmer Bildhauers Hans Multscher.
Mitunter haben auch glückliche Umstände die langjährige Sammeltradition ersetzt und dazu geführt, dass hochrangige Sammlungen im Landkreis Tübingen ausgestellt sind. So erhielt das Stadtmuseum Tübingen seine Sammlung Lotte Reiniger dadurch, dass die weltbedeutende Scherenschnittkünstlerin ihren Lebensabend bei dem Ehepaar Happ in Dettenhausen verbrachte. Heute widmet das Tübinger Stadtmuseum der Künstlerin, die mit ihrem Scherenschnittfilm „Die Abenteuer des Prinzen Achmed“ in den 1920er Jahren Filmgeschichte schrieb, eine Dauerausstellung. Privater Sammelleidenschaft und der Bereitschaft, entsprechend zu investieren, verdankt das Auto- und Spielzeugmuseum Boxenstop seinen internationalen Rang. Hier stehen Rennwagen, die internationale Sportgeschichte schrieben, beispielsweise das ultra-niedere BMW-Renngespann, mit dem Klaus Enders 1969 einen Weltmeistertitel errang.
Manches Museum gewinnt seine überregionale Bedeutung weniger durch die Qualität seiner Ausstellungsstücke als durch die Bedeutung von Persönlichkeiten oder Themen, denen es sich widmet. Hierzu gehören etwa die literarischen Museen, aber auch das Pustefix-Museum in Kilchberg. In seinem Fall sorgt die Faszination der aus Kindertagen vertrauten Seifenblasen und dessen weltweite Verbreitung dafür, dass man Busse aus den Niederlanden davor parken sieht.
Museumsboom
Die Sammlung ist der Kern fast jedes Museums. Deren Qualität kann einer Ausstellung bereits überregionalen oder gar internationalen Rang verleihen. Je früher mit dem Sammeln begonnen wurde, desto bedeutender sind in der Regel die Bestände. Auch dem Bestand des Stadtmuseums Tübingen kommt zugute, dass seit 1895 gezielt dafür gesammelt wird. In Rottenburg baute der Sülchgauer Altertumsverein seit 1894 eine Sammlung auf, von der bereits Teile im Römermuseum der Stadt zu sehen sind, andere in eine geplante Vorderösterreich-Ausstellung in der Zehntscheuer einfließen werden.
Die übrigen Heimatmuseen im Gebiet des Landkreises Tübingen sind jüngeren Ursprungs und stammen aus der Zeit lange nach dem Zweiten Weltkrieg. Das älteste unter ihnen dürfte das Privatmuseum Huber in Neustetten-Wolfenhausen von 1962 sein. Als erstes Museum in einer nichtstädtischen Kommune entstand das Heimatmuseum in Neustetten-Remmingsheim 1976. Einen wahren Museumsboom erlebten und erzeugten die Kommunen, die Universität Tübingen sowie einige Privatpersonen im Landkreis Tübingen während der 1980er und 1990er Jahre. In diesen beiden Jahrzehnten entstand etwa die Hälfte der heute bestehenden Sammlungen neu oder wurde neu ausgestellt.
Der Museumsboom der 1980er und 1990er Jahre | ||
Ort | Museum | (Neu-) Eröffnungsjahr |
Baisingen | Gedenkstätte Synagoge | 1998 |
Bodelshausen | Heimatgeschichtliche Sammlung | 2000 |
Dettenhausen | Kathreehäusle | 1988 |
Dettenhausen | Schönbuchmuseum | 1989 |
Gomaringen | Schloss- und Gustav Schwab-Museum | 1998 |
Kirchentellinsfurt | Schlossmuseum | 1989 |
Mössingen | Sammlung Heimatmuseum | 1985 |
Mössingen | Rechenmacherwerkstatt | 1988 |
Mössingen | Wechselausstellungen des Heimatmuseums | 1989 |
Obernau | Tante-Emma-Laden | 1995 |
Ofterdingen | Museumsscheuer Sattlergasse | 1999, 2002 |
Öschingen | Holzschnittmuseum Herzer | 2001 |
Rottenburg | St. Moriz | 1986 |
Rottenburg | Sumelocenna-Museum | 1992 |
Rottenburg | Diözesanmuseum | 1996 |
Talheim | Raumfahrtmuseum | 1999 |
Tübingen | Boxenstop | 1985 |
Tübingen | Hölderlinturm | 1985 |
Tübingen | Mineralogische Sammlung | 1990 |
Tübingen | Stadtmuseum | 1992 |
Tübingen | Hohentübingen | 1997 |
Unterjesingen | Alte Kelter | 1986 |
Unterjesingen | Zeeb-Haus | 2002 |
Parallel zu diesem Trend richteten viele Kommunen Ortsbüchereien, Bürger- und Kulturzentren ein, feierten ihre Ortsjubiläen oder gaben Heimatbücher in Auftrag. Inzwischen bieten auch kleinere Gemeinden ihren Bürgern ein breit gefächertes, mitunter geradezu städtisch anmutendes Kulturangebot.
Museale Projekte werden derzeit noch in Dußlingen, in Nehren, im „Klosterhof“ Kusterdingen, in Mössingen mit der historischen Messerschmiede und vor allem mit dem Vorderösterreich-Museum in Rottenburg erwogen oder vorangetrieben. Erfreulich ist, dass auch bei der Sammlung des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Tübingen ein grundlegender Umbau mit anschließender Neupräsentation fest eingeplant ist. Zoologie und Mineralogie stehen ebenfalls auf der Warteliste.
Der genius loci
Bei manchen Museen kann es auch der „genius loci“, die Ausstrahlung eines originalen Schauplatzes sein, der den Besucher in seinen Bann zieht. Im Landkreis Tübingen kann man sich die Epoche aussuchen, in die man via Museum abtauchen möchte. So etwa die römische Antike im Sumelocenna-Museum Rottenburg, wo eine 32 Meter lange Toilettenanlage aus dieser Epoche das Fundament des Gebäudes und der Ausstellung bildet. In der burgenkundlichen Abteilung des Gomaringer Schloss- und Gustav-Schwab-Museums geht es auf einem eisernen Steg in eine sinnlich erlebbare Balkenwelt des Mittelalters. Der Zugang zum Stiftsmuseum St. Moriz in Rottenburg durch die in der ehemaligen „Ulrichskapelle“ eingerichtete Sakristei und über eine enge Wendeltreppe führt in die Gotik. Im Obergeschoss überrascht einer der wenigen gotischen Profanräume weit und breit und umrahmt würdig eine Ausstellung sakraler Kunst.
Die Alltagsgeschichte der Neuzeit ist im Unterjesinger Museum Alte Kelter präsent. In dessen von einem Kelternbaum dominierter Halle lassen sich Weinbau sowie Obstmost trefflich thematisieren. Und wer würde nicht gerne die Fässer im Gewölbekeller des benachbarten Zeeb-Hauses anzapfen? Unter dem während des 19. Jahrhunderts zur Hopfendarre umgebauten Kelterndach ist zudem die lokale Spezialität Hopfenanbau ausgestellt, der auch das Heimatmuseum Remmingsheim eine Abteilung widmet.
Im winzigen Dettenhäuser Kathree-Häusle ist auf nur 15 Quadratmetern Grundfläche vieles vom Hausrat und von der Einrichtung der Kathree Oßwald nachinszeniert, die hier bis 1951 wohnte. Man gewinnt den Eindruck, die Bewohnerin könne jeden Augenblick zur Tür hereinkommen und in der Küche Wasser aufsetzen.
Ihr jeweiliges originales Umfeld machen sich auch die literarischen Museen zunutze, so der Hölderlinturm, in dem Friedrich Hölderlin (1770-1843) seine letzten Lebensjahre verbrachte. Den nach Rilke meistübersetzten deutschsprachigen Autor umgab im oberen Turmzimmer vermutlich dasselbe zauberhafte Licht, das bis heute über Neckar und Platanenallee hereinfällt. Auch die Gustav-Schwab-Stuben im Gomaringer Schloss nutzen die Tatsache, dass der im 19. Jahrhundert höchstgeschätzte Dichter vier Jahre lang das Gebäude bewohnte. Wie ein aufgeklapptes Buch steht im Museum eine mannshohe Vitrine. In der Rückwand ist ein Durchblick freigehalten, der – passend zu einem nebenstehenden Gedicht Schwabs – den Blick zum nahegelegenen Roßberg freigibt. Augenfälliger kann man die unmittelbare Nähe des behandelten Gegenstands zum seinerzeitigen Wohn- und Arbeitsort des Dichters und dessen Werk kaum darstellen.
Ein ganz besonderes Ambiente vermittelt Bernhard Strobels Ausstellung über Polizeiuniformen im Polizeiposten Dettenhausen. Die historischen und internationalen Sammlerstücke stehen hier in einem belebten Umfeld – da kann es schon einmal passieren, dass zwischen Erklärungen zu einer Polizeimütze der Polizeifunk quäkt.
Im Fall der ehemals jüdischen Synagoge in Baisingen sind die sichtbar konservierten massiven Zerstörungen ebenso wie die erhaltenen Spuren von Umnutzungen ein eindrucksvolles Mahnmal an die Zeit nationalsozialistischer Herrschaft und Gewalt.
Lokale Bezüge für die Identitätsbildung
Natürlich klingt es toll, wenn ein Museum Weltgeltung hat. Manchem mag jedoch das örtliche Handwerksstück wichtiger sein als das globale Prunkstück. Systematische Zugänge zur näheren Umgebung bieten viele Lehr- und Schausammlungen der Universität Tübingen. In der Mineralogischen Sammlung sind Minerale und Gesteine so angeordnet, dass auch der Laie schnell zu einer Einordnung beispielsweise von Uracher Vulkangestein gelangt. Im Geologisch-Paläontologischen Institut können Fossiliensammler ihre Funde aus den Ölschiefern des Steinlachtals oder aus den Sandsteinablagerungen des Schönbuchs mit Hilfe von Vergleichsstücken identifizieren. In gleicher Weise informiert die Zoologische Sammlung über hiesige Forstschädlinge oder die Fische des Neckars. Auf Schloss Hohentübingen spiegeln württembergische Münzen die Landesgeschichte wieder.
Der lokale Bezug ist indessen vor allem die besondere Stärke der Heimatmuseen. Sie gründen in der Regel auf Sammlungen von Gegenständen aus dem eigenen Nahraum. Dadurch haben sie die Chance, Eigentümliches vor Augen zu halten oder es zu verfremden. Die Heimatmuseen im Landkreis Tübingen verwahren und präsentieren einen wahren Schatz solcher lokalen Bezüge. Viele der ausgestellten Gegenstände vermitteln Informationen über besondere landwirtschaftliche, handwerkliche oder gewerbliche Produktionsformen. Beispielsweise veranschaulichen ruckende Pleuelstangen und rund laufende Schwungräder an einer Dampfmaschine von 1939 oder eine ratternde und Späne spuckende alte Stielschleifmaschine in der Museumsscheuer Sattlergasse den Glanz Ofterdingens als europaweit führendem Produktionsstandort von Holzstielen. Auch das Mössinger Rechenmacherhaus erhält dauerhaft die Erinnerung an eine Form der Holzverarbeitung aufrecht, die Rechen- und Gabelproduktion. Der Restaurator Karl Schmid hat die vorgefundene Werkstatt so original erhalten, dass der Besucher jeden Augenblick mit dem Eintritt des letzten Mössinger „Gabelfürsten“ rechnet.
Beim Schönbuchmuseum Dettenhausen stellen ein Guckloch im Boden und eine ganze Ausstellungsabteilung den Bezug zum Sandstein her, von dessen Verarbeitung einst viele Bewohner des Ortes lebten.
Ähnliche Einblicke in grundlegende Strukturen unserer Heimat vermittelt beispielsweise auch die Heimatgeschichtliche Sammlung in der industriellen Vorzeigegemeinde Bodelshausen mit dem Hinweis auf die alles überragende Bedeutung der Textilindustrie. Das Leben der Arbeiter lässt sich von einer stilvoll inszenierten alten Schulstube über Arbeitsbedingungen bis hin zu Vereinsaktivitäten verfolgen. Am Ende des Rundgangs bietet der Stammtisch in einer nachgebauten Gastwirtschaft Gelegenheit zu einer themengerechten Stärkung.
Im Tante-Emma-Laden Obernau betritt der Besucher ebenfalls eine andere Zeit und Welt, sobald die Ladenglocke schellt. In solchen Läden versorgten sich noch bis vor wenigen Jahrzehnten viele Menschen. Siegfried Schweinbenz, der Betreiber des privaten Kleinmuseums und selbst Einzelhändler, preist seine 30 bis 80 Jahre alten, original verpackten und in Form eines kleinen Ladens inszenierten Waren an, als wolle er sie verkaufen. Und manche – etwa die tollen Himbeerbonbons aus dem Glas – verkauft er wirklich!
Spürstunden im Raritätenkabinett
Vor allem einigen ursprünglich privaten Sammlungen im Landkreis Tübingen haftet der Charme von Raritätenkabinetten an. Entdeckerfreude kommt etwa im Kirchentellinsfurter Schlossmuseum auf. Ein Zimmer („Generalszimmer“) wurde wieder so eingerichtet, wie der Sammler und Gründer des Museums Walter Tiedemann einst seine Schätze präsentiert hat. Ausgestopfte Vögel, präparierte Schmetterlinge, Käfer und Tierköpfe sowie Geweihe gehören ebenso dazu wie alte Lampen, Schreibmaschinen und Mausefallen.
Auch das private Museum des Ehepaars Huber in Wolfenhausen enthält beeindruckende Sammlungen zu unterschiedlichsten Themenbereichen wie Botanik, Arzneikunde, Mineralogie, Geologie, Paläontologie, Volkskunst, Literatur, Malerei oder Landwirtschaft. Unter den zahlreichen kunst- und kulturgeschichtlichen Zeugnissen darin ragen drei Nachlässe von Malern des 19. und 20. Jahrhunderts hervor. Viel zu entdecken gibt es ebenso in der privaten Sammlung des Ehepaars Bader in Kusterdingen-Jettenburg. Neben Einrichtungsgegenständen und Gerätschaften bäuerlicher Anwesen aus dem 19. und 20. Jahrhundert dienen vor allem mehr als 30 lebensgroße Puppen, die Alltags- und Festtagstrachten von den Härten, aus Betzingen und Wannweil tragen, lokaler Identifikation.
Begehbare Geschichtsbücher
Museen können nicht nur durch die überregionale Bedeutung ihrer Sammlung, die Nutzung des genius loci, ihre lokalen Bezüge oder die Vielfalt der Sammlung faszinieren. Manche wirken vor allem durch ihre Präsentation. Im Landkreis Tübingen ist ein faszinierender Kanon museumsdidaktischer Vorzeigestücke entstanden. Das ist dem Umfeld der Universität Tübingen, an deren Institut für Empirische Kulturwissenschaft mit Gottfried Korff einer der führenden Museumspraktiker Deutschlands lehrt, durchaus angemessen.
Insbesondere professionell erstellte Museen setzen in der Regel auf ein durchdachtes didaktisches Konzept, so jenes der Stadt Tübingen. Wie in einem begehbaren Schulbuch erschließt es die örtliche Geschichte auf einem „stadthistorischen Spaziergang“ . Geradezu ein Kabinett für didaktische Ansätze bietet das Universitätsmuseum im Schloss Hohentübingen. Hier sind Einzelstücke in Fundzusammenhängen arrangiert. Es finden sich Zusammenstellungen wie die Entwicklung von der Keilschrift zu den Alphabetschriften. Den Kunstgriff der Verfremdung setzten die Ausstellungsmacher unter anderem ein, indem sie gezielt Fälschungen mit aufnahmen, etwa in die Ausstellung über die Pfahlbauzeit im Federseegebiet. Solche oder ähnliche darstellerischen Ansätze verfolgen auch viele andere Museen im Landkreis. Ehren- und hauptamtliche Macher der Heimatmuseen haben für die von ihnen ausgestellten Themen eine wunderbar dichte Atmosphäre geschaffen.
Museumsmacher, die etwas zu sagen haben
Über aller Begeisterung für Sammlungen und deren Präsentation darf man die Menschen, die dahinter stehen, nicht vergessen. Oft sind sie es, die bei einer Führung eine Sammlung für die Besucher erst zum Leben erwecken.
Bettina von Freytag auf Schloss Hohentübingen, Udo Neumann in der Mineralogie, Erich Weber von der Zoologie oder Hans-Ulrich Pfretzschner von der Paläontologie strahlen durch die Fundiertheit und systematische Verfügbarkeit ihres Fachwissens eine besondere Kompetenz aus. Nicht minder kompetent und engagiert führen Valérie Lawitschka durch den Hölderlinturm oder Diözesankonservator Wolfgang Urban durch das kirchliche Kunstmuseum in Rottenburg, um nur einige zu nennen. Klaus Herzer öffnet bei einem Rundgang durch seine Öschinger Dauerausstellung die Sinne der Besucher für künstlerische Drucktechniken, insbesondere für den Holzschnitt. Vorbildlich ist auch die museumspädagogische Arbeit der städtischen Museen in Rottenburg.
Mitunter wirken das eigene Erleben oder die emotionale Begeisterung auf jüngere wie ältere Museumsbesucher viel stärker als wissenschaftliche Kompetenz für ein Thema. Dieser Funke springt beispielsweise bei den kundigen Mitgliedern der örtlichen Museumsführer im Kirchentellinsfurter Schloss, im Gomaringer Schloss, in der Alten Kelter Unterjesingen oder in der Heimatgeschichtlichen Sammlung Bodelshausen über. Authentisch geben auch die Ausstellungsmacher der Ofterdinger Museumsscheuer ihre eigene Lebenserfahrung zum Besten. Und aus einer Führung des Ehepaars Schweinbenz durch seinen Obernauer Tante-Emma-Laden bringt jeder Besucher eine Gedankentüte voller Wunderdinge mit.