Asylbewerber, die arbeiten und dann ihre Stelle verlieren, haben ein großes finanzielles Risiko. Grund ist die „obligatorische Anschlussversicherung“ in der Krankenkasse. Das bedeutet, dass ehemalige ArbeitnehmerInnen in vielen Fällen ihre Krankenversicherung nach Ende des Jobs vollständig selbst bezahlen müssen. Das bestätigte das Landratsamt Tübingen auf Anfrage von tuenews INTERNATIONAL. Von den 397 Euro, die ein Asylbewerber in einer Gemeinschaftsunterkunft bekommt, gehen somit rund 230 Euro an die Krankenversicherung. Im Kreis Tübingen betraf das zum Jahresende 2024 insgesamt 15 Menschen. Wenn sie nicht schnell wieder einen Job finden, häufen sich bei ihnen unter Umständen hohe Schulden an. Das Bundessozialgericht hatte 2022 diese Regelung bestätigt.
Hintergrund ist eine Regelung aus dem Sozialgesetzbuch, die seit 2013 verhindern soll, dass Menschen aus der gesetzlichen Krankenversicherung herausfallen und Arzt- und Klinikkosten selbst bezahlen müssen. Im Fall der Asylbewerber verkehrt sich die gute Absicht aber ins Gegenteil. Das Landratsamt kann aber auch nicht einfach die Beiträge übernehmen. Wie das baden-württembergische Ministerium für Justiz und Migration mitteilte, wäre das rechtswidrig. In Rheinland-Pfalz ist das anders geregelt. Dort übernehmen die Sozialbehörden die Kosten für die Beiträge.
Für Asylbewerber, die einen Job gefunden haben, ist es deshalb wichtig, diesen auch zu behalten. Wenn sie nämlich in den letzten 30 Monaten mindestens 12 Monate angestellt waren und Sozialbeiträge gezahlt haben, erhalten sie Arbeitslosengeld, wenn sie ihren Job verlieren. Dann sind sie automatisch krankenversichert. Grundsätzlich gilt: Wer seinen Job verliert oder selbst kündigen will, sollte bei seiner Krankenkasse genau nachfragen, was er tun muss, um den Versicherungsschutz zu behalten.
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg rät allen betroffenen Asylbewerbern, gegen die Regelung zu klagen. Bisher habe es nur einige Klageverfahren um einstweiligen Rechtsschutz gegeben, heißt es im Landratsamt Tübingen. Das Gericht habe aber keine Eilbedürftigkeit gesehen. Entschieden ist noch nichts. Die Klagefrist läuft in allen Fällen noch.
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