8. Februar 2025

Spitäler in Pest und Krieg

Untersuchungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte südwestdeutscher Spitäler im 17. Jahrhundert (zugleich Dissertation Universität Tübingen), Gomaringer Verlag und Druck 1993

von Wolfgang Sannwald

Schwedische, kaiserliche, bayerische und französische Truppen durchziehen in der Pest- und Kriegszeit des 17. Jahrhunderts das Herzogtum Württemberg und die Herrschaft Hohenberg. Der Dreißigjährige Krieg blutet das Land aus. Städte brennen, Äcker liegen wüst und brach, Vieh wird geraubt. In der Kipper- und Wipperinflation verliert das Geld seinen Wert. Wie leben die Menschen in dieser Zeit? Und wie geht es den Ärmsten in den Spitälern? Anhand vieler erstmals ausgewerteter Schriftstücke aus der Pest- und Kriegszeit des 17. Jahrhunderts beschreibt dieses Buch für Württemberg und Teile Vorderösterreichs die Umbrüche jener Jahre in der Landwirtschaft, in der Währung, in der staatlichen Preispolitik, in der Entwicklung von Preisen und Löhnen, in der Wirtschaftsführung von sozialen und landwirtschaftlichen Großbetrieben, im Verbrauchsverhalten der Menschen. Aus Herrenberg, Horb a.N., Rottenburg a.N. und den dortigen Spitälern wurden mit Hilfe EDV-gestützter Auswertungsverfahren und neuer Methoden etwa 100000 Einzeldaten zu 46 Grafiken und 61 Tabellen komprimiert, die am örtlichen Beispiel einen präzisen Einblick in die Umbrüche zulassen. Für die Wirtschafts- und Sozialgeschichte, die baden-württembergische Landesgeschichte und die Geschichte der Städte Herrenberg, Horb und Rottenburg bietet diese Untersuchung viele Informationen, Anregungen und Ergebnisse. Das Buch zur regionalen Spitalgeschichte und zur Wirkungsgeschichte des Dreißigjährigen Krieges.

I. Erforschung der Lebensver­hältnisse

Zu den zentralen Fragestellungen in der Wirtschafts- und Sozial­ge­schichte gehört diejenige nach den Verhältnissen, unter denen Men­schen in der Vergangenheit lebten. Eine neue Belebung er­fuhr die Diskussion um diesen Problemkreis unter anderem Ende der 1970er Jahre. Ulf Dirl­meier[1] hat in sei­ner damals erschienenen Habilitationsschrift versucht, die Lebensverhält­nisse im Spätmittelalter umfassend zu un­ter­suchen. Er bot dabei von einem mikroökono­mischen Ansatz ausge­hend einen sehr präzisen Überblick über die Bereiche, denen bei der Be­ur­tei­lung von Lebens­verhältnissen eine Rolle zukommt. Seine Arbeit machte besonders bewußt, welche ökonomische und soziale Vielfalt sich hinter dem Stichwort Lebensverhält­nisse verbirgt. Staat­liche Versorgungspolitik, Löhne, verfügbare Budgets, Wohnung, Klei­dung, Verbrauchsmengen und Verbrauchsverhalten spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Preise unterschied­lichster Nahrungsmittel.

Die Elemente, welche Lebensverhältnisse beeinflussen, lassen sich freilich sinnvoll um über­geordnete, makroökonomische Aspekte erweitern. Die Diskussion um die wirtschaftli­che Ent­wicklung der Territorien hat für Württemberg im selben Jahr Wolf­gang von Hippel[2] in einem Aufsatz über die Bevöl­kerungs- und Wirtschaftsge­schichte des Herzogtums im Dreißig­jährigen Krieg systemati­siert. Den richtungweisenden Beitrag, vorwiegend für den agrari­schen Bereich, lieferte bereits Wilhelm Abel[3] mit seinen zahlreichen Veröffentli­chungen zur Agrarkonjunktur. Er lei­tete im An­schluß an Malthus die konjunk­turelle Ent­wicklung aus dem Wechsel­spiel von Lohn- und Preisreihen, der Bevölkerungsentwicklung und dem verfüg­baren Nahrungsspielraum ab. Besonders vor Beginn der In­du­stria­lisierung standen die Lebensverhältnisse der Menschen in eng­stem Zusammenhang mit der Bevölke­rungsentwicklung. Für die vorin­du­strielle Zeit postu­lierte die Theorie des Thomas Robert Malthus eine auswegslose Situation, weil die Vermeh­rungskraft der Bevölkerung un­begrenzt größer ist als die Kraft der Erde, Unter­haltsmittel für den Menschen hervorzubringen[4]. Im 16. Jahrhundert hatte das malthusia­nische Dilemma[5] zur Folge, daß sich wegen eines größeren Angebo­tes an Arbeitskräften und einer geringeren Pro­duktion an Nahrungs­mitteln eine Schere zwischen steigenden Preisen und dem­gegenüber zu­rückbleibenden Löhnen öffnete. Da­mals verschlechterten sich die Le­bens­verhältnisse für Arbei­ter, wo­hingegen die Grundrenten höhere Er­träge einbrachten[6]. Die entschei­dende Voraussetzung für diese Ver­schlechterung der Lebensverhältnisse ist Malthus zufolge also in der Bevölke­rungsentwicklung zu suchen; ein Ansatz, der, auch im An­schluß an von Hippel, als allgemei­ner Forschungsstand bezeichnet wer­den kann[7]. Bei der genauen Ana­lyse dieser Theorie fehlt es in­dessen noch an wesentlicher Grundla­genforschung: der Untersuchung lokaler Quellen und ge­eigneter stati­stischer Methoden.

Dirlmeier und von Hippel stellten in ihren Arbeiten die Forderung auf, daß in vorindustriel­ler Zeit, als sich das wirtschaftliche Geschehen in­nerhalb relativ kleiner räumlicher Einheiten ab­spielte, Problemstellungen der Wirtschafts- und Sozialgeschichte zunächst auf lokaler und regio­naler Ebene eingehender erforscht werden müssen[8]. Bishe­rige Unter­suchungen über die Lebens­verhält­nisse in der Frühen Neuzeit kranken nämlich einerseits daran, daß ihre Autoren fast ausschließlich Quellen aus den einstigen großen Handelsstädten zu Grunde legten[9]. Derzeit gibt es demgegen­über eine Reihe von Be­mühungen, die genannten Fragestellungen lokal auch für eher ländliche Gebiete aufzuarbeiten. Erwähnt seien hier stellvertretend eine Arbeitsgruppe an der Universität Konstanz um Frank Gött­mann[10] und die Einrichtung des Sonderforschungsberei­ches 164 in Münster, der sich mit demographi­schen und wirtschaftli­chen Untersu­chungen zu Städten und Dörfern des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit befaßt.

Die fehlende Aufarbeitung lokaler Quel­len war bisher nur das eine Manko, das bei der Unter­suchung von Lebensverhältnissen bestand. Andererseits muß nämlich der methodi­sche Ansatz, wie die konjunk­turelle Entwicklung in vorindustrieller Zeit untersucht und dargestellt werden kann, immer von neuem diskutiert werden[11]. Bei diesen Me­thoden geht es vor allem darum, die Kaufkraft von Löhnen und da­mit den Wert von Einkünften beur­teilen zu können[12]. Den Wert von Einkommen bestimmt deren nominelle Höhe nämlich nur zum Teil. Zusätzliche Faktoren wie Beschäftigungsdauer und die Entwicklung der Preise entscheiden mit darüber. Frühere Forscher wählten vor allem Modelle, bei denen sie Löhne in Getreidepreise, meist das Roggen­äquivalent, oder in Silbergewicht, das Sil­ber­äquivalent, umrechneten[13].

Dirlmeier verwarf aus prinzipiellen Erwägungen diese Methoden und plädierte stattdessen für die Zusammenstellung von Warenkörben für das Spätmittelalter[14]. Mit Hilfe der Warenkorbana­lyse ermittelt die moderne Statistik Lebenshaltungspreisindizes[15]. Anhand ei­ner Sammlung von Einzel­nachrichten und Daten aus einem geographisch weiten und damit he­terogenen Raum ver­suchte Dirlmeier, alle Bereiche, die die Lebenshal­tung der Men­schen des Spätmittelalters aus­machten, zu er­fassen und in ihrem jeweiligen Anteil an den Gesamtlebenshaltungs­ko­sten zu ge­wichten. Dabei verwandte er Einzelnachrichten, die sich nur bedingt untereinander vergleichen lassen. Das bisher vorliegende Quel­len­material aus dem Spätmittelalter und aus der Frühen Neuzeit, so Dirlmeiers doch eher resignierendes Fazit, könne den Anforderungen der statisti­schen Methode nur unzureichend genügen[16].

Aber auch wenn es, wie bei Untersuchungen über das 18. und 19. Jahrhundert, gelingt, die Preise einer Fülle von Waren für die Preis­bereinigung zu erheben, scheiterten bisherige Versu­che zur Bildung derartiger Lebenshaltungspreisindizes an einer sinnvollen Gewich­tung[17]. Das zeigt Hans-Jürgen Gerhards methodisch durch­dachte Dissertation über die Diensteinkommen der Göttinger Offician­ten, die sich auf den Zeitraum zwischen 1750 und 1850 erstreckt, beson­ders deutlich[18]. Gerhard verzichtete auf eine anteilsmäßige Be­wertung der einzelnen Güter und arbeitete mit einem ungewichteten Warenkorb.

Wolfgang von Hippel umging in seinem genannten Aufsatz die von Dirlmeier in den Vor­dergrund gerückte Problemstellung insofern, als der Autor weniger die Lebensverhältnisse be­handelte, als vielmehr die wirtschaftliche Situa­tion des Landes[19]. Er arbeitete dabei mit Begrif­fen wie jenem des realen Prokopfeinkommens oder dem des Sozi­alprodukts und ver­suchte somit, von makroökonomischen Beobachtun­gen auf jene der Lebensver­hältnisse zu schließen. Dabei schätzte er durchaus groß­zügig, um we­nigstens generelle Aussagen zu seiner zen­tralen Fra­gestellung, nämlich derjenigen nach den Auswirkungen des Dreißigjäh­rigen Krieges, ma­chen zu können[20].

Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Wirtschafts- und Sozialge­schichte der Frühen Neu­zeit in einem Teil des heutigen Bundeslandes Baden-Württemberg. Im Zuge ihrer übergeordne­ten Fragestellung ver­folgt sie unter anderem auch das Ziel, Beiträge zur Be­friedigung der bei­den Forderungen nach lokaler Anbindung und nach der Entwick­lung ge­eigneter Methoden zu leisten. Sie geht auf lokaler Ebene der Ent­wicklung von Lebensver­hältnissen nach. Untersu­chungsgebiet sind die drei baden-württembergischen Städte Horb am Neckar, Rottenburg am Neckar und Herrenberg. Die beiden erstgenannten ehe­mals vorderösterrei­chisch-ho­henbergischen und damit katholischen Orte und die letztge­nannte frühere württembergisch-protestantische Amtsstadt sind einander unmittelbar benach­bart und dürften während der Frü­hen Neuzeit für Transporte jeweils innerhalb eines Tages er­reichbar gewesen sein. Ent­scheidend für die Auswahl dieser Untersu­chungsobjekte war neben der geographischen Lage die Überlie­ferung geeigneter Quellen. Leider ließ sich auf württembergischer Seite kein weite­rer Ort in vergleichbarer Größe und im entsprechenden Grenzgebiet finden, dessen Archiv eine Einbezie­hung in die Untersuchung gestattet hätte[21]. Dieser Umstand ist vor allem deshalb bedauerlich, weil sich das Herrenberger Quel­len­material im Vergleich zu jenem der beiden hohenbergischen Städte als weniger er­giebig erwies. Deshalb war nur in Teilbereichen ein Vergleich zwischen den beiden Terri­torien, in denen die drei Städte lagen, sinnvoll.

Neben der lokalen Anbindung dieser Untersuchung kann erstmals ein jeweils auf einzelne Orte anzuwendendes Modell zur Ermittlung von Preisbereini­gungsfaktoren eingeführt und erprobt werden. Methodisch steht es im Zentrum der vorliegenden Arbeit. Es wird im Laufe der Un­tersuchung entwickelt und angewendet. Dieses Modell beruht auf der Heran­ziehung einer für die genannte Fragestellung besonders ergiebi­gen Quellengruppe, die bislang nur unzureichend genutzt wurde. Es handelt sich um die Rechnungsakten von Spi­tälern. In der Wirt­schaftsführung dieser örtlichen Großver­braucher[22] und landwirtschaftli­chen Großbetriebe schlugen sich verän­derte Lebensver­hältnisse erkenn­bar nieder, wie die Untersuchung zei­gen wird. Wegen der ver­fügbaren Quellen stehen allerdings weniger indi­viduelle Lebensverhältnisse im Mittelpunkt der Arbeit, sondern vielmehr kollektive. Von denen lassen sich wiederum Rückschlüsse auf das Le­ben von In­dividuen ziehen.

Den Zeitraum der Untersuchung gibt neben der Quellenlage auch die allgemeine Bevölkerungs­entwicklung vor. Ent­sprechend der Theorie des Malthus kann vermutet wer­den, daß Störungen der Bevölkerungs­entwicklung auch die Le­bensverhältnisse entschei­dend beeinflußten. Am mas­sivsten trat eine derartige Störung, nach jener der Pestepide­mien des 14. Jahrhunderts, während der gesamten neuzeitlichen Geschichte Mit­teleuropas im Dreißigjährigen Krieg auf. Von den knapp 450000 Ein­wohnern, die für das Herzogtum Württemberg im Jahr 1622 er­rechnet wur­den[23], blieb 1639 weniger als ein Viertel üb­rig. Noch 1673 lebten ge­rade etwas mehr als halb so viele wie ein halbes Jahrhundert zuvor auf dem Boden der württembergischen Ämter. Störungen und Verwerfungen er­lauben in der Geschichte, ähnlich wie in der Geologie, besonders deutliche Ein­blicke in grundlegende Strukturen. Gerade an der Bruch­stelle, die der Dreißigjährige Krieg für die mit­teleuropäische Ge­schichte bedeutet, können die Lebensverhältnisse der Menschen in der Frühen Neuzeit und deren Rahmen besonders deutlich voneinander ab­gegrenzt und unter­sucht werden. Eine Gegenüberstellung von Vorher und Nachher läßt oft weitergehende Ein­blicke zu als die Beobachtung lang­an­hal­tender, kontinuierlicher Entwicklungen. Mit einem sol­chen Aufschluß der Geschichte befaßt sich auch die vorliegende Arbeit. Der Unter­su­chungs­zeitraum umfaßt die Jahre von 1590 bis 1674, so daß zusätz­lich zu den ei­gentlichen Jah­ren des Dreißigjährigen Krieges jeweils eine Zeitspanne von etwa einer Ge­neration vorher und nachher ein­bezogen sind. Das Ende des Untersu­chungszeitraumes markiert das Wirk­sam­werden des Hol­ländischen Krieges (1672-78).

Welche wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen bewirkte der Dreißigjährige Krieg in den drei Städten Rottenburg, Horb und Her­renberg? Auf eine Beantwortung dieser Frage arbeitet die vorliegende Untersuchung systematisch hin. Dies geschieht über den Umweg der Betrach­tung von Großverbrauchern der frühen Neuzeit, den städtischen Spitälern. Die zentrale Frage­stellung verbindet dabei eine Reihe von erstmalig für den genannten Rah­men durchgeführten Teiluntersuchun­gen. Zunächst wird das erhobene Quellenmaterial vor dem Hintergrund ei­ner kurzen Verwaltungs- und Verfassungsgeschichte der untersuchten Spitäler erläutert und auf seine Verwendbarkeit hin befragt. Schon damit wurde vielfach Neuland beschritten, weil für keine der behan­delten Anstalten zusammenfassende Dar­stellungen vorliegen. Für dieje­nigen in Horb und Herrenberg gab es bisher so gut wie keine ei­genständige Untersuchung auch nur von einzelnen Aspekten. Insofern erschien es auch unumgänglich, anhand der Besitzgeschichte dieser Spitäler die Grundlage ihres wirt­schaftlichen Handelns relativ ausführ­lich darzustellen. Nach diesen grundlegenden Kapi­teln wird zunächst einmal weitere grundlegende Forschung hinsichtlich der ortsüblichen Maßsy­steme und der im Untersuchungsgebiet benutzten Währungen, beson­ders aber zur Geldgeschichte der Kipper- und Wipperzeit, gelei­stet. Zu solchen Themen fehlen bis­her leider oftmals grundlegende landesgeschichtliche Darstellungen. Weiteren exogenen Fak­toren für die Konjunktur im 17. Jahrhundert und damit gestaltenden Elementen der Lebensverhält­nisse widmen sich ausführlichere Kapitel über die Ent­wicklung der Land­wirtschaft und den Erntezyklus, über Einfüsse des Dreißigjährigen Krieges auf das Untersu­chungsgebiet und schließlich über staatliche Eingriffe in den Markt durch Höchst­preisverordnungen. Zu wesent­lichen Teilen werden auch diese Themen im Rahmen der vorliegenden Arbeit erstmals einge­hend erörtert, ohne daß dies freilich noch wünschens­werte eigenständige Untersuchungen er­setzen könnte.

Erst vor dem Hintergrund dieser Rahmenbedingungen konnte dann die Entwicklung der Preise und Löhne sinnvoll erforscht werden. Dabei galt es vor allem, das gesamte Umfeld des Zustande­kommens von Löhnen mit in Betracht zu ziehen und zu problematisieren. Dann wird eine Methode zur Preisbereinigung gedanklich entwickelt. Deren Ziel ist die Konstruktion eines Gesamtindexes, der ein Maß für den Wert des Geldes liefern soll. Di­rekt im Anschluß an die entsprechende Theorie wird dieser Index gebildet. Dabei zeigt sich, wie nötig die bis dahin ge­machten Teiluntersuchungen und Vorüberlegungen waren. Vor allem kann man die für jede un­tersuchte Stadt gebildeten Gesamtindizes nur mit Hilfe von Kenntnis­sen über die Rahmenbedin­gungen interpretieren. Die ermittelten Indizes dienen als Grundlage, um die Wirtschaftsführung der Spitäler zu untersuchen. Dabei kommt leider jener in Herrenberg wegen be­stimmter Eigen­arten etwas kurz. Alle drei An­stalten werden daraufhin untersucht, wie sich ihre Fähigkeit zur Versorgung von Insassen ent­wickelte und was ih­rerseits diese Insassen vom Spital an Leistungen erwarten konnten. Gerade eine Untersuchung über die Versorgungslei­stung ermöglicht eine Reihe von Rück­schlüssen auf allgemeine Verbrauchs­gewohnheiten und vor allem von Verände­rungen die­ser Gewohnheiten durch den Krieg. Letztendes soll das Beispiel des Groß­verbrauchers Spital zeigen, wie sich durch den Krieg die Wirtschaftsverhältnisse und in Abhän­gigkeit von diesen und weiteren Rahmenbedingungen die Lebensverhältnisse änderten. Am Ende wird eine Einteilung des Untersuchungszeitraumes in Perioden stehen, deren Grenzen durch Veränderungen der Lebensverhältnisse gekennzeichnet sind.

Gegenstand der Untersuchung sind wegen der verwendeten Quellen­gruppe also Spitäler, jene Institutionen, die ein breites Spektrum sozi­aler Aufgaben der Städte abdeckten. Vor allem ver­köstigten und be­hausten sie, ganz dem Stiftungszweck entsprechend, sozial Schwache wie Wai­senkinder, Witwen und Arme, aber auch Wohlhabendere, die sich in eine Pfründe einkauften und so einen gesicherten Le­bensabend verbringen durften. Medi­zinische Leistungen, welche sich heutzutage mit dem Begriff Hospital verbinden, erbrach­ten die Spi­täler eigentlich nur insofern nebenher, als sie die Behandlung sozial Schwacher tru­gen. Erst durch die Übernahme von Son­dereinrichtungen in den Verwaltungsverband der Anstalt kamen mancherorts Aufgaben im Be­reich der Versorgung von Infizierten in den Gutleuthäusern oder Siechenhäusern hinzu. Ihre Versorgungsaufgaben konnten die Spitä­ler älteren Typs nur deshalb erfüllen, weil sie seit ihrer Stif­tung mit um­fangreichem Grund- oder Kapitalbesitz ausgestattet worden waren. Auf dieser Grundlage betrieben die meisten karitativen Anstalten in Deutschland eine umfangreiche Land­wirtschaft, vielfach ein großes agrarisches Gut, dessen Umfang sie oft zum größten Wirtschafts­unternehmen in­nerhalb der Städte machte. Mit ihrem Grundbesitz und ihren Grund­rechten griffen sie, die sich seit dem Prozeß der Kommuna­lisierung fest in städtischer Hand befanden, weit ins Umland aus, wodurch der städtische Magistrat, dessen Führungsorgane auch die An­stalten leite­ten, seinen Einfluß ins Hinterland der Kommune aus­dehnte. Auf dem Besitz eini­ger Spitäler baute gera­dezu das Territorium mehrerer Reichsstädte auf. Wegen des doppel­köpfigen Charakters der Anstalten – auf der einen Seite Gutsbe­trieb und Kredit­anstalt, anderer­seits aber Haushaltsführung zur Versor­gung der Insassen[24] – eignen sich de­ren überlie­ferte Akten besonders gut für Forschungen im Grenzbereich zwischen Wirt­schafts- und Sozi­al­geschichte. Eine Unter­suchung der Wirtschafts- und Sozialverhältnisse derarti­ger Einrichtungen gibt deshalb auch eine Fülle von Hinweisen auf die allgemeine Ent­wicklung der Lebensverhält­nisse.

Untersuchungen, die einen Überblick über die Spitalgeschichte, namentlich jene im deut­schen Südwesten[25], zu geben versuchen, redu­zieren indessen den wirtschaftshistori­schen Ge­sichtspunkt meist auf die Feststellung, der Spital habe Ähnlichkeit mit einem großen Guts­betrieb[26]. Rudolf Seigel zog bei seiner gelungenen Systematisierung der alt­württembergischen Spitäler Daten über deren Besteuerung heran, um wirtschaftliche Ka­tegorien zu bilden[27]. Seine Ausführungen müssen in­dessen nochmals gründlich überprüft werden, da die herangezogenen Quellen nur das in Württemberg besteuerte Vermögen der untersuch­ten Anstalten erfassen[28]. Deren steuerpflichtige Vermögen scheinen demgegen­über nicht unbedingt mit ihrem tatsächlichen Vermögen identisch ge­wesen zu sein, wie das Beispiel Blaubeuren zeigt[29]. Zur Er­fassung ihrer Wirtschaftskraft wäre insge­samt ein ein­heitliches Berechnungsmodell wünschens­wert, etwa mit Hilfe einer aus Geld- und Natu­raleinkünften errechneten Versor­gungskapazität, wie dies für die untersuchten An­stalten gezeigt wer­den soll[30].

Zu einzelnen Spitälern liegt bisher in traditionellen Spitalmonographien eine Fülle von Daten über deren Wirtschaftslage vor[31]. Die genannten Arbeiten beschränken sich aber in aller Regel auf eine reine Darstel­lung, noch dazu oft aus einem einzigen Jahrgang der Rechnungsbü­cher. Von einer gründlichen Auswertung der Spitalrechnungen kann also keine Rede sein. Das wirt­schafts- und sozialgeschichtliche Er­kennt­nisnteresse bei derarti­gen Spitalmonographien und innerhalb ein­schlägiger Stadtge­schichten[32], richtet sich meist auf die scheinbar sehr einfache Frage nach dem Reichtum der je­weiligen Anstalt. Nach ei­ner geeigneten Methode zur Auswertung dieser Fundgruben von stati­stisch verwert­barem Material und danach, wie der festgestellte Reich­tum denn zu bewerten ist, wird erst gar nicht gefragt. Gezielt für wirtschafts- und sozialge­schichtliche Arbeiten zog in der älteren Forschung vor allem der Nestor der deutschen Lohn- und Preisge­schichte, Moritz John Elsas[33], Spitalrechnungen heran. Die ihnen ent­nommenen Werte be­zeichnete er als Instituts­preise[34], die von den Marktpreisen nach seinen Erkenntnissen nicht abwichen. Al­lerdings nutzte Elsas die Quel­lengruppe lediglich zur Bildung von Lohn- und Preisreihen und be­schränkte sich zudem auf die Auswertung der Ar­chive großer Handelsstädte. Die Beliebtheit von Spitalrech­nungen be­reits für die äl­tere Preisgeschichte zeigt, um welch wertvolle Quellen­gruppe es sich dabei handelt. In der jün­geren Forschung wies beson­ders Wolfgang Zorn auf deren Bedeutung als einer Fundgrube der älteren Preis- und Lohnge­schichte hin[35]. Dirlmeier griff auf Pfründ­verträge zurück, um Aufschlüsse über den Lebenshaltungsauf­wand im Spätmittelalter zu gewin­nen. Als eigen­ständige Quellen für eine wirt­schaftsgeschichtliche Fragestellung aber hat bisher in erster Linie Christian Heim­pel spita­lische Rechnungsbücher nutzbar gemacht[36]. Al­lerdings ging Heimpel von ei­ner grundsätzlich anderen Fragestellung aus. Auch Ludwig Ohnge­mach[37] zog für seine Arbeit über den Rott­weiler Spital im Dreißig­jährigen Krieg vor allem Rech­nungsbücher heran. Ich selbst habe meinen Ansatz zum Umgang mit dem lohn-, preis- und verbrauchs­geschichtlichen Material, welches spitalische Rechnungsbücher zur Ver­fügung stellen, in meiner Magisterarbeit über den Rottenburger Spital entwickelt[38].

II. Quellenlage und Spitalverwaltung

Als Quellen für die vorliegende Untersuchung dienen vorwiegend, wie bereits aus­geführt, die Rechnungsbücher der Spitäler[39]. Das oben an­gegebene Untersuchungsziel kann nur er­reicht werden, wenn derar­tige Amtsbücher vorhanden sind. Sie sind die nahezu einzige Quellen­gruppe, deren Inhalt weitestgehende Erkenntnisse zur Sozial- und Wirtschaftsge­schichte des Untersuchungszeitraumes erwarten läßt. In vielen Stadtarchiven enthalten die Spitalbestände des öfteren Reihen solcher Rechnungsbücher, die zeitlich nicht selten wei­ter zurückreichen als die entsprechenden kommunalen Akten und Bände. Dies trifft, von Herrenberg einmal abgesehen, auch auf die untersuchten Städte zu.

Den gesamten Archivbestand des Rottenburger Spitals bewahrt das dortige Stadtarchiv[40] auf. Während es allerdings die Rechnungsbücher und Rechnungsprotokolle für das 16. Jahrhun­dert nur spora­disch be­wahrt hat, zeichnet sich die Überlieferung für das 17. Jahr­hundert durch geringe Lücken aus. Auch ergänzen Haus­bücher, Dienstverträge, Spitalord­nungen und Pfründverträge[41] sowie zahlreiche Urkunden[42] das Material in glücklicher Weise. Orientierung über den Spitalbesitz bildeten zudem die Urbare der Anstalt[43].

Für die Rottenburger Ortsgeschichte gewinnt das Spitalarchiv mit sei­nen reichhaltigen Be­ständen noch dadurch besondere Bedeutung, daß die Ratsprotokolle und die Stadtsäckel­rechnungen des 16. und 17. Jahrhunderts nicht erhalten sind. Die Rechnungsbücher des Spitals ge­hören damit zu den wichtigsten unpersönlichen Quellen der Frühen Neuzeit. Sie ergänzen sich in seltener Weise mit Quellen des ausge­henden 14. und 15. Jahrhunderts, die K.O. Müller[44] veröffent­licht hat, den Landschreiberrechnungen der Herrschaft Hohenberg. Diese wurden, ebenso wie die Musterbücher aus dem 16. und 17. Jahrhun­dert, be­reits mehrfach gründlich ausgewertet[45]. Auch Ulf Dirl­meier zog sie für seine Forschungen heran. Somit stellen die Rechnungsbücher des Rottenburger Spitals ein wei­teres Glied in einer Kette unpersön­licher Quellen zur Geschichte Rotten­burgs und der Herrschaft Hohen­berg dar, die mit dem 14. Jahrhun­dert einsetzen und sich bis ins 20. Jahrhundert weiterführen lassen[46]. Die Stadt Rottenburg wartet durch eine ausgesprochen breite Forschungsliteratur auf, sicherlich mit eine Folge, die der Nähe zur Universität Tübingen und der Arbeit des traditionsreichen Sülch­gauer Altertumsvereins zu verdanken ist. Auch über die Rottenbur­ger Sozial- und Wirt­schaftsgeschichte und jene des Rottenburger Spitals gibt es eine Reihe von Arbeiten. Zu nennen sind vor allem Anton Buhls Auf­satz über den Spitalhaus­halt im ausgehen­den 18. Jahrhundert[47] und eine Un­tersuchung von Ute Ströbele[48] über die Rot­tenburger Pfründner im 16. Jahrhun­dert. Mit den Spi­talaltären und deren Patronat befaßte sich Adalbert Baur[49]. Schließ­lich bietet Herbert Wyrwichs Buch über die Frühgeschichte des Rot­tenburger Spitals eine Fülle von Details zur mittelalterlichen Ge­schichte dieser im 14. Jahrhundert gegrün­deten Anstalt[50].

Durch seine bis heute dauernde Verwaltungskontinuität stellt der Hor­ber Spital eine Be­sonderheit in Südwestdeutschland dar. Zwar besteht auch in Rottenburg und andernorts noch heute die Spitalverwaltung mit einem eigenen Vermögen, doch wird dieses meist im Rahmen der Kommune verwaltet. Anders im Falle von Horb, wo die Spitalverwaltung der ört­lichen Kirchenverwaltung untersteht, in der die sonstigen bedeutenden Einrich­tungen der katholischen Kirche zusammengeführt sind. Noch heute laufen bei der Stiftungspflege die Fäden für das Kran­kenhaus und das Altenheim zusammen. Eine Ver­mö­gens­aus­schei­dungs­urkunde vom 1. April 1897 kehrte die Phase der Kommunalisie­rung, die bei älteren Anstalten gerade eine Säkularisierung mit sich gebracht hatte, um[51]. Aus diesem Grund bewahrt die Horber Spital­verwaltung noch heutzutage ihre bis ins Mit­telalter zurückreichen­den Aktenbestände und Urkunden selbst auf[52]. Allerdings ist im Falle von Horb die Überlieferungssituation weit weniger günstig als in Rotten­burg. Dies fängt schon damit an, daß die Pfleger ein erstes Gesamt­urbar nicht vor dem 18. Jahrhun­dert anlegen ließen. So­dann be­ginnt die serielle Überlieferung von Rechnungsbüchern erst 1607. Ver­mutlich hängt dies mit einer Zäsur im Rechnungswesen des Spitals wie der ge­samten Stadt zusammen. Der Zeitpunkt, ab dem Rechnungen über­liefert sind, fällt näm­lich auffällig mit dem Zeitpunkt zusammen, als eine oberösterreichische Kommission neue Direktiven für die Hor­ber Verwaltung ausgab. Die Kommissare hatten zuvor fest­gestellt, daß es bei allen Rechnungen böse stehe: seyen auch vast ale Register also gestelt, daß sy we­der Anfang oder Endt, nit lateriert oder sum­miert, vihl weniger die Vergleichungen oder Be­schluß ge­macht. Der Ursachen kinden sy nit Rechnungen genennt werden[53]. Offenbar leite­ten die Kommissare so­fortige Maßnahmen gegen die Mißstände ein. Eine Folge davon mag sein, daß ab 1607 die Reihe der Rechnungsbücher nahezu komplett vorhanden ist[54]. Leider bieten sie im Gegen­satz zu Rechnungs­protokollen weniger Detailin­formationen, da sie summarisch ge­führt wurden. Rechnungs­protokolle und andere Vorrech­nungen wie Haus­bücher und der­gleichen fehlen in Horb weitgehend. Hingegen gibt es eine reichhaltige Überlieferung zur Herrschafts­geschichte über die einst im Besitz der Anstalt befindlichen Orte, bis hin zu Gerichtsproto­kollen. Gerade mit ihrer Hilfe ließe sich in einer Detailstu­die der Einfluß des Landes­herrn auf den Horber Spital und dessen Rechte anhand um­fangreicher Quel­len zeigen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird auf diesen interes­santen Aspekt weiter unten am Rande eingegangen. Im Falle Horbs kommt der Spital­überlieferung ins­gesamt keine so entscheidende Rolle für die Stadtgeschichte zu wie in Rot­tenburg, da auch die städtische Überlieferung weit zurückreicht. Im Stadtarchiv werden Serien von Ge­richtsprotokollen, Ratsprotokollen, Hauptrechnun­gen und Truhenrech­nungen aufbe­wahrt[55]. Leider jedoch ist dieses Material längst nicht so gut aufgearbeitet wie jenes in Rot­tenburg. Über den Horber Spital gibt neben einer neueren Mono­graphie über die Lieb­frauenkirche und das Chor­herrenstift eigentlich nur ein besitzgeschichtlicher Aufsatz des einstigen Pfarrers Doeser aus der Zeit des Ersten Weltkriegs Aus­kunft[56].

Der Bestand des einstigen Herrenberger Spitals ist, wie im Falle von Rottenburg, im dorti­gen, hervorragend ausgestatteten, Stadtarchiv unter­gebracht. Von den drei untersuchten und den sonstigen auf ihre Be­stände hin überprüften Spitälern bietet der Herrenberger die kontinu­ierlichste und am weitesten zurückreichende Überlieferung, leider je­doch nicht die ergiebigste. Die überlieferten Rechnungen beginnen zwar bereits 1482 und decken mit nur geringen Lücken das gesamte 16. und 17. Jahrhundert ab[57]. Wichtig sind auch die Beilagen, die einigen die­ser Rech­nungsbücher eingelegt sind[58]. Leider fehlen aber Hausbücher und andere Vor­rechnungen, die vermutlich erst gar nicht im selben Umfang wie in Rottenbur­g oder in Horb ge­führt wurden. Die Überlieferung von Lagerbüchern ist gut[59], jedoch sind die Rottenbur­ger übersichtlicher. Aus späterer Zeit hat sich auch die Herrenberger Spitalge­richtsbarkeit in Akten niedergeschlagen[60]. Für Herrenberg hat der Bestand des Spitalarchivs nicht die enorme Be­deutung wie in Rottenburg. Die seriellen Quellen städti­schen Ur­sprungs sind nämlich ebenfalls sehr voll­ständig und ähnlich weit zu­rückreichend überlie­fert. Allerdings fehlt hier eine genaue Verzeich­nung, so daß trotz der hervorragen­den ar­chivarischen Betreuung eine vollständige Erfas­sung der wichtigen Akten und Bände nicht ga­rantiert werden kann. Leider steht der guten Ausgangssituation hin­sichtlich des Quellenmate­rials eine relativ geringe Ergiebigkeit und das praktisch völlige Fehlen von Forschungsliteratur gegenüber. Stan­dardwerk für die Stadtgeschichte ist immer noch die handschriftliche Chro­nik des einstigen Herrenberger Vogtes Hess aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts[61]. Außer den darin enthaltenen Abschnit­ten gibt es keine Veröffentli­chung über den Spital.

Spitalakten und die Rechnungsführung der Spitäler

Da sich die gesamten Ausführungen der vorliegenden Arbeit haupt­sächlich auf die Akten der Spitäler und namentlich auf deren Rech­nungsbücher stützen, sei an dieser Stelle näher auf die einzelnen Quellen eingegangen. Dies soll vor allem auch ein besseres Verständ­nis für den methodischen Ansatz ermöglichen. Der Schritt, von den kollektiven Verhältnissen in einer Versorgungsanstalt auf jene privater Verbraucher zu schließen, hängt unmittelbar von der Aussagekraft der Rechnungsbücher ab. Eine systematische Betrachtung der Spi­talakten wird diese Vorgehensweise verständlicher machen.

Grundlage für die Rechnungs­führung der Spitäler waren die Ur­barien, in denen Besitz­rechte aufge­zeichnet sind: eigene Güter, Ge­bäude, Ge­fälle an Geld- und Natu­ralzinsen, -gülten und -zehnten. Weiter unten werden sie herangezogen, um die Besitz­struktur der un­tersuchten Spi­täler zu er­mitteln, die Grundlage ihres wirtschaftlichen Handelns. Wie sol­che Ur­bare entstanden und welcher Stellenwert ihnen zukam[62], sei am Bei­spiel desjeni­gen aus Rottenburger von 1537 kurz gezeigt. Zu seiner Er­neuerung reiste eine Kommission des Rottenburger Rats und Gerichts in die entsprechenden Dörfer. Seit der Kommunalisie­rung im 12. und 13. Jahrhundert, bei jüngeren Anstalten seit ihrer Grün­dung, handelten nämlich die städtischen Gremien in allen wesent­lichen Belangen für die Spitäler, so auch in Rot­tenburg. Die Stadt ordnete ihre zwei Bürgermeister, die gleichzeitig als Pfleger der Anstalt am­tierten, zwei Zehntherren und weiteres Personal wie den Va­ter und den Ober­knecht, zu dieser Kommission ab. Vor Ort wur­den dann, wohl aus früheren Urbaren und Verträgen zusam­mengestellt, alle… Posten vor einer ganzen Ge­meinde öffentlich verle­sen und be­kannt gemacht und von einem Gericht darüber erkannt[63]. Jede Er­neuerung war eine ziem­lich auf­wendige Aktion, die vor allem wegen der vielen beteiligten Personen auch eine Menge ko­stete. Des­halb fand sie nur in Abständen von etwa drei Jahrzehnten statt. Um un­nötige Ko­sten zu vermeiden, die eine Er­neuerung vor Ort mit sich gebracht hätte, kam es auch vor, daß einzelne Rechte nicht erneuert, sondern alleine aus den Briefen im Spital eingeschrie­ben wurden. Bei erst kürzlich erworbe­nen Gütern ließ sich auch einfach das Bestands­verzeichnis aus dem Kaufvertrag inserieren[64]. Das Urbar ist systema­tisch nach Ortschaften gegliedert, doch folgen diese weder der zeitli­chen Reihe ihrer Er­neuerung noch alphabe­tisch aufeinander. Mögli­cherweise liegt der Ordnung jener Weg zu Grunde, den einst eine Kommission bei der Erstverzeichnung nahm. Innerhalb der Ortschaften sind die Einträge nach Huben, Höfen und Lehen geord­net, deren Grundstücke jeweils durch vier Anstößer gekennzeichnet werden. Da den Urbaren Inhaltsverzeichnisse beigegeben sind, können Angaben leicht nachge­prüft werden.

Das Urbar bot den Spitalbeamten die Möglichkeit, Besitztitel ihrer Anstalt nachzuschla­gen. Darin liegt seine verwaltungstechnische Bedeu­tung. Wie wichtig dies sein konnte, zeigte sich während der Krisen­jahre des Dreißigjährigen Krieges in Herrenberg. Güter, die ein Ar­menpfründner eingebracht hatte, ließen sich 1637 nicht mehr ermitteln: wo sie ligen dem Spitalmayster nach der Zeith unbe­wußt[65]. Darüber hinaus aber kommt den Urbaren oder Lagerbüchern auch eine beson­dere rechtliche Bedeutung zu. Da sie vor den Betroffe­nen amtlich be­kanntgemacht wurden, hatten sie bei strittigen Gebietsfra­gen Beweis­kraft. Außer auf diesem Rechtsakt der Er­neuerung beruhen die Besitztitel auch auf Kaufbriefen, die der Spital aufbewahrte und deren Lagerort die Bücher in aller Regel nennen. Zu den Gewölben, darin­nen des Spitals Brief, Stiftungen, Urbar und der­gleichen liegen, hatte alleine der Schreiber den Schlüssel[66].

So, wie das Urbar als Grundlage für die Einkünfte des Spitals gelten kann, so waren die Spital- und Speiseordnungen grundlegend für das Zusam­menleben und die Lebenshaltung in der Anstalt. Sie wurden vom städti­schen Gericht er­lassen, im Falle von Pfründverträgen mit den einge­kauften Pfründnern ausgehandelt. Urbare und Spitalordnungen setzten den Rahmen, inner­halb dessen sich die Verwaltung des Spitals und das Leben der Spita­liten abspielte.

  Schema: Rubriken der Rechnungsbücher (1):  Geldeinnahmen Copyright: W.Sannwald 1992 
    
 VOM RESTVERMÖGENVERKÄUFE 
    
 AUSSTÄNDEGüterverkauf– Roggen– Rindvieh
 Zinsablösungen– Dinkel– Hagen
 Rückzahlungen– Hafer– Pferde
ZINSENVerschuldung– Gerste– Schweine
  – Mühlkern– Häute
SteuernSOZIALBETRIEB– Erbsen– Hennen
Hellerzinsen – Linsen– Hühner
HauszinsenPfründverkauf – Rüben 
WasserzinsenLeibgedingverk – Holz
GrundzinsenVon Armen– Milch– Reife
 Stiftungen– Käse– Heu
AllgemeinesAlmosen– Fleisch– Stroh
Kellergeld – Schmalz– Wein 
Bettenverkauf Rüggelder – Obst 
FuhraufträgeFrevel  

Für diese interne Verwaltung war der Spitalmeister, mitunter auch als Spitalvater bezeich­net, zuständig. Die Ordnung[67], die er bei sei­nem Dienstantritt beschwören mußte, ver­pflichtete ihn unter anderem auch zu einer geregelten Rechnungsführung. Seine tagtägli­chen Ein­nahmen aus den Zinsen und Gülten notierte er, genauso wie die Ausgaben für die Haushaltsführung, in ein besonder Particular Raitung oder Hausbuch. Diese Geldrechnung ging in das Rechnungsprotokoll unter der Rubrik Spitalmeisters kleine Rechnung ein. In sein Haus­buch schrieb der Meister auch hinein, was die Spitalinsassen an Wein und an Frucht verbrauchten. Der für die Vorräte zuständige Keller mußte ihn darüber auf dem Laufen­den halten. Wöchentlich notierte er auch, wieviele Tage die Handwer­ker geschafft hatten, damit die Pfleger mit diesen jedes Quartal ab­rechnen konnten. Von derartigen Hausbü­chern sind in den drei besuchten Archiven nur in Rottenburg einige erhal­ten. Für die vorlie­gende Arbeit wurden sie insbesondere zur Ermitt­lung des Fleischver­brauchs heran­gezogen. Denn in sein Hausbuch übertrug der Meister auch die Summen aus einem spe­ziellen Fleischregister, in dem er jede Woche vermerkte, was er von den Metzgern bezogen hatte. Ei­nige solche Fleischregister fanden sich in den Beilagen der Herrenber­ger Spital­rechnungen. Auf dieser Grundlage rechneten der Spitalmeister und die Pfleger dann sams­tags mit den Metzgern ab, gleichzeitig fanden die Summen Eingang ins Hausbuch. Für be­sondere Aufgaben führte er mitunter auch weitere spezielle Re­gister. So ist für Rot­tenburg 1668 ein Fuhrbüchlin genannt, in dem die Ent­gelte für Fuhrdienste standen. Über das In­ventar seiner Anstalt führte jeder Spitalmeister gleichfalls genau Buch. Solche Inven­tare sind ebenfalls im Herrenberger Archiv erhalten[68]. In ihnen sind Silber-, Kupfer- und Zinn­geschirr, Bettücher und Leinwand sowie an­dere Mo­bilien verzeichnet.

Auch der für die Wein- und Fruchtvorräte des Spitals gemeinsam mit dem Spitalmeister zuständige Keller mußte des Schreibens kundig sein. Laut Ordnung hatte er bei der Weinernte die Herbstbücher, von denen einige in Rottenburg erhalten sind[69], und nach der Ernte die Dreschregister zu führen. Während des gesamten Jahres trug er täg­lich die Weinausga­ben in ein Register ein, getrennt für drei Perso­nengruppen: über des Spitalmei­sters Tisch, Pfründner, Arme und Ehe­halten. Mit Ehehalten meinte er dabei die Bedienste­ten der Anstalt. Auch Fruchtentnahmen aus dem Kasten verzeichnete der Keller, um sie anschließend ebenfalls dem Meister für das Haus­buch mitzuteilen. In gleichem Maße mußte der Spitalbäcker Buch darüber führen, wie­viel Brot er verkaufte[70]. Was der Hai­scher im Auftrag des Spitals an Früchten und Geld einzog, fand ebenfalls seinen schrift­lichen Nieder­schlag, in diesem Fall zunächst im Haischbuch.

  Schema: Rubriken der Rechnungsbücher (2):  Geldausgaben Copyright: W.Sannwald 1992
    
 REST AM ENDEBESOLDUNGBAUKOSTENSOZIALBETRIEB
    
 RESTANZEN– Meister– KircheHausarme
 – Keller– SpitalKinder 
Steuern– Oberknecht  – Gutleuthaus Wochenkosten 
Hellerzinsen – Unterknechte– Scheuern  Sondersiechen
An andere Verwaltungen– Weingärtner – KelternEx gratia    
  – Bäcker– MühlenBeerdigungen 
 – Mägde– Badstuben  Leibgedinge  
VERMÖGEN– Köchin– Höfe 
   HAUSHALT
GüterkaufLÖHNELANDWIRTSCHAFT 
Zinsablösungen  Dem Krämer   
Zinskäufe– Taglöhne   – Ackerbau  Mahlen 
Schuldkäufe – Handwerker – ErnteTextilien    
 – Arztlohn   – Dreschen  Wäscherlohn  
VERWALTUNG    – Kaminfeger  – Wiesen 
 – Schuhmacher – WeinbauGEMEINNUTZEN 
Gülteinzug   – Holzhauen – Viehkäufe   
Zehrungen– Fuhrkosten – Viehhaltung Faselvieh    
Rechnung – HeukaufFeuerwehr    
Kommissionen – Strohmachen   

Über den weiteren Rechnungsablauf gab der Spitalkeller Barthel Pembler 1604 vor einer österreichischen Untersuchungskommission Aus­kunft[71]: er Zeug und der Spitl Vater zaigen ir Raitung dem Stat­schreiber an, der schreib alles auf. Die Pfleger übersehen dieselb und legen sy als­dann dem gantzen Rath für. Zunächst trat also der Stadtschreiber in Aktion. Bei der Er­stellung von Rechnungsprotokoll und Rechnungsbuch kam den Schreibern eine entschei­dende Funktion zu: bei ihnen flossen verschiedene Vorrechnungen zusammen und sie tru­gen diese zunächst in das Protokoll, später in das Rechnungsbuch ein.

  Schema: Rubriken der Rechnungsbücher (3):  Geldausgaben: Käufe Copyright: W.Sannwald 1992
    
– Roggen– Kraut– Fleisch– Hennen 
– Dinkel– Brot– Schmalz– Hühner 
– Hafer– Zwiebel– Unschlitt– Hagen  
– Gerste– Leinöl– Lichter– Pferde 
– Mühlkern– Salz– Häute– Schweine
– Erbsen– Wein – Rindvieh
– Linsen – Milch 
– Rüben– Holz– Käse– Heu
– Obst– Reife– Eier– Stroh  

Obwohl der Schreiber, der in allen drei untersuchten Orten gleichzeitig das Amt des Stadt­schreibers versah, eigentlich nur eine Hilfsfunktion innehatte, kam ihm in der Spitalver­waltung doch die Schlüsselfunktion zu. Er dürfte in vielem kompetenter gewesen sein als seine nominell vorge­setzten Pfleger.

  Schema: Rubriken der Rechnungsbücher (4):  Fruchteinnahmen Copyright: W.Sannwald 1992
  
FRUCHTARTFür jede Fruchtart die folgenden Rubriken:
– Roggen   
– Dinkel    EigenwirtschaftGülteinnahmenKauf
– Hafer     Auswärtige HöfeZehnteinnahmenAusstände
– Gerste    Vogtrechte 
– Erbsen     
– Linsen   Dabei wird je nach Spital zwischen
– Rüben   den unterschiedlichen Herkunftsorten
– Obst       und Abgabepflichtigen unterschieden.
  Schema: Rubriken der Rechnungsbücher (5):  Fruchtausgaben Copyright: W.Sannwald 1992
  
FRUCHTARTFür jede Fruchtart die folgenden Rubriken:
– Roggen   
– Dinkel    Zins und GültHausbrauchVerkauf
– Hafer     BesoldungsteilVerfütterungAusgeliehen
– Gerste    AussaatRestanzen
– Erbsen     
– Linsen   Dabei wird je nach Spital zwischen
– Rüben   den unterschiedlichen Nutznießern
– Obst       der Früchte unterschieden.

Zunächst führte er die verschiedenen Teilrechnungen oder Partikularien im Rechnungs­protokoll zusammen. Deshalb sind in diesem Konzept noch die einzelnen Teilbeträge der Partikularien aus­gewiesen, es gibt Streichungen, Nachträge, Korrekturen und sonstige Spu­ren laufenden Gebrauchs. Im eigentlichen Rechnungsbuch, das die Pfleger dem Rat zur Abhörung vorlegten, stehen dann meist nur noch die Summen solcher Posten. Die Rech­nungsbücher aller untersuchten Spitäler sind nach denselben Prinzipien gegliedert. Grund­sätzlich werden jeweils eine Geldrechnung, im Anschluß daran eine Fruchtrechnung und schließlich eine Weinrechnung im selben Band aufgelistet. Vom Prinzip her ent­spricht dies wie auch das Folgende dem noch im 18. Jahrhundert in Württemberg üblichen Verfah­ren[72]. Innerhalb der drei Teile gibt es jeweils eine Zweiteilung zwischen Einnahmen und Ausgaben. Bei den Früchten wird ferner zwischen den verschiedenen Fruchtarten unter­schieden. Die in diesem Kapitel abgedruckten Schemata sollen einen groben Überblick über die Gliederung geben. Dabei wurde leicht nach modernen Ge­sichtspunkten umge­gliedert. Innerhalb der einzelnen Ru­briken mußten bei der Datenerfassung, die sich grund­sätzlich auf alle Bereiche er­streckte, häufig mehrere Daten erhoben werden. Dies war zum Ge­genrechnen und damit zur Fehlerminderung besonders wichtig. Geht man davon aus, daß jedes Rechnungsbuch zwischen einhundert und dreihundert Seiten hatte, so wird deut­lich, wie wichtig dieses Korrektiv angesichts von etwa dreihundert ausgewerteten Bänden und circa 100000 bearbeiteten Daten war.

Schema über die Rubriken der Rechnungsbücher der Spitäler 5
F R U C H T A U S G A B E N
FRUCHTARTENFür jede Fruchtart die folgenden Rubriken
– Roggen     
– Dinkel      – Hafer       – Gerste      – Erbsen     
– Linsen     
– Rüben      
– Obst       
Zins und Gült Besoldungsteil  Hausbrauch Verfütterung AussaatVerkauf Ausgeliehen Restanzen
Dabei wird je nach Spital zwischen den unter schiedlichen Nutznießern der Früchte unter schieden.

Für jedes einzelne Rechnungsjahr fertigte der Schreiber in aller Regel jeweils ein Rech­nungsbuch an. Nur in Krisenzeiten trug er mitunter mehrere Jahre in einen einzigen Band ein, so in Rottenburg 1636 bis 1640. Im Falle des Her­renberger Spitals gibt es summarische Rech­nungen für die Jahre 1645-48 und 1649-52. Das Rechnungsjahr be­gann bei allen drei Anstalten an Georgi (23. April). In Horb ver­suchte die Herrschaft 1607 als Rechnungsbe­ginn Weihnachten durch­zusetzen[73], scheiterte jedoch mit ihrem Ansinnen, wie sich an den Rechnungsbüchern ablesen läßt.

In der Struktur des Rechnungswesens eines Spitals spiegelt sich auch die Verwaltungsstruk­tur dieser Institution wieder. Das Rechnungswesen war auf das Rech­nungsbuch hin organi­siert. Letztendlich verantworteten die beiden Spitalpfleger[74] diese Bilanz gegenüber dem Rat der Stadt. Sie waren die Oberbeam­ten, in deren Auftrag der Stadtschreiber und der Meister han­delten. Sonntags kamen die zwen Pfleger und der Statt­schreiber ins Spital, ver­richten ire Sachen und trinckhen her­nach etwan ain Maß Wein, zalen nicht darfür[75]. Am Sonntag erfüll­ten also die beiden ge­gen eine Aufwandsentschädigung tä­tigen Pfleger ihre Aufgaben, vor allem was fürneme Gelt Ausgaben belangen[76]. Jeder von ihnen hatte einen Schlüssel für eines der beiden Schlösser an der Geldtruhe, die im Rot­tenburger Spital in der Herrenstube stand. In dieser Stube führten beide Pfleger die lau­fenden Geschäfte. Auch in Herrenberg[77] und Horb bestand die Verwaltungsspitze des Spi­tals aus jeweils zwei Pflegern.

Schema über die Rubriken der Rechnungsbücher der Spitäler 6
W E I N R E C H N U N G                   
EINNAHMENAUSGABEN
– Rest     
– Gülten      – Bodenzinsen       – Landgarben      – Zehnt     
– Eigenbau    
– Kelterwein      
– Ausstände       
Gülten Besoldungsteil  Hausbrauch – Pfründner
– Spitalvater
– Arme
Verkauf Abgang Restanzen
Dabei wird je nach Spital zwischen den unter schiedlichen Orten des Gefälles und den Nutznießern unterschieden.

Oberste Instanz der Spitäler blieb in allen Fällen der städtische Ma­gistrat, in dessen Na­men die Pfleger handelten, die aus seinen Reihen rekrutiert wurden. Meist delegierten die Richter einen oder zwei Bür­germeister zu diesem Amt. In Horb gab es eine Art von Gewalten­teilung, zumindest seit 1607. Wie bei den anderen doppelt besetzten Ämtern auch, stellten der Große Rat und die Bürgermeister jeweils einen der beiden Amtsträger[78]. Dem waren Be­schwerden des Großen Rats darüber vorausgegangen, das sy nit auch umb des Spi­tals Wesn sollen wisen[79]. Der Rat überwachte also seine Anstalt. Dazu hatte er tatsächlich alle Ursache. Es kam mitunter beispielsweise vor, daß die Pfleger gerügt wer­den mußten, so in Herrenberg 1653, weil sie vier Jah­re lang keine Rechnun­gen abgelie­fert hatten[80]. Doch war dies eine eher harmlose Unregelmäßigkeit, welche von wirklichen Straftaten eini­ger Verantwortlicher weit in den Schatten gestellt wurde. Weitere In­formationen dazu werden im Zusammenhang mit Erörterungen über die Problematik des Quellenmaterials mitgeteilt. Dort werden dann auch Fälle geschildert, an deren Ende die Entlassung der Beamten stand. Ansonsten finden sich außerordentliche Entlassungen ei­gentlich nur, falls die Betroffenen sie selbst beantragten. Auf sein eigenes Ersuchen hin ließ sich etwa ein Herrenberger Pfleger 1654 hohen Alters wegen durch einen neuen erset­zen[81].

Landesherrlicher Einfluß

Ergänzt werden soll die Betrachtung der Verwaltungsstruktur in den untersuchten Spitä­lern durch einen Hinweis darauf, inwiefern sich auch Einflüsse von Institutionen neben oder über den städtischen Gremien bemerkbar machten. Dies konnten der Landesherr, aber auch kirchli­che Würdenträger sein. Während in Herrenberg neben den Vertretern der bürgerlichen Ge­meinde auch der Obervogt und der Untervogt die Rechnung mit ab­hörten[82], ließ der Rottenburger Magistrat herrschaft­liche Beamte gar nit zue, wie sich der Statthalter Christof Wendler von Pregenroth[83] 1604 beklagte[84]. Nach Klagen über Miß­stände in der Rottenburger Stadtverwaltung entsandte die Herrschaft eine Untersuchungs­kommission nach Hohenberg. Deren Entdeckungen führ­ten zu weiteren langwierigen Er­kundigungen und letztendes zur Refor­mierten Polizeiordnung der Stadt von 1608, welche in einer revidierten Fassung 1609 in Kraft trat[85]. Diese Ordnung wurde dann im Laufe der Jahre bis 1653 weiter ergänzt. Die Spitäler berücksichtigte diese Ordnung besonders stark[86]. Wie von al­ters her sollten die Rechnun­gen um Ni­kolai (6. Dezember) abgehört wer­den, in Zukunft aber in Beysein ei­nes Statthalters und Schulthaissen. Diesen Eingriff in die städtische Rechnungshoheit rela­tivierte Erzherzog Maximilian auf die Proteste der Stadt und ihre Berufung auf althergebrachte Privilegien hin in sei­nem noch 1609 erlassenen Nachtrag insoweit, als Statthalter und Schultheiß bei der Spitalrechnung nit sitzen sollten, hingegen aber immerhin das Recht zur Akteneinsicht bekamen[87]. Weiterhin aber drohte im Hintergrund die herrschaftliche Untersuchungs­kommission und in deren Folge der Ent­zug weiterer Rechte: …doch wirt die Statt dabey anvermahnt, daß gemeine auch des Spitals Eink­hommen solchergestal­ten zu administrieren, damit ain Landtshaubtman oder ain Ver­walter nit geursacht werde, von Ambts wegen über die Clagen der Un­derthanen undt etwan er­scheinenden Ärgernüssen zu in­quirieren und die Gebühr hierüber vorzunemen oder auch hin­ach der Sachen Be­schaffenhait ahn höhere Orth gelangen zu lassen[88].

In Horb kam es zu einer parallelen Entwicklung. Österreichs Kom­missare nahmen sich beider Städte auf einmal an. Hier versuchte der städtische Magistrat gleichfalls, die Lan­desherrschaft aus allen Spital­belangen möglichst weitgehend herauszuhalten. Dies war freilich un­gleich schwieriger als in Rottenburg, da sich mit der Ver­waltung der Horber An­stalt auch obrigkeitliche Rechte über vier Orte verbanden. Deshalb konnten die Horber jene Ansprüche, die sie be­reits 1565[89] vor einer herrschaftlichen Kommission geltend ge­macht hatten, letztlich nicht durchsetzen. Damals verlangten sie noch, daß inen al­lein in denselben des Spitals Dörfern der Nidergerichtszwang und was demsel­ben anhengig zugehörte. Freilich zeigte sich schon in jenen Jahren der Horber Vogt erstaunt darüber, das die von Horb die Vogt- oder Jargericht in irs Spitals Dörfern one Vorwissen und Bey­sein der Oberkheit oder jemands von derselben wegen durch ire Verord­neten zu irer Gelegenheit furnemen und halten. Item so ziehen sy auch die Appellationes von Urteln, so in denselben des Spitals Dör­fern gespro­chen worden, fur ire Spitalpfleger. Solches gebühre ih­nen doch nicht. Der Vogt wollte in Zukunft bei den Gerichtssitzun­gen mitreden und verlangte, daß Appellationen an sein Hofgericht ge­richtet werden soll­ten. Er leitete seine Ansprüche aus der hohen Ob­rigkeit ab, die un­bestritten der Herr­schaft zustand. Noch zu Beginn des 17. Jahrhun­derts nutzte die Stadt die Gerichtsbarkeit ihrer Anstalt, um sich, aus der Sicht oberösterreichi­scher Kommissare, herrschaftliche Prärogative anzumaßen[90]. Kein Wunder, daß deren Re­formation und die daraufhin (wohl 1607) erlassene Polizeiordnung massiv in die kommu­nale Ho­heit über den Spital und damit in dessen Verfassung eingriff. Dies ging so weit, daß die hohenbergischen Oberamtleute, der Obervogt und Schultheiß, in Zukunft selbst die Spitalrechnungen revidieren und bei der Abhörung mitentscheiden sollten. Anders als in Rottenburg scheint in Horb dieser Passus in Kraft geblieben zu sein, denn in dieser ho­henbergischen Stadt nahm 1638 außer den Bürgermeistern, dem Rat, dem Prediger und einem Kanoniker des Heilig-Kreuz-Stiftes, der Obervogt Adam Hein­rich Wind an der Ab­hör teil[91]. Aber auch in anderer Hinsicht brachte die Reformation empfindliche Eingriffe. Frü­here Grundstücksgeschäfte erklärten die Kommissare für nichtig, die Anstalt mußte eine Reihe von Äckern wieder auslösen. In Zukunft waren Verkäufe ohne Zu­stimmung der Obrigkeit nicht mehr gestattet[92].

Wie diese Beispiele zeigen, scheint in den vorder­österreichischen Städ­ten der Einfluß der Kommunen auf die Spitalver­waltung ursprünglich größer gewesen zu sein als im benachbar­ten Herzogtum Württemberg. Aber auch in Ho­henberg verstärkte die Herr­schaft ihren Zugriff, oft als Folge von Unter­suchungskommissionen, die eintrafen, um denun­zierten Mißständen nachzugehen[93]. Besonders nachhaltig war der Um­bruch zu Be­ginn des 17. Jahrhunderts, welcher sich in beiden Städten in Reformationen beziehungs­weise in Poli­zeiordnungen niederschlug, die auch die Verfassung beider Spitäler be­trafen. Gegen die Ansprüche des weltlichen Arms konnten sich die Städte kaum wehren.

Der geistliche Arm hingegen gewann nur in wenigen Jahren Kraft ge­nug, um in die Spital­verfassung einzugreifen. Schon 1602 befürchtete der Rottenburger Magistrat als Folge von Mißwirtschaft, daß etwan der Bischof zue Costentz als Ordinarius undt die weltlich Oberk­heit… ein Einsehen und Abschaffung thuen mieste[94]. Erstgenannter schrieb allerdings erst 1632 an die Rottenburger. Auf der Basis des Trienter Konzils und eines Konkordats von 1629[95] verlangte er, daß die Geistlichen über die Spital­rechnungen miturteilen dürften. Nach Kriegsende, vermutlich seit 1647[96], übte der Ehinger Propst dieses Recht, anschei­nend in Vertre­tung des Konstanzer Bischofs, tatsächlich aus. Angeblich hatte er es sich an­gemaßt, jedenfalls empfand es die Stadt als Rechtsbruch. Dieselbe Stoßrichtung hatte ein Versuch des Klosters Kreuzlin­gen, den früheren Verkauf seines Rottenburger Zehnten an den dortigen Spital anzufechten[97]. Dazuhin soll sich 1650 der Propst des Stiftes in Ehin­gen wider alt Herkhomen ange­mast haben, bei der Einstellung des Spitalvaters und anderer Bedien­ter mitzuwirken[98]. Die hohenbergische Stadt wehrte sich vehement: das Konkordat sehe keinesfalls die Mitwir­kung bei der Ernennung weltli­cher Diener vor. Und die Teil­nahme an den Spitalrechnungen wie­derum würden die Ordnungen der Stadt aus­schließen[99]. Dabei scheint sich das Stift auf eine Schrift des zeit­weiligen Regenten Mark­graf Karl von Burgau berufen zu haben[100]. Bürgermeister und Rat von Rotten­burg wehrten sich gegen dieses hievor niemahls geübte Atten­tatum mit einem juristischen Gutach­ten[101]. Nur ihre Privilegien, Ord­nungen, Rechte und Gerechtigkeiten behalte die Stadt nach dem so lang ge­wehrten höchstverderblichen Krieg auch zueletst erlittenen gantzer Stat Haubtbrunst übrig. Die galt es zu verteidigen. Während dieser Kriegswirren eingeruckhte widerige Actus und Verlauf hätten keine Gültigkeit[102]. Indessen scheint aller Wider­stand vergebens gewe­sen zu sein. Der bischöfliche Commissarius[103] wirkte mit.

Für das protestantische Herrenberg stand die kirchliche Beteiligung im Untersuchungszeit­raum nie in Frage. Außer dem Un­tervogt entschied dort auch der Spezial bei der Abhör regelmäßig mit, wie die auf den letzten Seiten vieler Rechnungsbücher inserierten Re­zesse deutlich zu erkennen geben.

Problematik der Rechnungsbücher

Was ist der Unterschied zwischen einem Storch und dem Spitalpfle­ger? – Der eine bescheißt den Spital von außen. Diese von Hermann Fischer sinngemäß überlieferte Scherzfrage[104] wirft auch für eine Unter­suchung über die Spitalwirtschaft des 17. Jahrhunderts entschei­dende Fragen auf. Ist den Spitalpflegern und ihrer Rechnungs­führung zu trauen? Un­persönliche Quellen wie Rech­nungsbücher er­scheinen auf den ersten Blick sehr glaubwür­dig, haben einen amtlichen Charakter. Nun beste­hen Rechnungs­bücher zwar zu einem Großteil aus nüchter­nen Zahlen, aber gerade diese lassen sich manipulieren. Bringt die Bildung von Datenreihen anhand spitalischer Rechnungsbücher also realistische Werte oder etwa das Produkt zeitgenössischer Manipulatio­nen? Der bereits öfters zitierte Bericht einer österreichischen Untersuchungs­kommission, die Rottenburg 1604 besuchte, macht diese besondere Problematik der untersuchten Quellengruppe deutlich. Bei­spielsweise könnten Fleischausgaben des Spitals für die Spitaliten an­gerechnet worden sein, obwohl sie diesen in Wirklichkeit gar nicht zu Gute kamen, weil sich die Pfleger dieses beliebte Nah­rungsmittel in verdeckten Wannen nach Hause tragen ließen[105]. Eine solche Ver­haltensweise, wie sie Rottenburger Spitalpflegern vorge­worfen wurde, würde bei einer Auswertung der Rechnungsbücher natür­lich zu falschen Ergebnissen führen. Belege für derartige Manipulatio­nen fin­den sich naturgemäß selten – welcher Veruntreuer würde schon Zeug­nisse seiner Missetaten protokollieren? Indessen existiert doch eine Reihe von Be­legen für ein derartiges Fehlverhalten der Beamten, wo­bei sich ein­zelne Perioden her­ausarbeiten lassen, in denen besonders häufig Fehl­tritte zu ver­zeichnen sind.

Für Her­renberg heißt es bereits in einem Visitationsbericht des Wai­senvogts Ob der Staig, Hainrich Schweiker, 1573: …an etlichen Orten allerhand Fehl und Mängel befunden, als erst­lich bey dem Spital zu Herren­berg, daß bey desselben schweren Haushaltung mehr eingebüest, dann wie in den Rechnungen zusehen, zu einichem hohen Ufnemen deren tewren Zeyten ein­gebracht wurden…[106].

Vor allem aber an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert scheinen ei­nige Verwalter in allen drei untersuchten Anstalten nicht immer auf das Beste der ihnen Anvertrauten ge­achtet zu haben. Auf größere Unregelmäßigkei­ten deuten alleine schon die umfangreichen Untersuchun­gen in beiden hohenbergischen Städten und Spitälern hin[107]. Rottenburg visi­tierten die beiden österreichischen Kommissare Chri­stof Franz von Wolckenstein und Adam Keller im Frühjahr 1607[108]. Sie brachten bereits einen Packen mit Berichten von früheren Untersuchun­gen und eingelaufenen Beschwerden mit sich. Besonderes Kennzei­chen der Vorgänge in Rot­tenburg ist dabei, daß sich der Ge­meindeausschuß der Stadt ge­gen Rat und Gericht stellte[109]. Gegen Vorwürfe ihres Ma­gistrats, das wir Tag und Nacht voll undt tholl in Wirtsheusrn, auch bey Tag undt Nacht auf der Gaßen uns nicht al­lein unstellig verhal­ten, sondern auch Abgaben nicht bezahlten, wehr­ten sich die Vertre­ter der Ge­meinde mit Angriffen auf die Anklä­ger. Neben vielem anderen zeigten sie an, daß der Ma­gistrat selbst auf dem Rathaus und im Spital zeche, seine Mitglieder seien in vor­angezeigten Lastern mehrt­heils selbsten behaft undt in diesem Spital kranck. Die Kommissare kümmerten sich um politische wie um reli­giöse Miß­stände[110], wobei eine Menge an den Tag kam, so daß letzt­lich ein großer Teil des Gerichts und des Rates ersetzt wurden, nicht jedoch die führenden Persönlichkeiten wie Bürgermeister Sigmund Wendelstein. Eine refor­mierte Polizeiordnung für die Städte war wohl die gravierendere Folge. Von den Rechnungen, be­sonders auch den Spitalrechnungen, hieß es, alle seien so befunden worden, daß man täg­lich hinder sich ge­hauset. Die verkauften Höfe des Rottenburger Spitals in Seebronn schei­nen weit unter Wert losgeschlagen worden zu sein, einer davon hatte 1500 Gulden ge­bracht, wäre aber fast dreimal soviel wert ge­wesen.

In Horb seien allerlay Mängel und Ohnordnungen eingerisen, hieß es von denselben Kommis­saren. Hier kam dem Spital bei ihren Verhören eine weitaus wich­tigere Rolle zu[111]. Wie in Rotten­burg wurde dem Magistrat Vetternwirtschaft vorgeworfen[112]. Einige Zeugen[113] erho­ben besonders gegen die Bürgermeister und einsti­gen Spital­pfleger Martin Gerber, Mi­chael Erhardt und Con­rad Eyten­bintz massive Vorwürfe. Von Martin Gerber berichtete dessen einstiger Knecht Martin Hecker: als er ungefahr vor 10 oder 12 Jahrn in bemeltem wehrendem Dienst einstmahls mit den Roßn aus dem Veldt umb Mittagzeit kommen, hettn sein B(ürgermeisters) Haus­fraw zu ime Zeugen gesagt: Du muest gehn zum Hern hinab in Spital. Hab er vermelt: Was mueß ich thun und nicht wol vor essn. Sie gemelt: Ey gang, er würt dich baldt fertigen. Das er gethon. Wie er nun hinab­kommen, hett er ime einen schwern Sackh mit Gelt ge­ben, so er Zeig auf 600 oder 700 Gulden geachtet, zum Stüblin her­aus gepracht und eins haissn haimb seiner Frawn zutragen. Wie nun ers also haimbgepracht, hette sie den Sackh von im genommen und herumb­gesprungen, gesagt: Der Theufel stehle, ich hab aber Gelt. Ob ers aber behalten oder dem Spital wi­dergeben, oder was das Gelt gewesn sey, wiß er nit. Auch Karren­salbe und Lichter habe er oft im Spital holen müssen, darob die Knecht darin unlu­stig worden[114]. Dieser Martin Gerber scheint noch während seiner Amts­zeit als Bür­germeister und Spitalpfleger damit be­gonnen zu haben, Bier zu sieden, da hot eber die Ger­sten aus dem Spital genussen, aber nit bezalt. Bey dem hots er nit lassen bleyben, die guten Zins und Gilten ein­genumen, darmit die Stat dru­ket und ain guten redlich Burger aus der Stat dri­ben (getrieben) mit dem Birsi­den. Er hot auch die Gersten in der Stat und userhalb der Stat auf­kauft, das sich die Burger vor ainen Rat hab beklag, das die Bur­ger des haben nit kinden iberkomen und ain große Not daraus in­standen; und allwegen nix umb ain Rat ge­ben. Aber er hot fül in dem Rat ket, die im darzu geholfen. Ain Rat hot nix golten. Der Spital hots sich mißen leiden, don man hot alle Hay dragen aus dem Spital haim. Nun ist es noch nit ge­nug. Er hot erst genumen die Stat an Hand, darumb ist er worden ain rei­cher Man[115].

Michael Erhardt trafen die meisten Anklagen. Ihm warfen verschiedene Zeugen[116] fol­gende Vergehen vor: Zunächst einmal habe er die großen Fässer im Spital für sich privat binden lassen und seinen Wein darin aufbewahrt. Der Weingärtner des Spitals sah keinen Wein in den Spital tragen, damit man solche Vesser wider zufülle, ge­denckhe wol, es werde aus des Spitals Wein beschehen. Also ließ der Pfleger seine Fässer nicht nur auf des Spitals Kosten herstellen, sondern auch noch füllen, so der Vorwurf. Sodann habe er erst newlich 52 Gulden emp­fangen, um damit an Georgi (23. April) ein Roß auf dem Tübinger Markt für den Spital zu erwerben. Mit dem Geld kaufte er aber Zwilch für sich selbst. Das zwei­jährige Fohlen, das er einem Bauern aus Rohrdorf im Gäu um 40 Gulden abhandelte, be­zahlte er nicht gleich, weshalb sich der Pferdeverkäufer hinterher beschwerte, das die Hern zu Horb ine nit bezahln. Zum dritten erregte der Verkauf um­fangreicher Spitaläcker die Gemüter, sonderlich weil die Pfleger solche für sich selbst gek­auft. Als Schätzer hatten die Spi­talknechte fungiert, denselbn man aber auch Äckher davon gegeben. Der Verkauf sei hin­ter dem Rüc­ken des Großen Rats und mitten in der Erntezeit, vor dem Schnitt, ge­schehen. Bürgermeister Hettinger profitierte von diesem Zeitpunkt mit etwa 30 Gulden, welche alleine die Früchte wert waren. Weil er auch nicht pünktlich den Kaufpreis entrichtet hatte, sondern jährlich 30 Gulden 30 Kreuzer an Zinsen dafür dem Spital bezahlte, lohnte sich der Ac­kerkauf doppelt. Gleich nach dem Verkauf mußte die An­stalt ihrerseits Früchte und Stroh erstehen. Ein weiterer Punkt betraf den Umstand, daß der Pfleger die Arbeits­kräfte, Zugvieh und Geräte des Spitals für sich arbeiten ließ, ohne entspre­chende Abfin­dungen zu entrichten. Während der Erntezeit habe Erhardt mit Spitals Mann seine aigne Garben eingefüert, wann also Unwetter eingefallen wehre, hette dem Spital das seinig vernassen müesen. Auch bei an­deren Ge­legenheiten setzte er Personal und Zugvieh der Anstalt zum eigenen Nutzen ein, die dazuhin noch im Spital verpflegt wurden. Fünftens traf Erhardt der Vorwurf, er habe vor zwei Jahren 150 Gul­den Reichsmünzen an Zinsen und Gülten aus dem Ort Friedberg ein­genommen, darmit auf Straßburg in die Meß gezogen und in sei­nen Nutzen gepraucht, ob ers wider guet gemacht, wisse Zeug nit. Als ihn der Spitalmeister darauf ansprach, gab der Beklagte vor, wisse nit, ob ers widererlegt oder verrechnet hab oder nit. Sodann beschuldigten ihn Zeu­gen, daß er nach und nach 25 Malter Ge­treide aus des Spi­tals Kasten genommen habe, worüber der Meister zu seinem Karren­knecht sagte: Botz Casparmenth, neme er gleich den Castn gar, so waist er, das alles hot, zahle er doch nichts und khindt niemandt nichts von im pringen. Der Stadtschreiber gab schließlich noch an, daß Er­hardt dem Spital 60 Malter Hafer schuldig geblie­ben war. Während er seinerseits den Ha­fer so theyr er khonde ver­kaufte, be­zahlte er ihn der Anstalt liederlich.

Aber nicht nur die politisch verantwortlichen Pfleger, sondern auch die für die Verwaltung zuständigen Spitalmeister traf in Horb Kritik. Man sag, es ziehen seine Khinder dem Spital zimblich ab. Item sein Weib laß ir Werckh aus des Spitals Costen und durch dasselbig Ge­sindt machen. Solche Mißstände scheinen bewußt durch eine nachläs­sige Rechnungsführung, von der oben schon die Rede war, verschlei­ert worden zu sein. Von den 4000 Gulden etwa, die aus Güterver­käufen um das Jahr 1600 herum erzielt worden waren, konnte nit befunden werden, obs alles in Raitung komen seye oder nit[117]. Über die gesamte Mißwirtschaft im Hor­ber Spital jener Jahre schwang sich einer der Angeber, das Ratsmitglied Onophrius Her­zog, sogar zum Dichter auf[118]:

Heytt (hüte) dich guter Freind

laß dich nit under die Freind

befil des und dich dem lyeben Gott

es wirt noch komen zu ainem Spott

dan die Hofarcht (Hoffart) nempt iberhand

des waist nun jederman Fraub und Man

der Brach (Pracht) nimpt iberhand.

Den Spittel nimpt man an die Hand

und schlet (schlägt) die Armen an die Wand.

Der Spittelmaister hit (hütet) auch nit daran,

er nimpt auch ain Burgermaister an die Hand,

damit kompt er auch heir naus

fül mal bis gein Bildechen (Bildechingen) in Steinhaus

er dreyt (trägt) aber nix daraus

Du Spittelmaister bis nun ain Knecht

gib der den Armen so dust du Recht

dein Lon wirt dir werden

du darfs dir nit selber geben

Halt du die Külbe (Kirchweih) mit den Armen

so wirt Gott iber dich auch erbarmen.

Schenk inen ein den gut Wein

so wirt es vor Gott ein Lob sein.

Aber ich sorg du werdes des vergessen

und werdes nemen die sauren Fleschen.

Ach Gott laß des dich erbarmen

so gat man umb mit den Armen.

Noch mus ich dem Spittelmaister epes (etwas) sagen,

er kan sich wol fleinsen don Wein

er soll Essen und Drincken schicken hom

des besen (Schlechten) dut er vergessen

des missen dar nach die Armen gessen

des mag er ina nit gunden

aber es wit im auch noch schwinden don

wan er wider kompt hom.

Dar bey laß ichs bleiben.

Damals wurden auch jene Mahlzeiten unter die Lupe genommen, wel­che sich Horbs Ratsmitglieder auf Kosten des Spitals genehmigten[119]. Sie waren beträchtlich und verfäl­schen deshalb in der laufenden Un­tersuchung Berechnungen von Ver­brauchs­ge­wohn­hei­ten. Einmal im Jahr erschienen zur Kirchweih die Bürgerkinder und die Handwerksleute, die für den Spital arbeiteten; alles in allem 300 bis 350 Personen, die ein Voressen, eine Suppe, ungefähr vier Malter Korn, das Fleisch ei­nes Rindes für 18 oder 20 Gulden und einen Sohm Wein verzehrten. Des weiteren erhielten alle 24 Mitglieder des Kleinen Rats und wei­tere Gäste auf dem Rathaus ein Morgenmahl, wenn im Altheimer Bach gefischt wurde. Aus dem Spital entnahm man dafür einen hal­ben Sohm Wein, zwei Malter Ve­sen, ein Kalb, Rindfleisch und Brot. Schultheiß, Bürgermeister, Pfarr­herr, Stadt­schreiber und Schulmeister bekamen zusammen mit ihren Frauen ein Morgenmahl zwei Wochen nach Ostern. Den Pflegern ging es an den vier Fronfasten gut, wenn sie die Haus­rechnung überprüf­ten, auch bei anderen Gelegenheiten, wenn sie im Spital oder wegen dessen Un­tertanen auf den Dörfern beschäftigt waren, angeblich etwa zwölf Mal im Jahr. Während der zehn, zwölf oder mehr Tage, an denen nach Martini die Rechnung abzuhö­ren war, aßen täglich die Pfleger, der Stadtschreiber und zwei Mitglieder des Rates im Spi­tal, bis sy genug haben, der ein Gang etwan baldt, der ander spath:… Khome man Vormittag khaumb vor 9 Uhrn zusamen, da mög man nit wol die Büecher aufthuen und den Sachen einen Anfang machen, fange man an Tisch beraithen und lade, der Ordnung allwegen, 2 aus dem Rath zu sich, trinckhen und essen sampt den Statknechten, Spitalmai­ster, seinem Weib, den Mäg­ten, bisweiln bis in die Nacht hinein. Treibn auch etwan speßige Sa­chen, daß sy in Vollerey den be­sagten Mägten mögten die Haubn ab dem Kopf gerisn, ihr Faßnacht Spil mit haltende, daß dan einer Bur­gerschaft ubel gefallen[120]. Ein ande­rer Zeuge, der Spitalmeister Peter Bern­hardt, der zu Beginn seiner Tätig­keit gegenüber dem Spital in der Herberge Zum Schaf gewohnt hatte, berichtete gleichfalls von solchen Gelagen: hette er wol vil­mahls ein grosses Jubelirn, Geschray und Unfuohr im Spital von der Spitalmaisterin (so man her­nacher ver­preindt) und irem Gesindt ge­hördt, daß khein Wunder der all­mechtig Gott uber sie erzürnt und verhengt, daß allerhandt Vorfäll sich darin begebn. Sogar die Ehe­halten, also die Bedienste­ten der Anstalt, beklagten sich über solches Verschwenden, weil sie um ih­ren Geldlohn fürchteten: früher wären die Pfleger in der halben Zeit mit ihrer Arbeit fertig geworden. Zu Weihnachten spendierte die An­stalt den vier Bürgermeistern und dem Stadtschreiber jeweils einen Kuchen, der 40 Kreuzer wert hatte zum gueten Jahr. Der Spital­meister, seine Frau, die Knechte und Mägde sowie die Armen be­kamen Kuchen für zwölf Kreuzer. An Ostern steckten die vier Bürger­meister und der Stadtschreiber jeweils zwei Käse im Wert von zehn Kreuzer je Stück und zwei Fladen, von denen jeder zehn Kreuzer wert war, ein. Das Personal und die Armen erfreuten sich an jeweils ei­nem Fla­den. Nach dem Metzgen im Spital erhielten beide Pfleger und der Stadtschreiber jeweils vom Rind sechs Pfund des besten Fleisches und ein Voressen von drei Pfund samt einem halben Fuß. Von einem Schwein bean­spruchte jeder Bürgermeister einen Fuß, das wer aber ain gantzer Schenckhel. Und weil die Saw nit fünf Füeß haben, het er (der Spi­talmeister) dem Statschreiber was anders darfür geschickht, auch et­lichmahl 2 Sawn gemetzget, damit er sy alle fünf beschlagen könde und nit so oft schickhen mieste. Außerdem ließen sich die Herren auch noch jeweils eine Hirnwurst, eine Roßwurst, eine Leber­wurst und zwei Bratwürste als kleine Aufmerksam­keit ge­fallen. Im ersten Jahr­zehnt des 17. Jahrhunderts wurden nach Angaben des Spi­talmeisters jährlich etwa zehn Rinder und zehn Schweine geschlachtet. An Martini (11. November) gab es den Brauch, daß den Bürgermeistern und dem Stadtschrei­ber zwei Maß Wein zukamen. Alle diese Privile­gien schaff­ten die Kom­missare, wie Rand­bemerkungen auf einer ent­sprechenden Liste zu er­kennen ge­ben, ab.

Insgesamt fällt besonders der Beginn des 17. Jahrhunderts durch zahlreiche Un­regelmäßigkeiten in den hohenbergischen Spitalverwaltun­gen auf. Einerseits mag dafür verantwortlich sein, daß gerade damals österreichische Kommissare die Zustände unter­suchten und entspre­chende Berichte ablieferten. Somit könnten die in den Archiven über­lieferten Berichte Symptom eines verstärkten Zugriffs des sich ausfor­menden Territorial­staates sein, dessen Kommissionen ein wichtiger He­bel zur Durchsetzung obrigkeitlicher Interessen waren. Aber auch die Sozialgeschichte der Zeit bietet einen interessanten Hin­tergrund für die Vorgänge. Nicht zufällig dürften die Hexenprozesse, welche es damals im Untersuchungsgebiet gab, mit den im Spital beobachteten gesell­schaftlichen Krisensym­ptomen zusammenfallen. Werden diese doch mittlerweile als Anzeichen gesellschaftlicher Ablösungsprozesse aufge­faßt[121]. Gerade auch für die Spitalgeschichte spielen He­xenprozesse immer wieder eine Rolle. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil Spitäler einen von der Gesellschaft doch relativ ausgegrenzten Lebens­bereich darstellten, über den sich leicht Gerüchte in die Welt setzen ließen. Es wundert deshalb nur wenig, daß Hexenprozesse ge­rade auch in den Quellen über die Mißstände der Spitäler öfters vorkommen. Bei­des, die Miß­wirtschaft in der An­stalt und in der Stadtverwaltung, aber auch die innerhalb der Bürger­schaft offenbar stark umstrittenen Ent­scheidungen in Hexenprozessen, gehören zu den thematischen Brenn­punkten der Zeit. Auch wenn die Miß- und die Vetternwirtschaft in den städtischen Gremien zur Spra­che kamen, enthüllten die Mitglieder des Gremiums mitunter eine la­tente Bereitschaft, Verfahren wegen He­xerei gegen die Verantwortlichen an­zustrengen. Zumindest verriet das Ratsmitglied Onophrius Herzog in einer län­geren Anzeige über die Be­schaffenheit des Regiments der Stadt Horb solche Tendenzen[122].

Bei beiden hohenbergischen Anstalten erweist sich als Schwerpunkt der Mißwirtschaft die Zeit der Jahrhundertwende. Kurz danach kam es zu ähnlichen Symptomen auch im be­nachbarten Herrenberg. Der noch neue Unter­vogt Hans Michael Hirschman be­kam 1614 under dem gmeinen Mann und Burgerschaft vil haimlichs Gemurmel zu hören und in Form einer anonymen Anzeigeschrift hinterbracht, wie daß namblichen man so übel sonderlichen dem Spital, Gmeiner Statt und sunsten al­hie hause, jedoch verschob er wegen seiner Uner­fahrenheit die Be­urteilung bis nach der anstehenden Rechnungslegung. Er be­gründete dies mit dem ordentlichen Verlauf bisheriger Rechnungslegun­gen: weil alle, so wol der Statt, als auch gantzen Ampts Rechnungen von meinen Vorfahrn mit aignen Handen underschriben und selbige darmit ordenlich abgehört, justificiert und approbiert…[123]. Etwas scheint an diesen Vorwürfen gewesen zu sein, denn der Spitalmeister wurde noch im selben Jahr durch einen ande­ren ersetzt. Aber auch an die­sem gefiel den Vorgesetzten etwas nicht, seine Frau. Die war gahr arbaitselig und der Haus­haltung nit mehr khende obwarten, dahero aller Orten gros­ser Abgang erscheint. Und man bedacht nach einem andern Spitalmeister zue­trachten[124]. Dem Meister ließ man folglich auf Weihnachten anzeigen, das er sich umb andere Gelegenhait umbsehen, da man mit Ihme Enderung vornemen werde. Vorher indessen sollte noch die Rechnung fertiggestellt und untersucht werden, weil viel Wein verbraucht werde und be­sonders wegen des Bäckers viele Klagen eingingen. Ist dahin geschlossen worden, das man ihne abschaffen und nach eim andern trachten solle. Offenbar hatte der Herrenberger Rat aber wenig Glück mit seinem Personal. Denn auch der 1622 ange­stellte Nachfolger mußte nach drei Jahren gehen, weil Klagen laut wur­den, das er et­was tregs hinlessigs und zimblich zehrhaft… Sonder­lich ist die Fraw gahr liederlich in der Haushaltung…. Deren Schwatzmäu­ler wollten die Räte offenbar gerne abstellen[125].

Besonders anfällig für Manipulationen waren die Rechnungen der 1630er und 1640er Jahre. Die durch den Dreißigjährigen Krieg her­aufbeschworene äußere Krise scheint mit inneren Zerfallserscheinungen einhergegangen zu sein. Bei den Horber Rechnungsbüchern werden in dieser Zeit sogar gezielte Fälschungen deut­lich[126]. Als der Rat am 19. Juli 1639 die Rechnungen vergangener Jahre abhörte, stellten die Mitglie­der einen Fehlbetrag in Höhe von 123 Gul­den fest, der sich bei der Addition einzelner Rubriken ergab. Dieser Rest wurde den Pflegern an dem ihnen noch zustehen­den Geld, das sie zugeschossen hat­ten, ab­gezogen. Viel schlimmer wog in­dessen bei derselben Rech­nung, daß darin 450 Gul­den an Kriegskon­tributionen verzeichnet wa­ren, welche die Pfleger angeblich der Stadt ge­liefert hätten. Es habe sich aber im Nachsehen eröfnet, daß der Spital nichts gelifert, vil we­niger die Stat ichtwas empfangen, son­der berierter Posten aus Herrn Burgermaisters Johan Rimpfers Bevelch nur darumben – auch über des Stadtschrei­bers underschidliches Wider­rathen – einzuesezen befohlen worden, da­mit die Einnamb und Aus­gab einander ufheben, mit dem Fürwandt, daß in einem Jahr drey Spitalmeister gewesen und niemandt wiß, bey welchem dise Summa hinderstellig worden seye. Diesen Grund er­kannten die Prüfer nicht mehr an, viel­mehr mußten alle drei ehemali­gen Spitalmeister nochmals eine Partikularrechnung erstel­len. Gegen Bürgermeister Rimpf behielt man sich, wegen wisentlich un­rechtmäßig eingesez­ten Postens halb gebürende Straf vor.

Auch nach Kriegsende gab es immer wieder Vorwürfe gegen das Personal, freilich nicht mehr in der zuvor beobachteten Anzahl. Seinen Pfleger Johann Kirchherr entließ der Herrenberger Rat 1649 wegen entstandener Un­einigkeit[127]. Ein Jahr später stellten die Rechnungs­prüfer einen Error zu Gunsten des Spitalmeisters fest, ohne daß sie ihm aber deshalb Un­lauterkeit vorwarfen[128]. In derselben Stadt mußten 1662 Ausstände vom Haisch­knecht eingetrieben werden[129]. Ein Kommissions­bericht von 1794[130] legt auch für Rotten­burg erneutes Fehlverhalten der Beamten nahe. Wegen unverantwortlich vernachläs­sigter Wirtschaftsfüh­rung drohte dem Spital damals die Aufhebung der Ei­genwirtschaft. Dem Magistrat ist als Oberpflegschaft die gänzliche Vernachlässigung seiner Pflichten schärfstens zu ahnden…, hieß es da­mals. All diese deutlichen Sym­ptome der Mißwirtschaft scheinen be­sonders stark Zeiten sozialer Um­brüche und anderer äußerlicher Krisen begleitet zu ha­ben. Die Miß­wirtschaft der Spitäler kann sicherlich nur vor dem Hintergrund allge­meiner Zerfallserscheinungen in den städti­schen Verwaltungen gesehen werden. Sie bedeutet je­doch, daß auf alle Fälle mit Manipulationen auch der Rechnungsbücher zu rechnen ist. Dies gilt auch dann, wenn entsprechende Berichte nichts besonderes enthüllen würden, sondern lediglich als Folge eines verstärkten Zugriffs der Obrigkeit auf ihre Untertanen zu betrachten sind. Selbst wenn bis zum Zeitpunkt der Offenlegung solche Machenschaften an der Tages­ordnung gewesen sein sollten, so bleibt doch eben die Tatsache dieser Miß­stände. Derartige Unwägbarkeiten des Quellenmaterials sind indes­sen nicht auszuschalten. Gleichzeitig deuten die zitierten Belege darauf hin, daß die Art der Rechnungs­führung mit ih­rem System übertrage­ner Reste eine durchaus brauch­bare Kontrollmög­lichkeit bot, weil sie den Gesetzmäßigkeiten eines geregelten Rech­nungswesens folgte[131]. Nicht umsonst zwangen Öster­reichs Kommissare die Horber Verwaltung gerade zu dieser Art der Rech­nungsführung. Und die Kontrolle scheint ja auch, das verraten die oben genannten Quellen deutlich, zumindest im Großen funktio­niert zu haben. Hielten sich die Mani­pulationen in dem Rahmen, den die Nachforschungen der hohenber­gischen Kommissionen an den Tag brachten, so können die daraus resultierenden Verfälschungen bei Un­tersuchungen über die Spitalhaus­halte durchaus toleriert werden.

III. Besitzgeschichte der Spitäler

Wenn es gilt, zu beurteilen, wie sich die Spitalwirtschaft entwickelte, muß zunächst die wirtschaftliche Ausstattung der Anstalten untersucht werden. Sie ist die Grundlage für das wirtschaftliche Handeln, welches die vorliegende Untersuchung erfassen will. Alleine schon die Besitz­struktur weist auf den besonderen Charakter einzelner Spitäler hin. Gleichzeitig können Erwerbungen[132] oder Ver­käufe bestimmter Immobi­lien oder sonstiger Werte Gewichtsverla­gerungen innerhalb der Ökono­mie agrarischer und sozialer Großbe­triebe der Frühen Neuzeit vermu­ten lassen. Später kann dann der Frage nachgegangen werden, wie sich Unterschiede in dieser Ausstattung auf die Bewältigung zeitgenös­sischer Aufgaben aus­wirkten. Die Ausführlichkeit der folgenden Dar­stellungen richtet sich nach der Quellenlage. Weil hier die Besitzge­schichte aller drei Anstalten erstmals ausführlicher zusammengefaßt wird, wurde zwar eine gewisse Vollständigkeit angestrebt. Diese jedoch führte angesichts doch sehr unterschiedlicher Überlieferungssituationen dazu, daß bei ei­ner Reihe von Punkten keine Vergleichswerte für alle drei Untersuchungsobjekte ermittelt werden konnten.

Der Horber Spital

Der Horber Spital[133] gehört nach der von Rudolf Seigel[134] entworfenen Systematik, die vor allem zwischen reichs- und landstädtischen Spitä­lern unterscheidet, zur Gruppe der relativ früh gegründeten landstäd­tischen Spitäler. Wie in allen wichtigen vorderösterreichischen Städten entstand er bereits im Laufe des 14. Jahrhunderts. Dietrich Guter­mann, ein Hor­ber Bür­ger, stiftete am 12. Januar 1352 zu diesem Zweck sein Haus. Das Anwesen lag vor dem Bildechinger Tor (nörd­liche Stadt­mauer), außerhalb der Bruckmauer am Bach. Sich selbst und seiner Frau Mechthild behielt der Stifter den oberen Teil der Wohnung als Leibgeding vor. Armen und siechen Dürftigen zu einer steten Herberge sollte das übrige Ge­bäude dienen. Das Gründungsda­tum gibt vielleicht einen Hinweis auf die Beweggründe des Stifters. Möglicherweise han­delte er unter dem Eindruck der Pestjahre 1349/50. Der Horber Spital ist eindeutig eine bürgerliche Gründung. Graf Albrecht von Hohen­berg, Bi­schof zu Freising und damals Herr der Stadt Horb, bestätigte sie frei­lich noch am selben Tag und gab ihr somit den notwendigen herr­schaftlichen Segen. Dies erst sicherte die Steuer-, Zins- und Dienst­freiheit und damit das Aufblühen der neu­gegründeten Anstalt, eine auch für andere karitative Einrichtungen der Zeit typische Privilegie­rung. Als die An­stalt entstand, war bei den äl­teren Spitälern der Prozeß der Kommunalisierung bereits abge­schlossen. Deshalb leiteten von An­fang an Vertreter der Bürgerschaft das neue Zen­trum städtischer Für­sorge.

In Horb zählte die Toggenburger Gräfin Ida, die Gemahlin Rudolfs von Hohenberg und später Heinrichs von Werdenberg, zu den be­deutendsten Gönnern. Ihre Schenkungen im Jahr 1387 können gera­dezu als zweite Stiftung[135] der Anstalt betrachtet werden. Sie übertrug ihr in Anse­hung der Gebresten der elenden und armen Leute in Horb Hof­statt- und Garten­zinsen im Wert von 110 Pfund Heller, die ihr Rudolf von Hohenberg schuldete[136]. Auch eine Kapelle verdankte der Spital sei­ner großzügigen Patronin. Allerdings wurde jene 1437 letztmals ge­nannt[137]. Vor allem aber spielte die Toggenburgerin beim Erwerb der Ortsherr­schaften des Spitals über die benachbarten Dörfer Altheim und Salzstetten die entschei­dende Rolle. An dieser Stelle soll darauf verzichtet werden, weitere Stiftun­gen auch ande­rer Gönner im einzel­nen aufzulisten. Weil sie aber von einiger – vor allem auch so­zialer – Bedeutung war, sei noch kurz auf eine vom 16. Dezember 1501 einge­gangen. Damals schenkten Erhart Herzog und Michael Schüz von Eu­tingertal 300 Gulden, von denen jährlich 30 Malter Roggen zu kaufen waren. Wöchentlich hatte der Spital davon einen  Scheffel zu Brot zu verbacken und dieses am Sonntag in der Stifts­kirche an zwölf Arme zu verteilen[138]. Im Untersuchungszeitraum gingen sonst noch Stiftungen im Wert von 250 Gul­den[139] ein. Dies änderte die wirtschaftlichen Grundla­gen der Anstalt aber nicht mehr erheb­lich.

Ida von Toggenburg legte den Grundstein für die Herrschaft des Hor­ber Spitals in einigen Orten der näheren Umge­bung. Nur seiner Anstalt hatte es der Rat der Stadt zu verdanken, wenn er später über ein terri­toriumsartiges Gebiet[140] herrschen konnte. Dazu finden sich bei anderen vorderösterreichischen Spitälern, die einer frühen Gründungswelle an­gehörten, viele Parallelen. Rottenburg, dessen Spital an Wirtschafts­kraft keineswegs hinter dem Horber zurückstand, ist hier die große Ausnahme. Zeitlich kam es zu dieser Expansion parallel zu jener der Reichsstädte[141]. Der Stadt Horb gelang es so, die vier Dör­fer Altheim, Grünmettstetten, Salzstetten und Ihlingen zu erwerben. In den genann­ten Orten hatte ihr Spital bis zum Jahr 1806 die niedere Gerichtsbar­keit inne, welche der Rat der Stadt in sei­nem Namen aus­übte. Die terri­toriale, hohe und malefizische Obrigkeit sowie das Zoll­regal hingegen gehörten dem Erzhaus Österreich. Weil die Anstalt außerdem das Patronats­recht in Vollmaringen, Grünmettstetten und Salzstetten be­saß, be­stimmte der Rat der Stadt in ihrem Namen auch, wer dort je­weils Pfarrer wurde.

Vgl.: Ansicht der Horber Spitalgebäude, Rekonstruktion und Zeichnung von Josef Klink[142]

Das wirtschaftliche Zentrum der Anstalt befand sich aber trotz dieser Ortsherrschaften eindeutig in der Stadt selbst. Dort war sie einer der wichtigsten Grund- und Hausbesitzer. Über die Häuser, welche sie selbst nutzte, gibt das Lagerbuch von 1767/68 Auskunft. Das von Diet­rich Guttermann ge­stiftete Haus diente lange Zeit dem ursprüng­lichen Stiftungs­zweck[143]. Es lag zwi­schen dem Franziskanerkloster bezie­hungsweise der Muttergotteska­pelle und der Schwaz-Brücke am Gra­benbach. Heute weist die Gutermannstraße auf den traditionellen Standort hin. Für das im 18. Jahrhundert dreistöckige Gebäude, in des­sen Erdgeschoß eine Kapelle eingerichtet war, bezahlte der Spital we­der Gülten noch Steuern. Den unteren Teil dieses Anwesens kaufte am 19. Dezember 1608 das Gerichtsmitglied Ja­kob Heußler um 40 Gulden. Das Haus selbst er­warb dann 1791 ein anderer Horber Bür­ger um 2618 Gulden. Wäh­rend des Untersuchungszeitraumes diente also noch im­mer das mittel­alterliche Stiftungsgut als Zentrum der Fürsorgetätigkeit.

Vgl.: Die Entwicklung der Altstadt in Horb a.N.[144]

Dies änderte sich erst kurz vor 1800. Damals gab die Verwaltung das traditionelle Ge­bäude auf, weil sie 1791 eine we­sentlich günstigere Un­terkunft hatte erwerben können, nämlich das frühere Franziskanerklo­ster[145]. In diesem, das dem alten Haus benach­bart war, setzt noch heute das zum Stiftungsvermögen der Kirchenge­meinde ge­hörige Horber Kran­kenhaus die alte Spi­taltradition fort. Bis 1788 leb­ten und wirtschaf­teten darin Franziska­nermönche, die 1650 Grund und Boden in Besitz genommen hatten. Ihre Erlaubnis zur Niederlassung am Neckar war damals allerdings schon 11 Jahre alt, da der Dreißig­jährige Krieg die Ansied­lung verzögert hatte. Die Mi­noriten, die aus der Tiroler Provinz gekom­men waren, bauten zwischen 1650 und 1655 ihr Kloster in einfa­chem Stil ziemlich großartig. Noch heute wirkt der massige Baukörper als Kontrast zur Liebfrauenkirche, neben der er steht. Angeblich soll am selben Platz einst das abge­gangene Schloß Hohenberg gestanden haben. Nach der Aufhebung ihrer Horber Niederlassung im Zuge des Josephinismus mußten die Mönche in anderen österreichischen Klö­stern Unterkunft suchen. Ihre Behau­sung übernahm der Spi­tal für die Ortsarmen zum Preis von 2453 Gulden. Im 19. Jahrhun­dert galt dann das ehe­malige Kloster als das eigentliche Hospitalgebäude. Die Stif­tungsverwaltung ließ es zwi­schen 1925 und 1927 zum Krankenhaus um­bauen, das diese Funktion nach zahlreichen Umgestaltungen und Er­weiterungen, vor allem 1978 bis 1983, noch heute erfüllt.

In Horb verwaltete die Anstalt auch das Armen- oder Seelhaus[146]. Die­ser Untere Spital schloß direkt an das Guter­mannsche Anwesen an und grenzte andererseits an die Johanneskir­che und deren Friedhof. Ty­pisch für Spitäler ist die Lage am Wasser, in diesem Fall am Graben­bach. In dem dreistöckigen Ge­bäude kamen vor allem Kranke und die Ärmsten unter. Auch arme Durchreisende konnten hier rasten. Es fiel zusammen mit der Johan­neskirche 1852 dem Straßenbau (Guter­mannstraße/Stuttgarter Straße) zum Opfer. Neben den bisher ge­nannten Gebäuden, in denen  die Pfründner, die Armen und die Be­diensteten lebten, gab es noch zahlreiche Ökono­miebauten. Während die bisher genannten Gebäude sozusagen den Versorgungsaspekt dar­stellen, verkörpern die Ökono­mieteile den Aspekt des landwirtschaftli­chen Gutsbetriebes. Dazu ge­hörte das Backhaus[147] gegenüber dem un­teren Spital auf dem Burg­stall. Es stand an der Ecke beim Pfennig­gässle, male­risch überragt vom Pfennigturm. Zusammen mit mehreren Gülten hat­ten ein gewisser Egg im Tal und seine Frau diese Backstube 1406 gestiftet. An ihrem Standort ließ die Verwaltung 1759 das dreistöckige obere Spital er­richten, das dann 1838 in eine Schule umge­wandelt wurde. Auf drei weiteren Hofstätten[148], die an die Brot­lauben stießen, standen die Schwei­neställe der Anstalt. Von diesen Grund­stücken entrichtete sie 17 Kreuzer Gült, Steuern mußten keine bezahlt werden. Der Hof und die Scheuer[149] stießen an das Gutleuthaus und den Gottesacker sowie an die Straße und die Stadtmauer. Der Stiftungsrat ließ 1861 auf diesem Platz ein neues Ökonomiegebäude errichten. Es diente seinem Zweck bis 1964. Dann machte es dem 1965 bis 1968 er­richteten Al­ters- und Pflegeheim Platz. Als Ersatz ließ die Stiftungs­verwaltung ab 1962 einen Aussiedlerhof im Gewann Auchtert auf dem Hohenberg anlegen. Große Bedeutung hatten im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit Lagerkapazitäten. Neben der Scheuer bot vor allem das Stein­haus[150] reichlich Platz für al­lerhand Lebensmittel. Noch heute ist das historisch bedeutsame Gebäude mit seinen Staf­felgiebeln, das ursprüng­lich vielleicht einmal – seine Lage am Burgstall deutet darauf hin – zum Schloß gehört hatte, hinter der Liebfrauenkapelle zu finden. Es diente der Anstalt als Fruchtkasten. Zu ihm gehörten die darunterge­legenen Keller, deren Lagerkapazität hin und wieder durch­reisende Händler für ihren Wein mieteten. Das Gebäude zwischen Hirschgasse und Burgstall nutzten die Verwalter bis nach dem Zweiten Weltkrieg außer­dem als Rüben- und Kartoffelkeller, als Mosterei und Getreide­lager. Heute befindet sich, nach dem Umbau von 1972 bis 1974, das Kirchengemeindezentrum darin. Auch das Fruchthaus im Tal[151] bot Platz für allerhand Getreidevorräte. Es stand ne­ben einer der Spitalk­eltern. Die Anstalt kaufte diese Scheune am 18. März 1550 um 205 Gulden von Au­berlin Kraus, einem Ziegler. Bis 1763 verfügte die Anstalt außerdem über eine Scheuer im Tal[152]. Sie hatte diese am 3. Fe­bruar 1576 um 175 Gulden von Hans Hör­hold gekauft. Dann ließ sie dieses Fruchthaus im hinteren Weg abbrechen und ver­wandte die Mate­rialien zum Neubau des Gutleuthauses. Von den vermehrten Auf­gaben, die im 19. Jahrhundert das Spitalvermögen zusätzlich belasteten, zeu­gen die deutsche Volksschule auf Grund und Boden der Anstalt und die lateinische Schule, die sich damals sogar noch in deren Be­sitz befand. Dieses Haus hatte sie am 2. Dezember 1484 von Wil­helm Böcklin um 290 Gulden gekauft[153]. Insgesamt verraten bereits die Gebäude unter dem Heilig-Geist-Wappen viel von den verschiedenen Aspekten, die den Horber Spital kennzeichnen. Den Un­terkunftsgebäuden für die Pfründner und Armen stand eine Vielzahl von Ökonomie­gebäuden ge­genüber. Damit zeigt sich an den Baulich­keiten der typische Januskopf von städtischer Sozialfürsorge einerseits und landwirtschaftlichem Großbetrieb andererseits, der jeden Spital äl­teren Typs kennzeichnet. Auch die neuen Anforderungen, die etwa das 19. Jahrhundert durch die vermehrte Fi­nanzierung schulischer Auf­gaben brachte, sind nicht unge­wöhnlich.

Die Ökonomiegebäude gewannen ihren Sinn wegen der umfangreichen Ländereien, wel­che die Anstalt von ihnen aus bewirt­schaftete. Von An­fang an blieben allerdings ihre Möglichkeiten zur Ausdehnung durch die relativ kleine Stadt­markung, auf der es nur etwas mehr als 800 Jau­chert Äcker gab[154], beschränkter als etwa in Rottenburg. Be­sonders viele Äcker[155] scheint der Horber Spital deshalb nicht besessen zu ha­ben. Im Jahr 1563 gehörten ihm lediglich 52,5 Jauchert, eine im Ver­gleich zu anderen Anstalten eher bescheidene Flä­che, im Vergleich zu den Äckern auf städtischer Markung aber immerhin sechs Prozent. Je­doch vergrößerte die Verwaltung ihren Grundbesitz offenbar ständig. Kurz vor der Jahr­hundertwende hatte der Horber Spital so viele Fel­der erworben, daß 81,5 Jauchert ver­kauft werden konnten, die 3805 Gulden einbrachten. Freilich verlangte eine österreichi­sche Kommission, die gesamten Äcker wieder zurückzukau­fen[156], nicht zuletzt, weil sich auch die Pfleger umb schlechte Jarzil bedient hatten, weie die Käufer sich sel­ber hören las­sen[157]. Wesent­liche Rückkäufe scheinen am 21. Juli 1609 er­folgt zu sein. Die zwei Metzger, Christ und Michael Hohenschildt, beide Mitglieder der städti­schen Führungsschicht, gaben damals zu etwa gleichen Teilen 27 Jauchert Ackerland um 1920 Gul­den zurück. Bis zur Mitte des 18. Jahrhun­derts dehnte der Spital sei­nen Besitz auf 147 Jauchert aus, die in vier Zelgen und Feldern la­gen[158]. Einen großen Teil davon, 48 Jauchert, verkaufte er am 23. Juni 1787. Im Gegensatz zum Ackerland war der Besitz an Wiesen – besonders in Anbe­tracht des Wertes von Grünland in der Frühen Neuzeit – be­deutend. Vor allem 44,75 Mansmad in Ihlingen sind hier zu nennen. In Horb selbst besaß die Anstalt sieben Mans­mad[159].

Die Erträge aus dem Weinbau spielten in der Horber Anstalt vor al­lem zur Deckung des eigenen Bedarfs eine Rolle, das wird sich wei­ter unten zeigen. Dabei kam den Weingärten im Eigenbesitz eine we­niger be­deutsame Rolle zu als dem Betrieb von Keltern. Immerhin stellen die sechs Morgen vier Vierteil Weingärten, welche sie noch 1767 be­wirtschaftete, einen nicht unwesentlichen Anteil an den auf der Mar­kung im Untersuchungszeitraum ver­fügbaren 81 Jauchert (circa 121,5 Morgen) dar[160]. Und Weingärten hatten, beson­ders vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges, einen hohen Immobilien­wert. Das Vierteil an der Ringmauer, welches der Metzger Michael Widman am 20. Ja­nuar 1619 verkaufte, kostete immerhin 127 Gul­den[161].

Größere Erträge an Wein als die eigenen Rebflächen erbrachten dem Spital seine bis zu vier Keltern. Diese sind nicht in allen Fällen klar auseinanderzuhalten. Zur unteren Kelter vor dem Mühlener Tor[162] (östliche Stadtmauer Richtung Rottenburg) gehörten ein Haus und ein Baumgarten. Den Gebäudekomplex erwarb der Spital am 5. Juni 1518 von Seba­stian Schüz vom Eutingertal. Der Kaufpreis betrug 80 Gul­den. Die Stadt übernahm diese Kelter am 24. Juli 1767, weil für den Bedarf der Armenanstalt damals eine andere genügte. Dafür entrichtete der Käufer den Materialwert des Ge­bäudes ohne den Kelterbaum, 50 Gul­den. Für den Platz mußte er darüberhinaus seitdem jährlich 38 Kreuzer zinsen. Jene Kelter in der Vorstadt, welche 1465 Ludwig von Emershofen dem Spital ver­kaufte und die hinter der Frauenkapelle stand, ist nicht eindeutig zuzuordnen, vermutlich aber mit jener vor dem Mühlener Tor identisch. Eine Kelter im Tal[163] verkaufte der Horber Bürger Mi­chael Besenfeld am 1. September 1467 um 30 rheinische Gulden. Zu der Anlage in der Frotzlengasse gehörte eine Hofstatt. Sie lag nahe beim Waschhaus und an der Stadtmauer. In ihr gab es eine Wohnung. Wegen dieser Kelter zinste der Spital jähr­lich 11 Kreuzer an das Stift Heilig Kreuz. Steuern mußten für den Besitz nicht entrichtet werden. Im Be­obachtungszeitraum notierten die Schreiber Erträge aus dieser Kelter unter dem Namen Kelter im Tal. Eine Kelter in der Weingasse[164] kaufte der Spital am 22. März 1548 vom Bäc­ker Jörg Meminger um 72 Pfund Heller. Meminger hatte sie seinerseits von Hans von Det­tingen erwor­ben. Zur Kelter gehörten Geschirr, die Kelterhütte sowie Grund und Boden. Vor dem Ihlinger Tor[165] (westliche Stadtmauer) besaß die An­stalt eine weitere Kelter. Sie wurde zuerst am 9. Februar 1532 er­wähnt und scheint 1646 abge­brochen worden zu sein.

Der Horber Spital zählt mit einem Besitz von 275 Hektar noch heute zu den großen Waldeigentümern am oberen Neckar. Einst übertrafen seine Wälder jene der Stadt bei weitem[166]. Dieser Besitz bildete vor al­lem im 17. Jahrhundert die wirtschaftliche Grundlage für einen flo­rierenden Holz- und Floßhandel. An Waldnamen werden, vor allem auf Rot­tenburger und Dettinger Markung, genannt: die Seehalde[167], das Seeholz[168], die Neunecker Halde[169], der Brandsteig[170], die Brandhalde[171], der Schlattwald[172], der Wald auf dem Ihlinger Berg[173], das Simeswäldle[174]. Ihre umfangreichsten Wälder besaß die Anstalt in Salzstetten[175]. Deren Kern bildete eine Schenkung der Gräfin Ida von Toggenburg im Jahr 1387, der Große Spitalwald. Weitere Gehölze erwarb sie nach und nach im Leinstetter Steig[176], in der Osterhalde[177], im Wehren­bächle[178] und über der Mühlheimer Brücke[179].

Floßverkauf des Horber Spitals (in fl)
JahrAnzahlPreisBestimmungsorte
1640  3    Tübingen, Cannstatt, Stuttgart
1641  4 923                              
1644  2 411                               
1646  1 226Cannstatt                     
1650  1 350Cannstatt                     
1651  1 249Rottenburg                    
1664  1 246                              
1665  1 261Esslingen                     
1666  1 261Esslingen                     
1667  1 254Esslingen                     
1668  1 206Esslingen                     

Die Bedeutung des Rohstoffes Holz darf gerade für die Frühe Neu­zeit nicht unterschätzt werden[180]. Beim Horber Spital zeigt sich dies an dem Rang, den die Holzwirtschaft vor al­lem nach dem Ende des Dreißig­jährigen Krieges einnahm[181]. Ausdruck dieses Sektors sind Sä­gemühlen in seinem Besitz, verbunden mit weiteren Aktivitäten. So stellte er auf eigene Rechnung Holzflöße zusammen und verschiffte diese. Außer­dem besaß er 1767 den 11. Teil an einer Sägmühle in Oberwaldach nördlich von Salzstetten[182]. Sie taucht erstmals im Rech­nungsbuch 1671/72 auf. Nach einem Brand 1764 war die Mühle so­fort wieder neu er­richtet worden. Entsprechend seinem Anteil durfte sie der Spital je­den 11. Tag benutzen. Für sie mußten sechs­einhalb Gulden Bodenzins an das Altensteiger Oberamt entrichtet wer­den. Außerdem hatte die Anstalt ihren Teil zu allen Kosten beizutragen. Als Mitbe­sitzer werden weitere 11 Bürger genannt. Eine eigene Säge­mühle ließ der Spital dann im Rechnungsjahr 1639/40 um 153 Gul­den in Horb[183] durch Zimmer­mann Martin Heimar er­richten. Vermut­lich boten damals die Wieder­aufbauarbeiten in den durch den Krieg zer­störten Städten gute Ge­winnmöglichkeiten bei der Holzverarbeitung. Für diese Motivation der Horber Pfleger spricht vor allem der Um­stand, daß noch im selben Jahr Kosten für die Zusammenstellung ei­nes ersten Holzfloßes auftauchen. Seit 1640/41 wird die Rechnung für diese Sä­gemühle separat geführt. Auf der Einnahmenseite stehen fast ständig bedeu­tende Erlöse aus dem Verkauf von Flößen.

Jeweils mehr als die Hälfte des Erlöses konnte als Gewinn verbucht werden. Den Ober­paumeistern zu Esslingen lieferte man 1669/70 nur deshalb kein Floß, der Ursachen willen, das Holz beraits noch im Waldt, die Bretter nit geseget, gleichergestalten man auch wan schon alles in pa­rato gelegen ware, man zu Rottenburg, weilen das Wasser aldorten das Wehr verris­sen, mit ermeltem Flotz nit hätte durchfahren khönen.

Zum Besitz des Horber Spitals zählten auch einige Fischwasser. Stot­zen mit seinem Hausz­eichen, dem Heiligen Geist, kennzeichneten die Grenzen des Distlerischen Fischwas­sers, zu dem ein Viertel Mansmad Grünfläche gehörte. Es befand sich in der Nähe des Lauter­brunnens. 630 Gulden ließ er sich ein benachbartes Fischwasser kosten, das er am 16. Ja­nuar 1680 kaufte[184].

Ein entscheidendes Manko in der Besitzstruktur der Anstalt war das Fehlen umfangreicher Zehntrechte. Den Zehnt auf der Breite in Horb[185] stiftete Hans Roublin im Jahr 1413. Zu seinem Bezirk gehör­ten aber nur 16,75 Jau­chert. Im 18. Jahrhundert galt folgende Rege­lung: Ausschließlich stand der Fruchtzehnt von 12 Jauchert Acker dem Spital zu, von vier Jauchert erhielt er noch die Hälfte und bei fünf Jauchert mußte er sich mit zwei Fünfteln begnügen. Weinzehnten in Horb[186] bean­spruchte er aus einem Gebiet von der unteren Wein­gasse vorm Kreuzberg bis in die obere Weingasse. Allerdings stand ihm nicht der ge­samte Zehnt, sondern lediglich ein geringer Anteil von 1,5/18 davon zu.

Etwas von der Bedeutung des Spitals in der Stadt Horb verraten die insgesamt 51 Anwe­sen, zu denen viereinhalb Scheuern, achteinhalb Gärten und sechs Mistgruben ge­hörten, an welchen er Zins- und Gült­rechte hatte, fast ein Fünftel aller Gebäude in deren Mauern! Auch die Inha­ber einer Metzgerbank und der Badstube im Espach zinsten dem Spital. Hinzu kamen zinspflichtige Grundstücke: drei Mor­gen Weingär­ten, 13 Mansmad Wiesen sowie 24 Jauchert Ackerland. Von allen ge­nannten Immobilien bezog er jährlich an Geld 25 Gulden 15 Kreuzer, 74 Pfund 12 Schilling und ein Vierteil Hafer, zwei Mal­ter Roggen sowie dreieinhalb Vierteil nach Zelg, dazuhin sieben Hüh­ner[187]. Insgesamt ge­sehen handelt es sich dabei aber nur um geringe Beiträge zum ge­samten Einkommen der Anstalt.

Daß der Horber Spital die Herrschaft über mehrere Dörfer besaß, könnte zunächst die Vermutung nahelegen, daß die Anstalt aus diesen Orten auch ihre bedeutendsten Einnah­men bezog. Hier trügt jedoch die vielversprechende Bezeichnung. Die Ortsherrschaft al­leine, die sich mehr oder weniger auf die Ausübung der niederen Gerichtsbarkeit und die damit verbundenen Einnahmen beschränkte, brachte nur wenig ein. Lediglich falls der Spi­tal gleichzeitig auch als Grundherr domi­nierte, hatten seine Dörfer eine größere Bedeu­tung. Zum Teil bezog er aus anderen Orten, in denen ihm keine Herrschaftsrechte gehörten, wesent­lich größere Gefälle.

Das Dorf Altheim[188] im Steinachtal schenkte Gräfin Ida von Toggen­burg am 26. August 1387 dem Horber Spital, nachdem es ihr Mann Graf Rudolf von Hohenberg seiner Frau am 25. Mai 1371 um 655 Pfund Heller versetzt hatte. Herzog Albrecht von Österreich be­stätigte diese Stiftung am 31. Oktober 1387. Da die Pfandschaft nicht mehr ausgelöst wurde, machte die Gönnerin diesen Ort dem Spi­tal am 22. April 1393, nach dem Tod ihres ersten Gatten Rudolf, völlig zu ei­gen. Wirtschaft­lich zahlte sich die Ortsherrschaft eigent­lich nur in Gestalt der 57 Vogtrechte aus, welche die Anstalt 1664 bezog. Sie bestanden je­weils aus zwei Vierteil Vogthafer, einer Fasnachtshenne sowie einem Herbsthuhn. Die Ge­richtsherrschaft und Steuern brachten kaum etwas ein[189]. Wichtiger wurde, daß es der An­stalt nach und nach[190] gelang, ein Viertel vom Großen Zehnten[191] zu kaufen.

Der im Untersuchungszeitraum einzige auswärtige Hof des Horber Spi­tals stand ebenfalls in Altheim. Er bewirtschaftete ihn seit dem Rech­nungsjahr 1626/27[192]. Am 28. Februar 1626 hatte ihn das Ehe­paar Jacob Kreidler und Maria Teufler um 1150 Gulden verkauft. Weitere Käufe vergrößerten das Gut. In den Rechnungsbü­chern wurde der Altheimer Hof zunächst separat geführt, seit 1628 dann im Rah­men der Gesamt­rechnung. Die Gebäude ließ man 1629 um 501 Gul­den neu bauen. Das Projekt ging dann als Folge des Dreißigjäh­rigen Krieges, der besonders die ländlichen Gebiete entvölkerte, zu Grunde. Im Rech­nungsjahr 1635/36 tauchen keine Ernte­kosten für den Althei­mer Hof mehr auf.

Gleichfalls wirtschaftlich wichtiger als die Ortsherrschaft war der Besitz der Mühle in Alt­heim. Sie ließ sich der Horber Spital im Rech­nungsjahr 1630/31 den Betrag von 2800 Gul­den kosten[193]. Der Mül­ler[194] hatte normalerweise wöchentlich zwei Vierteil Mühlkorn zu lie­fern, jährlich 13 Malter. Während der folgenden Kriegsjahre belasteten der Hof und die Mühle in Altheim die Anstalt erheblich, da sie nicht von Steuern befreit waren. Beispiels­weise erhob die Herrschaft dafür 570 Gulden im Rechnungsjahr 1636/37 an Kontributi­onsgeldern, nahezu ihre gesamte Abgabenlast. Nach Kriegsende, 1651, kam es zu neuen In­vestitionen in die Mühle.

Die Einnahmen des Horber Spitals auf Grund seiner sonstigen Alt­heimer Zins- und Gült­rechte[195] sind eher gering, obwohl der Ort frucht­baren Boden hatte und noch im 19. Jahr­hundert die ökonomi­schen Verhältnisse der Bewohner von Altheim zu den besseren im damaligen Oberamt Horb gehörten[196]. Die belasteten Immobilien be­fanden sich fast aus­schließlich in Streubesitz auf der 3306 Morgen großen Mar­kung[197]. Es handelt sich um 20,25 Mansmad Wiesen und Gärten, 115,75 Jau­chert Ackerland, 39 Anwesen sowie 14 son­stige Hofstätten. Die Be­sitzer dieser Güter führten jährlich 37 Gulden 46 Kreuzer vier Heller an Geld, 13 Malter dreieinhalb Vierteil Frucht nach Zelg, knapp zehn Malter Ve­sen, 6,75 Malter Hafer, ein Vierteil Roggen, drei Vierteil Obst sowie fünf Hühner ab. Un­ter den belaste­ten Gütern in Altheim befand sich auch ein von Klosterfrauen erk­auftes Haus, das 1664 dem Heiligen gehörte. Dieses Gebäude war früher die Sammlung und stand zwischen der Kirchmauer und der Allmand[198]. Von zweieinhalb Mans­mad Wiesen stand dem Spital der Heuzehnt zu. Ferner besaß er die Fi­schenz im Herrenbach[199].

Das zweite Dorf im Besitz des Horber Spitals war Grünmettstetten[200]. Er kaufte zunächst jene Hälfte des Ortes, welche jenseits des Baches Richtung Salzstetten lag, am 16. Dezem­ber 1404 um 267 Pfund Hel­ler. Verkäufer war Kuntz von Bellenstein zusammen mit seiner Frau Anna, einer geborenen von Bossenstein. Später, als Witwe, bestritt Anna die Recht­mäßigkeit dieses Verkaufes, da ihr Siegel ohne Zu­stimmung an den Verkaufsbrief gehängt worden sei. Jedoch gewann der Horber Spi­tal diesen Rechtsstreit. Weitere Prozesse[201] folg­ten, ohne daß die An­stalt dadurch Einbußen erlitt. Von Diem von Det­tingen konnte sie 1552 schließlich die andere Hälfte des Ortes[202] um 970 Gulden kaufen. Acht Jahre später besaß sie zudem die dortigen Pa­tronatsrechte[203]. Vor allem seit 1664 war dies von Bedeu­tung, da da­mals Grünmettstetten zur eige­nen Pfarrei erhoben wurde.

In Grünmettstetten, das über guten Boden verfügte, besaß der Horber Spital seine umfang­reichsten Güter[204]. Hier waren 834,25 Jauchert des Ackerlandes, 82,75 Mansmad der Wie­sen sowie 41 Anwesen mit Haus, Hofreite und Hof belastet. Das war der Großteil der 2384 Morgen[205] großen Markung. Daraus und aus weiteren Hofstätten leisteten die Be­wohner 48 Vogtechte mit jeweils zwei Vierteil Vogt­hafer, einer Fas­nachtshenne und einem Herbst­huhn. Auch eine Taverne wird genannt. Im Ort fallen besonders einige dem Spital gült­pflichtige Großgrundbe­sitzer auf[206]. Sie bewirtschafteten für die Verhältnisse des nördli­chen Schwarzwaldes und für das obere Gäu doch recht bedeu­tende Besitz­tümer. An Zin­sen und Gülten bezog die Anstalt jährlich 22,5 Gulden, wovon jeweils etwa ein Viertel für Steuern und Fron­dienste entrichtet werden mußte. Zweifellos wichtiger als diese Geld­beträge waren aber die Naturaleinnahmen: 67 Malter Vesen, 97 Malter Hafer, 48 Fas­nachtshennen, 75 Herbsthühner und 358 Eier.

Ortsherr war der Horber Spital auch über Ihlingen[207]. In dem Dorf, das ursprünglich eigene Ortsadelige hatte, welche dann ihre Güter und Rechte durch Heirat[208] an die von Ehin­gen weitergaben, kaufte er sich am 25. Januar 1470 für 1776 rheinische Gulden ein. Drei Brü­der von Ehingen (Diepolt, Burkard und Wolf) verkauften damals eine Reihe von Zinsgül­ten sowie den Burgstall, alle Nutzungen, Eigenschaf­ten, Tagdienste, Weiden, Wege, Was­ser, Holz und Feld. Weitere Wiesen und Gülten im Wert von 106 Pfund Heller erwarben die Pfleger am 25. Mai 1478 und später[209]. Insgesamt blieben die Ein­nahmen des Horber Spitals aus der mit 444 Morgen recht kleinen Markung eher unbedeu­tend.

Auch von der Mahlmühle in Ihlingen bezog der Spital Einkünfte. Die Pfleger waren es schließlich, die diese beispielsweise am 25. April 1504 als Erblehen ausgaben. Im Jahr 1631 erbrachte ihr Besitz im­merhin 12 Malter Mühlkern[210]. Am 25. April 1649 verkaufte der Spi­tal eine Mahl­mühle an den Müller Hans Schlotter von Grünmett­stetten um 1050 Gulden.

Als letztes Spitaldorf sei Salzstetten genannt. Die Hälfte des Ortes schenkte Ida von Tog­genburg am 1. März 1387 dem Horber Spital. Sie selbst hatte diesen Besitz erst acht Jahre zuvor, am 7. Dezember 1379, von Diem von Stein­hilben um 250 Pfund Heller erworben. Als Grund für Idas Schenkung findet sich in der ortsgeschichtlichen Lite­ratur fol­gende ku­riose Erklärung: Da ihr Mann nicht wirtschaften konnte, fürchtete sie um ihr Eigengut, beson­ders auch um ihre Mor­gengabe und machte fromme Stiftungen zum Seelenheil an Spitäler in Horb, Haigerloch, Rottenburg und Rottweil. So fiel am 6. 9. 1387 das halbe Dorf Salzstetten, also das Außendorf mit dem Spitalwald an den Spital in Horb, der die nie­dere Gerichtsbarkeit hatte und auch den Zehnten bekam[211]. Der Ver­trag wurde am 22. April 1393 in Schöm­berg erneuert[212]. Einen weite­ren Teil des Dorfes samt einem Teil am Zehnten kaufte der Spital am 15. Mai 1470 von Ludwig von Emers­hofen um 200 rheinische Gulden[213]. Ein Haus wurde am 21. August 1529 erworben[214]. Die an­dere Hälfte des Ortes befand sich aber zunächst noch im Besitz der Familien Schüz von Eutingertal und Thumb von Neuburg[215]. Wie viele andere Landgemeinden im Unter­suchungsgebiet litt auch Salzstetten besonders stark unter den Zerstö­rungen des Dreißigjährigen Krieges. Als der Horber Amtmann am Ende der Kampfhandlungen nach Salzstetten kam, fand er noch zwei Bauernfami­lien mit zusammen lediglich zehn Personen[216] vor. Mit die­sen Verwüstungen mag es zusammenhän­gen, daß sich Georg Wilhelm Thumb von Neuburg bald nach Kriegsende zum Verkauf ent­schloss. Um 18000 Gulden brachte der Spital am 26. Juni 1663 das gesamte Dorf in seinen Besitz. Auf der um diesen Preis hinzuerworbenen Ortshälfte lasteten allerdings weitere 7000 Gulden an die Grafen von Zollern[217]. Gleichzeitig mit diesem Ortsteil erhielt die An­stalt auch sämtliche Patronatsrechte[218]. Die Markung, auf welcher sie nach dem Zukauf die Niedergerichtsbarkeit alleine innehatte, umfaßte 3887 Mor­gen[219]. Als der Ort wieder einen einzigen Besitzer bekam, nutzten 19 Bürger die Gunst der Stunde und lösten ihren ge­wöhnlichen Fron­dienst mit 2400 Gulden ab. Das Schloß in Salzstetten samt Gärten, Äc­kern und der Hälfte eines Waldes, das der Spital von den Erben des verstorbenen Komturs zu Rufach, Wilhelm Georg Thumb von Neuburg, separat erkauft hatte, veräußerten die Pfleger am 10. Fe­bruar 1667 an Jakob Staimlin und andere Bürger von Salzstetten um 3500 Gulden[220]. Den Anlaß nahmen auch die sieben Schloßbauern damals wahr, indem sie ihre Fronpflichten mit 2500 Gulden an den Spital ablösten[221]. Von der zuletzt gekauften Hälfte des Dorfes mußten Steuern an die Ritterschaft des Kantons Neckar entrichtet werden[222].

Die Erneuerung des Fleckens Salzstetten von 1665[223] ist zweigeteilt. Vermutlich war der Erwerb des zweiten Ortsteils Grund zur Anlage des Lagerbuchs. Im ersten Teil werden die Einkünfte aus dem altspi­talischen Ortsteil genannt[224]. Dort mußten die Inhaber von 26 Gü­tern das Vogtrecht leisten. Es folgt im zweiten Teil eine Beschreibung der Einkünfte von den Untertanen im hinzuerworbenen Edelmännischen Teil. 27 Inhaber von Hofgütern lie­ferten hier das übliche Vogtrecht von zwei Vierteil Rauchhaber, einer Fasnachtshenne und einem Huhn. Geldrenten bezahlten die Bewohner von acht Häu­sern, die vermutlich in er­ster Linie Taglöhner waren. Weitere Gülten und Zinsen lasteten auf etwa 45 Mansmad Gärten und Wie­sen, 150 Jauchert Ackerland sowie 19 Jauchert Holz. Der Umfang von wei­teren sieben Hofgütern, drei Lehengütern, jeweils einem Bauern- und einem Taglöhnergut wird nicht näher beschrieben. Meist lagen sie im Edelmännischen Ortsteil. Auch eine Zie­gelhütte gehörte dazu. Von ei­nem Bebenhäuser Freihof erhielt die Anstalt einen Ablö­sungsbetrag für die Fronpflicht.

Insgesamt brachten beide Ortshälften dem Spital knapp 44 Gulden Geldzinsen sowie 4,75 Malter Frucht nach Zelg, knapp 13 Malter Vesen, 10,5 Malter Hafer, sechs Hühner und 50 Eier an Naturalgül­ten ein. In Salzstetten hatte er außerdem 190 Gulden Kapital verlie­hen, die 10,5 Gulden Zins ertrugen. Normalerweise wurde das Kapital mit fünf Prozent verzinst, in einem Fall aber mit sieben Prozent, so daß sich der durchschnittliche Zinssatz auf fünf­einhalb Prozent belief. Ihr Sechstel am Großen Fruchtzehnten, das aus dem Jahr 1510 her­rührte, bezog die Anstalt laut eines Vertrages von 1528 als festes Quantum. Immerhin 6,25 Malter Vesen und 6,25 Malter Hafer[225] ver­dankte sie diesem Rechtstitel. Die Mühle zinste 1768 ein Malter[226]. Außer­dem gehörten die bereits oben beschriebenen umfangreichen Wälder zum Besitz.

Alles in allem verbuchte der Horber Spital in Salzstetten, dessen Bo­den im Gegensatz zu den zuvor beschriebenen Orten als minder fruchtbar galt und wo im 19. Jahrhundert viele Taglöhner lebten, jährlich 54,5 Gulden, 30 Malter Hafer, 19 Malter Vesen, 7,75 Malter nach Zelg, 53 Hennen, 58 Hühner und 50 Eier.

Wegen eines Waldes, der sogenannten Klinkschen Waldung, führte die Horber Anstalt 1782/83 Prozesse gegen einige Bür­ger des Ortes. Diese verkaufte er dann 1786 an mehrere von ihnen um 3000 Gul­den. Einen Hinweis auf die lange Zeit fraglichen Bemessungsgrundla­gen von Steuern gibt der Umstand, daß der Horber Spital für seine Besitzun­gen in Salzstetten zwischen 1821 und 1835 für 1041 Morgen Staats­steuern bezahlte, in Wirklichkeit aber nur 367 Morgen besaß, wie sich anläßlich einer neuen Ver­messung ergab[227].

Außer aus seinen Dörfern bezog der Horber Spital zahlreiche Ein­künfte aus anderen Or­ten. Sein Besitz läßt sich aber nicht immer si­cher ermitteln, weil kein einheitliches Ge­samtlagerbuch existiert. Sofern Lagerbücher im Archiv vorhanden waren, wurde ver­sucht, einen kurzen Überblick über die Besitzungen des Spitals zu vermitteln.

Etwa eine Viertel Stunde südwestlich der Stadt, am Weg nach Isen­burg, lag einst die Burg Hornau, welche 1664 abgebrochen wurde. Nach ihr nannte sich die Familie Gerber bei ih­rer Erhebung in den Adelsstand, noch früher die Familie Liesch. Letztere Familie hatte die ursprünglich von Ow’sche Burg 1588 um 6300 Gulden erworben[228]. Als Nachfolger der Gutsherren etablierte sich 1660 der Horber Spital durch Vermittlung der Stadt. Nach den Kriegszerstörungen erstanden die Stadtväter das herrschaftliche Anwesen um 1600 Gulden besonders günstig[229]. Im Auftrag der bür­gerlichen Herren fielen 1664 die Mauern des nicht länger benötigten Schlosses und des Meierhauses, den Wei­her ließen die Pfleger zu­schütten. Dieses Gut spielte aber für die vorliegende Untersuchung noch keine Rolle.

In Vollmaringen besaß der Spital seit 1443/61 die Pa­tronatsrechte[230]. Er hatte die eine Hälfte von Friedrich von Enzberg zu Mühlheim und die andere etwas später von Hans und Ludwig von Emershofen und Hug Salzfaß erworben[231]. Zum Kirchenbau trug die Anstalt des­halb noch im 19. Jahrhundert das meiste bei[232]. Aber nicht nur durch die Kirchenherr­schaft etablierte sie sich im Ort. Zum Kirchensatz ge­hörte auch der Zehnt auf der 2065 Morgen großen Markung[233] und der Widemhof. Eine Fruchtgült aus dem hal­ben Zehnten kam 1457 von Stefan von Emershofen hinzu[234].

Der Besitz des Horber Spitals in Bildechingen wurde 1560 beschrie­ben. Wichtig war da­mals insbesondere ein eigener Hof, der neben dem Anwesen mit Haus, Hof und Scheuer eine Fläche von 114,5 Jauchert Ackerland, achteinhalb Mansmad Wiesen und 12 Jauchert Wald umfaßte. Außerdem gehörten in diesen Hof zahl­reiche weitere Gülteinnahmen in Form von 20,5 Schillingen, 10 Vierteil Roggen und vor allem 22 Malter Roggen oder Hafer nach Zelg. Der Hof­meier zinste alleine 20 Malter Roggen, 20 Malter Vesen und zehn Mal­ter Hafer. Außer diesem Hofgut bezog die Anstalt von einem wei­teren Anwesen und von 40 Jauchert Ackerland Zinsen und Gülten. Insge­samt betrug das Gefälle aus Bildechingen samt dem Hof 26 Malter Roggen, 24 Malter Vesen, 10 Malter Hafer und zwei Malter nach Zelg sowie einen Gulden[235].

Auch in Eutingen besaß der Spital einen eigenen Hof, der allerdings als Erblehen ausge­geben war und neben zwei Anwesen mit zwei Scheuern 74 Jauchert Ackerland, drei Mansmad Wiesen und zwei Jauchert Wald umfaßte. Der Hof seinerseits bezog vier Malter Roggen oder Hafer nach Zelg an Gülten. Er alleine erbrachte jährlich 18 Malter Roggen, 20 Malter Vesen, sechs Malter Hafer, ein Malter Erbsen, drei Hühner, 100 Eier und neun Schillinge. Außer diesem Hof zinsten noch einige Eutinger für ein Anwesen mit einer Scheuer, acht Jauchert Ac­kerland und etwa vier Mansmad Wiesen, zusammen drei Pfund Heller[236].

In Ergolzingen (Ergenzingen) waren 61,5 Jauchert (davon 36,5 Jau­chert Le­hen) und fünf Mansmad sowie ein halbes Haus durch Abga­ben an den Horber Spital belastet. Daraus gewann er etwas mehr als einen Gulden sowie 10 Malter Roggen, fünf Malter Vesen, einen Malter Erb­sen, eineinhalb Malter Kernen, zwei Hühner und 50 Eier. Zwei weitere Höfe waren mit zusammen zweieinhalb Schillingen und sieben Malter Roggen, vier Vierteil Kernen sowie zwei Vierteil Erbsen belastet, ohne daß die Größe dieser Höfe angegeben wird[237].

Vier Bürger von Hochdorf, das zum württembergischen Amt Nagold ge­hörte, waren jähr­lich durch Abgaben in Höhe von dreieinhalb Mal­ter Roggen sowie zweieinviertel Malter Hafer belastet, wobei als Un­terpfand 12,75 Jauchert Ackerland dienten[238].

Die Struktur der Horber Spitalwirtschaft ist nicht, wie auf den ersten Blick vermutet wer­den könnte, durch die Ortsherrschaft über vier Dörfer geprägt. Zwar setzte die Anstalt auch nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges auf die Erweiterung solcher Rechte, je­doch er­brachten sie betriebswirtschaftlich gesehen eher geringen Nutzen. Nur wo zur Orts­herrschaft auch umfangreicher Grundbesitz trat, besonders in Grünmettstetten, in weit ge­ringerem Umfang in Altheim und Salz­stetten, können diese Orte als wirtschaftliche Zen­tren für die Spital­ökonomie gelten. An den wirtschaftlich betrachtet wichtigeren Zehnt­rechten fehlte es der Anstalt weitgehend. Auch dem eigenen Ackerbau und dem Weinbau setzten ihr die auf der Stadtmarkung verfügbaren Ressourcen enge Grenzen. Immerhin konnte sie vom Weinbau durch den Besitz wichtiger Keltern in größerem Maße profitie­ren. Außerdem wird, besonders am Ende des Dreißigjährigen Krieges und danach, eine be­sondere Rolle der Holzwirtschaft deutlich, in deren Rahmen die umfangreichen Wälder Nutzen brachten. Kennzeichnend für die auch nach Kriegsende ungebrochene Wirtschafts­kraft der Horber An­stalt sind bedeutende Erwerbungen, insbesondere der zweiten Hälfte von Salzstetten und des ganzen Gutes Hornau.

Der Rottenburger Spital

Nach der Seigelschen Typologie gehört auch der Rottenburger Spital zu den frühgegründe­ten in landes­herrlichen Städten[239]. Jenen stiftete, noch vor dem Verkauf Hohenbergs an Österreich, der Kaplan der Rottenburger Dreifaltigkeitska­pelle. Eine jüngst von Herbert Wyrwich entfachte Dis­kussion um sein Gründungsdatum hat insgesamt zu kei­nen sicheren Ergeb­nissen geführt[240]. Wyrwich bemühte sich mit Hilfe von Kaufurkunden, die auch von Vorbesitzern dem Spital ausgehändigt sein könnten, das Gründungsdatum früher als 1321 anzusetzen[241]. Es spricht meines Er­achtens aber bisher kein wesentliches Argument da­gegen, weiterhin vom Gründungsjahr 1361 oder kurz davor auszuge­hen. Wie bei vielen an­deren landesherrlichen Spitälern war auch in Rottenburg aufgrund der im Vergleich mit den großen reichsstädti­schen Spitälern späten Gründungszeit von Anfang an die Verwal­tung in bürgerlicher Hand. Der Prozeß der Kommunalisierung[242] fand so­mit wie in Horb nicht statt. Möglicherweise war die Rottenburger Anstalt anfangs nicht völlig frei von lan­desherrlichem Einfluß. Darauf deutet jedenfalls die Beteili­gung des Landesherrn an jenen Rechtsge­schäften hin, die in den er­sten Urkunden ihren Niederschlag fanden. Im 16. Jahr­hundert be­stimmte aber ausschließlich der Rat der Stadt über die Geschicke seiner An­stalt, wobei al­lerdings, besonders im Untersuchungszeitraum, die österreichische Landes­herrschaft mit Hilfe von Visitations­kommissionen wieder einen letztendlich entscheiden­den Einfluß gewann. Der äußerte sich auch durch eine entsprechende Ge­staltung der städ­tischen Polizeiordnung[243]. Trotzdem waren die vorder­österreichischen Spitäler fe­ster in städtischer Hand als die in anderen Territorien. Seigel führt dies auf die auch ansonsten stark entwickelte Autonomie der vorderöster­reichischen Städte zurück[244]. Bis zur Ein­gliederung Vorderösterreichs in das Kurfürstentum Württemberg 1805 verwaltete die Stadt Rottenburg ihren Spital weiterhin selbständig, al­lerdings in einem Rahmen, den insbeson­dere herrschaftliche Untersu­chungskommissionen setzten[245].

Seinen umfangreichsten Besitz hatte der Rottenburger Spital im Stadt­gebiet selbst. Hier gehörte ihm eine regelrechte Gebäude­gruppe in der Vorstadt, ja, das Entstehen dieser Vor­stadt selbst hängt vermutlich eng mit dem Werden der Anstalt zusam­men[246]. Außer dem eigentlichen Spitalhof waren es vier benachbarte Häuser, die sie 1537 dort besaß, dazu gehörten jene des Glonß, des Velman und des Weckler. Vermut­lich bezog der Neu­bau des Spitals von 1580/82[247] einige dieser Ge­bäude mit ein. Außer diesem Liegen­schaftskomplex in der Vorstadt besaß die Versorgungseinrichtung im Stadtgebiet das stei­nerne Remen-Haus in der Gasse unter dem Schloß. Zu ihm gehörten eine Scheuer und ein Hof. Es diente im Laufe des 17. Jahrhunderts als Zentrum für die eigene Bewirtschaftung umfangreicher Güter. Im 18. Jahrhun­dert mie­tete die Stadt das Remenhaus und übernahm es auf dem Weg eines Schuldausgleichs 1790 vollends[248].

Vgl. Bedeutende historische Gebäude in Rottenburg[249]

Da die obenge­nannten Gebäude eigengenutzt wurden, erbrachten sie keine Einnahmen. Sie kosteten in­dessen außer dem Unterhalt auch ständige Ab­gaben an Hofstattzins, jähr­lich 1,83 Gulden. Zusätzlich standen der Präsenz in Ehingen für den Spital und für das Glonßen-Haus 1,3 Gulden zu. Weitere 1,65 Gulden gingen wegen des Glonßen und des Wecklers Haus sowie wegen der Kelter an die Häußlin-Pfründe, an die Präsenz in der Marktkirche und an ein nicht näher bezeichne­tes Kloster, ver­mutlich war das Kloster Kreuzlin­gen gemeint.

Aus 32 Häusern in Rottenburg, Ehingen und in der Vorstadt bezog der Spital seinerseits Zinsen und Gülten[250]. Von den 572 hofstatt­zinspflichtigen Wohnhäusern, welche die Stadt 1513 zählte[251], besaß er demnach circa ein Prozent, weitere sechs Prozent leisteten ihm Abga­ben. Rech­net man die zins- und gültpflichtigen Häuser in den umlie­genden Dörfern zu denen in Rottenburg hinzu, so bezog die Anstalt aus 44 Häu­sern Zins und Gült. In den Dörfern besaß sie zudem Rechte an 16 Scheuern und 19 Hofraiten.

Innerhalb der städtischen Markung war der Spital einer der bedeu­tendsten Grundbesitzer. Ihm gehörten 1537 in allen drei Zelgen 173,5 Morgen Ackerland, immerhin fünf Prozent der verfügbaren Fläche. Das damalige Urbar gliedert innerhalb der Zelgen in drei Felder. Diese drei Felder entsprechen vermutlich den Markungen dreier ver­schiedener Ortschaf­ten[252], die bei der Grün­dung der Stadt in diese einbezogen wurden. Es handelt sich um das Kalkweiler, das Stetter und das Ehinger Feld. Auffällig ist, daß der Spital im Stetter Feld in einer Zelg, der sogenannten näheren, fast nichts besaß. Auch riesige Wiesen hielt er in sei­nem Besitz, zusammen 45,5 Mansmad (etwa 68 Morgen). Sie lagen freilich nicht nur auf Rottenburger Markung. Ihre Namen lauten: im Arppach, in der Lachen, auf dem Birtenlew, im Steinach, im Byhler Tal, im Schadenweiler und in Niedernau[253]. Nur zweieinhalb Morgen maßen hingegen die eigenen Weingärten[254]. Von den 483,5 Jauchert[255], die es 1681 noch in der Stadt gab, stellte dies nur einen sehr geringen Anteil dar, geringer als jener, welchen etwa der Horber Spital besaß[256]. Doch, das wird sich weiter unten zeigen, entschieden an­dere Rechte letztendlich über die Menge des jährlich eingenommenen Weins.

Eine andere Gruppe von Immobilien sind die Gärten. In diesen wuchsen wichtige Nah­rungsmittel der Menschen in der Frühen Neuzeit. Gartenprodukte spielten eine große Rolle. Dies machen im­mer wieder Zukäufe aller drei Anstalten deutlich. Ent­sprechend wertvoll für die Spitalwirtschaft waren die meist in unmittel­barer Nähe der Stadt gelegenen Krautgärten. Einen Hinweis auf die ortsnahe Lage ei­niger Gär­ten gibt auch deren Größenan­gabe in Hof­statt[257]; wohl deshalb, weil auf den damals mit Kraut angebauten Grundstücken auch Häuser hätten stehen können und deshalb Hof­stattzins dafür entrichtet werden mußte. Dreieinhalb solcher Hofstätten baute die Versorgungseinrichtung 1537 selbst an, vier hatte sie in jenem Jahr verliehen. Für die halbe Hofstatt – dies scheint die übliche Größe der Kraut­gärten gewesen zu sein – gingen ungefähr sieben Schillinge Zins ein[258]. Für seine Äcker, Wiesen, Weinberge und Krautgärten hatte der Spital Abgaben an die Herrschaft, die Prä­senz in Ehingen, den Pfarrherren zu Rottenburg, den Heiligen zu Kalkweil, das Kloster (vermutlich Kreuzlingen), den Priester in der Alten Stadt[259] und den Schützen zu entrichten. Zusammen mit seinem Eigentum auf den Dörfern ge­hörten ihm 1537 insgesamt 371 Jauchert (556 Morgen) Ac­kerland, 60,65 Mansmad (90 Morgen) Wie­sen und drei Morgen Wein­gärten. Für seine Güter in Wurmlingen zahlte er jähr­lich 1,44 Gulden an das Gotteshaus in Kreuzlin­gen. Noch 1828 besaß die Anstalt 209,5 Morgen Ac­kerland, 70 Mor­gen Wiesen und 188 Morgen Wald zusätz­lich zum Grundbesitz des erst 1677 erworbe­nen Schadenweiler Hofes, der weitere 90 Morgen Ackerland und 36 Morgen Wiesen umfaßte[260].

Zinsen und Gülten bezog der Spital 1537 darüberhinaus von 1258 Jauchert (1887 Morgen) Ackerland, 172,5 Morgen Wald, 60,5 Morgen Weingärten und 119,75 Mansmad (180 Mor­gen) Wiesen. Eine Vor­stellung von seiner wirtschaftlichen Bedeutung für das gesamte Umland liefert ein Blick auf die gesamte Fläche der eigenen und der zinspflichtigen Grundstücke. Sie war 1537 so groß, wie 70 Prozent der Stadtmarkung[261]! Mit ihren Besitz­titeln griff die Anstalt dabei weit ins Umland aus und konnte so bei Bedarf auch als In­strument städtischer Politik gegen­über dem Hinter­land eingesetzt werden[262].

Die Einkünfte aus Zins- und Gültrechten beliefen sich auf rund 560 Gulden, 114 Malter Dinkel, 47 Malter Roggen und ein Malter Hafer. Der relativ hohe Roggenanteil an den Gülteinnahmen deutet darauf hin, daß zu der Zeit, als der Spital den größten Teil seiner Gült­rechte erwarb, der Roggen noch einen größe­ren Anteil am Rottenbur­ger Getreidean­bau ausgemacht hatte, als im 16. Jahrhundert[263]. Seine Grundrechte sicherten ihm 1537 weitere Naturaleinnahmen: viereinhalb Ohm Wein, zwei Vierteil Erb­sen, ein halbes Pfund Wachs, 12 alte sowie 62,5 junge Hühner und 264 Eier. Zinsen und Gülten erhob er in Rot­tenburg und Ehingen vor allem als Geldbeträge. Aus einem mittleren Gürtel von Dörfern stammten überwiegend Naturaleinnahmen. Dabei kam auch das Trä­gerei-System[264] zum Einsatz, bei dem ein Träger die Abgaben von einer mittlerweile aufgelö­sten Hofeinheit je­weils gesam­melt entrichtete. Diesem System entspricht die Gliederung der Urbare nach der früheren Hoforganisation. Bei den Naturalein­nahmen dominierte im Westen (Rem­mingsheim, Wolfen­hausen) das Getreide, im Osten (Hirschau, Wurmlingen, Wendelsheim, Weiler) kam Wein hinzu. An den Gürtel, in dem Naturalabgaben do­minierten, schließen sich entferntere Ortschaften an, die ihre Abgaben wiederum hauptsächlich in Geld leiste­ten (Reutlingen, Heselwangen, Engstlatt), vermutlich wegen des weiteren Transportweges. Wenn mög­lich zog die Versorgungseinrichtung diese entfernten Zinsen auch bei Gelegen­heit ein, etwa wenn der Haischer sowieso in Spitalgeschäften in jener Ge­gend unterwegs war[265]. In der in diesem Abschnitt abgedruckten Karte, die die geographische Verteilung des Anstaltsvermögens anhand der Einkünfte darstellt, wurden die Anga­ben des Urbas von 1537 durch solche des Rechnungsbuches von 1528 ergänzt. Naturalerträge sind nach den Preisen des Jahres 1528 in Geldbeträge umgerechnet.

Aufgrund seiner Gliederung nach Bewirtschaftungseinhei­ten ermöglicht es das Urbar des Rottenburger Spitals von 1537, die Hofstruktur in diesem Jahr für die Dörfer im Umland der Stadt zu untersuchen. Auffällig sind dabei die großen Höfe in Wolfenhausen, See­bronn, Wendelsheim, Wurmlingen, Bierlingen und Höfendorf mit jeweils über 100 Morgen landwirt­schaftlicher Nutzfläche. Ansonsten läßt sich als Grundgröße einer Hube in der Gegend eine Nutzfläche von etwa 40 bis 50 Morgen angeben. Allerdings war im Berichts­jahr die Re­alteilung bereits so weit vorangeschritten, daß keine der dem Spital zinspflichti­gen Huben mehr von einem einzelnen bewirtschaftet wurde. Vielmehr waren die meisten Huben unter vier Besitzern aufge­teilt, viele auch schon unter acht.

Der Rottenburger Spital besaß im Untersuchungszeitraum wie oben erwähnt mehrere Höfe in der Stadt und in deren Umgebung. Sie bil­deten das Rückgrat seiner Landwirt­schaft. Gleichzeitig sind sie das charakteristi­sche Moment schlechthin der Rottenburger Spitalwirtschaft im Ver­gleich zu den anderen untersuchten Anstalten. In den Rechnungsbü­chern werden die Höfe immer wieder ge­nannt, wenn an ihnen Baumaßnah­men fällig wurden und, regelmäßig, wenn der Schrei­ber Fruchteinnahmen bilanzierte. Diese gliederte er in seiner Abrech­nung nach Höfen.

Vom Rottenburger Spitalhof aus bewirtschaf­tete der Spitalva­ter mit Hilfe seiner Knechte 1537 etwa 163 Morgen Ackerland und 68 Mor­gen Wiesen. Später trat an dessen Stelle der Remenhof als Zentrum dieses gutsherrlichen Großbetriebes.

Besitzungen im Ort Seebronn[266] übertrafen in einigen Jahren sogar den Rot­tenburger Wirtschaftsbetrieb in seiner Bedeutung für den Spi­tal. Zeitweise ließ die Anstalt dort drei Höfe auf ei­gene Rechnung bewirtschaften. Der älteste, schon 1526 erworbene, und am längsten behauptete war der Fronhof. Die erhaltenen Urkun­den[267] nennen als Verkäufer das Dominikanerinnenkloster Kirchberg und den Rottenbur­ger Carmel sowie den aus Er­genzingen stammenden Hof­besitzer Kon­rad Preger mit seiner Frau Anna. Während beide Klöster erhebliche Gülten abtraten, die auf dem Hof lasteten, ver­kaufte Preger den Hof selbst. Dieser erhielt für das Anwesen alleine 500 Pfund Heller. Welche erhebliche Bela­stung die Fruchtgülten der Klöster darstellten, zeigt der Umstand, daß deren Loskauf den Hof auf 927 Gulden ver­teuerte. Der Spital bemühte sich beim Erwerb also offensichtlich darum, die auf dem Gut lastenden erheblichen Be­schwerden abzulösen. Nach dem Urbar von 1537 umfaßte jener neben einem Anwesen mit Haus, Scheuer und Hofraite 223,5 Morgen Ackerland, etwa zehn Morgen Wiesen und einen Garten. Bis zum Jahr 1719 ver­ringerte sich der Umfang der Nutzfläche auf 116 Jauchert. Damals gehörte zum Fronhof auch ein 117 Morgen großer Spital­wald. Das Gut kaufte im Jahr 1778/79 die bürgerliche Gemeinde Seebronn. Ein Jahrhundert später, 1873, legten 53 Bauern des Dorfes zu­sammen und erwarben das zugehörige Waldstück, welches sie anschließend rodeten. Noch bis 1965 war der einstige Fronhof in Seebronn zu sehen. Dann allerdings brannte der größte Teil des Anwesens ab. Lediglich das Wohnhaus (Gebäude Nr.111) blieb stehen. Von der Spi­talscheuer, die einst am südwestlichen Dorfende stand, haben ein Wappen mit der Zahl 1732 und eine eigenartige steinerne Fratze überdauert. Beide Relikte sind in das gegenüber­liegende Haus (Ge­bäude Nr.117) eingemauert.

Des Spitals zweites Gut in Seebronn war der Lin­denfelser Hof[268]. Die Anstalt kaufte ihn 1566 mehre­ren Verwandten ab[269]. Sie waren Söhne oder Schwiegersöhne des verstorbenen Stephan von Lindenfels, eines Rotten­burger Bürgers. Der Kaufpreis betrug 1025 Gulden. Allerdings behielt die Rottenburger Anstalt diesen Hof nur knapp dreißig Jahre lang. Sie verkaufte ihn im Jahr 1594 zusammen mit dem weiter unten behandelten Neunecker Hof. Im Rechnungsbuch des Jahres 1600 ver­buchte der Spitalschreiber 100 Gulden als sechste Rate des Käufers Hans Schoch. Seit 1607 bemühte sich der Spital nach entsprechenden Verfügungen[270] einer österreichischen Untersuchungs­kommission um den Rück­kauf, der schließlich für 1860 Gulden zu­stande kam. Zusätzlich zu ei­ner Anzahlung von 600 Gulden bezahlte der Spital im Jahr 1608 als erste Rate 200 Gulden. Aber kurz dar­auf, 1610, gab man die Bemühungen um den Wiedererwerb auf und veräußerte den Linden­felser Hof endgültig um 2570 Gulden.

Drittes Standbein des Rottenburger Spitals in See­bronn war zeitweise der Neunecker Hof[271]. Auch der Name Göttler-Hof taucht in den Rechnungsbüchern für dieses Gut auf. Die Anstalt kaufte es 1573 dem Balthasar Hellfried ab. Jakob Schiebel, wohl der Rotten­burger Bärenwirt, den das Musterregister von 1615 als reichsten Bürger aus­weist[272], erwarb das Gut im Jahr 1594 um 1500 Gulden. Seine sech­ste Rate in Höhe von 115 Gulden be­zahlte Schiebel im Jahr 1600. Diesen und den Lin­denfelser Hof scheint der Rotten­burger Spital lie­derlich verkauft zu haben[273]. Ent­sprechend äußerten einige Zeugen vor einer österreichischen Untersuchungskom­mission im Jahr 1604 Klagen gegen dieses Geschäft[274]. Als Grund für den Verkauf führte der Bür­germeister Sigmund Wendelstein an, daß sy so grosse Gülten ob sich gehabt[275]. Ein Rezeß oberöster­reichischer Kommissare zwang zum Rückkauf[276]. Später bemühte sich die Stadt um eine Verkaufsgenehmi­gung bei Markgraf Karl von Bur­gau[277], welche sie offensichtlich er­hielt.

Aber nicht nur in Seebronn gab es Höfe des Rottenburger Spitals. In Wendelsheim[278] be­saß er des Peter Leichtermuts Hof. Später scheint sich der Name Leopoldshof durchgesetzt zu haben[279]. Diesen Hof er­warb die Anstalt von Peter Leichtermut, der ihn 1514 von seiner Mutter Haiton zusammen mit seinem Bruder Hans erhalten hatte. Zum Zeitpunkt des Verkaufs steckte Leichtermut offenbar in erhebli­chen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die ihn aus großer Notdurft zu häufigen Kreditaufnahmen zwangen[280]. Zusätzlich trafen ihn im Jahr 1526 ein Ge­richtsurteil und die Hofacht. Der Verkäufer scheint so verarmt gewesen zu sein, daß er noch 1528 als Lei­stungsempfänger des Spitals erscheint. Für eine Wallfahrt nach Einsie­deln, die mit der ergangenen Hofacht zusammenhängen könnte, zahl­ten ihm die Spital­pfleger drei Pfund zwei Schillinge sechs Heller für Spesen aus. Das Rechnungs­buch von 1528, dessen Rechnungspe­riode sich vor allem auf das Jahr 1529 erstreckt, in welchem das Anwesen gekauft wurde, ent­hält entsprechend umfangreiche Ausgaben für den Wendelsheimer Hof. Sie beglichen Kosten für die Fertigung des Kaufes, für vom Vorbe­sitzer übernommene Verpflichtun­gen, für die Renovie­rung von Gebäu­den und für den Neubau eines Hauses und einer Scheuer. Aber be­reits in den vorhergehenden Jahren zeichnen sich umfangreiche Ausga­ben des Spitals für das Anwesen ab. Vom Hauptschuld­ner Leichter­muts, dem Dr. Forstmeister in Tübingen und anderen, mußte er eine Reihe von Gülten auslösen[281] bzw. gegen andere tauschen[282]. Zu den Inhabern dieser Gülten gehör­ten das Kloster Bebenhausen und die Universität Tübingen[283]. Des Leichtermuts Hof umfaßte 1537 circa 160 Morgen Ackerland und 13 Morgen Wiesen, einen Wald sowie ein­einhalb Morgen Weingärten. Das zum Hof gehörige Anwesen lag mitten im Dorf, gleich an der Tübin­ger Straße.

Seine Wendelsheimer Besitzungen vergrößerte die Rottenburger Anstalt 1608, indem sie das Wagenlehen kaufte. Rings um dieses alte Le­hen, darin, im Löschwald, Stungen und in der gemeinen Wies war sie seit­dem Besitzer oder Gültherr. Ein vierteiliger Spitalwengert wird 1771 genannt, 1772 ein Spitalwäldle. Der ortsansässige Heimathistoriker Schorp lo­kalisierte den Großteil der Spitalwiesen im oberen Arbachtal. Den Hof ver­kauften die Pfleger im Jahr 1784 an Philipp und Simon Holocher um 6000 Gulden.

Zu den selbst bewirtschafteten Höfen des Rottenburger Spitals gehörte im Untersuchungs­zeitraum auch einer in Frommenhausen[284]. Den kaufte er im Jahr 1567 um 1690 Gulden von den drei Söhnen der Witwe des Rottenburger Doktors Kalt, Fortuna Sticklin. Diese hatte den späteren Spitalhof 1560 um 1000 Gulden erworben. Zusätzlich zu den 61 Jau­chert und vier Mansmad kaufte sie 1561 das 16 Jau­chert große Berglehen um 400 Gulden. Ihre Söhne, die diese Güter dem Spital über­schrieben, waren: der promovierte Jurist Jakob Kalt, Kam­mergerichtsadvokat in Speyer und Georg Kalt, der im Wannental bei Balingen lebte. Ihren Frommen­hausener Hof veräußerte die Anstalt im Jahr 1654 an den Landhaupt­mannschaftsverwalter Doktor Johann Ru­dolf Wag­ner, welcher sich be­reits drei Jahre zuvor das alte Meierhaus um 280 Gulden gesichert hatte. Für die übrigen Güter lei­stete Wag­ner eine Anzahlung von 450 Gulden. Zwischen 1655 und 1657 betru­gen die Ra­tenzahlungen jeweils 100 Gulden. Danach blieb der Beamte dem Spital noch 400 Gulden schuldig, für die er jährlich 31 Gulden zinste.

Der Rottenburger Spital besaß, ähnlich wie jener in Horb, einige Wälder. Aller­dings kam ihnen im Rahmen der Eigenwirtschaft nie jene dominante Rolle zu, welche sie zeitweise für die Horber Anstalt hat­ten[285]. Eine halbe Stunde nordwestlich von Ofterdingen (heute Land­kreis Tübingen) in Richtung Rottenburg lag der Wald im Maisen­hart[286]. Dazu gehör­ten 8,25 Mansmad[287]. Schon 1424 besaß die An­stalt die Hälfte des Waldes, welche sie sich gerichtlich gegen Burkard Has von Ofterdingen und andere erstritten hatte. Burkhard Has und seine Frau sollen das Gut dem Spital geschenkt, doch hinterher dies bestritten haben. Der Vogt zu Dettingen, Conz Röm, gab jedoch als zuständiger Richter im Maisenhart dem Spital Recht[288]. Gleichzeitig mit der Schenkung bestä­tigte Röm der Anstalt, Macht und Ge­walt uff dem Maißenhart zeriegen und zestrafen. Für eine Veldai­nung durften Gebühren von 18 Hellern, für eine Holzei­nung von acht Schillingen und für ain Frävel fünf Schillinge Strafe erhoben werden. Und welcher seinen Ubergriff also zu Maißenhart umb sollich Ainun­gen und Peen nit lassen welt, und dem Spital das Pen daruber wie­sten, denselben mag das ob­genant Spital und ire Schizen von Rotten­burg bessern und biesen, nach irem Willen und Ge­vallen[289]. Ihre bis dahin gemeinsam genutzten Wälder teilten der Spital und die Maißen­hardter zu Ofter­dingen im Jahr 1547 in zwei Teile[290]. Als jener seine Wiesen im Maisenhart 1599 verkaufte, erregte dieses einiges Mißfallen in der Stadt[291]. Das Geschäft kam vor ei­ner österreichischen Untersuchungs­kommission im Jahr 1604 und bei weiteren Untersu­chungen zu Beginn des 17. Jahrhunderts zur Spra­che[292]. Bürgermeister Sigmund Wendel­stein begründete damals den Ver­kauf damit, daß der Maisenhart für unnutz geachtet wor­den sei. Und für das erlöste Geld habe man bessere Wiesen gekauft[293]. Spital­keller Barthel Pembler quantifizierte diesen Mehrertrag: die acht Mansmad Wiesen im Maisenhart hät­ten nur zwei Wagen Heu er­bracht, die neu gek­auften würden aber zehn Wagen ertragen[294]. Der Weißgerber Klaus Raidt legte diese Vorgänge ganz anders aus: Die Statt haus also, das sy zwen Höf zu Seebrun wie auch den Maisenhart, darauf die Frefl und Puessen der Statt ge­hört, gen Ofter­dingen in Würt­tenberg nur umb 300 fl verkhauft…[295]. In gleicher Weise äußerte sich Georg Lößlin: man habe den Maisen­hart umb ain Spot den Württembergischen verkh­auft; auch Tratt und Trieb seien der Stadt genommen worden[296]. Im Rechnungsbuch des Jahres 1600 verbuchte der Schreiber als letzte Rate dieses Geschäfts 192 Gulden. Der Morgen wurde folg­lich um 27 Gulden hergegeben, obwohl er 60 Gulden wert gewesen sein soll[297]. Damals schei­nen al­lerdings lediglich die Wiesen den Besitzer gewechselt zu haben, die Ruegen daselbst gehorn noch der Herrschaft hieher[298]. Über das Rügerecht, das ur­sprünglich dem Spital verliehen worden war, verfügte demnach die Herrschaft bereits seit längerer Zeit. Und zumindest ein Teil des Waldes scheint weiterhin der Anstalt gehört zu haben oder von dieser zurückgekauft worden zu sein[299]. Denn 1655 verzeichnete eine Renova­tion Wälder im Maisenhart als deren Besitz[300]. Und noch heute ge­hören der Rot­tenburger Spitalverwaltung dort acht Hektar[301]. Weitere Holzressourcen besaß der Spital in Seebronn[302] und andern­orts[303].

Rottenburg war in der Frühen Neuzeit ein Zentrum des Weinbaus[304]. Entsprechend besaß diese Sonderkultur auch für den Spital der Stadt eine überragende Bedeutung. Mehr noch als die Horber Anstalt profi­tierte jene von dieser Sonderkultur. Hier wie dort jedoch ge­schah dies nicht durch das Bestellen umfangreicher eigener Weingärten. Vielmehr schöpf­ten die Spitäler auf dem Umweg über den Kelterwein oder über den Zehntwein den ortsansässigen Wengertern größere Teile ihrer Lesen ab. Zwei Keltern besaß die Anstalt, eine in der Stadt selbst und die andere in Ehingen. Die Kelter in Rottenburg hatte sie 1469 dem Peter von Zeitern abgekauft[305]. Sie stand in der Schul­gasse, nicht weit von der oberen Badstube. Noch heute nimmt ein Nachfol­gegebäude denselben Standort ein. Zur Kelter gehörten Haus, Hofraite und eine Scheuer, die des Diezen genannt wurde. In diese Kelter waren die bürgerlichen Weinbergsinhaber gebannt. Für das Mosten ihrer Trauben hatten sie dem Spital ein Dreißigstel des Truckw­eins zu überlassen[306]. In den Rechnungsbüchern taucht diese Abgabe als Kelterwein auf. Im 16. Jahrhundert hatte die Rottenburger Kel­ter drei Bäume[307]. An jeden Baum mußten bei einigermaßen normalen Ernte­jahren im Herbst zwei Männer gestellt werden, um ihn zu war­ten. Für ihre Saisonarbeit erhielten sie einen vom Ertrag abhängi­gen Lohn von zehn Kreuzern je ausgetrucktem Ohm. Zusätzlich gab es zwei Mas Wein pro Tag. Seit den 1640er Jahren bekamen sie 16 Kreuzer je Tag ohne Wein und ab 1659 immerhin 18 Kreuzer täglich. Rot­tenburger Handwerksmeister nutzten diese zusätzliche Be­schäftigungsmöglichkeit von jeweils etwas mehr als zwei Wochen im Herbst besonders häu­fig. Vor allem Zimmerleute bedienten die Pres­sen, was sich angesichts der Balkenkonstruk­tion, aus der solche Kel­terbäume bestehen, anbot. Zur Rottenburger Kel­ter gehörte eine Kornschütte, die für die Jahre 1559 und 1609 durch Baukostenrech­nungen belegt ist. Sie befand sich unter dem Dach über den Bäu­men. Der Umbau des Gebäudes zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte noch ein politisches Nachspiel, da er ohnerlaubt der Oberkheit ge­schah, trotz mehrmali­ger Anmahnung. Jezo ziehen sie der Herrschaft ire Kunden ein, beklagte sich 1607 ein aufgebrachter Beamter[308]. Freilich verteidigte sich der Rotten­burger Landschreiber damals, daß die Sache doch längst geregelt wäre und zeigte kein Verständnis für dis abermal seichte Rohmreden[309].

Beim großen Stadtbrand von 1644 brannte auch des Spitals Kelter ab. Zum Wiederaufbau gab die Anstalt ein Jahr später lediglich 60 Gul­den aus. Damit konnte nur ein Baum not­dürftig funktions­tüchtig ge­macht werden. Nach erneuten Baumaßnahmen im Jahr 1651, die diesmal über 200 Gulden verschlangen, deuten die Ertragszahlen der Kelter auf einen Be­trieb mit zwei Bäumen hin. Ein weiterer Baum kam wieder Ende des Jahres 1658 hinzu[310]. Die zweite, weniger gut do­kumentierte, Kelter des Rottenburger Spitals wird im Urbar von 1537 nicht genannt. Von diesem Ehinger Kelterhäuslein ist erstmals im Rechnungsprotokoll von 1580 die Rede. Damals kosteten 22 Tage Ar­beit am einen Baum dieser Presse 14 Kreuzer täglich. Umfangreiche Baumaßnahmen waren auch im Jahr 1604 fällig.

Wie der Horber Spital, so verfügte auch jener in Rotten­burg über Rechte an Getreide­mühlen. Mühlzins bezog er vor allem aus der oberen Mühle in Rottenburg[311]. Im Besitz der Rottenbur­ger Anstalt befand sich von 1671 bis 1692 aber auch die Distelmühle[312]. In sie waren die Bewohner von Wurmlingen, Hirschau und Kiebingen ge­bannt. Sigmund Wendelstein, Pfar­rer in Allenspach, stiftete sie am 25. April 1671 zu einem Jahrtag[313]. Un­ter dem Gutleuthaus trieb der Neckar ihr Rad an. Dem Stiftungsjahr entsprechend finden sich erste Ausgaben für diesen neuen Besitz im Rechnungsbuch von 1671. Da­mals stiegen die Personalkosten um ein Drittel auf 610 Gulden. Der Mehraufwand hatte seine Ursache im Neu- bzw. Wie­deraufbau der Di­stelmühle. Man stellte eigens einen Müller, einen Mühlknecht und einen Fuhrknecht für deren Betrieb an. Gleichzeitig stiegen die Ko­sten für Handwerksleute um über 1000 Gulden. Alleine der Zimmer­mann beanspruchte 450 Gulden im Verding. Der Maurer be­kam 140 Gulden, der Ziegler 34 Gulden. Für den Durst der Hand­werker stellte der Spital 39 Ohm Wein zur Verfügung. Die gesamten Ko­sten konnte er nur durch die Aufnahme eines umfangreichen Kredits beim Kon­stanzer Weihbischof finanzieren. Zwei Mühlsteine kamen um 15 Gul­den von Altenburg. Weitere Betriebskosten im Untersuchungszeitraum verbuchte der Schreiber seit 1671 unter dem Posten in die Mühle. Für die Mühlrosse stellte der neue Be­sitzer der Mühle jährlich 42 Malter Roggen ein. Den Aufwendungen standen natürlich auch Erträge gegenüber. Dies waren 1670 bereits 252 Malter Kernen, in den fol­genden Jahren jeweils über 300. Später zerstörte eine Flutkatastrophe die Distel­mühle.

Weitere Einnahmequellen boten dem Spital seine beiden Badstuben. Die beiden Bader der oberen und der unteren Badstube zinsten wö­chentlich 14 und 15 Schillinge[314]. Daß die Anstalt im Besitz beider Badstuben der Stadt war, findet durchaus Parallelen. Häufig wa­ren Spitäler und ähnliche Einrichtungen, die auch der Krankenpflege dien­ten, mit Heil­quellen oder Gewässern verbunden[315]. Auch in Rotten­burg siedelte sich der Spital nicht nur unmittelbar am Ufer des Neckars, sondern darüber­hinaus auch an einer Heilquelle an[316]. Buhl berichtet von einer ihm zufällig in die Hände gefalle­nen Beschreibung, in der es heißt: so hat auch diese Stadt allhier ein Armenhaus, wel­ches ist gestiftet von gemeiner Stadt, und welches vor dieser Zeit ein gemein Badstuben gewesen und dann zu einem Hospital gemacht worden. Das Quell­wasser des äußeren Bades enthielt Alaun, Kupfer, Schwefel und Ei­sen[317]. Seit dem Mittelalter gab es in Rottenburg zwei Bad­stuben: die eben erwähnte äußere oder obere im Badgäßlein in der Vorstadt gleich neben dem Spital und die untere beim Kiebin­ger Tor[318]. Beide befanden sich 1537 im Besitz des Spitals.

Die obere stiftete der Reutlinger Bürger Werner Bupf am Nikolaus­abend 1394 als Seelge­rät. Er verband damit die Einrichtung einer Kaplanei, für die er sich ein Besetzungsrecht vorbehielt[319]. Als Ei­gentum und Erbgut verzeichnet das Urbar von 1537 demgemäß das obere Bad[320]. Vom heutigen Stadtbild ausgehend wäre sein Standort wohl im öst­lichen Teil des Krankenhausbereichs zu suchen[321]. Inhabe­rin war 1537 Peter Heilmanns Witwe. Sie entrichtete dafür 14 Schil­ling Zins pro Woche. Die armen Leute aus dem benach­barten Spital mußte sie zusätzlich alle zwei Wochen einen Tag lang umsonst baden, wofür ihr jährlich ein Pfund Heller zustand. Sonst entrichtete eine Person 1559 normalerweise einen Badepreis von drei Hellern. Ursula Kerz, die Witwe des Baders Melchior Has, besaß 1600 fünf Siebtel des Bades in der Vorstadt, das ihr Mann um 450 Pfund Heller gekauft hatte[322]. Bürgermeister und Rat hatten die Inhaber des öfte­ren daran erinnert, die Anlage baulich in besserem Stand zu hal­ten. Des­halb wollten sie sie wieder an sich ziehen. Der neue Be­sitzer hörte aber anscheinend nicht auf diese Ermahnungen, so daß das Bad wei­ter verkam. Deshalb und wegen des Stiftungscharakters verkaufte die Witwe ihren Teil um 300 Gulden sowie verschiedene Naturallei­stungen an die Anstalt zurück[323]. Die Pfleger wandten denn auch 1602 große Mühe bei der Instandsetzung auf[324], zu große, wie viele Bürger meinten! Bei den Auseinandersetzungen innerhalb der Bürger­schaft, die 1604 ihren Niederschlag in amtlichen Protokollen fanden, spielte die obere Badstube eine große Rolle. Völlig über­teuert wäre deren Wiederher­stellung gewesen: den Padpaw hab derselb anfangs nur auf 300 fl angeschlagen, hab aber über die 2000 fl angeloffen[325]. Die Baukosten für das etwa 20 auf 20 Meter messende Ge­bäude von Georgi 1600 bis 1602 beliefen sich tatsächlich auf 1563 Gulden. Der größte Teil davon mußte durch Schulden in Höhe von 991 Gulden ge­deckt werden, davon 300 Gulden bei der Stadt. Vom Luxus, den sich die Pfleger wohl tatsächlich leisteten, zeugt ein vergoldeter Ofen. Beim Bau stand vermutlich die Villinger (Landkreis Villingen-Schwen­ningen) Badstube Modell, die eine Kommission vor Baubeginn besich­tiget. Das Know-How zum Bad­ofen lieferte der Bader aus Horb[326]. Im Kontrast zum Glanz dieser öffentlichen Einrichtung scheint deren Umgebung gestanden zu haben. Um zur Badstube zu gelangen, schritten die Besucher durch das Bad­gäßlein. Dort mußten sie sich ständig vor den Misthaufen der Anwoh­ner in Acht nehmen. Die schütteten nämlich, was von einem Menschen komm, auf die Miste. Es gab eine ganze Reihe von Versuchen, meist städtischer Schlichter, dieses Pro­blem zu lösen. Es zog sich aber zumindest bis 1606 hin[327].

Die untere Badstube[328] stand zwischen dem Kiebinger Tor und der kleineren Mühle. Sie gehörte der Herrschaft Hohenberg, der Spital besaß sie lediglich als Lehen, erstmals sicher im Jahr 1498. Dafür bezahlte die Anstalt jährlich drei Pfund Heller Zins. Neue Lehens­briefe wurden immer dann nötig, wenn ein neuer Herr das Regiment in Innsbruck über­nahm, oder wenn der Mann, der das Lehen im Auftrag des Spitals trug, starb oder aus an­deren Gründen abge­löst wurde. Sebastian Schorer, ein Gerichtsmitglied, trat 1537 gegen­über der Herrschaft als Lehensträger auf. Vom Inhaber der Badstube Stefan Dolderer be­zog die Anstalt damals wö­chentlich 15 Schillinge Zins, jährlich 39 Pfund Heller. In den 30er Jahren des 17. Jahrhun­derts stieg diese Pacht auf 12 Kreuzer wöchentlich. Allerdings behielt man sich vor, diesen Zins nach Belieben zemindern oder zemeren. Falls ein Herr von Österreich oder sein Gemahl zum Baden kam, so brauchte er die Geldgier des Baders nicht zu fürchten. In einem solchen Fall galten als Höchstgeld 18 Heller pro Person. Seine Kin­der kamen für 12 Heller hinein. Diese Bestimmung war of­fenbar ein Zugeständnis an Erz­herzogin Mechthild, die ja in Rotten­burg Hof hielt[329]. In Ernte- und Herbstzeiten bezahlte der Spital mit­unter sei­nen Knechten einen Badetag, so im Jahr 1609. Erforderten es be­sondere Ereignisse, so sah er sich zum teilweisen Ver­zicht auf seinen Badstubenzins genö­tigt. So 1610, da vom 23. Octo­bris bis uff den 11. Dezembris als siben Wochen lang… wegen der sterben­den Leuffen kein Badt gehalten wer­den konnte. Auch für das Jahr 1628 läßt sich die gesundheitspolizei­lich verordnete Schließung der Badstube nachweisen. Die Rechnung von 1645 bemerkt lapidar, weilen das Under­baadt in vergangen leidi­gen Brunst zugrundt gan­gen, könne daraus keine Einnahme mehr ver­bucht werden. Zwar behielt der Spital nomi­nell das Lehen bei, jedoch lag der Platz noch 1738 öde[330].

Neben seinen Höfen waren in besonderem Maße die Zehntrechte das wesentliche wirt­schaftliche Standbein des Rottenburger Spitals. Sie vor allem begründeten die wirtschaftli­che Überlegenheit der Rottenbur­ger über die anderen untersuchten Anstalten. Bereits in der Stadt selbst besaß sie umfangreiche Zehntrechte. Denen von Gültlingen kaufte sie 1477 den Genkinger Zehn­ten oder Götzmannszehnten ab. Er erstreckte sich an der hinteren Oenhalde auf Kalkweiler Feld und stieß an den Remmingsheimer Bann. Besitzer war die Herrschaft Österreich, die ihn als Lehen ausgab. Volkart von Ow hatte diesen Zehnten 1394 an Diepold von Genkingen veräußert. Einen Teil des österreichischen Le­hens bekam der Rottenburger Spital 1481 verliehen[331]. Es kostete ihn 460 rheinische Gulden. Weitere Teile besaßen 1543 das Kloster Kreuzlingen und der Pfarrer von Hirschau. Wegen des Verwaltungs­aufwandes erhielt die Anstalt damals den Zehnt auf sechs Jahre al­leine, aller­dings mußte sie dafür erhebliche Naturalmengen an die Mitbesitzer abgeben, darunter 30 Malter Vesen, 20 Malter Hafer und 12 Ohm Wein[332]. Erst Würt­temberg übereignete ihr den Zehnt 1813 endgültig[333].

Einen Teil des kleinen Zehnten in Rottenburg und Ehingen erwarb der Spitalkaplan Hans Luz 1381 von Burkart und Hug von Ehingen um 42 Pfund Heller[334]. Der Zehntbezirk er­streckte sich in der Vor­stadt, vor dem Kiebinger Tor, im Ehinger Feld und in der alten Stadt. Er umfaßte Vieh, Hühner, Gänse, Schweine, Obst und Garten­gewächse. Um die Verteilung dieses Zehnten gab es einigen Streit[335]. Der kleine Zehnt und der Kornzehnt des Stiftes Kreuzlin­gen kamen 1495[336] pfandweise und 1563 endgültig hinzu. Zunächst ebenfalls pfandweise übernahm die Anstalt 1498[337] den Weinzehnten in der Neckarhalde, im Brei­tenhart, Lichtenberg, Ehinger und Schadenweiler Feld sowie die Land­garbe aus zwei Morgen Weingarten an der Neckarhalde, endgültig ebenfalls 1563. Die Kosten beider Pfandschaf­ten und der endgültigen Übernahme beliefen sich auf zusammen 1750 Gul­den[338].

In Kiebingen[339] erwarb der Spital 1469 von Peter von Zeitern und seiner Frau Katharina Stöb deren Anteil am Zehnten sowie andere Rechte[340]. Er strebte in den folgenden Jahren offenbar eine Konzen­tration des Kiebinger Zehntrechtes an. Der bedeutendste Schritt dazu erfolgte 1481. Die Hälfte des Laien­zehnten sowie ein Drittel des Kleinzehnten und andere Lehengüter kaufte die Anstalt damals von Katharina Stöb, der Witwe des Stefan Ungelter sowie ihren Söhnen Werner und Ernst[341]. Seit dem Ende des 15. Jahr­hunderts war damit der Spital alleiniger Lehensträger des Laienzehn­ten[342], den ihm die Herrschaft dann 1751 eignete[343]. Den Weinzehn­ten im selben Ort teilte er sich zur Hälfte, teils zu ei­nem Drittel mit dem Kloster Rohrhalden[344]. Den Laienzehnten zu Kalkweil erwarb die Anstalt 1441 von Klaus Has und Agnes Merhelt seiner Frau[345]. Den Fruchtzehnt des Klo­sters Rohrhalden konnte sie erst 1789 um 5000 Gulden kau­fen[346].

In Seebronn[347] brachte der Spital 1594 das Drittel des Karl Ifflinger von Granegg am Lai­enzehnten um 1000 Gulden, von denen aber 600 Gulden an Schulden abgingen[348], an sich. Er verpfändete diesen Be­sitz 1602 an den Freiherrn von Wolkenstein zu Poltringen. Der Rück­kauf dauerte von 1602 bis 1627. Im Jahr des Rückkaufs vergrößerte der Rottenburger Spital seinen Anteil am Seebronner Fruchtzehnt um ein weiteres Drittel. Hans Jakob Iff­linger von Gran­egg zu Villingen verlangte dafür 2111 Gulden[349].

Laut Urbar von 1537 besaß der Rottenburger Spital zwei Wasserzinsen zwischen Nie­dernau und Obernau[350]. Sie brachten ihm jährlich 13,44 Gulden ein. Eines dieser Wasser dürfte das seit 1430 be­zeugte Im­menwasser sein. Ein weiteres in Niedernau kam 1603 und 1627 an den Spital, welches dieser bereits 1481 zum Teil besessen hatte[351]. Das zweite Wasser wird als dasje­nige Im Rumenstal bezeichnet. Die Rechnungsbücher von 1636 und 1647 nennen die folgenden Fischen­zen[352]: in Obernau der Waag im Eschach, der Rummel­stalerbach und ein weiteres Fischwasser; in Niedernau das Zopfwasser[353], das Immen­wasser und das Wiechtwasser[354]. Letzteres war herrschaftliches Le­hen, welches der Hofkanz­leischreiber Engelhart Ettenharder 1580 zu­sammen mit anderen Lehen aufgesagt hatte.

Wie der Horber Spital weist auch jener in Rottenburg die bekannte und typische Zwitter­struktur von sozialer Fürsorgeanstalt und wirt­schaftlichem Gutsbetrieb auf. Von seiner Wirt­schaftskraft her übertraf er dabei seinen Horber Nach­barn bei weitem. Dies zeigt be­reits die Größe der selbst bewirtschafteten Güter. Eine beträchtliche Anzahl ausgelagerter Höfe erlaubte zudem eine intensive Nutzung von Lände­reien im Umland. So nahm die Anstalt jährlich eine beträchtliche Menge von Feldfrüchten ein. Hinzu kamen umfangrei­che Zehntrechte, welche die Scheuern zusätzlich mit Getreide füllten. Eine Besonderheit stellt auch die nach dem Dreißigjährigen Krieg aufgebaute Distelmühle dar, welche durch eigenes Personal betrieben wurde. Weitere Zehnt­rechte und der Besitz einer bedeutenden Kelter bescherten ihr zudem einen erheblichen Anteil an den Rottenburger Weinernten, auch wenn sie selbst nur über wenige eigene Rebflächen verfügte.

Der Herrenberger Spital

Auch der Herrenberger Spital zählt zur Gruppe der landstädtischen Spitäler. Allerdings scheint er erheblich später als die beiden unter­suchten hohenbergischen Anstalten gegrün­det worden zu sein. Das ge­naue Datum seiner Gründung ist freilich wegen fehlender Quellen nicht zu ermitteln. Als sich Bürgermeister und Ge­richt auf herrschaft­lichen Befehl hin im Jahr 1630 daran machten, nach dem Ursprung ihrer Anstalt zu forschen, konnten auch sie nichts weiteres über die Gründung herausbrin­gen[355], ebensowenig wie der Her­renberger Chro­nist des 17. Jahrhunderts, der Vogt Hess[356]. Der Herren­berger Spital dürfte in­dessen an der Wende vom 14. zum 15. Jahr­hundert, mögli­cherweise im Jahr 1400, ge­gründet worden sein[357]. Bis 1412 jedenfalls entstan­den die Heilig-Geist-Kirche und die da­zugehörigen Pfründhäu­ser[358]. Damals stiftete Pfaff Hans, Kaplan in Frei­burg, 50 Gulden für ein ewiges Licht in dieser Kirche[359]. Vom 1. März 1421 datiert ein bischöflich konstan­zisches Patent zur Ersammlung einer Beisteuer für die Errich­tung eines neuen Hospi­tals[360]. Damit gehört es zusam­men mit Cann­statt, Göp­pingen, Ebingen, Schorndorf und Vaihingen[361] zwar der ersten größeren Gründungsperiode württembergischer, aber einer eher späten für landstädtische Spitäler an. Schon wegen dieser Grün­dungsgeschichte unter­scheidet sich die Herrenberger Anstalt von den beiden anderen untersuchten. Das spätere Entstehen hatte wohl auch zur Folge, daß sie es nie zu einer mit jenen vergleichbaren Bedeu­tung brachte. Dem entspricht leider eine eher magere Ergiebigkeit der Quellen.

Ob sich die Herrenberger Gründung als eine Maß­nahme der neuen Gebietsherren, also der Grafen von Württemberg, auffassen läßt, wie der Verfasser des Ortskernatlas von Herren­berg vermutet, ist eher un­wahrscheinlich. Der von ihm angestrengte Vergleich mit dem 1350 von Katharina von Helfenstein, der Gemahlin des Grafen Ulrich IV. von Württem­berg ausgestatteten Stuttgarter Katharinen­spital[362] führt hier nicht zwingend weiter. Einer Urkunde der Grafen Ludwig und Ulrich von Würt­temberg aus dem Jahr 1436 zufolge muß vielmehr ein ge­wisser Jo­hannes Hueter als pri­mus iniciator et fundator hospitalis in opido nostro Herrenberg bezeichnet werden[363].

Einige wichtige Stiftungen spielten für die Spitalwirtschaft eine gewisse Rolle und sollen zumindest genannt werden. Eine Kaplanei­pfründe in der Spitalkirche wurde 1436 do­tiert[364]. Burkhard Krebs, ein Chorherr in Sindelfingen, stiftete 1458 ein Kapital von 1000 Gul­den, von dem der Spital jährlich 30 Gulden genießen sollte, während 20 Gulden ar­men Mädchen zu gute kamen[365]. Die Krauß­sche Stiftung aus dem Jahr 1460 verschaffte den Armen jährlich ein Pfund Heller[366]. Eine neue Kaplanei in der Spitalkirche wurde 1508 eingerichtet[367]. Insge­samt 16 verschiedene Stiftungen bis zum Jahr 1520 listet die Hessche Chronik auf[368]. Nach der Reformation kam eine Fülle wei­terer Stiftun­gen hinzu[369]. Wich­tige Stiftungen gingen noch im 17. Jahr­hundert ein, so 1612 von Johann Gröninger 200 Gulden, 1628 von Heinrich Schickardt 400 Gulden und 1635 von dessen Tochter Bar­bara weitere 200 Gulden. Wegen der Schickardtschen Stif­tungen mußte der Spital langwierige Prozesse gegen die Erben führen, die nicht zah­lungswillig wa­ren. Erst ein Vergleich im Jahr 1688 führte hierbei zu klaren Verhältnissen[370].

Einschnitte in der Spitalgeschichte, die sich auch maßgeblich auf seine Wirtschaftskraft und damit auf seine Versorgungskapazität auswirkten, seien im Folgenden genannt. Etwa ein halbes Jahrhundert nach der angenommenen Grün­dung scheint die Herrenberger An­stalt bei einem großen Stadtbrand, der 93 Häuser und damit ein Viertel aller Wohn­gebäude zerstörte, mit zerstört worden zu sein[371]. Auf eine Bitte der Stadt im Jahr 1568 hin, das Be­ginenhaus mit seinen Gütern dem Spital zu schenken, gewährte der Herzog das Gärtlein, vier Jauchert Ackerland und fünf Mansmad Wiesen, bestimmte aber das alte Begi­nenhaus zur Lateinischen Schule[372]. Dafür wurde die letzte Begine 1580 ins Spital auf­genommen[373]. Beim Stadtbrand 1635 gingen wie­derum die Gebäude der Fürsorgeeinrich­tung zusammen mit fast allen Häusern (270) zu­grunde. Danach blieben bis ins 18. Jahr­hundert noch zahlreiche Hof­stätten unbebaut[374]. Für die Herrenberger Anstalt brachte der Krieg auch das Ende ihrer eigenen Haushaltsführung 1637 und schließlich sogar den end­gültigen Verkauf ihrer Äcker 1662.

Plan der Stadt Herrenberg mit Stadtmauer, Zwingermauer und Toranlagen sowie den herrschaftlichen, kirchli­chen und bürgerlichen Gebäuden und Anlagen, wie sie zwischen 1470 und 1650 bestanden haben. Historische Be­arbeitung von T. Schmolz[375]?.

Wie in vielen anderen Städten hat auch in Herrenberg der Spital baulich das Stadtbild ent­scheidend mitgeprägt. In typischer Randlage – außerhalb der wohl einst ummauerten Kern­stadt an der südlichen Stadtmauer und nahe einem einstigen See – weist noch heute die Spitalgasse auf den Standort dieses Gebäudekomplexes hin. Vor allem die Spitalkirche kann als das dominierende Gebäude der unteren Stadt schlechthin bezeichnet werden. Auch die alte Scheune in der Spital­gasse sticht deutlich aus den sonstigen Bauten her­vor[376]. Einen klei­nen Mittelpunkt bildet auch der Spitalbrunnen an der Kreuzung Spi­talgasse/Schulgasse.

Das Spittal Kirchlin[377] stand schon seit Beginn des 15. Jahrhunderts am heutigen Platz. Seine Geschichte läßt sich anhand der Rechnungs­bücher relativ ausführlich dokumentie­ren. Dies soll im Folgenden ge­schehen, weil es bisher kaum Literatur darüber gibt. Vorne stößt die Heilig-Geist-Kirche wie eh und je an die Tübinger Straße und hinten an die alten Wohngebäude der Armen und der Pfründner[378].

Noch vor 1412 muß diese Kirche entstanden sein, denn in jenem Jahr stif­tete ein Freibur­ger Kaplan ein ewiges Licht[379]. Sie gehörte zu des Spitals eigenen Gütern[380]. Wie viele an­dere Gebäude Herrenbergs ging auch sie im ver­heerenden Stadtbrand von 1635 zugrunde. Erst Mitte des Jahres 1650 machte sich die Spital­verwaltung an den Wiederauf­bau des Gotteshauses, welcher 1100 Gulden kostete. In den Wie­deraufbau bezog man das noch vorhandene Mauerwerk so weit wie möglich ein. Schon am 12. November 1650 richteten die Zim­merleute das Dachwerk auf, welches aber erst im August des fol­genden Jahres ge­deckt werden konnte. Die Kanzel stammt vom ortsansässigen Schrei­ner Philipp Rommels­bacher, der den Auftrag da­für 1655 erhielt[381]. Aus der alten Kirche konnten immerhin noch sechs Kirchenstühle übernommen werden. Zur Einweihung der Kirche versammelte sich an Trinitatis (1. Juni) 1656 eine illustre Ge­sellschaft: zue solchem Werckh ein frembder Instrumental und Vocalmusic noht­wendig werden müeßen, bey welchem Actu dann sich auch vihl un­derschidliche Herrn Adelspersoh­nen und andere frembde Herrn unnd Gäst eingefunden. Diese Feierlichkeit kam den Spital nicht gerade bil­lig, für einen klei­nen Imbiß beispiels­weise mußte er 37 Gulden ausge­ben. An sie rich­tete der Spezial Magister Elias Sprenger seine Einweihungspre­digt, welche die Anstalt in Straßburg drucken ließ. Der Diakon Ma­gister Johann Georg Naschold dichtete aus Anlaß der Feierlichkeiten ein bei Hess überlie­fertes Gedicht[382]. Die Kirchenstühle kamen am 28. Mai 1656 zu folgenden Ta­rifen zur Verteilung: 136 Weiberstühle zu 20 Kreuzern, sechs Mannsstühle auf der neuen oder Nebenbohr­kirche zu 90 Kreuzern, 13 Mannsstühle auf der Seite gegen die Krone zu ei­nem Taler, 75 gemeine Mansstühle zu 30 Kreuzern, 13 geringe Mannsstühle zu 20 Kreu­zern und sieben zu 15 Kreuzern. An der In­nenausstattung war ein Geselle aus Danzig, Christian Kleber, beteiligt, der den Kranz an der Kanzel mit Kälberzähnen und ei­nem Frieß fertigte. Der Tübinger Maler Thomas Heuberg gestaltete ein Kruzifix und die Gedächtnistafel zur Einweihung. Den Dachreiter ließen die Bauherren erst 1657 um 282 Gulden hinzufügen. Da die alte Glocke beim Brand uffgangen war, mußte beim Stuttgarter Stuck- und Gloc­kengießer Hans Georg Herold eine neue bestellt wer­den, die 388 Pfund wog und 155 Gul­den kostete. Auch das Umfeld wurde in die Gestaltung mit einbezogen. Wegen seiner Mistlache, die er direkt ne­ben der Spitalkirche angelegt hatte, bekam 1666 Burkhard Andler Är­ger mit dem Stadtgericht. Er mußte sie ent­fernen lassen und erhielt zusätzliche Bußen auferlegt, als er sich wi­dersetzlich zeigte[383]. Die Spital­kirche erhielt 1674 innen und außen einen An­strich bis hinauf zum Giebel, was 46 Gul­den kostete. Zu diesem Auftrag gehörte auch eine mit lebhaften Farben… auswendig gegen der Straß herauswerts über die große Thür gemalte Heilige Dreifal­tigkeit.

Das alte Haus führt diesen Namen vermutlich im Kon­trast zu dem später hinzuerworbenen neuen Haus. Es zählte 1530 zu den eigenen Gebäuden der Anstalt und zinste damals jähr­lich 11,5 Pfennige Hof­stattzins[384]. Ein Gang verband das Gebäude mit der Kirche, vorne reichte es bis zur Spitalgasse[385]. Darin waren 1579 die gemeine Stube und die Armenstube untergebracht. Nach der laidigen Brunst von 1635 ließen die Pfleger, weilen keine an­dere Mittel vorhanden, das Waldhaus des Spitals (siehe unten) abbrechen und über dem Keller des abgebrannten alten Hauses wieder aufstellen[386]. Darin richteten Handwerker dem rei­chen Pfründner und Bür­germeister Hans Meriken einen Einbau her. Zue Beschläufung der armen Kranckhen und der­gleichen Leuten, die vom Spitahl auf den Fall ungesunder Zeiten und Seuchen sich ereignen möchten, versorgt werden müessen, entschloß sich das Gericht erst wieder im Jahr 1658, ein neues Gebäude er­richten zu lassen. Die Zimmerleute Mi­chael Morhart und Georg Weil erbauten dann im Jahr 1660 ein 96 Schuh langes (27,5 Meter) und 40 Schuh breites (11,5 Meter), zwei­stöckiges Haus, dessen Dach im Februar 1661 auf­gerichtet werden konnte, um 620 Gulden. Unten gab es zwei große Kammern und im obe­ren Stock zwei Stuben. Zwischen diesem Gebäude und der Kirche ließ der Spital 1661 einen knapp sechs Meter langen Verbindungsgang herstellen. Die Stube bewohnten im Dezember 1662 Melchior Weidlen und Küenlens Witwe[387]. Indes­sen stand ein Jahr später die Spitali­sche Understub… nahend ganz leer, weshalb das Stadtgericht dem Stadt­knecht Caspar Heckenhawer, wegen seiner Armuthei und vieler Kin­der halber, gestattete, darin zinslos ein weiteres Jahr zu woh­nen[388]. Als des Spitals Nachbar Konrad Köhler 1666 durch eine neu­gebaute Scheuer dem Spital die Helle verbawen, klagte dieser dagegen. Köhler, dessen Scheuer ein Stück weit auf der Allmand stand, mußte sie daraufhin ein Stück weit zurück­versetzen, wozu die Anstalt einen Teil der Kosten beisteuerte[389]. Weiterhin scheint der Be­darf nach Wohnraum im Spital gering geblie­ben zu sein. Denn 1668 vermietete das Stadtgericht die Behausung dem Diakon Magister Peter Schertlin für 12 Gulden auf ein Jahr[390]. Dazuhin ordnete der städtische Rat im Jahr 1709 die Verlegung der Lateinischen Schule von ihrem al­ten Standort unterhalb der Stiftskirche in den Spital an[391]. Noch Mitte des 19. Jahrhunderts wohnte darin der Präzeptor[392].

Des Heilbronners Haus stieß unmittelbar westlich ans Alte Haus und gehörte 1530 dem Spital. Dahinter befand sich ein kleines Gärtlein. Für dieses Ge­bäude mußte der Spital damals 8,5 Heller[393] Hofstatt­zins entrichten. Die Pfründner Jakob Greyß und Ka­tharina, Anton Scholls Witwe bewohnten es 1579[394].

Eine weitere Behausung[395] zwischen dem alten Haus des Spitals und der Gasse nennt das Lagerbuch von 1579. Darin wohnten damals die Pfründner Hans Weydlin und Anna, die Witwe Franz Scherers.

An das alte Haus stieß auch ein Eckhaus im Besitz des Spitals[396], das vorne an die Gasse grenzte. Darin wohnten 1579 die Pfründner Jörg Beyttel, Michael Rayd und Agnes, die Hausfrau des alten Kel­lers Johann Neyffer. Eine Hofstatt[397] zwischen dem Alten Haus und Jakob Greißens Scheuer ließ der Spital 1662 überbauen. Im Komplex der zusammen­gebauten Spitalgebäude war 1855 auch die Deutsche Schule[398] untergebracht, ebenso die Woh­nung der Oberamtsarztes. Ein Schweinestall[399] wurde 1636 in Nufringen gekauft, dort abgebrochen und in Herrenberg wieder aufgestellt. Das neue Haus, das seinen Namen zur Abgrenzung vom alten trug, stieß vorne an die Gasse und mit der Rückseite an die Stadt­mauer. Es handelt sich dabei vermutlich um das imposante Gebäude, das heute gegenüber dem Spital steht. Das Neue Haus war 1530 und 1579 mit dem Backhaus ver­bunden. Eine Scheuer stand dahinter. Hess berichtet von einem Neubau 1531[400]. Wegen dieses Gebäu­des zinste die Anstalt jährlich neun Pfennig Hofstatt­zins, für eine Haushälfte gingen wei­terhin jährlich ein Pfund Heller an die Klosterfrauen zu Reutin bei Wildberg[401]. Im neuen Haus wohnten 1579 der Spitalmeister und etliche Pfründner. Nach dem großen Stadtbrand von 1635 blieb dem Spital von dem Gebäude nurmehr ein Keller an der Mauer übrig. Da­mit dieser Keller – der große Keller des Spitals – nicht verkam, ließ die Spitalverwal­tung 1643 darüber aus den Balken des zu diesem Zweck abgebro­chenen Viehhauses im Spital­wald ein 13 auf 5 Meter großes Gebäude errichten[402]. Erst 1663 ließ sie dann das alte Ge­bäude in der ur­sprünglichen Größe neu bauen. Das Haus, so hievor das Backhaus gewesen, hatte der Spital von Lenzin Seer gekauft. Es stieß direkt an den Spital. An Stelle des alten Backhauses hatte der Spital offensicht­lich ein Wohn­gebäude erstellt. Es war 1530 zinsfrei und eigen[403].

Noch 1530 besaß der Herrenberger Spital eine Scheuer vor dem Tübinger Tor[404], die zins­frei und eigen war. Gemäß einem späteren Eintrag in demselben Lagerbuch wurde diese jedoch im Laufe des 16. Jahrhunderts verkauft. Eine zweite in der Nähe der anderen Spitalge­bäude wird bereits 1579 genannt[405]. Sie stand beim Spitalbrunnen und war ein Eckgebäude. Von ihr erhielt die Kellerei Herrenberg jährlich 21 Hel­ler Zins. Nach dem Stadtbrand von 1635 kaufte der Spital um 190 Gulden eine Scheuer in Haslach, die er ab­brechen und auf dem Platz der seitherigen Spi­talscheuer wieder aufstellen ließ.

Der Spitalbrunnen[406] an der Ecke Spital­gasse/Schulstraße wurde 1566 erstmals errichtet und 1665 um 200 Gulden wiederhergestellt. Die Quelle dafür war nach einer Nachricht aus dem Jahr 1855 am Röthelberg gefaßt.

Der Herrenberger Spital hatte auf der Stadtmarkung den Kleinen Zehnten[407] von Rüben, Kraut, Obst, Zwetschgen, Zwiebeln, Hanf und Flachs gepachtet. Eigentümer war das Stift. Bei der allge­meinen Lan­desvisitation hatte die Regierung dem Spital den Einzug aus Gna­den bis auf Widerruf überlassen. Den zehnten Teil der genannten Früchte sammelte der Spital 104 Jahre lang bis 1640 in seinem Kasten. Nach dem Prager Frieden und der damals (1635) eingeleiteten Rekatholisie­rung beanspruchte indessen der katholische Verwalter, der Jesuit Fa­ber, diesen Kleinzehnt. Wegen dieser und anderer Sachen appellierte er sogar an den kaiserlichen Hof. Nach einer Untersuchung erfolgte am 29. September 1643 die herrschaft­liche Entscheidung: wegen der langen, unwidersprochenen Nutznießung habe der Spital ein Gewohn­heitsrecht auf diesen Zehnten. Dafür mußte die Anstalt dem Stift bis 1669 jährlich zehn Gulden reichen.

Wegen bleibender Ansprüche der Verwalter steigerte sich der Zins immer weiter, 1749 er­reichte er schließlich 58 Gulden. Und alle drei Jahre mußten die Stadtväter bestäti­gen, daß der Spital dieses Recht nur aus Gnaden genieße.

Den Wald Raistinger Mark[408] hatte der Spital 1524 von Ba­stian von Gültlingen zu Sindlin­gen um 200 Gulden gekauft. Das Waldgebiet lag zwischen Kuppingen und Haslach. Es be­stand aus ei­ner mit besonde­ren Steinen gekennzeichneten Markung mit eigenem Bann. Darin be­saß die Anstalt alleine die Gerechtigkeit des Weidganges und die Holzge­rechtigkeit. Der Wald blieb außerhalb des gewöhnlichen Zehn­ten. Zehntrechte besaßen stattdessen zur Hälfte das Kloster Reutin bei Wildberg und andernteils die Herrschaft als Inhaber der Kartause Güterstein (bei Bad Urach). Jährlich entrichtete der Spital dafür 20 Malter Hafer Herrenberger Meß an die Herrschaft. Anson­sten war das Gebiet von allen Steuern, Land- und Amtsschäden, Frondiensten und aller ander Beschwerden von menigkli­chem gantz frei. Zu diesem Eigentum gehörten des wei­teren 11,5 Morgen Ackerland und ein wei­teres Wäldchen.

In diesem Spitalwald stand, nahe der Straße nach Na­gold, der einzige auswärtige Hof der Anstalt im Untersuchungszeitraum, das Wald­haus[409]. Hier ließ der Spital 1601 ein Vieh­haus um 235 Pfund er­bauen. Nach dem Herrenberger Stadtbrand wurde das Wald­haus mit­samt dem Viehhaus abgebrochen. Die städtische Obrigkeit ließ das Material in die Stadt führen und dort verwenden.

Auch an der Weinproduktion des Ammertales hatte der Herrenberger Spital seinen – wenn auch bescheidenen – Anteil. Die halbe Kelter und etliche Landgarben in Breitenholz kaufte er im Jahr 1462 um 330 Gulden von Pfaff Cast von Tübingen. Deshalb führte sie auch den Namen Castkelter. Von den Erben des Ja­kob Grüninger von Entringen[410] kaufte die Anstalt dann im Jahr 1509 die andere Hälfte jener Kelter, die Grüninger seinerseits vom Doktor der Medizin und Professor der Physik in Tübingen Hans Maichinger an sich gebracht hatte[411]. Sie lag unterhalb der äußeren Halde und verfügte über einen Baum. Der von der Familie Cast erstandene Halbteil war aller Steuer und Beschwerden frei, wohinge­gen der Spital für die andere Hälfte, die er dem Grüninger abgehandelt hatte, Steuern be­zahlte. Für die bauliche Erhaltung und den Betrieb war seit dem Erwerb der Herrenber­ger Spital zuständig. Zu diesem Zweck durfte der Besitzer dieser Kelter ein besonderes Nut­zungsrecht im Schönbuch in Anspruch nehmen. In diese Kelter waren die Weingärten der äußeren Halde in Breitenholz gebannt. Als Kelterwein bezog der Eigentümer das drei­zehnte Viertel vom Legel und als Baumwein ein Viertel vom Legel[412]. Fast neu mußte diese Kelter im Jahr 1656 um 150 Gulden erbaut werden[413]. Da auch in Breitenholz der Weinbau im Laufe des 18. Jahr­hunderts wie in vielen anderen württembergischen Wein­bauorten stark abnahm, verkaufte der Spital 1728 seine Kelter samt seinen 20 Mor­gen sechsteiliger Weingärten um 380 Gulden an die Gemeinde Brei­tenholz. Die Unterhaltsko­sten lagen damals angeblich höher als der Nutzen[414].

So wie die anderen untersuchten Spitäler, hatte auch der in Herren­berg Anteile an Müh­len. Die Hälfte der Mühlgült in Altingen kaufte er 1481 um 210 Gulden[415]. Seine Besitz­rechte vermehrte er 1505 um 110 Gulden[416]. Diese Mühle[417] hatte drei Räder, sie wurde 1530 als Eigentum des Spitals und derer von Altingen bezeichnet. Noch 1542 war es Jo­hann Lutz, der Altinger Schultheiß, der die Mühle verpach­tet hatte. Dessen Er­ben kaufte dann der Spital ihren Anteil ab. Ei­nige Jahre führte daraufhin die Anstalt ihre Mühle in Ei­genregie, ver­lieh sie später aber um eine Gült[418]. Von Steuern und Be­schwerden war sie befreit. Der Handlohn betrug ein Pfund Heller. Der Besitzer der Wiese an der Mühle mußte im Fall von Reparatu­ren das Wasser über seinen Grund umleiten. Auswärtige Müller durf­ten ihre Mal­dienste nicht in Altingen anbieten. Ihr Geschäftsbereich endete an den zwei Kapellen und dem Markstein vor dem Dorf, dort konnten sie in ein Horn blasen. Wer ihre Dienste in Anspruch neh­men wollte, mußte sein Korn zu ihnen transportieren. Ansonsten durften die Altin­ger nur in der Spitalmühle mahlen lassen, die damit de facto eine Monopolstellung innehatte. Von dieser Mühle bezog der Spital wö­chentlich drei Vier­teil Mühlkorn und jährlich zwei Pfund ein Schil­ling drei Heller, 100 Eier sowie vier Ku­chen. Im Dreißigjährigen Krieg war die Altinger Mühle längere Zeit verlassen. Für ihre Wie­derherstellung schoß der Spital 1641 acht Gul­den zu[419]. Nach dem Kriegsende lag sie zunächst immer noch verbronnen und gantz wüest, weshalb die Er­ben des Lehens, Konrad Schweitzer, Schultheiß zu Gültstein, und seine Schwäger Kaspar Laib sowie Jakob Müller zu Al­tingen, nur noch eine reduzierte Gült zu leisten hatten, die sie aber auch nicht erbrin­gen konnten oder wollten. Die Erbengemeinschaft bot im Jahr 1652 dem Spital sogar an, falls er solchen Platz besser oder ander­werts underzu­bringen getrawe, wollen sie im Nahmen Gottes ge­schehen lassen, daß solch ihr Erbgueth heimbgeschlagen und von Ih­nen gäntz­lich ab­getretten werde[420]. Zehn Jahre später war die Mühle wieder hergestellt. Deshalb bat Jakob Müller, weil sein Mühlin wider erbawt, und er dem Spital ein nahmhafte Gült raichen mües, das Getreide, das die Anstalt für die Armen und für ihren sonstigen Be­darf backe, bei ihm zu mahlen. Das städtische Gericht folgte dieser Bitte weitge­hend, obwohl sie nicht in diese oder eine andere Mühle ge­bannt sei[421].

Das Siechenhaus oder Armenhaus[422] bewirtschaftete und verwaltete der Spital. Es stand außerhalb der Stadt, an der Straße nach Tübingen. Für die Letzte Ruhe der armen Sünder bot es einen um­mauerten Friedhof. Entspre­chend listete der Spitalschreiber das Vermö­gen des Siechenhauses in den Lagerbüchern des Spitals mit auf, wo­bei er al­lerdings formal eine Trennung beibehielt. Im Jahr 1655 hatte der Spitalpfleger damit begonnen, das Siechen­haus wiederherzustellen[423]. Bis zu seiner Fertigstellung kamen Aussätzige im Leprosorium unter. Eine eigene Kapelle auf dem Anwesen wurde 1663 abgebrochen.

Verglichen mit den Anstalten in Rottenburg und Horb, wirtschaftete jene in Herrenberger in eher bescheidenen Verhältnisse. Dies zeigt vor allem auch der Umfang eigener Güter. Nach dem Lagerbuch von 1530[424] gehörten dazu knapp sieben Jauchert in Herrenberg und noch einmal soviel in der Raistinger Mark, an Wiesen und Gärten knapp drei Mansmad. Etwas umfangreicher ist der im Lagerbuch von 1579[425] ausgewiesene Besitz mit etwas mehr als 16 Jauchert Acker­land, mehr als sieben Mansmad Wiesen sowie etwa eineinhalb Morgen Weingär­ten. Insgesamt war also der selbst bewirtschaftete Besitz des Herren­berger Spitals äußerst bescheiden.

Bedeutender waren demgegenüber die Einkünfte aus Gült- und Zins­rechten, welche die Herren­berger Anstalt aus der Stadt und 32 umlie­genden Ortschaften bezog. Über diese Ein­nahmen gibt ihr Lagerbuch aus dem Jahr 1530 den besten Über­blick[426]. Für dieses La­gerbuch wurde der Wert der Ein­künfte in Pfund Heller berechnet, wobei Fruchtgülten sich auf Grund von im Rechnungsbuch 1529/30 ermit­telten Preisen umrechen ließen[427]. Die Lage der Orte und der Um­fang der dortigen Spital­rechte kann aus der beigefügten Karte ent­nommen werden. Fast alle diese Dörfer waren württembergisch. Der Ge­samtwert aller Einkünfte be­lief sich auf 969 Pfund Heller. Dabei überwogen die Na­turalgülten leicht (56) gegenüber den Geldzinsen und -gülten. Seine einträglichsten Besit­zungen besaß der Herrenberger Spital in der Stadt selbst, von wo 30 Prozent aller Gülten und Zin­sen stamm­ten. Beträchtlich waren auch diejenigen aus Breitenholz (10), Affstätt (6), Altingen (6) und Gärtringen (5). Kennzeich­nend für die Art der Abgabe ist häu­fig die Entfer­nung vom Spital. Grundsätzlich gilt, daß aus den weiter entfernt liegenden Ort­schaften vor allem Geldbeträge erhoben wurden, während aus den näherliegen­den bevorzugt Natural­gefälle eingingen. Die mit diesen Abgaben bela­steten Immobilien be­zeichnete die Anstalt zum Teil als ihr Eigentum. So eine Hube in Gültstein, zwei Lehen in See­bronn, zwei Höfe in Tailfingen, einen Hof in Oberjettingen, einen Hof in Deckenpfronn[428], ein Lehen in (Ober-) Jesingen, zwei Lehen in Kuppingen, zwei Höfe in Affstätt und zwei Höfe in Gär­tringen. Die Orte mit eigenen Gü­tern sind in aller Regel auch durch über­durchschnittliche Erträge für den Spital ge­kennzeichnet. Dies schließt nicht aus, daß er auch das Eigen­tum über weitere Güter be­saß. In Herrenberg waren 1530 alleine 33 Häuser durch Abgaben an den Spital belastet.

Insgesamt gesehen muß sich die Wirtschaftsführung des Herrenberger Spitals in relativ be­scheidenen Verhältnissen abgespielt haben. Die An­stalt verfügte über keine ergiebigen Zehntrechte, besaß kaum Grund und Boden und war somit vorwiegend auf Geldzinsen und Bodengül­ten angewiesen. Die Kelter in Breitenholz brachte etwas Wein ein. Einzig die Mühle in Altingen fällt etwas aus dem Rahmen. In Anbe­tracht dieser Umstände ist im­merhin bemerkenswert, wie umfangreich das Eigentum der Anstalt an Häusern in der Stadt war. Als nachhal­tiger Einschnitt wird der Dreißigjährige Krieg bereits anhand der Be­sitzgeschichte deutlich, da in seiner Folge sowohl die eigene Haus­haltung aufgegeben als auch die eigenen Äcker verkauft wurden.

Besitz der Spitäler

Die Besitzgeschichte der untersuchten Spitäler sollte die Grundlagen ihres wirtschaftlichen und sozialen Handelns darlegen. Für die folgende Untersuchung ist es besonders wichtig, die Unterschiede zwischen den drei Anstalten nochmals deutlich herauszustellen. Da diese Unter­schiede eng mit den Entfaltungsmöglichkeiten zusammenhängen, welche die jeweili­gen Städte ihrem Spital boten, soll hierauf zunächst einge­gangen werden.

Dabei ergeben sich zwischen den beiden hohenbergischen Städten be­reits sehr unter­schiedliche Ausgangssituationen[429]. Während auf der Rottenburger Markung 2305 Jau­chert Ackerland bewirtschaftet wurden, gab es in Horb nur ein Drittel so viele Felder. Die Güter in der erstgenannten Stadt hatten zudem den Vorzug, eben zu liegen[430]. Und die bessere Qualität wurde zeitgenössisch eindeutig auf Seiten Rotten­burgs gesehen. Bei den Weinbergen sah es noch viel ungünstiger aus. Den 483 Jauchert in Rottenburg konnte die andere hohenbergische Stadt nicht einmal ein Fünftel entgegensetzen. Hier spielten si­cherlich die klimatischen Voraussetzungen eine entscheidende Rolle. Im Ge­genzug bot Horbs Markung fast gleich viele Wiesen wie die Rotten­burger. Auch der Waldreichtum des Landes am oberen Neckar schlug eher zugunsten Horbs aus. Von der Gebäude- und Bewohner­zahl her konnte Horb gleichfalls nicht mithalten. Dort standen, obwohl die Stadt keine Brandkatastrophe im Dreißigjährigen Krieg heimgesucht hatte, 1673 nur etwa halb soviele Häuser wie in Rottenburg, welches ja 1644 weitgehend abgebrannt war.

Verfügbare Nutzfläche in Hohenberg um 1680[431]
  Rottenburger  Rotten- Nieder-  Horb Eutingen Spital- 
  Meß             burghohenbg.Horb MeßBildech. orte   
  eigene Äcker    1361  926     150                
  Erblehenäcker    944 5742     672   2559   951   
  eigene Wiesen TW 297                              
    1 mahdig    TW       72      39           58   
    2 mahdig    TW      200     185          351   
  Erblehenwiesen TW                                 
    1 mahdig    TW       71                         
    2 mahdig    TW      999            227         
  Weingärten       483  374      81                
                                     Amtsflecken         
  Bürger           836        333     154    81     
    Söld             8          3,5     0,75   0,5  
  Häuser           504        279     138    81    
    Söld             5          3       0,75   0,5  
  Handwerker       367                              
    Söld             3                             
  Felder, Söld      12          3       7          
  Güte der Felder      5          2       1           

Daß die Häuserzahlen deshalb den Maßstab verfälschen, belegt die Einwohnerzahl, welche wiederum stär­ker zugunsten Rottenburgs aus­schlägt. Allerdings ist zu beachten, daß die folgenden Werte nur An­haltspunkte geben können, da sie auf­grund der Bürgerzahlen ge­schätzte Werte darstellen. Man kann für Rottenburg mit 4000, für Horb mit vielleicht 1700 rechnen. Hier läßt sich auch der Vergleich zu Herrenberg ziehen, wo im gleichen Zeit­raum mit nur 1200 Ein­wohnern zu rechnen ist[432]. Zu dieser einen Voraussetzung kommt noch die andere der Gründungszeit. Während die beiden untersuchten hohenbergischen Anstal­ten 1352 und um 1360 entstanden, hinkte jene in Herrenberg 40 Jahre hinterher. Inwiefern sich dann auch noch konfessionelle Unterschiede bemerkbar gemacht haben, ist schwer ein­zuschätzen. Diesen Vergleich könnte nur eine Gesamtbetrachtung aller sozialen Maß­nahmen der Städte bringen. Al­lerdings waren in allen drei Orten die Spitäler die weitaus wichtigsten Träger von Sozialfürsorge vor Ort. Der Herrenberger Armenkasten reichte im Untersuchungszeit­raum nie an die Versorgungskapazität des Spitals heran.

Diese unterschiedlichen Ausgangsbedingungen erklären einen wesentli­chen Teil feststell­barer Unterschiede zwischen den drei Objekten. Vom Umfang der in Eigenregie betriebe­nen Wirtschaft, zu der alleine sechs auswärtige Höfe gehörten, und von ihren Zehntrech­ten her überragte die Rottenburger Anstalt die anderen bei weitem. Das trifft auch für jene in Horb zu, deren vier Ortsherrschaften bei genauerer Betrach­tung nur geringe wirtschaft­liche Vorteile abwarfen. Nur wo sich mit der Ortsherrschaft umfangreicher Grundbesitz verband, zahlte sich das politische Recht aus. Hingegen fehlte es in Horb an den wirtschaft­lich wichtigeren Zehntrechten, der Spital betrieb auch keinen einzigen ausgela­gerten Hof. In Herrenberg erwies sich der Grundbesitz als noch geringer, trotz des aus­wärts gelegenen Waldhauses. Beim Weinbau läßt sich anhand der spitalischen Besitzrechte auf den ersten Blick kein größerer Unterschied zwischen Rottenburg und Horb fest­stellen, beide betrieben mehrere Kelterbäume und besaßen Zehntrechte. Allerdings läßt das größere Potential an Rebland und dessen zeitge­nössisch ausgewiesene Güte in Rottenburg hier auch eine deutliche Gewichtung vermuten. Darauf wird anhand konkreter Ertrags­zahlen noch weiter einzugehen sein. Herrenberg mit seiner einen Kelter in Breitenholz lag noch weiter abseits von den Zentren des Weinbaus, der für die Stadt und wohl auch für de­ren Spital keine größere Rolle gespielt haben dürfte. Eine Besonderheit in Horb stellt die vor allem am Ende des Dreißigjährigen Krieges ausgebaute exportorientierte Holzwirt­schaft dar, der in Rottenburg und in Herrenberg nur An­strengungen zur Selbstversorgung gegenüberstanden. Auf die Stabilität der beiden hohenbergischen Anstalten weist die Tat­sache hin, daß beide nach Kriegsende investieren konnten und sich dabei vor allem weiter in der Landwirtschaft durch den Zukauf von Gütern engagier­ten. Demgegenüber kann als krasses Gegenbeispiel der Herrenberger Spital gelten, der während des Krieges die Ver­sorgung von Armen wie Pfründnern in seinen Gebäuden gänzlich einstellte und nach Kriegs­ende sogar seine eigenen Äcker verkaufte. Er gab das Standbein der Eigenwirtschaft auf und verlagerte seine Aktivitäten weitgehend auf Kreditgeschäfte. Dieser Umstand ver­bunden mit der relativen Beschei­denheit der Anstalt schließt in einer Reihe von Fragen einen sinn­vollen Vergleich mit den beiden hohenbergischen Spitälern nahezu aus.

IV. Maßverhältnisse und Währung

Zu jenen Faktoren, welche wirtschaftsgeschichtlichen Untersuchungen zugrunde liegen, gehören das Maß- und Währungssystem der Zeit. Ohne seine Kenntnis können Zahlenrei­hen nicht richtig gebildet und schon gar nicht richtig interpretiert werden. Für die vorlie­gende Arbeit ergaben die Quellen zum Teil wesentliche Abweichungen von bisher gängi­gen Um­rechnungswerten.

Bei Flüssigkeitsmaßen ist grundsätzlich zwischen der Trübeich für den noch nicht ausgego­renen Most und der Hell- oder Lautereich für ab­geklärten oder alten Wein zu unterschei­den. Bei den untersuchten Spitälern wurden Weinmengen allerdings stets in Lautereich ver­zeichnet, so daß in der weiteren Darstellung nur dieses Maß zu be­rücksichtigen ist.

In Rottenburg[433] und in einigen niederhohenbergischen Orten galt die 1557 in Tübingen ab­geschaffte alte Eich unter dem Namen Rotten­burger Eich weiter. Das Fuder faßte zehn Ohm, das Ohm 12 Vier­tel und das Viertel 6 Mas. In ein Rottenburger Eichmaß gingen 1,537 Liter Flüssigkeit. Leichtere Veränderungen, die sich bis 1806 er­gaben, können für den Untersuchungszeitraum unberücksichtigt bleiben. Für Berechnungen habe ich einen auf zwei Kommastellen gerunde­ten Wert von 1,54 benutzt.

Die von Christoph Fichtner[434] geäußerte Vermutung, daß sich nach 1514 die Maße und Ge­wichte in Horb nach den in Rottenburg üb­lichen richteten, läßt sich anhand der Spital­quellen nicht bestätigen. Vielmehr galt Horber Meß während des gesamten Untersuchungszeit­raumes weiter.

Beim Wein rechnete der Horber Spitalschreiber in einem Maßsystem von Fuder, Legel, Viertel und Mas[435]. Der Begriff Legel ist vermut­lich aus dem Lateinischen lagella (Fäßchen) abgewandelt. Das Fuder zählte 14 Legel, das Legel sieben Viertel und ein Viertel sechs Mas. Ver­schiedene Umrechnungsangaben in den Rechnungsbüchern in Bezug auf würt­tembergische und Rottenburger Weinlieferun­gen deuten darauf hin, daß mindestens vier verschiedene Masgrößen in Gebrauch waren[436]. Die bisher in der Literatur genannten An­gaben gehen von 1,545 Liter für die Landschenkeich und von 1,61 Liter für das Spitalmaß aus. Tatsächlich scheint das normalerweise in der Spi­talrechnung benutzte Mas, von dem 42 ein Legel ausmachten, etwas mehr als 1,5 Liter enthalten zu haben[437]. Es fand aber auch ein Spi­talmas Verwendung, von dem 37 auf ein Legel gingen[438] und das fast 1,8 Liter faßte. Mit­unter wird auch ein großes Spitalmas genannt, von dem 39 ein Legel ausmachten[439], das also mit dem in der Lite­ratur genannten Spitalmas identisch sein könnte. Auch ein Legel zu 40 Mas kommt vor[440]. Ein weiterhin genanntes kleines Mas[441], das aus den 160 Mas eines würt­tembergischen Eimers 190 Mas machte, fand im Ausschank Verwen­dung. Freilich summierten die Schreiber stets nach einem einheitlichen System, in welches sie die unter­schiedlichen Angaben umrechneten. Durch den Übertrag von Ausständen und Resten blieb dieses von Jahrgang zu Jahrgang erhalten. Für die vorliegenden Berechnungen habe ich die bei Lutz überlieferte Landeich von 1,611 Liter benutzt.

 Umrechnungsfaktoren
 Mas/Legel in Liter 
 Rottenburg  1,54 
 Horb a.N.   1,61 
 Herrenberg  1,84 

In Herrenberg galt im Untersuchungszeitraum das württembergische Maßsystem: ein Fu­der enthielt sechs Ei­mer, ein Eimer 16 Imi und ein Imi zehn Mas. Bei Umrech­nungsangaben kam die übliche Veran­schlagung von 1,84 Liter je württem­bergisches Mas[442] zur Anwendung. Nachweise für das ehemalige Herrenberger Schank­mas tauchten in den Quellen nicht auf. Aus Gründen der An­schaulichkeit wurden Wein­mengen mitunter mit Hilfe der oben dargestellten Umrechnungsanga­ben in Liter umgerechnet. Entsprechende Angaben können jederzeit in die zeitgenössische Maßeinheit zurückgerechnet werden.

Für Öl findet sich in Rottenburg neben dem Pfund ein Flüssigkeits­maß Tonn, welches 30 Mas enthielt[443].

Bei den Getreidehohlmaßen galt in Rotten­burg ebenfalls das alte Tübinger Maßsystem, das nach 1557 unter der Bezeich­nung Rotten­burger Meß verwandt wurde[444]. Ein langes Mal­ter faßte 12 Vierteil. Im Zusammenhang mit Getreidehohlmaßen verwende ich die zeitge­nössische Schreibweise Vierteil. Das in Horb benutzte Malter enthielt nur acht Vierteil, je­des Vierteil vier Imi. In Herrenberg galten im Untersuchungszeit­raum die württembergi­schen Hohlmaße. Acht Simri gingen dabei in einen Scheffel. Der Rauminhalt von Getreidehohl­maßen richtet sich nach der Art der gemessenen Frucht. Das rauhe Malter für Dinkel und Hafer faßte in Rotten­burg 190,89 Liter[445], in Horb 129,38 Li­ter[446]. Berücksichtigt man den unterschiedlichen Gehalt an Vierteilen, so scheint die kleinere Einheit doch ziemlich ähnlich gewesen zu sein und in beiden Orten bei etwa 16 Litern gelegen zu haben. Angaben in den Horber Rechnungsbüchern und in anderen Quellen bestätigen ein Ver­hältnis von zwei zu drei zwi­schen dem Horber und dem Rottenbur­ger Hohlmaß[447]. Das glatte Meß füllten in Rottenburg 182,06 Liter Roggen oder Kernen[448], in Horb 124,43 Li­ter[449], wobei sich sehr grob wieder ein Verhältnis von drei zu zwei ausmachen läßt. Im Fall des Herrenberger Spitals rechne ich mit dem neuen württembergi­schen Landmeß, das seit 1557 galt[450]. Es kannte keinen Unterschied mehr zwi­schen rauher und glatter Frucht, für beide galt derselbe Scheffel von 177,22 Litern. Der Scheffel enthielt acht Simri, der Simri vier Vierling. Das Rottenburger Malter soll in etwa gleich groß wie ein württembergi­sches Scheffel gewesen sein[451].

Umrechnungsfaktoren Mtr/Sch = kg  
            Dinkel Roggen Hafer
 Rottenburg 81,13  132,50 83,36
 Horb a.N.  54,99   90,56 56,50
 Herrenberg 75,32  128,98 77,39

Nur aus Gründen der An­schaulichkeit habe ich in der vorliegenden Arbeit die für Le­ser des ausgehenden 20. Jahrhunderts abstrakten Größen der Frühen Neuzeit in heu­tige Gewichtsrelatio­nen umgerechnet. Diese Angaben sind jederzeit in die ursprünglichen Maße zurückre­chenbar, da sie mit Hilfe kon­stanter Faktoren gebildet wurden. Nur wegen dieser Möglichkeit und aus Gründen der besseren Anschaulichkeit habe ich mich zu die­sem an und für sich proble­matischen Schritt entschlossen. Zur Umrechnung von Getreidehohl­maßen in Gewichte lagen folgende Angaben[452] darüber zu Grunde, was je­weils ein Hektoliter der angegebenen Frucht in Kilo­gramm wog: Roggen 72,78; Hafer 43,67; Gerste 59,13; Dinkel 42,5; Kernen 77,3. Daraus ließen sich die entsprechen­den Umrech­nungsfaktoren von Mal­ter (Mtr) oder Scheffel (Sch) in Kilogramm (kg) errechnen:

Bei Gewichtsangaben wird, weil keine abweichenden Anga­ben zu fin­den waren, mit dem allgemein üblichen Pfund von 0,47 Kilogramm gerechnet[453]. Immer wenn von Pfund die Rede ist, ist also dessen hi­storischer Gehalt gemeint. Moderne Gewichte werden demge­genüber in Kilogramm angegeben.

Salzmengen ließen sich ich auf Grund der in den Rechnungsbü­chern vorhandenen Anga­ben nicht genau in heutige Maße umrechnen. Alle drei Spitalschreiber verwandten dabei als Hauptmaß die Scheibe. Sie soll ab 1557 einen Rauminhalt von 122,25 Liter gemessen haben. Bei einer heutzutage gemessenen spezifischen Dichte des Salzes von 2,16 Gramm je Kubikzentimeter ergäbe sich in etwa ein Gewicht von 264 kg je Scheibe. Dies kann aber wegen möglicher unterschiedlicher Be­schaffenheit des Salzes lediglich ein Anhaltspunkt sein. Verschiedene Unterteilungen finden sich in den Herrenberger und in den Horber Rechnungsbüchern. Eine Scheibe hatte demnach fünf Simri, 27,5 Vier­linge und 110 Vier­tel[454].

Auch Holzmaße beließ ich bei den in den Quellen benutzten Mengenangaben. In allen drei Orten war das Klafter üb­lich. Für Scheiterholz soll in Württemberg nach 1555 ein einheit­licher Raumin­halt von 3,38 Kubik­metern gegolten haben[455].

Zur besseren Veranschaulichung wurden Flächenmaße bei der Er­mittlung des Spitalbesit­zes in heutige Maße umgerechnet. Im Unter­suchungsgebiet fanden sich für Äcker die Größenangaben Jauchert und Morgen, wobei der jüngere Morgen etwa zwei Drittel eines Jau­cherts maß. In Rottenburg wie in Horb umfaßte ein Jauchert 225 Ruten. Die Rute rechneten Rottenburgs Bürger zu 16 Schuh, jene in Horb aber zu 13 Werkschuh[456]. Zeitge­nössisch[457] findet sich, bei Um­rechnungen in das Ehinger Maßsystem, ein Verhältnis von 1,06 zwi­schen dem größeren Rottenburger und dem kleinern Horber Jauchert. Wiesen wurden in Mansmad gemes­sen, wobei ein Mansmad einem Jauchert entsprochen haben soll. Zwischen Horb und Rottenburg fand sich dasselbe Verhältnis wie bei den Flächenan­gaben für Äcker. Bei Umrechnungen nahm ich für Rottenburg pro Jau­chert eine Fläche von 49,37 Ar an, für Horb 46,58 Ar, für das württembergische Herren­berg 47,27 Ar[458]. We­gen des eingeschränkten Gebrauchs dieser Umrechnungsanga­ben scheint mir eine aus­führliche Diskussion der Problematik derartiger Flächenberechnungen nicht zwingend zu sein.

Entwicklung der Währung

Zu den bestimmenden Faktoren für die Entwicklung der Preise und Löhne gehört der Geldwert. Deshalb ist es unumgänglich, der Unter­suchung von Preis- und Lohnreihen eine Untersuchung über die Ent­wicklung der Währung voranzustellen. Gleichzeitig stellen die landes­herrlichen Maßnahmen zur Stabilisierung ihrer jeweiligen Münzsysteme wichtige exogene Einflüsse auf die wirtschaftliche Konjunktur dar. Da­bei mußten wesentliche Teil­bereiche anhand von Quellen untersucht werden, weil eine eigentlich dringend benötigte ausführliche Geldge­schichte für das Untersuchungsgebiet, welche entsprechendes leistet, bisher noch fehlt. Die folgende Untersuchung soll also einen wesent­lichen Teil des Rah­mens klären, in welchem sich der Geldwert bil­dete. Dies, auch wenn später durch die Be­rechnung eines Gesamtin­dexes ein direkterer Weg zur Ermittlung des Geldwertes besteht.

Einzelne Autoren, allen voran Georg Wiebe[459], in jüngerer Zeit zu­sammenfassend Karl Erich Born, schrieben dem Wert des Geldes die entscheidende Bedeutung für die Geldverbilli­gung und damit gleich­zeitig für die Verteuerung der Waren im 16. und 17. Jahr­hundert zu. Grund für diese Geldverbilli­gung sei die gewaltige Zunahme der Edel­metallproduktion gewesen. Zwischen 1500 und 1600 soll sich das ver­fügbare Edelmetall verzehn­facht haben, während die Getreideproduk­tion stagnierte. Im Laufe der Zeit verän­derte sich das Verhältnis von Sil­ber- zu Goldmünzen wegen der unterschiedlichen Produk­tionsmengen weiterhin laufend. Im 15. Jahrhundert hatte Gold lediglich das 10-11fache von Silber wert, im 18. Jahrhundert bereits das 14-15fache[460]. Die Theorien über die Ursa­chen der Teue­rungen im 16. und 17. Jahr­hundert lassen sich im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht ab­schließend werten. Indessen zeigen die vorgetragenen Argumente in Ver­bindung mit dem enormen Geldbedarf der Staaten jener Zeit, welch entscheidender Fak­tor der jeweilige Geldwert war. Paradox er­scheint dabei auf den ersten Blick, daß sich trotz dieser Silber­schwemme der Edelme­tallgehalt der Münzen verringerte, ja, daß man­che Sil­bermünzen sol­chen aus Kupfer wichen. Hohe Staats­ausgaben waren der eine Grund für die Geldmin­derung. Der andere waren die hohen Produktionskosten für Münzen mit geringen Nennwerten. Solche Scheidemünzen, das Kleingeld der Zeit, benötigten die Teilnehmer am Marktgeschehen für den täglichen Gebrauch. Im Heiligen Römischen Reich legte das Münzedikt von 1559 einen so hohen Silbergehalt für kleine Münzen fest, daß die Münzstät­ten diese nicht mehr kostendec­kend produzieren konnten. Die Situation ver­schärfte sich noch, als ge­gen Ende des 16. Jahrhunderts der Silber­preis angesichts nachlassender Im­porte aus Südamerika wieder anstieg. Versilberte Scheidemünzen aus Kupfer dienten als Ersatz, wo­bei das Kupfer anfangs aus Mexiko und Peru, seit dem frühen 17. Jahrhun­dert dann vor allem aus Schweden stammte. Auch im Untersuchungsgebiet verschlechterten sich die Geldsorten noch vor Be­ginn des Dreißigjährigen Krieges, wie sich in den Grava­mina des Rottenburger Gemeindeausschusses von 1605 nachlesen läßt[461]: Rappen und an­dere böse Münzen würden einschlei­chen, so hieß es dort. Zwei Jahre später wiesen ober­österreichische Kommissare die Be­schwerden der Gemeinde darüber zurück, daß keine Früchte mehr auf ihren Märkten angeboten würden, dann sie der Herrschaft Undertho­nen zwingen wollen, bös Gelt zue nemen[462].

Zu den Methoden[463], die Dirlmeier diskutiert, um Währungs- und Preisentwicklungen be­obachten zu können, gehört die Um­rechnung von Geldbeträgen in eine zeitge­nössische überörtliche Währung. Diese zeitge­nössische überörtliche Währung war im Spätmit­telalter und in der Frühen Neuzeit der Gulden, sozusagen der Dollar des Spätmittelalters. Seit der Nürnberger Münzordnung des späteren Kaisers Ferdinand I.[464] von 1524 gab es den Silber­gulden als wirkliches Äquivalent zur Gold­münze[465]. Die Reichs­münzordnungen des 16. Jahrhunderts erhoben den silbernen Ta­ler zur Silbergrobmünze des Reiches und legten als allge­meine Rech­nungseinheit den silbernen Reichsgulden zu 60 Kreu­zern fest, der zwei Drittel eines Talers galt. Den Wert des Silbertalers paßte man jenem des Goldguldens an[466]. Diese Münze kursierte aller­dings fast nur in Süddeutschland, der Reichstaler hin­gegen im ganzen Reichsgebiet. Buchungstechnisch setzte sich die Rechnungswährung Gul­den allerdings erst nach und nach durch. Im Untersuchungsgebiet wurde noch bis zu Be­ginn des 17. Jahrhunderts mit dem Pfund ge­rechnet. Die Umstellung von der einen auf die andere Einheit fand also während des Untersuchungszeitraumes statt.

Der Schreiber des Rottenburger Spitals rechnete im 16. Jahrhundert noch mit Hilfe eines Rechnungssystems, welches nominell das Pfund Heller als Einheit hatte, so daß hier die Ordnung von 1559 also zunächst noch außer Betracht blieb. Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Jahr 1605 bilanzierte der Spitalschreiber nach einem Rechen­system, welches bereits nominell die Guldenwährung zugrunde legte, wobei aber Pfund und Gulden gleichwertig nebeneinander standen. Seit 1609 waren die Rechnungsbücher dann ausschließlich auf die Basis der Gulden-Rechnungseinheit zu 60 Kreuzern gestellt. Sie bildete die allgemeine Bewertungsgrundlage für die vielen im Umlauf befindlichen Münzen einheimischer und fremder Herkunft, deren Kurswert obrig­keitlich bestimmt wurde. Andererseits ermöglichte sie es, die Parallel­währung von Gold und Silber einigermaßen systematisch zusammenzu­halten und somit insgesamt, eine geordnete Finanzverwaltung durch­zuführen[467]. Pfundbe­träge rechnete der Schreiber nach einem festen Verhältnis in Gulden um: ein Gulden zählte 375 Heller oder ein Pfund 11 Schilling drei Heller. Un­terteilungen des Gulden in 15 Bat­zen oder 25 Blappert kamen vor. Das Rechnungspfund faßte 20 Schil­linge, der Schilling 12 Heller. Im Falle des Horber Spitals, dessen erstes Rechnungsbuch für das Jahr 1607 er­halten ist, galt durchweg die Gulden-Rechnungseinheit, wobei in Ein­zelfällen der gleiche Um­tauschkurs für das Pfund Heller wie in Rottenburg zur An­wendung kam. In Herrenberg hingegen hielt sich die Rechnungsein­heit Pfund Heller etwas länger. Hier wurde, wie auch andernorts im Her­zogtum Württemberg, erst vom Rechnungsjahr 1626 an auf den Rechnungsgul­den umgestellt. Die spätere Umstellung und wohl auch die unter­schiedliche Landeswährungsmünze[468] hatten einen anderen Wechselkurs als im Hohenber­gischen zur Folge: 5,6 Heller machten einen Kreuzer aus, 336 Heller einen Gulden.

Die Kaufkraft des spätmittelalterlich-frühneuzeitlichen Münzgeldes war im Wesentlichen durch den Gold- und Silbergehalt der einzelnen Münze, ihren inneren Wert sozusagen, be­stimmt. Dieser änderte sich jedoch ständig. Dieses Problem kommt insbesondere seit den 1620er Jahren zur Gel­tung. Im Untersuchungszeitraum ereignete sich nicht nur die Währungsum­stellung von Pfund zu Gulden, sondern vor allem auch die nachhal­tigste Teuerungskrise der Frühen Neuzeit, die Kipper- und Wipperin­flation. Mit Kippen war das Beschneiden der Münzen, mit Wip­pen das Aus­wägen der schweren Stücke zum an­schließenden Verrin­gern gemeint. Beide Methoden zur Minderung des Gehalts an Edel­metall hatten bereits mit der landesherrlichen Produktion von unterwer­tigen Scheidemün­zen[469] begonnen. Durch den Ausbruch des Dreißig­jährigen Krieges und durch den damit verbundenen Geldbedarf nahm diese Produktion über­hand. Die bereits weiter oben angespro­chene Kupfergeldinflation ver­schärfte Kaiser Ferdinand II. (1619-1637) noch. Am 22. Januar 1622 gab er selbst den Anstoß zur Auswei­tung einer bis dahin gedämpften Ent­wicklung, als er mit einem Kon­sortium um den Finanzmann Wallensteins, Hans de Witte, einen Münz- und Pachtvertrag auf ein Jahr abschloß. Diesem Vertrag ge­mäß überließ der Kaiser dem Konsortium praktisch die Vermarktung seines Münzre­gals und die Verwertung der Silbererträge seiner Erb­lande um sechs Millionen Gulden. Das war sechs Mal mehr, als er selbst zuvor aus seinem Regal gewonnen hatte. Das Konsortium be­trieb seitdem die Münzproduktion mit deutlichen Gewinnabsichten. Es minderte den Sil­bergehalt weiter[470]. Eine Fülle min­derwertiger Teilmünzen – im Sprach­gebrauch des 17. Jahrhunderts schlech­ter und böser Geldstücke – entstand, das typische Symptom der Währungskrise jener Zeit[471]. In Österreich stieg der Wert des Reichstalers von 180 Kreu­zern im Jahr 1620 auf 1000 Kreuzer im Herbst 1622. In beiden Kreuzermengen war das Silbergewicht eines einzi­gen Reichstalers ent­halten. Auch die anderen Reichsstände konnten diesem Sog des schlechten Geldes nicht standhal­ten. Der Dreißigjäh­rige Krieg brachte einen enormen Geldbe­darf mit sich, gleichzeitig gin­gen die Erträge aus den Silberbergwerken zurück. Gute Münzen hiel­ten deshalb als Münzmetall für eine größere Menge minderwertiger Prä­gungen her. Län­der, die zunächst noch höher­wertige Geldstücke prägten, mußten zusehen, wie ihr Edelme­tall in benachbarte Territorien abfloß, um dann in Form minderwertiger Währungen zu­rückzukehren. Dagegen half auch kein Export­verbot. Wer nicht den Verlust seines Edel­metalls zugunsten umliegender Territorien hinneh­men wollte, sah sich seiner­seits zur Her­ausgabe von Kipper­münzen gezwungen. Einige Reichs­stände verdienten wohl auch ganz ordentlich an diesen Verhältnissen, so die kleinen Hohenlohischen Häuser, die zusammen zehn Münzstätten betrieben; in derselben Zeit prägten für Sachsen lediglich neun. Auch das Herzogtum Württemberg ließ in Stuttgart und Tübingen schlechtere Münzen schlagen. Dem Trend der Zeit gemäß richteten die Herzöge 1622 in Christophstal eine stillgelegte Münzstätte wieder ein. Bevorzugt Drei- und Sechs­batzenstücke verringerten die verschie­denen Inhaber der Währungsho­heit. Da­durch wurden die alten, bes­seren Münzgattungen auf unge­heure Preise ge­steigert. Schließlich blieb so wenig Silber in den Schei­demünzen, daß einige von ihnen zu reinen Kupfermünzen verkamen und Kupfer sehr begehrt wurde. In Württemberg soll kein Kupfer­kessel in den Wasch­häusern mehr si­cher gewesen sein[472]. Gleichzeitig trieb die Münzver­schlechterung den Wert aller Waren und Dienstlei­stungen in die Höhe, weshalb schließlich viele Geschäfte nurmehr als Warentausch zustande ka­men. Abhilfe brachten nach und nach der Verruf und die Konfiskation der schlechten Sor­ten. Sie galten nicht länger. Für Württemberg und angrenzende Gebiete diente noch 1629 ein in Freu­denstadt errichteter Treibherd[473] zur Reinigung des Edel­metalls.

Der Preissteigerung und ihren schädlichen Folgen rückten die Landes­herren durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen zu Leibe. Ausfuhr­verbote, Tax­ordnungen und Münzedikte gehörten zu ihrem währungs­politischen Programm[474]. Für den Un­tersuchungsraum gewan­nen insbe­sondere die Münzedikte des Rei­ches, der drei korrespondierenden Kreise[475], des Schwäbischen Kreises sowie der Territorien Württemberg und Hohenberg eine besondere Bedeu­tung[476]. Die Verordnungen beider Territorialherren kennzeichnet dabei, ähnlich wie bei den später behan­delten Tax­ordnungen, die parallele Entwicklung. Diese ist nicht zufäl­lig, sondern beruht auf den Absprachen in übergeordneten Gremien des Reiches und vor allem des Schwäbi­schen Kreises. In der Regel reagierte dann Württemberg zuerst auf Kreis- und Reichsab­schiede, während die österreichischen Länder kurz darauf nachzogen. Seine er­sten, das Münzwesen im Untersuchungszeitraum betreffenden Punkte, verabschie­dete der Schwäbische Kreistag am 21. März 1622 in Ulm[477]. Da­mals ging es neben allge­meinen Strafandrohun­gen und Verfahrensfra­gen, für deren Erörterung hier nicht der Platz ist, um die Herabset­zung der Drei- und Sechsbatzen-Stücke. Sie waren als Scheidemünzen von der Münzverschlechterung of­fensichtlich besonders betroffen.

Auf Abschiede des Schwäbischen Kreistages[478] reagierte ein fürstlich württembergisches Münzedikt am 23. August 1623. Daran war gleich­zeitig eine Ta­xordnung angeschlossen[479]. Neben Drei- und Sechsbat­zenstücken wertete das Edikt insbesondere die Hohenlohischen Drei­kreuzerstücke ab und legte die Währungsverhält­nisse der großen Münzsorten fest. Vor allem aber mußte der württembergische Herzog seine eigenen Prägungen, etwa den Hirsch­gulden (abgebildet waren auf der einen Seite das herzogliche Wappen, auf der an­deren ein Hirsch), stark reduzieren, auf nur noch zehn Kreuzer, also auf ein Sechstel des Nennbetra­ges. Mit diesem Münzedikt verband der Fürst die For­derung, weil es natürlicher Billichkeit wol gemäß ist, daß sich die Wahr nach dem Geld richte, und da dises abgesetzt, je­niges mitfolgen solle. Waren und Arbeit sollten höher nicht geben, gehalten, belohnt, oder be­zahlt wer­den…, als wie eines und anders vor der Zeit, da das Geld in unserm Herzogthum in ob­gesetztem Werth des Thalers zu anderthal­ben Gulden in gemeinem Lauf golten, verkauft und bezahlt worden. Strenge Strafen bis hin zum Verweis außer Landes drohte dieses her­zogliche Edikt an. Gleichzeitig verbot es den Export jeder Art von Silber. Ent­scheidend wirkte dem Währungszerfall indessen erst ein kaiserliches Patent vom 11. Dezember 1623 entgegen[480]. Es setzte die Kippermünzen auf ein Achtel ihres Nennwertes herab. Auf die späteren Münz-Probations-Tage in Augsburg und Regens­burg reagierte das Herzogtum am 12. Juni 1626 mit einer Münzver­ordnung[481] zum Schutz gegen einige schlechte Sorten. Zum Ende der Regie­rungszeit Herzog Johann Friedrichs (1608-1628) führten die dra­stischen Maß­nahmen denn auch insoweit zu einem Erfolg, als die Währung wieder einigermaßen sta­bilisiert war. Nach Kriegsende folgte ein weiteres Edikt am 25. Februar 1658[482]. Zwar verhin­derte die weitergehende Kriegfüh­rung in der Folgezeit eine wirkliche Konsolidie­rung der Währung, im­merhin je­doch blieb sie einigermaßen stabil. Eine weitere Devaluie­rung 1665 ließ sich indessen nicht vermeiden[483]. Am Ende des Untersu­chungszeitraumes setzte dann die zweite Kipperzeit 1675 ein, die sich bis 1695 hinziehen sollte[484].

Entsprechende Münzordnungen für Vorderösterreich begleiteten die württembergischen und damit jene auf Kreis- und Reichsebene. Eine Verordnung der österreichischen Obrig­keit redu­zierte be­reits am 14. Juli 1623[485] bestimmte Münzsorten auf alten Valor. Aber erst eine Woche nach dem ersten württembergischen Münzedikt ließ Erzherzog Leopold von Österreich am 29. August 1623 für seine Vorderöster­reichischen Lande und für das Elsaß eine gleich­artige Verordnung fol­gen[486]. Gleich wie in Württemberg begleitete auch das vorder­österreichische Edikt eine Taxord­nung[487]. Ihrzufolge sollten alle Preise auf ein Vier­tel des Ausgangswertes reduziert werden, aller­dings nach jedes Orts Gelegenheit, da ja die verstreut gelegenen vorderösterrei­chischen Lande mit unterschiedlichen wirtschaftlichen Ge­gebenheiten zu tun hatten.

Schon dieser kurze Abriß der den Untersuchungsraum beeinflussenden territorialfürstli­chen Münzedikte zeigt deutlich, wie sehr der Geldwert im Fluß war. Besonders für die von der Kipper- und Wipperkrise geprägte Periode muß im Untersu­chungsraum mit starken Währungs­turbulenzen gerechnet werden. Dies spiegelt sich in den untersuchten Rech­nungsbüchern wieder. Bei den unter­suchten Rechnungsbüchern buchten die Schreiber wie bereits ausgeführt teils mit Rech­nungsgulden, in Herrenberg noch mit dem Pfund, welches aber in ei­nem festen Verhältnis zum Gulden stand[488]. Rottenburg und Horb wurden als be­deutendste Städte der Herrschaft Hohenberg, die seit 1381 dem Haus Habsburg gehörte[489], von Inns­bruck aus währungspoli­tisch verwaltet. Daher gewinnt die österreichi­sche Münz- und Geldge­schichte für beide Orte entscheidende Bedeu­tung[490]. Die beiden ho­henbergischen Spi­täler gaben einge­nommene Münzen schlechter Sorten zu Beträgen teils unter Nenn­wert weiter, teils mußten sie diese in herzogliche Münzstätten zum Umschmel­zen liefern. Dabei folgten sie einfach den entsprechenden Edikten und Verordnungen des Territorial­herren, des Kreises und des Reiches. In solchen Fällen notierten die Schreiber im Rechnungsbuch den nominellen Wert, zu dem sie Mün­zen eingenommen hatten und jenen, zu dem sie sie wieder ausgaben, behielten fiktiv also die bisherige Rechnungswäh­rung bei und behan­delten ab- oder aufgewertete Geldstücke wie ausländische. Diese wur­den bereits früher gemäß den obrigkeitlich festgelegten Wechselkursen umgerechnet. Der Verlust, sofern Münzedikte sich auf Bargeldbestände auswirkten, taucht als gesonderte Ausgabe auf. Viele Ausgaben der 1620er Jahre nennen in dieser Weise, neben der Menge gekaufter Waren oder Dienstlei­stungen, auch den dafür in Münze entrichteten Betrag und schließlich den hierfür vom Verkäufer akzep­tierten Wert. Die Rechnungseinheit machte die Geldentwertung also nicht mit, son­dern behielt das alte Niveau. Dies traf den Rotten­burger Spital, der zu Beginn der Kipper- und Wipperzeit auffällig hohe Bargeld­bestände in seinen Kassen hatte, besonders hart. Bei Gesamteinnahmen in Höhe von 8531 Gulden verlor er 1654 Gulden durch die Entwertung. Die in der folgenden Tabelle wiedergege­bene Bewertung ist dem Rechnungsbuch des Jahres 1623 direkt entnommen. Sowohl die Anga­ben über den Wertverlust je Stück als auch über den gesamten Ver­lust stammen dar­aus.

Devaluierungsverluste des Rottenburger Spitals 1623      
 Münzsorte        Stück   Wert je Stück bei der  Verlust  
                           Einnahme  Ausgabe           
 Reichstaler     214      6 fl      1,5 fl     923 fl  
 Silberkronen     33      5 fl       26 Bz     171 fl  
   und „königi-                                        
   sche Taler“                                         
 Dukaten          45      9 fl      2fl 20xer  300 fl  
 Hirschgulden    406      10 Bz       2 Bz     216 fl  
                                                32 xer 
 Sechs- und                6 Bz       4 xer     44 fl  
   Dreibätzer               3 Bz       2 xer            
 Summe                                        1654 fl  
                                                32 xer 

Auffällig sind die hohen Bargeldbestände in der Kasse des Spitals. Sie rührten offenbar von den in diesem und dem vorigen Jahr außerge­wöhnlich umfangreichen Frucht- und Weinver­käufen her, bei denen die Anstalt von der Teuerung profitiert hatte. Völlig außer Kraft ge­setzte und verbotene Münzsorten mußte der Rottenburger Spital 1624 zum Um­schmelzen nach Freu­denstadt fahren[491], wo Württemberg einen Treibofen eingerichtet hatte. Interessant ist die damals in Münzange­legenheiten doch recht weitgehende Koopera­tion der beiden Stände Vor­derösterreich und Würt­temberg. De­ren Grundlage bot die Zusammenarbeit im regionalen Rahmen.

Während beim Rottenburger Spital die Münzentwertung in aller Regel als außerordentli­che Ausgabe verbucht wurde, erfaßte der Schreiber des Horber Spitals derartige Verluste rech­nungstechnisch oft nicht so exakt. Vielmehr notierte er sie häufig dann, wenn er die schlechten Münzsorten ausgab, als Begründung für die hohen Kosten. Dies macht es nicht möglich, für die Horber Anstalt Verluste als Folge von Währungsumstellungen anzusetzen. Indessen fehlt es auch hier nicht an Ein­zelnachrichten.

Devaluierungsverluste in Rottenburg  
JahrWährung                   Verlust
1623Reichstaler, Dukaten,    1654 fl 
   Silberkronen, Hirschgulden    32 x
162413 Lot Kleinmünzen       46,5 fl 
   Wert: 219 Gulden                 
1626Halbbatzen, Alte         65 fl   
   Straßburger Pfennige             
1662Churer Pfennige,         7 fl 25 x
   Heidelberger Sorten              

Beispielsweise bezahlte der Spital sei­nen Dreschern im Jahr 1622 zwei Reichstaler, die er für 20 Gulden eingenommen hatte, die aber jetzt jeweils nur noch sechs Gulden wert wa­ren, so daß der Spital acht Gul­den verlor[492].

Währungsentwicklung im Untersuchungsgebiet[493]
 Münze         1618      1622       1623   
                        Mrz 21   Aug 23/29
             3 Kreise    Kreis   Württ/VÖ 
 Reichstaler   1/32      8/-       1/30   
 Guldentaler             7/-       1/20   
 Philippstal.             8/30       1/40   
 Goldgulden    2/-       9/45      1/44   
 Dukaten       2/32     12/-       2/20   
 Hirschgulden                       -/10   

Gleichzeitig wurden diese Verluste damals noch bei den allgemeinen Ausgaben zusammen mit weiteren, insgesamt 15 Gulden 15 Kreuzer ab­geschrieben[494]. Ein Jahr später mußte er 499 Gulden abschreiben[495]. 1623 und 1624 werden Ver­luste durch die Geldentwer­tung un­ter der Rubrik Abgänge ver­bucht[496]. Interessant ist, daß im Falle Horbs die Stadt ihren Spi­tal zur Sanierung des ei­genen Kassenbestandes herange­zogen zu haben scheint: Item so hat die Statt vor disem bei dem hohen Müntzwesen dem Spital fürgestreckht und gelihen gehabt 1520 fl 24 xer, welche der Statt hievor widerumb gut gemacht worden, bis an sechzehen Duca­ten, jede zue 20 fl böß Geldt gerechnet, thut 320 fl. Seithero aber namblich den 30. Novembris Anno 1624 der Statt in guetem Geldt allein für 40 fl 6 xer verraith werden müessen, derowe­gen geht ab 279 fl 54 xer. Auch der alte Spitalmeister hinterließ bei seinem Abzug allerhand bö­ses Geld in der Kasse. Böses Geld von Zinspflichtigen, das nicht mehr rechtzei­tig vor der Außerkraftsetzung verrufener Münzsorten hatte ausgegeben werden können, mußte in Freudenstadt eingeschmolzen wer­den. Also auch in Horb behielt der Rechnungsgulden sein Niveau und behandelte in Edikten erfaßte Währungen demgemäß wie ausländisches Geld.

Devaluierungsverluste in Horb      
JahrWährung                   Verlust
1622Reichstaler              15,25 fl
1623Hechinger Sechsbätzer, Straßburger Dreibätzer   499 fl  
1624Dukaten                  279 fl 54 xer
1624Böses Geld des Spitalmeisters   221 fl 52 xer
1624In Freudenstadt eingeschmolzen   131 fl 48 xer

In Herrenberg stellt sich das Phänomen der Geldentwertung prinzipiell gleich dar. Aller­dings lassen sich die Informationen durch Nachrichten aus dem Jahr 1622 erweitern. Da­mals konnte der Spital noch ge­meine Einahmen als Ge­winn aus der Währungsentwicklung verbuchen, weil die gröberen Silber- und Goldsorten vor allem im Verhältnis zur Schwemme minderwertiger Scheidemünzen gewaltig stiegen. Gemäß den Abschieden des Schwäbischen Kreises, welche auch Herzog Leopold für seine vorderösterreichischen Län­der umsetzte, vollzog der Schreiber verordnete Umstellungen nach. Damals konnte der Kassenbestand an großen Geldsorten vorerst einen buchungstechnischen Gewinn sichern. Ein Jahr später litten aber auch die Herrenberger unter dem Wäh­rungsverfall. Der Schrei­ber listete beispielsweise bei den Viehverkäufen des Jahres 1623 die eingenommenen Be­träge auf und gab zusätzlich den Geldwert an. Ein Milchkalb, welches ein Achtguldenstück einge­bracht hatte, taucht im Buch nur noch mit einem Gulden und 20 Kreuzern auf, weil jenes keinen größeren Wert mehr hatte. Freilich war bereits beim Kauf der geringere Wert berücksichtigt, also auf die Rechnungseinheit umgerechnet worden. Insgesamt behielt folglich auch Herrenberg seine in Gebrauch befindliche Rechnungseinheit bei. Als Beleg dafür dient unter anderem auch die kontinuierliche Übernahme von dem am Rechnungs­ende gebuchten Überschuß in den beim Rech­nungsanfang des folgenden Jahres verbuch­ten eingenommenen Rest. Weil sowohl für Hohenberg als auch für Württemberg die Edikte des Schwäbischen Kreises für Veränderungen der Währungen verantwortlich wa­ren, gab es zwischen den untersuchten Objekten in dieser Hinsicht keine unterschiedlichen Entwicklungen. Alle drei Spitäler behielten ihre bisherige abstrakte Recheneinheit bei. Es hing vom Zufall ab, ob die Anstalten Geldbeträge wegen der Münzturbulenzen einbüßten. Hatten sie größere Bargeldbestände an entwertetem Geld, so traf sie dies besonders hart.

Währungsgewinne des Herrenberger Spitals 1622        
 Münzsorte        Stück   Wert je Stück bei der Buchungsgewinn
                           Einnahme  Ausgabe    
 Dukaten          18      137 fl    165 fl    28 fl    
 Goldgulden        5        2,5 fl    6 fl    19 fl 10 xer
 Dukaten          10      3 fl 5 Bz 9 fl 5 Bz 96 fl    
 Summe                                        143 fl 10 xer

Die Währungsturbulenzen des beginnenden 17. Jahrhunderts wirkten sich auf die drei un­tersuchten Spitäler also in prinzipiell gleicher Weise aus. Bei der Bildung von Preis- und Lohnreihen müssen diese Einflüsse deshalb zwar als exogene Faktoren beachtet, jedoch im Hin­blick darauf, daß sämtliche Schreiber der unter­suchten Spitäler ihre Bücher in einem abstrakten Rechensystem führ­ten, nicht einberechnet werden. Maßgeblich für die Bildung der Reihen waren ja die in den Büchern veranschlagten Mengen und Ausgaben, nicht je­doch die no­minellen. Währungspolitische Entscheidungen wirkten sich folglich in erster Linie, wie oben dargestellt, als Abschreibung von Dif­ferenzbeträgen aus. Dies beson­ders während der Jahre 1622 bis 1626. Daß über diese unmittelbaren Effekte hinaus der Geld­wert schwankte und sich die Währungspolitik letztendes auch stabilisierend auf seine Ent­wicklung auswirkte, wird sich weiter unten zeigen.

V. Kriegseinflüsse auf die Konjunktur

Bevor die wirtschaftliche Entwicklung in der Frühen Neuzeit, wie sie sich anhand einer Auswertung des Rechnungsbücher dreier Spitäler darstellt, analysiert werden kann, ist noch das be­griffliche Instrumentarium für diese Untersuchung zu klären. Mit welchem Vo­kabular und mit Hilfe welcher Theorien lassen sich wirt­schaftliche Entwicklungen in der Frühen Neuzeit gut beschreiben? Läßt sich dabei die mit einem be­stimmten zeitlichen Ho­rizont verbun­dene Formelsprache der Wirtschaftswissen­schaften so extensiv auf die Inter­pretation historischer Quellen an­wenden, wie dies die amerikani­sche New Economic Hi­story so weit­gehend tut[497]? Oder sollte doch etwas zurückhaltender vorgegangen werden? Für das Anliegen kommen zunächst einmal die Theorien von Kon­junk­tur und Krise in Be­tracht[498]. Schließlich wird der Unter­suchungs­zeitraum durch die allgemeine Wirt­schaftskonjunktur und durch mindestens drei voneinander abhängige Krisen beeinflußt: die Geldinflation, Seu­chenzüge und den Dreißigjährigen Krieg.

Ausgelöst haben die Diskussion um Konjunkturen Absatz­stockungen während der napo­leonischen Epoche. Erklärt werden sollte damals, wie eine allgemeine Über­pro­duk­tion entstehen kann. Einen enormen Auf­schwung erlebte die Theorie dann während der Weltwirtschafts­krise in den 1920er und 1930er Jahren. Entscheidend wurde schließ­lich die von John Maynard Keynes 1936 formulierte Theorie. Hinter dieser Begriffsbildung stand das Interesse, Gesetzmäßigkeiten in der wirt­schaftlichen Entwicklung zu formulieren.

Der für die vorliegende Untersuchung gewählte Untersu­chungszeitraum liegt eigentlich vor der von den Wirtschaftswis­senschaften mit Hilfe des Konjunktur­begriffs ins Auge ge­faßten Ent­wicklungsstufe des Hoch­kapitalismus[499]. Doch lassen sich deren Prin­zipien teil­weise auch sehr sinnvoll auf frühere Zeiträume anwenden. Schumpeter gehört zu jenen, die den Urprung von Konjunkturen schon in vorkapitalisti­scher Zeit sehen. Die Vorgeschichte des Kapita­lismus sei von Krisen geprägt, die durch exogene Einflüsse, zum Beispiel Seu­chen und Kriege, ausgelöst wurden. Spiethoff spricht die­sen Vorgängen indessen den Cha­rakter der Krise ab, da er als solche nur Spekulationskrisen akzeptiert. Viel­mehr handle es sich um Klemmen. Vor allem aber ist es die von Wilhelm Abel ge­prägte Theorie der Agrar­konjunktur[500], welche Metho­den und Voka­bular der allgemeinen Kon­junk­tur­theo­rie auch auf vorka­pitalistische Wirtschaftsweisen anzuwenden versucht. In diesem Sinne greift auch die vorliegende Arbeit auf dieses Instrumen­tarium zurück.

Die empirische Konjunkturforschung geht deskriptiv vor, meist durch die Analyse von Kur­venbildern. Untersucht werden alle Abweichungen realer, das heißt preisbereinigter, Werte von ihrem Trend, also von der langfristigen Richtung der Entwicklung. Dynami­sche Modelle nach Keynes berücksichtigen den Zeitfaktor: Das Ge­schehen wird in eine Reihe von Perioden aufgespalten, wobei die Veränderung bestimmter Variablen aus Verände­rungen von Variablen in einer früheren Periode erklärt werden. So läßt sich ein mehrere Peri­oden übergreifender Prozeß ableiten. Für Kausalerklärungen ist man allerdings auf die Theorie angewiesen, da Experimente in den Wirtschaftswissenschaften prinzipiell nicht möglich sind.

Die Abweichungen vom überlagernden Trend, also aufsteigende oder absinkende Kurven (Residuen), sind oft nicht nur eine Folge der als wirtschaftsendogen aufgefaßten Konjunk­tur, sondern auch sonstiger Einflüsse. Deshalb wird in der Konjunkturforschung zwischen exogenen und endogenen Theorien unterschieden. Häufig dient das Bild von ei­nem Schau­kelstuhl zur Erklärung. Dessen Bauweise ist be­stimmt durch gleichbleibende, endogene strukturelle Faktoren, die den Bewegungsab­lauf schon prädis­ponieren. Bei Wirtschaftsmo­dellen geht es um die Erfassung der strukturellen Faktoren, also um die Bauart des Schau­kelstuhls und um den Kernprozeß[501], mitunter werden dafür psycholo­gische Momente ge­nannt.

Ein äußerer, exogener Anstoß (Impuls, eine stochastische Kompo­nente) setzt den Schaukel­stuhl in Bewegung, andere Impulse können die Be­wegung verändern. Dabei spielen Fakto­ren der Selbstverstärkung und Faktoren der Richtungsänderung eine Rolle[502]. Solche Fakto­ren las­sen sich bei der Zeitreihenanalyse in Trendkompo­nente, Saisonkompo­nente und ir­reguläre oder stochastische Komponente gliedern[503]. Der Trend wird durch langfristige Ein­flüsse auf die Zeitreihe bestimmt, wobei verschiedene Theorien, etwa diejenige Wilhelm Abels vom Be­völkerungswachstum, die Preis- und Lohnentwicklung auch der Frühen Neu­zeit zu erklären versuchen. Mit Saisonkomponente sind regelmäßig wiederkehrende Resi­duen ge­meint, die ihre Ursache etwa in einer be­stimmten agrarischen Wirt­schaftsweise ha­ben können. Zum Beispiel lassen sich bei der Unter­suchung von Erträgen der Getreide­ernte im Untersuchungsraum stets dreijährige Zyklen ausmachen, die eine Folge der Drei­felderwirtschaft sind. In gleicher Weise läßt sich für die vor­industrielle Zeit regel­mäßig eine Verteuerung der Brotpreise vor Beginn der Ernte feststel­len. Den Untersuchungszeit­raum prägen indessen auch viele irreguläre Komponenten, also Entwicklungen der Resi­duen, die einen oft einmali­gen und zufälligen, jedenfalls unregelmäßigen, Charak­ter ha­ben. Sie können beispiels­weise die Folge von Kriegen, Seu­chenzügen oder Un­wettern sein. Weil Konjunkturschwankungen das Schicksal einer Volkswirt­schaft bis in ihre feinsten Verästelungen hinein bestimmen, kann um­gekehrt – ganz im Sinne semiotischer Theorien – aus Zeitreihen auf die überge­ordneten Vorgänge geschlossen werden. In der vorliegenden Untersu­chung lassen sich allerdings kaum Ergeb­nisse zur allgemeinen Kon­junkturforschung erwarten, da der Beobach­tungszeitraum zu kurz ist, um regelmäßige konjunkturelle Schwankun­gen in ihrer Regelmäßigkeit beobachten zu können. Es wird also nicht eigentlich um die Bauart des Schaukelstuhles gehen, sondern um die ihn bewegenden Faktoren samt deren Auswirkungen in einer Zeit äußerst abwechslungsreicher historischer Ereignisse. Zu diesen Faktoren zählen, neben der bereits im Vorgriff mit dargestellten Währungsent­wicklung, der Erntezyklus, Kriegseinflüsse und staatliche Eingriffe in das Preisgefüge. Sie und damit der Rahmen der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Untersuchungsgebiet werden im folgenden un­tersucht. Erst im Anschluß an die Behand­lung der Rahmenbedingun­gen können dann deren Einflüsse auf die Preise und Löhne be­handelt werden. Ein weiterer, bereits oben genannter wesentlicher Faktor für diese Ent­wicklung konnte wegen fehlender Quellen nicht ausführ­lich untersucht werden, die Bevöl­kerungsentwicklung. Soweit dazu In­formationen vorliegen, werden sie in spätere Kapitel miteinbezo­gen werden.

Kriegswirkungen

Zu den exogenen Faktoren, welche die wirtschaftliche Konjunktur nachhaltig störten, ge­hört der Dreißigjährige Krieg. Dabei sind es ei­nerseits Kriegszerstörungen, die Preise und Löhne beeinflußten. Nach dem Durchzug einer Armee konnten Felder verwüstet, Getrei­despeicher ge­plündert, Ställe leergeraubt und Arbeitskräfte getötet sein. Diese Einflüsse auch auf den Erntezyklus werden im nächsten Kapitel aus­führlicher dargestellt. Aber auch wenn es nicht zu äußersten Gewalt­tätigkeiten und Raubzü­gen kam, so traten die Heere doch zumindest als Nachfrager auf, verengten somit den Nahrungsmittelspielraum und ver­teuerten die Preise. Insofern muß eine Untersuchung der Lebens­verhältnisse in den Jahren 1590 bis 1674 Einflüsse des Krieges unbe­dingt berücksichtigen[504].

Vor allem das Stadtarchiv Herrenberg bietet für eine Untersuchung der lokalen Kriegswir­kungen hervorragendes Material. In erster Linie konnte für diese Stadt auf die Chronik des einstigen Vogtes Hess[505] zurückge­griffen werden, deren Wert ein Vergleich mit den Kontributionsrech­nungen der Stadt[506] erwies. Für Rottenburg gibt es kein vergleichbares Material und in Horb ist das städtische Archiv wegen fehlender Betreuung nicht benutz­bar[507]. Allerdings fanden sich im Hauptstaatsarchiv Stuttgart aussagekräftige Quellen auch für die Horber Kriegsbelastungen, wobei diese indessen keinen vollständigen Überblick bieten. Zusätzlich weisen im­mer wieder Einträge in den Spitalrechnungen auf die Kriegsla­sten auch der beiden hohenbergischen Orte hin. Deshalb soll im folgenden die Situation in Herrenberg als beispielhaft für das Schicksal einer Stadt im Dreißigjährigen Krieg darge­stellt werden. Daneben stelle ich die Erkennt­nisse über Horb und ergänze die Darstellung durch Ein­zelnachrichten aus Rottenburg. Da die drei Städte unmittelbar be­nachbart wa­ren, ist davon auszugehen, daß viele kriegerische Ereig­nisse, die Herrenberg und Horb heimsuchten, sich bis nach Rotten­burg aus­wirkten.

Betrachtet man die vier Phasen des Dreißigjährigen Krieges[508], so blieb der deutsche Süd­westen vom böhmisch-pfälzischen Krieg (1618-1623), vom niedersächsisch-dänischen Krieg (1625-29) und auch noch die längste Zeit über vom schwedischen Krieg (1630-35) ver­schont.

Kriegslasten Herrenbergs im Dreißigjährigen Krieg (1)[509]  
1622 Apr 22   Landesauswahl in Herrenberg                  
1626          Herrenbergische Miliz                        
1629          Musterung in Herrenberg                      
1630 Jan 14   Quartier: Wallensteins                       
     – Mai 20           Leibgarde                          
1631 Mai 10   Generalmusterung                             
            Quartier: Baliranisches Regiment            
1632          Auswahlen                                    
1633          Auswahlen                                    
1634          Auswahlen                                     
     Sep 11 – Sep 13   Plünderung Herrenbergs                        durch 200 Reiter de Werths                    Salvagarde: Lothringische                     und Neuneckische sieben Wochen                Quartier: Fuggerische, Öppische,              Reinachische 22 Kompanien 8,5 Wochen          Tote: 159                                    

Manchmal erlitten die Spitäler Verluste, wenn Gültpflichtige in den Krieg zogen[510], Kosten entstanden außerdem für durchziehende Vertrie­bene, auf die die Spitäler ihren sozialen Auftrag ausdehnten[511]. Nur selten aber kam es vor 1634 zu kriegerischen Handlungen. Im Kir­schenkrieg versuchte Württemberg 1631 gegen die kaiserliche Restitu­tionspolitik Wider­stand zu leisten, unterlag aber im Juli gleichen Jah­res. Vom 10. bis 15. Juli plünderten dar­aufhin kaiserliche Truppen auch im Untersuchungsgebiet, wobei das württembergische Herrenberg we­sentlich stärker in Mitleidenschaft gezogen wurde, als die hohenbergi­schen Orte, die ja zum Gebiet des siegreichen Österreich gehörten. Im September 1632 kehrte sich dann das Blatt um, als die Schweden siegreich vorrückten. Diese Gelegenheit nahm der württem­bergische Herzogsadministrator Julius Friedrich (1631-33) wahr und ließ sich von den Schweden im Oktober 1632 unter anderem die Grafschaft Hohenberg schenken. Oberst Rau rückte daraufhin in diese ein und besetzte sie militärisch[512]. Noch relativ harmlos blieb auch die Besetzung der Neckarstädte durch schwedische Truppen im Fe­bruar 1633, als eine 400 Mann starke österreichische Besatzung in Rotten­burg kapitulieren mußte. Württembergisches Fußvolk und schwe­dische Reiterei bezogen daraufhin auch in Horb und im Rottenburger Spital Quar­tier. Trotz all dieser Drangsale verlief die Zeit vor 1634 für das Untersu­chungsgebiet eher glimpflich. Erst die Wende im schwedischen Krieg durch den Sieg der Kaiserlichen in der Schlacht von Nördlingen am 6. September 1634 bedeutete auch das Ende einer relativen Schonfrist für den Südwesten.

Kriegslasten Horb a. N. im Dreißigjährigen Krieg (1)[513]; in Gulden
              Plünderung, Kreditaufnahme zu 8      18000
              Abzug der Schweden und Württemberger 211118
              von Villingen, Überfall mit drei          
              Regimentern                               
              Quartier: zwei Kompanien Pill 14 Tage   7200
              Salva Guardia: Piccolomini             2077
              Quartier: Tiefenbach vier Monate       7164
              Preßkommando 70 Musketiere             4544
              Folgekosten                            1550
              Kaiserlicher Kommissar in Rottenburg    324
              für drei Monate                           
              Gallas in Breisach verproviantiert      
1636          Tiefenbach 27 Wochen      (im Spital)    135
              Gonzaga                   (im Spital)    374
              Puchheim                  (im Spital)    450
1638          Provisionsstab fünf Monate                
1639          Neuneck                   (im Spital)    246

Nur wenige Tage nach dieser katastrophalen Nie­derlage suchten die siegreichen Truppen auch die Gegend von Her­renberg, Horb und Rottenburg heim, wobei besonders das württember­gische Herrenberg, dessen Landesherr ja auf der Seite des Verlierers in Nörd­lingen mitgefochten hatte, unter Plünderungen litt. Fluchtartig ver­ließen damals die würt­tembergischen Besatzungstruppen samt den bei­den Kommissaren Link und Bleifus Rot­tenburg.

Kriegslasten Herrenbergs im Dreißigjährigen Krieg (2)  
1635 – Mai 11 Quartier: Bendorfisches Regiment            
     Jul 28   Stadtbrand                                  
     Okt 1    Quartier: Öppische 37 Wochen                   bis 1636 Jun 16                               Tote: 421                                   
1636 – Jun 16 Quartier: Öppische                          
     Jan 16 – Nov 8    Quartier: Öppischer Stab                     Quartier: Metternichsches Regiment          
     Nov 30   Quartier: Neuwerthische Reiter 13 Wochen      Tote: 91                                    
1637 – Mai    Quartier: Metternich 27,5 Wochen              Tote: 67                                    
1638          Quartiere: Metternich                         Quartiere: Reinachische 21 Wochen             (nach Rheinfelden)                            Quartier: Schwedisches Fußvolk fünf Tage    
     Apr 2    Überfall kaiserlicher Reiter abgewehrt       
     Mai – Jul         Quartier:                                     Neuneckische Reiter + 40 Mann Götz            Tote: 174                                   
1639 Jan – Ende Mai Quartier: Edelstättische 24 Wochen                                                           Quartiere: – Armeestab Götz vier Wochen                  – Kroaten 42 Wochen                           – Reinachische 11 Wochen                      – Kranke Soldaten 5,5 Monate       Tote: 85                                     
1640          Quartiere: – Löwensteinische 21,5 Wochen    
1641          Quartiere: – De Haasische 10,5 Wochen                    – Gonzagische 7,5 Wochen                      – Löwensteinische 41,5 Wochen    

Das Schlimmste aber stand noch bevor. Seit dem Kriegseintritt Frankreichs 1635 machte die strategische Lage Südwestdeutschland als natürliches Aufmarschgebiet und als Schar­nier militärischer Operationen zum Kampfplatz erster Ordnung. Harte Quartierlasten und das Ver­proviantieren durchmarschierender Truppen belasteten deshalb während der 13 Jahre des französisch-schwedischen Krieges (1635-48) das Land, wobei kaum noch Unter­schiede im Grad der Zerstörung zwi­schen den drei untersuchten Städten, die ja zwei feind­lichen Lagern angehörten, erkennbar sind. Winter- und Sommerquartiere, Durch- und Rückzüge, Brandraub und Plünderungen von Freundts undt Feindts­völkhern bedrängten sie gleicher­maßen[514]. Während dieses Zeitraumes sind zwei Daten für die Wirtschafts- und Sozialge­schichte Herrenbergs und Rottenburgs von besonderer Bedeu­tung. Beide Städte gingen während des Krieges zu großen Teilen in Flammen auf. Herrenberg traf die Brandkata­strophe am 28. Juli 1635, Rottenburg am 19. Au­gust 1644. Horb blieb von einem vergleich­baren Einschnitt verschont. Dafür trafen Quartierlasten und Kontributionsforde­rungen die Bürger dieser Stadt besonders hart[515].

Kriegslasten Horb a. N. im Dreißigjährigen Krieg (2)   
1645          Kontribution Hohennagold        in fl   5000
1646 Jul 6    Hohentwielische Reiter stehlen Vieh   in Altheim und Nordstetten, brennen   Hailfingen nieder                       
1646 Nov 9    Rottweiler Musketiere rauben das Vieh  in Grünmettstetten. Scharmützel bei   Glatt                                   
1647          Französisch-watroisches Regiment       3750
              Winterquartiere: Em, Fleckenstein     18000
Apr/Mai           5,5 Kompanien Reiter, französisch-emische für 9 Wochen                           
1647          Kurbairische Zinck 2 Monate             600
1648          Franz. Regimenter Betz, Fleckenstein  Franz. Garnison Schorndorf            Kontribution Lauingen                 Schorndorfer Exekutionskommando raubt  Schafe und brennt Häuser nieder in    Nordstetten                           Magazinfrucht nach Erbach             Kontribution Hohentübingen            Geraubtes Vieh                        Kontribution Stallhofen               Garnison Rottweil, Oberst Piningen    Geraubtes Vieh                         10350
1648 Nov 25 – 1649 Feb 1  Quartier: Regimenter Schütz und                 Buchenmeier                 15300

Mehr noch als die Städte dürften die Dörfer der Umgebung Opfer des Krieges geworden sein. Hier genüg­ten kleinere Abteilungen von Reitern und Schnepphansen, um ein Dorf wie Hailfingen in Schutt und Asche zu legen[516], oder dessen Vieh zu stehlen. Eine regel­rechte Landflucht hinter die einigermaßen festen Mauern der Stadt scheint besonders wäh­rend der Wintermonate geherrscht zu haben. So führten 1647 alle geistlichen und weltli­chen Adeligen der Umgegend Hausrat, Früchte, Wein, Heu und Stroh während des Win­ters nach Horb und quartierten sich in der ummau­erten Stadt ein[517].

Nach Kriegsende belasteten weiterhin Kontributionsforderungen die Städte. Der Schorn­dorfer Kommandant Oberst Kluge beispielsweise bean­spruchte monatlich von der Herr­schaft Hohenberg 1500 Gulden für das Sommer- und 2000 Gulden für das Winterquartier. Trotz seines größten Fleißes hatte de Veine im Jahr zuvor nit einen Creutzer heraus bringen khön­den, weshalb er in Rottenburg ein Dragonerregi­ment einlogiert hatte. Die Drohung hing in der Luft, das die köngl. Truppen nit so weit seyen, das sie euch nit zue der Gebühr undt Schul­digkhait bringen khönden[518].

Kriegslasten Herrenbergs im Dreißigjährigen Krieg (3)
1642 Durchzüge: – Courdon nach Aufhebung der Belagerung des Hohentwiel 
     Mrz 6               – Feldmarschall Horn (gefangen)  
     Mai 3               – General Hamelstein              
     Mai 27              – De Haasische Reiter            
     Aug 26              – De Haasische, Prentzlauische   
     Sep 25              – 200 Gültlingische              
     Okt 9               – Korps Mercy zwei mal           
                            Winterquartier: Hagenbachische und                            Truckmüllersche 26 Wochen   
1643 Feb                                  Plünderung durch 100 Sporchische Reiter 11 Tage                            Quartier: Kurbairische Bagage 5 Tage
     Aug      Kurbairische lagern bei Aidlingen           
     Okt                                                Durchmarsch der bairischen Armee von                      Durlach nach Rottenburg           Quartier: – Sperokische Reiter                          – 25 kranke Soldaten 11 Wochen    
1644 Dez      Winterquartier: Rauschenbergische           
1645                        Garnison: Kroaten 10 Wochen                   Rossische im Remmingsheimer Stab            
1646 Jan-Dez  Quartier: Schachische 64,75 Wochen          
1648          Winterquartier: Metternichsche 16 Wochen    

Im folgenden sollen Einzelnachrichten für die verschiedenen Spitäler kurz zusammenge­stellt werden. Damit läßt sich unter anderem zeigen, inwiefern sich der Krieg auf die wirt­schaftliche Situation der Spitäler unmittelbar auswirkte. Am bedeutendsten belastete das Kriegswesen die Spitäler durch Kontributionen, die für einquartierte Truppen aufzubrin­gen wa­ren. Die Städte legten die Lasten von Einquartierungen auf alle Be­wohner um. Nachhaltig wurden zu solchen Kontributionen auch die Spitäler herangezogen. So klagten die Horber Stadtväter 1647 darüber, daß sie fünfeinhalb französische Reiterkompanien samt deren uner­schwinglichen Anzahl Droß bis zu unserer Ruin neun Wochen lang verpfle­gen mußten[519]. Darauf wird noch bei den Ausgaben der Spitä­ler für Schatzungen einzuge­hen sein. Darüberhinaus mußten für inner­halb des Spitals einquartierte Soldaten, aber auch für durchmarschie­rende Truppenteile immer wieder Extras angeschafft werden. Die Stadt Horb verehrte 1639 dem Gonzagischen Oberstleutnant, dessen Hof­meister, seinem Rittmeister, dem Puchheimischen Obristwachtmeister und dem Neuneckischen Rittmeister jedem ein Pferd aus dem Spital. Die Her­renberger Anstalt lieferte 1644 zehn verwundeten französischen Solda­ten, die nach einer Niederlage bei Mergentheim vorbeizogen, sieben Mas Bier in das Schafhaus, wo sie Unterschlupf gesucht hat­ten. Zwei Jahre später griffen Rammstettische Reiter vom Hohenasperg eine Schlagmannsche Reiterabteilung an und schlugen sie. Beim Durch­marsch versorgten die Herrenberger die Sieger mit Pferdefutter.

Die direkten Kriegsschäden blieben, von den beiden Stadtbränden und dauernden Sub­stanzverlusten wegen ausbleibender Reparaturen einmal ab­gesehen, eher gering. Der Rot­tenburger Spital entschädigte 1633 sei­nen Oberknecht Michael Dreher, als von den Schwe­dischen dem Spital einquartierten Reitern seine Kleidungen alles ausgeplündert und ge­nommen worden. Die Horber Anstalt ließ 1637 an der Scheuer in Volmaringen Schlösser ersetzen, welche Soldaten zerbrochen hatten. In Herrenberg machten sich 1638 streifende Reiter über die Altinger Mühle her und nahmen einige Fruchtvorräte mit. Durch die vihlfaltig vor­beygangen Marche war die Altinger Mühle drei Jahre später so ingrundt gericht worden, daß der Erbinhaber Jacob Miller selbige ein zeitlang gänzlichen verlasen müesen. Kurz nach Ostern 1638 erober­ten die schwedischen Obersten Nassau und Kallenbach Rottenburg, ih­ren Soldaten überließen sie die Stadt einen Tag lang zur Plün­derung. Als sie noch im April abmarschierten, machten sie sich in der Nacht vor dem Abzug erneut über Pferde, Vieh, Silbergeschirr und Geld der Rottenburger her. Neuneckische Reiter, die damals in Her­renberg einquartiert lagen, ließen ihre Pferde 1638 das Gras grün abfressen und mähen, so daß der Spital für sein Vieh Heu teuer ein­kaufen mußte. In Rottenburg zerstörte der große Stadtbrand 1644, den abzie­hende kaiserliche Soldaten verursacht hatten, auch wichtige Spitalge­bäude. Dessen beide Unterknechte verpflich­tete der Hauptmann Ba­cher 1647 zwangsweise zum Militärdienst.

Wenn sich der Krieg am nachhaltigsten auf die Menschen auswirkte, beschränkten sich die Kosten der Spitäler dafür hingegen auf eher geringe Ausgaben. Das waren vor allem Be­stattungskosten für die Opfer des Krieges und der damit einhergehenden Seuchen. In Her­renberg ließ der Spital 1634/35 sieben Menschen aus dem Spital, unter denen sich ein Sol­dat und ein Soldatenkind befanden, beerdigen. Die Horber Anstalt mußte 1635/36 für die Bestattung von acht ar­men Kindern, einem Mann, welcher von den Gonzagischen Reitern uff den Todt gehawen worden undt hernacher im Seelhaus gestorben und acht weiteren Perso­nen, unter denen viele Spitaliten waren, sor­gen[520].

Neben den Quartierkosten kam die Spitäler am teuersten, daß immer wieder Soldaten ihre wertvollen Zugtiere erbeuteten. Einmal bean­spruchten militärische Besatzungsmächte häufig Fuhrleistungen. Nach Freudenstadt, Villingen, Dornstetten, Derendingen, Balingen, Sulz, Ulm und Rottweil führten die Knechte des Herrenber­ger Spitals 1632 sol­che Auf­träge. In Horb mußte der Spitalknecht 1636 den Ob­ristleutnant Ludwig Coronin nach Rot­tenburg kutschieren. Je­doch erstreck­ten sich die Ansprüche des Militärs weit weniger auf die Inan­spruchnahme von Diensten als vielmehr auf die Tiere selbst. Kaiserli­che Soldaten raubten dem Herrenberger Spital 1630 zwei Pferde. An­dere Täter stahlen ein Jahr später ein Zweier­gespann des Spitals, als dieses einem getroffenen Akkord gemäß zur Proviant­lieferung nach Tübingen eingesetzt wurde. Vergeblich sandten die Beamten den Spi­talknecht nach Rottenburg und in andere Orte, um nach den Pferden zu sehen. Als die Kaiserlichen im Anschluß an die Schlacht von Nördlingen Herrenberg plünderten, verlor der Spital alle seine Pferde, und hernach keines mehr zue bekommen gewesen. Erst später im Jahr erstand der Spitalmeister stattdessen zwei Ochsen und einen braunen Hengst, der aber noch während derselben Rechnungs­periode gewaltsam aus dem Stall gestohlen wurde. Zur Holzfuhr traute sich die Herrenberger Anstalt 1632 schon gar nicht mehr, ihre eige­nen Pferde einzusetzen. Stattdessen bezahlte sie lieber zwei Bauern für Fuhrdienste. In Rottenburg requirierten schwedische Soldaten am 10. April 1633 die Pferde. Als am 8. September 1635 dem Rottenburger Spital die drei beste Pferdt uf Kalkweil von den Soldaten abgenom­men wurden, sandte der Meister den Dieben 16 Musketiere, Reiter und Spi­talknechte nach, allerdings erfolglos. Auch der Horber Spital büßte 1635 seine vier Pferde ein. Ein Jahr später erneut derselbe Verlust in Herrenberg. Sol­daten raubten ein Pferd aus dem Kirchhof in Mühlhausen, haben der Knecht und ein Soldat dasselbig wider gesuecht. Vielleicht im Zusammenhang mit diesem neuerlichen Verlust kauften die Verwalter einem Tübinger Metzger zwei Zugochsen ab. Dabei läßt sich den Rechnungsbüchern erneut ent­nehmen, wie unsi­cher die Zeiten waren. Alleine schon der Transport des neuen Zug­viehs war ein Vabanquespiel. Außer den üblichen Zöllen mußten Sol­daten am Tübinger Stadttor und in Unterjesingen (heute Stadtteil von Tübingen) durch Geldbeträge günstig gestimmt werden. Während des weiteren Kriegsverlaufs blieben Zugtiere die begehrtesten Beute­stücke für die Soldaten. Als Reiter 1638 wiederum die Spitalrosse ausspann­ten, schickte der Meister einen Boten hinterher. Im selben Jahr ent­führten Reiter zwei Ochsen nach Weil der Stadt. Der Rottenburger Spital büßte 1638 bei der Plünderung durch die Schwe­den seine ge­samten Pferde ein. Hohentwielische Reiter raubten 1647 seine zwölf Schafe und trieben sie nach Hechingen, wo sie jene für teures Geld wieder auslösen mußte. Beim Vieh­diebstahl zeigt sich insgesamt doch eine gewisse zeitlich unterschiedliche Periodi­sierung zwischen den ho­henbergischen Städten und Herrenberg, je nachdem, welche Partei ge­rade die Oberhand hatte.

Um sich gegen die meist willkürlichen und nicht unbedingt von den Oberbe­fehlshabern der jeweiligen Armeen veranlaßten Plünderungen zu wehren, flüchteten die Spitäler ihre Pferde wegen Unsicherhaith und besorgenden Überfahles ab und zu in eine andere Stadt. So der Hor­ber Spital, der 1648 seine drei Pferde wegen eines möglichen franzö­sischen Über­falls für 35 Tage nach Sulz in Sicherheit bringen ließ[521]. Häufiger aber mieteten die Spitäler Soldaten an, die ihre Fuhrwerke schützen sollten, wenn diese für Holzfuhren oder Erntear­beiten die schützenden Stadtmauern verließen[522]. Der Rottenburger Spital beschäf­tigte 1633 drei Convoyer und Musquetierer (Soldaten für die Begleitung eines Konvois und Musk­tiere) 16 Tage lang zum Schutz seiner Pferde. In Herrenberg war das Jahr 1634 besonders unsicher. Beim Einbringen der Frucht mußte ein Musketier Wache stehen. Fünf Wochen lang bezogen zwei Soldaten Lohn für Konvoiaufgaben. Martin Eck von Haslach stellte der Herrenber­ger Spital 1645 acht Nächte lang als Wachposten über die Spital­früchte an, als einige Dragoner im neuerbauten Spitalhaus einquartiert waren, damit von besagten Trago­nern nicht leichtlich eingebrochen werden möchte. Die Bedeckungs­mannschaften scheinen im Laufe des Krieges größer geworden zu sein, 1646 bewachten bereits drei Mann einen einzigen Konvoi der Herrenberger Anstalt.

Zur besseren Illustration des Kriegswesens soll hier noch auf eine Episode aus Horb hin­gewiesen werden. Immer wieder machten Streif­scharen vom Hohentwiel aus die Gegend unsicher. Am Freitag, den 6. Juli 1646 fiel eine Schar in die zwei Amtsflecken Altheim und Nordstetten ein[523], plünderte und stahl das Vieh. Am Samstag raubte sie den Nordstetter Bau­ern ihre Tiere. Einem Edelmann[524] freilich, der für seine Person dem Hohentwiel Kon­tribution entrichtete und der sich gerade zusammen mit seiner Frau auf seinen Nordstetter Gütern aufhielt, nahmen die Soldaten kein Stück, was die Horber nicht wenig empörte. Als die gottlos verruchten Bursche sahen, daß die Horber sie verfolgten, zogen sie sich auf den Empfinger Friedhof zurück. Unterwegs nahmen sie noch die beiden Horber Bürger Mi­chael Li­pander, einen Bortenwirker und Hans Jakob Volk gefangen, denen sie ihre guten Kleider ausgezogen und ihnen dafür bös nichtsfallende zerrissene vorgeworfen (haben), auch dabei sich frei öffentlich ohne alle Scheu verlauten lassen, daß sie nicht nachlassen wollten, bis sie alle öster. Flecken verbrennt und angestöckt hätten. Erst als die Hor­ber eintrafen, gaben sie ihre Gefangenen frei und ließen das Vieh auslösen[525].

Eine andere bezeichnende Episode trug sich ebenfalls im Horber Einzugsbereich zu. Der kaiserliche und bayerische Rottweiler Komman­dant Obristleutnant Georg Baurmeyer verlangte von Horb die Verpfle­gung seiner Garnison. Weil die Stadt aber ein Befreiungs­patent des Kurfürsten von Bayern vorweisen konnte, lehnte sie ab. Baurmeyer befahl dar­aufhin die Exekution im Spitaldorf Grünmettstetten. Die 24 Musketiere samt einem Furier führte ein Fähnrich namens Lorenz Karub. Der Obervogt vernahm später über die folgen­den Ge­schehnisse einen der beteiligten Soldaten, Andreas Heldt von Langen­alb bei Pforzheim[526], der damals zur Baurmeierischen Kompanie und zur Rottweiler Garnison ge­hörte. Am Donnerstag, den 8. Novem­ber 1646 habe er mit anderen Soldaten, die meist zur Haslan­gischen Kompanie gehörten, folgenden Befehl des Kommandanten er­halten: in einen hohenbergischen Flekhen, welcher inen bequem sein werde, einzuefallen und was sie an Vich antreffen werden hinweckh zu­enemen, darbei aber vleisig Ufsehen zuehaben, damit die Soldaten beisamengehalten, in die Heuser nicht gelassen, weniger jemandt von inen beschedigt werde. Daraufhin seien sie abends nach Albeck, einer Burg bei Sulz am Neckar, ge­kommen, wo ein Musketier zu ihnen gestoßen sei. Am nächsten Morgen fielen sie ungefähr um 8 Uhr in Grünmettstetten ein. Sie hätten zwar keinen Bürger beleidigt, aber 26 Stück Vieh und zwei Geißen weggeführt. Als sie mit dem Vieh nach Glatt kamen, habe der Fähnrich einen reformierten Korporal mit zwei Musketieren auf die Brücke geschickt, um zu kundschaften, ob ihnen niemand das Vieh wieder abnehmen wollte. Die drei kamen die Mettstetter Steige herunter. Eine Frau, die ihnen begegnete, fragten sie, ob kein Frem­der oder eine Bauerntruppe im Dorf wären. Nein, habe sie geantwor­tet. Es wären aber etliche Horber Bürger gerade vom Raitenbühl her gekommen, auf die hätten sie den Fähnrich aufmerksam gemacht. Als die Horber sahen, wie sich die Soldaten zurückzogen, riefen sie: her da, her da, hie sein sie. Der Horber Wachtmeister lief in die Mitte und befahl seinen Leuten, nicht zu schießen, er wolle mit den Sol­daten reden. Einige Bürgerwehrmänner po­stierten sich daraufhin im Garten neben dem Haus. Der Horber Wachtmeister schrie dem Fähnrich zu, er wolle mit ihm auf Parolen verhandeln. Der Wacht­meister ging mit fünf Mann zu den Soldaten. Trotz seiner Zu­stimmung habe der Fähnrich das Wort gebrochen. Da er nahe zue ihnen khomen, hette ein Soldat gedachtem Wachtmaister das Rohr allerdings ufs Hertz gesezt und nidergeschossen, daß er gefallen und die Füeß über sich gepoten. Bei dem Soldaten handelte es sich, wie verschiedene Zeugenaussagen bestätigten, um den Furier, der gleich hinter dem Fähnrich stand. Der hab gleich ine wundt geschossen, daß er gleich hinder sich nidergesunckhen und ohne weitere Zaichen todt verblichen. Aber auch der Fähn­rich stand nicht tatenlos dabei. Er habe gleich den anderen Bürger, der hinter dem Wachtmeister stand, niedergeschossen, woraufhin die andere Soldaten auch gleich nachein­ander uf die Burger von Horb Feur geben, alsdann die Hor­ber auch losgebröndt. Worauf beder­seits starckh gespihlt und der dritte Burger in einen Arm und Handt ybel verwundt worden, bis die Soldaten sich verschossen. Daraufhin wandten sich die Soldaten zur Flucht und sich yber das Wasser salvirt[527]. Die Bürger nahmen die Verfolgung auf. Sie ergriffen dabei einen Mus­ketier und verprü­gelten ihn. Es war der vernommene Zeuge, den der Bürger­meister aus ih­ren Händen rettete und nach Horb bringen ließ, wo ihn der Barbier verarztete. Nach sei­ner Genesung durfte er samt seinem Gewehr und seinen sonstigen Sachen nach Rottweil marschieren. Der Mord hatte Folgen, da er ja nicht im Feindesland geschah. Deshalb die anschließende Untersuchung und die Zeugenbefragungen.

Über die erpresserischen Methoden der Soldaten geben einige andere Schriftstücke Aus­kunft. So wandte sich im Oktober 1645 der Haupt­mann Franz Wolthaft an die Horber: sie würden ihm auf seine Kon­tributionsforderungen hin mit Unwahrheit berichten, und wan ich schon tausent Mahl schreib, mich nuhr mit Salva Honore beschissenen Recepisse bezahlen. Er drohte mit der militärischen Exekution und mich selbsten bezalt machen will, darnach sie sich endtlich zu richten und vor Schaden zu hieten[528].

Noch massiver formulierte der französische General De Veine 1647 sein Anliegen. Er hatte einen Bericht erhalten, daß die Rottenburger bei der Bezahlung von Kontributionen Schwierigkeiten machten. Dar­aufhin befahl er seinem Offizier, einige Bürgermeister gefangenzuneh­men et le retenier prisonnier jusquare quils vous ayent payer. Dabei ging es um 200 Gulden pro Monat und um die Stellung von Ar­beitskräften. Weiterhin ermächtigte er seinen Offizier zum Beispiel dazu, y envoyant une partie pour prendre leurs bestiaux ou ce que vous pourrez avoir[529].

Nach diesen Einzelnachrichten über den Dreißigjährigen Krieg aus dem Untersuchungs­zeitraum ist deutlich: Störeinflüsse des Krieges auf die wirtschaftliche Kon­junktur sind für das Untersuchungsgebiet besonders in den Jah­ren nach der Schlacht von Nördlingen 1634 zu erwarten, als im Süd­westen der Krieg wirksam wurde. Seitdem scheint auch eine Unter­scheidung zwischen befreunde­tem und feindlichem Territorium keine größere Bedeutung mehr besessen zu haben. Kampfhandlungen und Plünderungen belasteten beide in ähnli­cher Weise. Das vorderösterrei­chische Rottenburg versank ebenso in Schutt und Asche wie das württembergische Herrenberg. Unterschiede, die im Grad der Heimsuchung bestanden haben mögen, lassen sich kaum erkennen.

Die Einflüsse des Krieges auf die Wirtschaft konnten vielfältig sein. Direkt kam es zu Zer­störungen von Gebäuden, zur Einquartierung von Soldaten, zur Plünderung der Vorräte und zum Raub von Zugvieh. Auf Dauer mußten solche Übergriffe auch den wohlhabenden Spitälern an die Substanz gehen. Die Kosten für die Wiederbeschaffung von Vieh, Ab­schreibungen der Vorräte, Verpflegung Einquartierter, den Wiederaufbau von Gebäuden und nicht zuletzt die enorm hohen Kriegskontributionen zwangen mitunter sogar zur Kapi­talisierung von Immobilien. Die Stadt Horb alleine gab für den Zeitraum zwischen den 1630er Jahren und dem Kriegsende Verluste durch Plünderungen und Kontributionen in Höhe von mehr als 300 000 Gulden an[530]. Um diesen Betrag aufzubringen, hätte jeder der 333 Bürger, welche die Stadt 1678 wieder bewohnten, etwa zehn Jahre lang nur für diesen Zweck arbeiten müssen. Für Herrenberg errechnete der Chronist Hess gar Kosten des Krieges durch Plünderungen, Raub, Brand und andere gewalttätige Verheerungen in Höhe von fast zweieinhalb Millionen Gulden[531]. Geht man von 223 Bürgern aus, welche 1674 dort wieder lebten, so hätte jeder von ihnen über 100 Jahre lang nur dafür ar­beiten müssen, den alten Wohlstand wiederherzustellen. Beide Angaben über die Kosten des Krieges sind mit allergrößter Vorsicht zu ge­nießen, sie können lediglich Anhaltspunkte geben. Der Ver­gleich gibt immerhin einen Hinweis darauf, daß die total zerstörte Stadt Herren­berg härter durch die Kriegshandlungen getroffen wurde, als Horb. Einen weiteren Eindruck von der wirtschaftlichen Auszehrung wird später die Untersuchung der Ausgaben einzelner Spitä­ler vermitteln. Sie wurden zum Wohl der Allgemeinheit besonders nachhaltig zur Finan­zierung dieser Lasten herangezogen.

Noch wichtiger indessen als die direkten Wirkungen des Krieges dürften die mittel­baren gewesen sein. Massive Einflüsse auf die Land­wirtschaft werden bei der Untersuchung des Erntezyklus dargestellt werden. Angesichts dieser Produktionsausfälle und der damit einherge­henden Nachfrage nach Lebensmitteln durch das Militär drohten so lange Versor­gungskrisen, bis der Krieg soviele Opfer gefordert hatte, daß sich der Nachfragedruck auf makaberste Weise enstpannte. Eine derart angespannte Marktsituation treibt aber die Preise in die Höhe. Massivste Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges sowohl auf das allgemeine Preis- und Lohnniveau als auch auf die Wirtschaftsführung der untersuchten Spitäler sind also auf jeden Fall zu erwarten.

VI. Der Erntezyklus

Wirtschaftsräume, in denen mit Getreide gehandelt wurde, waren in der Frühen Neuzeit angesichts der hohen Transportkosten – ein Pferd kostete denselben Taglohn wie ein Handwerksmeister – klein. Deshalb beeinflußten Ernteerträge die Preis­bildung für agrari­sche Produkte in erheblichem Maße. Das zeigt sich bereits an der üblichen Entwick­lung des Brot­preises innerhalb eines Jahres. Kurz vor der Getrei­deernte stieg in aller Regel der Brotpreis, um im Anschluß daran wieder zu fallen. Besonders das unverzichtbare Brotge­treide Dinkel, das die Verbraucher als Grundnahrungs­mittel nicht einkommenselastisch nachfragen konnten, un­terlag im Untersuchungsgebiet Einflüssen des Erntezyklus. Ein Vergleich von Ernteerträgen und Preisen in allen drei untersuchten Orten wird dies deut­lich machen. In Zeiten schlechter Ernten stiegen die Preise, während sie bei guten Ernten fielen, sofern nicht exogene Faktoren die Angebots- oder Nachfrage­struktur veränderten. Bis zum Bruch der Entwicklung durch die Industrialisie­rung läßt sich geradezu von einer Agrarkonjunktur sprechen[532].

Gerade daran lassen sich nichtsaiso­nale periodische Schwankungen der agrarischen Wirtschaftstä­tigkeit erklären. Solche periodischen Schwankungen, wiederkehrende pulsatori­sche Schwingun­gen (Abel), lassen sich in den Reihen der landwirt­schaftlichen Pro­duktion, der Preise, der Einkommen und des Ver­brauchs landwirt­schaftlicher Güter erkennen. Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhun­derts hinein bieten die von Malthus und Ricardo, den Klassikern der Volkswirtschafts­lehre, aufgestellten Theorien recht brauchbare Erklärun­gen für diese Vor­gänge. Sie hängen eng mit der Bevölke­rungsentwicklung zusammen: Die Bevölkerung habe die dau­ernde Nei­gung, sich über das Maß der vorhandenen Lebensmit­tel hinaus zu vermehren. So, wie die Bevölke­rung wachse, würden auch die Preise für Le­bensmittel steigen. Der Geldlohn nehme zwar auch zu, aber nicht in dem Maße wie die Preise, so daß sich die Lage des Arbei­ters verschlim­mere, während sich jene des Grund­herren ver­bessere. Jenem Zeitraum werden die abgeleiteten Theorien des abnehmenden Bodenertrags, des sinkenden Nahrungs­spielraumes, der steigen­den Kaufkraft der landwirt­schaftlichen Er­zeugnisse und der Konträrbewe­gung von Lohn und Grundrente gerecht. Nach dem Aus­schalten saisonaler Komponenten beobachtete Wil­helm Abel an den Getreide­preisen einander ablösende Zyklen oder Wechsellagen. Einem Anstieg im 13. und begin­nenden 14. Jahr­hundert folgte ein langfristi­ger Ab­schwung. Weit steiler stieg die folgende Welle an, welche erst im 17. Jahrhundert abbrach. Eine dritte Welle löste sich dann im 19. Jahr­hundert in Sonderbewegungen und kürzer befri­stete Zyklen auf.

Bei der Untersuchung der Agrar­konjunktur gilt es zu beachten, wie sich Rechnungsjahr und Erntejahr zueinander verhalten. Die Schreiber aller drei untersuchten Spitäler führten ihre Rechnungsbücher ab Ge­orgi, also war der 23. April die entschei­dende Zäsur. Wäh­rend des Spitals Knechte die Wintersaat im August oder September aus­brachten, säten sie das Sommergetreide im März. Somit liegt bei allen Getrei­desorten die Zäsur des Rech­nungsjahres zwischen Aussaat und Ernte. Maßgeblich für einen Getrei­deertrag war also stets die Aussaatmenge des Vorjahres. Natürliche Umstände der Agrarproduktion, ins­besondere Schwankungen der Witterungs-, der Wärme- und der Wasserverhält­nisse wirken sich in wechselnden Ernten, dem Erntezy­klus aus[533]. Dieser wiederum beeinflußt über das Marktangebot die Preise und letztlich den Gelderlös der Landwirte. Je größer die Ab­weichungen im Ernte­zyklus von mittleren Ernten sind, desto heftiger reagieren die Preise. Weil ihre Kurven dabei allgemein stärker ausschlagen, als die Ernteer­gebnisse, nimmt der Gesamtwert landwirtschaftlicher Produktion bei schlechten Ernten zu. Weil Landwirte aber einen Teil ihrer Er­träge zur Selbstversorgung benötigen, hängt die Chance, von sol­chen Mißernten zu profitieren von der Betriebsgröße ab. Die Inhaber klei­nerer Betriebe mußten sich in schlechten Jahren von ihren Erträgen selbst ernähren, wer ein größeres Gut besaß, konnte hingegen ver­kaufen und profitieren.

Wechsellagen im Erntezyklus können einen Teil der anhand von Preisrei­hen beobachteten Agrarkonjunktur erklären. Die Rechnungsbü­cher der untersuchten Spitäler bie­ten außer den Preisreihen auch eine Menge Informationen über den Guts­betrieb der Anstalten. Alle unter­suchten Spitäler bewirtschafteten näm­lich in großem Umfang eigene Felder. Ihre Be­diensteten, zum Teil auch Spitaliten, blümten Äcker an, ernte­ten und droschen das Ge­treide. In den Rechnungsbüchern verzeichne­ten die Schreiber entspre­chend, wieviel Ge­treide ausgesät worden war, welche Erträge daraus erwuchsen, ja zum Teil sogar, welche Flä­che der Spital angeblümt hatte und wieviele Garben diese ertrug. Außer­dem finden sich immer wieder Notizen mit qualitativen Einzelinforma­tionen, wenn die Schreiber begrün­den mußten, warum sie etwa nur einen auffällig geringen Ernteertrag eingenommen hat­ten. Insgesamt enthalten die untersuchten Rechnungsbücher also eine Fülle von In­formationen zum Erntezyklus. Ein großer Vorteil der vorliegen­den Untersuchung ist somit die homogene Quellenlage, die unter an­derem auch Aussagen über den Erntezyklus er­laubt. Allerdings stehen bestimmte Informationen nur für einzelne Spitäler zur Verfügung. An­gaben über die angeblümte Fläche liegen fast nur für Horb, Angaben über die Ein­nahme von Garben nur für Herrenberg und Horb vor. Es bleibt zudem festzuhalten, daß, wie generell bei Rechnungsbü­chern, auch im Falle der Fruchtrechnungen Manipulatio­nen nicht ausge­schlossen sind. Davon zeugt eine Maßnahme des Herrenberger Ge­richts, wel­ches 1625 einen reichen Pfründner zum Aufpasser beim Einbringen der Garben und beim Dreschen bestellte[534].

Alle drei Spitäler bauten hauptsächlich die Getreidesorten Dinkel, Ha­fer und Roggen an. Die bebaute Fläche blieb während des Untersu­chungszeitraumes nicht gleich, da nach dem System der Dreifelder­wirtschaft stets ein Teil der Äcker brach lag und da die Felder in den drei Zelgen unterschiedlich groß sein konnten. Indessen erwiesen sich die Mengen ausge­säten Getreides als sehr konstant. Als Beispiel dient der Zeitraum zwischen 1616 und 1634, die insgesamt durch sehr einheitliche Werte auffällt.

Durchschnittliche Aussaat 1616 – 1634 (in )  
 DinkelHaferRoggen
 HORB A.N.       5,5 t   51    35     14  
 ROTTENBURG      6,2 t   57    37      6  
 HERRENBERG      3 t     63    33      4  

Nach dem Beginn der eigentlichen Kriegszeit, 1634, nahm die Menge des Saatgutes in Horb und Rottenburg in einzelnen Jahren eher geringfü­gig ab. In Herrenberg kann die Entwicklung nicht beur­teilt werden, weil dort der Spital seine Eigenwirtschaft aufgab. Allge­mein läßt sich sagen, daß es nicht an stark verringerten Saatgutmen­gen lie­gen konnte, wenn die erzielten Erträge sich während des Krieges nachhal­tig verringerten. Eine solche Verringerung läßt sich aber bei den erzielten Getreideer­trägen tatsächlich beobachten. Während der relativ normalen Jahre von 1616 bis 1634 erwirt­schafteten alle drei untersuch­ten Anstalten das meiste Getreide durch den Dinkelan­bau, wobei gleichzeitig der als Pfer­defutter wichtige Hafer eine be­deutende Rolle spielte. Diese Ge­wichte waren aber in den drei Ort­schaften zum Teil sehr unterschied­lich verteilt und sie entsprachen auch nicht gleichmäßig den ausgesä­ten Mengen.

Durchschnittliche Erträge 1616 – 1634 (in t)  
                       Dinkel Hafer Roggen
 HORB A.N.                                 
 1. Zehnt Volmaringen    9,8    3,9   3,0 
 2. Spitalhof           20,5    7,8   4,7 
 3. Hof in Altheim       6,1              
 ROTTENBURG                               
 1. Zehnt               10,1   10,4   1,2 
 2. Spitalhof           15,4   14,7   4,0 
 3. Fronhof Seebronn     7,8    1,6   1,7 
 4. Hof Wendelsheim      7,9    1,7   0,8 
 5. Hof Frommenhausen    3,5    1,2   0,7 
 HERRENBERG                               
 1. Spitalhof           15,9    6,7   0,7 
 2. Das „Waldhaus“       2,3    1,4   0,6 
Durchschnittliche Erträge 1616 – 1634 (in )  
                       Dinkel Hafer Roggen
 HORB A.N.               61    24     15  
 ROTTENBURG              43    45     12  
 HERRENBERG              68    29      3  

Am meisten Dinkel ernteten der Herrenberger Spital und jener in Horb, wobei der hohe Anteil in Herrenberg vor allem auf Kosten des Hafers und des Roggens ging, in Horb vor allem auf Kosten des Hafers. Weitaus ausgeglichener war das Verhältnis in Rot­tenburg, wo der Spital in etwa gleiche Mengen Dinkel und Hafer einbrachte. Das zweit­wichtigste Brot­getreide, der Roggen, spielte in Herrenberg prak­tisch keine Rolle, kam indessen in Horb und in Rottenburg immerhin noch beachtlich zur Geltung. Während sich bei der Rotten­burger An­stalt die Ertragsver­hältnisse im Beobachtungszeitraum praktisch nicht änder­ten, stellten die in Horb und Herrenberg ihre landwirt­schaftliche Produktion nach und nach um. In Horb vergrößerte sich seit 1641, also im Laufe des Krieges, der Haferanteil auf etwa 35 Prozent, Folge einer verstärkten Aussaat. Nach einer vorübergehenden Depres­sion zwi­schen 1652 und 1658 stabilisierte er sich bei etwa einem Drittel. In Herren­berg blieb das Verhältnis zwischen dem Brotgetreide und dem Vieh­futter Hafer ungefähr konstant, wäh­rend sich das Ver­hältnis zwischen Dinkel und Roggen von 1639 bis 1653 zugunsten des Roggens verän­derte, der zu einem Anteil von über zehn Prozent kam. Dies war al­lerdings mehr die Folge sinkenden Dinkel- und Haferan­baus, als jene zusätzlich ausgesäten Rog­gens. Die festgestellten Verän­derungen müs­sen, zumindest zum Teil, auf bewußte Anbauentscheidun­gen zurückge­führt werden. Später wird die Frage nochmals aufgewor­fen werden müssen, inwiefern sie als Anpassungsprozesse der Spital­wirtschaft an die durch den Dreißigjährigen Krieg veränderte wirt­schaftliche Situation gewertet werden können.

Insgesamt stehen die ausgebrachten Saatmengen in keinem gleichblei­benden Verhältnis zu den daraus erwachse­nen und schließlich geernte­ten Früchten. Dieses Mißverhältnis gibt in­teressante Hinweise auf den Erntezyklus. Solche Unter­schiede verursachten Faktoren, die außerhalb der Anbau­entscheidung lagen. Und um diese geht es bei der Beur­teilung von Erntezyklen besonders. Das Verhältnis zwischen einer Menge Saatgut und der Menge dar­aus geernteter Früchte wird als Ertragsziffer be­zeichnet. Sie gibt einerseits einen Maßstab für die Er­tragsfähigkeit des Bodens, andererseits für die darauf einwirkenden Faktoren[535]. Durch Divison – ohne Abzug der Sa­atmenge von der Ern­temenge – erhält man diese Ziffer, die aussagt, wieviel Teile Ernte auf einen Teil Saatgut entfielen. In allen drei unter­suchten Orten kann dieser Vergleich an­hand relativ geschlossener Rei­hen angestellt werden. Al­lerdings bleibt zu berücksichtigen, daß die in den Rech­nungsbüchern angegebenen Werte zum Teil durch unter­schiedliche Vorbedingungen gestaltet wur­den. So kann es sein, daß Dreschergeb­nisse im einen Ort mit, im anderen ohne Abzug eines naturalen Lohnanteils der Drescher angege­ben sind. Auch an Teilmeier, die einen Teil ihrer Ernte behalten durf­ten, ist zu denken, bei denen nicht die gesamten Ernteerträge dem Spital zugute gekom­men sein müssen. Deshalb können Ertragsziffern zwar für ein und denselben Ort in aller Regel gut un­tereinander verglichen werden, weniger gut jedoch mit jenen an­derer Orte. Besonders aussagekräftig sind die Ertragsziffern für Dinkel und Hafer, da dies die beiden hauptsächlich angebauten Getreidearten wa­ren. Wäh­rend die Horber Ertragsverhältnisse in der gesamten Unter­suchungszeit relativ konstant blieben, verschlech­terte sich die Lage in Herrenberg und Rottenburg. Zum Vergleich existieren bisher leider keine Daten aus dem Untersuchungsgebiet.

Gesamt­durchschnitte für die skandinavischen Länder und für Mitteleu­ropa werden – nach Ab­zug der Aussaatmengen – mit 5,0 bis 3,7 für Rog­gen und mit 4,0 bis 3,2 für Hafer ange­geben.

Ertragsziffern für Getreide 1616 – 1634; Anbauverhältnisse in Rottenburg 1821[536]
                       Dinkel Hafer Roggen                        Dinkel Hafer
 Horb a.N.              7,31   4,09  6,47   Aussaat je Morgen     8 Sri  4 Sri
 Rottenburg             8,39   6,26         Ernte je Morgen      9-10 Sch 6 Sch
 Herrenberg             8,61   6,94  6,11   Ertragsziffer        9 – 10   12  

Friedrich-Wilhelm Henning hat darauf hingewiesen, wie sehr diese Verhältnisse von der Größe des Hofes und von Anbaugewohnheiten beeinflußt wurden[537]. Die in den unter­suchten Orten ermittelten Werte lägen bei einer entspre­chend ange­paßten Rechenme­thode in dieser Größenordnung. Die durch die Ertragsziffern angegebenen Gewichtsver­hältnisse ent­sprechen freilich nicht dem Größenverhältnis der jeweils ange­bauten Felder. Roggen bauten die Bauern sehr viel intensiver an als Hafer. Am ausgedehntesten waren auf den 3465 Ar der Horber Spitaläcker nach Kriegsende die Haferfelder.

Vom Beginn des 17. Jahrhunderts liegt eine zeitgenössische Aussage aus Rottenburg dar­über vor, daß Erntehelfer von zwei Jauchert Ac­kerfläche ungefähr 100 Garben schnitten. Daraus droschen andere Taglöhner wenigstens 12 Malter Frucht[538].

Saatmengen und Erträge je Jauchert 1648 – 1674
  Horb in kg           Dinkel Hafer Roggen
 Aussaat je Jauchert   83,42  43,01 60,61 
 Erträge vom Jauchert   639    234   380  
 Anteile an den Feldern  37    49   14  

Ein Hof in Gärtringen, von dem der Herrenberger Spital eine Rog­gengült beanspruchte, erlitt 1679 eine erhebliche Mißernte. Aus diesem Anlaß bat der Bauer die Spitalverwalter um Minderung, welche jene ihm schließlich auch zugestanden, weil sonst ihme das liebe Brodt bald auch ausgehen wirdt. Der Antragsteller hatte 2,5 Morgen mit Roggen und Dinkel zu schneiden. Ein Morgen Roggen trug nur 12 Garben ein, etwa halb so­viel wie normal[539].

Für den Ernteertrag jedes Jahres war natürlich auch die Qualität der Früchte entschei­dend. Um Hinweise auf diese Qualität zu erhalten, wird auf Grund der vorhandenen Quellen eine Dreschziffer gebildet. Dreschziffern lassen sich für jene Jahre errechnen, in denen sowohl die Menge der eingebrachten Fuder und Garben als auch des daraus gedro­schenen Vesens bekannt sind. Allerdings können derartige Berech­nungen nur mit großer Vorsicht genossen werden, da Fuder und Garben keine absoluten Maße sind. Mit Fuder wurde ur­sprünglich eine Wa­genladung bezeichnet, die aus mehreren Garben, aber auch aus Wein bestehen konnte.

Auch im Untersuchungszeitraum lassen sich verschieden große Mengen von Garben er­rechnen, die auf ein Fuder kamen, durchschnittlich etwa 120. Für die Garben gelten ähnli­che Unsicher­heiten, da ja eine Garbe dick oder dünn und aus mehr oder weniger großen und inhaltsreichen Halmen gebunden sein konnte. Trotz­dem müßten Dreschziffern Hin­weise auf die Qua­lität der Ernte ge­ben. Wenigstens stimmt die Tendenz der Dreschzif­fern für unter­schiedliche Früchte im Falle der ermittelten Datenreihen für Herren­berg und Horb überein, so daß anhand dieser Zif­fern doch Rückschlüsse auf den Erntezyklus mög­lich sind.

Dreißig Prozent geringere Dreschziffern weisen auf schlechte Drescher­gebnisse in den Jahren 1613, 1625, 1638 und 1652 hin. Da­mals müssen die Garben schlechter vorherge­hender Ernten ausgedroschen worden sein. Ausgesprochen gute Jahre zeichnen sich an­hand der Dreschziffern nicht ab. Die Ertragssituation in den drei benachbarten Städten und einigen außerhalb liegenden Orten, in denen die Spitäler eigene Höfe bewirt­schafteten, ist nahezu vollständig dokumentiert.

Dreschziffern in Herrenberg      
               Dinkel Hafer Roggen
  kg je Fuder  1115   1048  1068  

Dreijährig gleitende Mittelwerte erlauben es, die Saisonkomponente weitgehend auszuschal­ten. Insgesamt acht landwirtschaftliche Betriebe konnten hinsichtlich der Ent­wicklung ihrer Agrarerträge untersucht und miteinander vergli­chen werden. Sie lagen in Horb, Altheim, Rottenburg, Wendelsheim, Seebronn, Frommenhausen, Her­renberg und außerhalb Herrenbergs. Zur weiteren Überprüfung dienten die für Horb und Rottenburg vorhan­denen An­gaben über Zehnterträge, in denen sich in etwa die Ertrags­situation wie­derspiegeln müßte.

Um die Ursache für Schwankungen bei den Er­trägen feststellen zu können, wurden soweit möglich qualitative Infor­mationen herangezogen, Ertragszif­fern und Dreschziffern berech­net. Zur Interpretation erwies sich für alle acht untersuchten Betriebe – wohl als Folge der das gesamte Untersuchungsgebiet offenbar in ähn­lichem Maße beeinflussen­den maßgebli­chen Faktoren für den Erntezy­klus – eine Einteilung in sechs Zeiträume als sinnvoll. Diese Einteilung weicht allerdings von anderen in dieser Untersuchung verwendeten ab, trifft also lediglich auf die Erntezeyklen zu. Deshalb benutze ich in diesem Zusammen­hang nicht den Ausdruck Periode, welcher für die schließlich als Ergebnis dieser Arbeit definier­ten Periodisierung vorbehalten bleibt.

Als normal mit stark schwankenden aber im Durchschnitt auf relativ einheitlichem Niveau bleibenden Erträgen läßt sich der Zeitraum zwi­schen 1590 und 1608 bezeichnen. Gute Ernten erbrachten in ganz Deutschland die Jahre 1598 bis 1600[540]. Daran müssen einige schlech­tere angeschlossen haben, wie Aussagen von 1607 belegen, welche die schlechte Lage der Spitalwirtschaft unter anderem auch mit großn Wetter, so vil Schaden gethon[541], be­gründeten. Diese Schäden dürften jedoch den im normalen Erntezyklus zu erwartenden Ausfällen ent­sprochen haben.

Ganz anders hingegen sind solche Ausfälle im Zeitraum zwischen 1609 und 1615 zu wer­ten. Hier läßt sich von einer regelrechten Folge von Mißernten sprechen, während der meh­rere Mißernten, die sich durch entsprechend geringe Ertragsziffern und Dreschziffern nach­weisen las­sen, zu einer im Durchschnitt stark geminderten Ertragslage führten. Aus Horb hieß es 1611, daß gleich nach der Kornernte kein Vesen mehr auf dem Kasten gewe­sen sei, so daß man die neuge­schnittenen Früchte verbrauchen mußte. Am schmerzlichsten dürften Zeitgenossen die katastrophalen Ernten der Jahre 1612 und 1614 empfunden ha­ben. Dafür war 1612 ein schwerer Hagel verantwortlich[542]. Der Horber Spital kaufte 1614 als Ausgleich für Ernteausfälle Früchte in Straßburg ein. Für die benachbarte Schweiz hat Christian Pfister für die Jahre von 1565 bis 1629 eine Klimaverschlechterung festgestellt, an die sich seit 1630 eine Trockenperiode anschloß[543].

Als überwiegend normal dürften Zeitgenossen wiederum die Ernteerträge im Zeitraum von 1616 bis 1634 empfunden haben, wenn auch schon 1628/29 verstärkt Truppen durchs Land zogen und sich erste Seuchen verbreiteten. Ich verwende hierfür den Aus­druck Vor­kriegszeit, weil sich im Untersuchungsgebiet prak­tisch keine Kriegswirkungen auf den Ern­tezyklus nachweisen lassen. Es gab zwar stark schwankende, aber insgesamt doch auf recht hohem Niveau verharrende Erträge bei leichtem Abwärtstrend. Auf Grund der Erträge in diesen Jahren wur­den Angaben über die normalen Erträge der Höfe errechnet. Einzelne Mißernten brachten die Jahre 1621, 1623, 1630 und 1633, im allgemeinen lagen die Er­tragsziffern sonst relativ hoch. Über die Mißernte 1623 berichteten Untervogt, Bürger­meister und Gemeinde von Tübingen in einer Eingabe an den Her­zog[544]. Ein Hagelwetter und der durch Pilzbefall ausgelöste Getreide­rost[545] schade­ten damals den Pflan­zen. Hinzu kam, daß auch auf der Schwäbischen Alb wegen zu lange gelegenen Schnees die Ernte fast vollständig ausgefallen war. Gerade auch an­gesichts der damals durch einquartierte Solda­ten verstärkten Nach­frage nach Lebensmitteln folgte diesen Ernteausfällen eine nachhal­tige Teuerungs- und Versorgungs­krise. Gleichzeitig scha­dete eine lange Dürre auch ande­ren Erdge­wächsen. Der Dreißigjäh­rige Krieg wirkte sich damals in Südwest­deutschland zunächst noch höchstens durch Einquartierun­gen aus. Man kann deshalb von einem durch direkte Kriegswirkungen noch relativ unbeeinflußten Erntezyklus ausgehen.

Anschließend machte sich der Krieg dann allerdings mit aller Vehe­menz bemerkbar. Die eigentliche Kriegsphase dauerte von 1635 bis 1646. Auswirkungen des Krieges beeinträch­tigten in diesem Zeitraum die landwirtschaftlichen Erträge direkt, weshalb es zu einer nachhalti­gen Verschlechterung der Ernteergebnisse kam. Währenddessen nahm die Menge des ausgesäten Getreides nur gering­fügig ab. Weil gleich­zeitig, vom Jahr 1638 abgesehen, die Dreschzif­fern eher stabil blieben, die Ertragsziffern aber zurückgingen, beson­ders deutlich im Falle von Rottenburg, muß dieser Rückgang vor allem durch Ein­flüsse des Krieges verursacht worden sein. Ihre auswärtigen Höfe ließen die Spitäler wäh­renddessen erst gar nicht be­wirtschaften, oder sie fanden, wie der Rottenburger Spital 1646, wegen der unsicheren Zeiten keine Meier. Außer­halb der Städte fiel die Ernte voll­ständig aus[546]. In Her­renberg entschied sich der städtische Rat 1641 zue Verhüetung be­sorgten Abgangs dafür, die Eigenwirt­schaft abzuschaffen und seine Güter in eine Meierei umzuwandeln. Dafür bezog er nur noch die Hälfte der Erträge. In Rottenburg ver­brannten die eingebrachten Gar­ben 1644 beim Stadt­brand. Die Lage verschärfte ein Hochgewitter, das am 2. Juli 1646, beinahe alle und zwar die allerschönsten lieben Früchten samt den Wein­bergen… dergestalt zerschlagen und getrof­fen…, daß, leider Gott erbarms, keine Sichel ge­braucht und angelegt werden kann. In den Feldern sei es so übel gestanden, daß ein stei­nernes Herz darüber weinen möchte[547].

Für die Landwirtschaft schloß sich an die Kriegszeit bis zum Jahr 1666 eine Erholungsphase an, während der die Spitäler ihre Eigen­wirtschaft wieder aufbauten und sich so nach und nach von den Fol­gen des Krieges erholten. Schon das Jahr 1647 bot mit einer reich­lichen Ernte einen willkommenen Auftakt[548]. In Horb erreichten die Ertragsziffern wieder das Vorkriegsniveau, in Rottenburg stieg der Trend gleichfalls, die Erträge blieben aber ge­genüber dem Vorkriegs­stand zurück. Brach­liegende Felder wurden zum Teil erneut be­stellt, vor allem auch wie­der auf den auswärtigen Höfen. Deren Erträge hinkten allerdings noch weit hinter jenen vor Kriegsbeginn her. Ein Fehljahr mit geringen Erträgen gab es 1658. In Rottenburg zer­schlug 1666 ein Hochgewitter einen großen Teil der Halme.

Einen gewissen Sättigungsgrad dürfte die Wiederaufbauarbeit 1667 er­reicht haben, so daß ab diesem Jahr von einer Nachkriegszeit ge­sprochen werden kann, während der sich bei leicht stei­gendem Trend insgesamt eine Normalisierung der Erträge andeutet. Drei nach­haltige Mißernten 1666, 1669 und 1672/73, die sich durch geringe Ertrags­ziffern auszeich­nen, konnten diesen Trend nicht um­kehren.

Freilich zeitigte der Dreißigjährige Krieg bleibende Folgen, welche sich an den Dinkeler­trägen der von den Spitälern selbst bewirtschafteten Felder ablesen lassen. So erreichten die Ernteerträge nach 1634 wäh­rend des Beobachtungszeitraumes nie mehr das Niveau der vorherge­henden Jahre. Weil während der eigentlichen Kriegsjahre, vom Jahr 1630 einmal abgesehen, keine ausgesprochene Mißernte stattgefunden zu haben scheint, sind diese Er­tragsverluste eindeutig den Kriegsein­wirkungen zuzuschreiben. Beson­ders deutlich wird dabei ein Stadt-Land-Gefälle. Obgleich von den städti­schen Spitalhöfen aus auch während der eigentlichen Kriegszeit Felder bewirtschaftet wurden, mußten die Höfe auf den Dör­fern auf­gegeben werden. Deren Felder lagen bis nach Kriegsende zu wesent­lichen Teilen brach. Diese Aussa­gen über die Erntezyklen im Unter­suchungsraum werden mit heranzu­ziehen sein, wenn es gilt, die Ent­wicklung der Agrarpreise und jene der Lebensverhältnisse zu erklären.

Der Weinbau in den drei Orten

Wein war im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit das eigentliche Exportprodukt des Landes am oberen Neckar. Vom 12. bis zum 16. Jahrhundert nimmt Franz Quarthal[549] eine ständige Ausdehnung der mit Weingärten bewachsenen Fläche an. Vor allem die Einwohner von Rottenburg, Hirschau und Wurmlingen bewirtschafteten umfangreiche Rebflächen. Das Kleinere Steuerberaitungsprotokoll der vorderösterrei­chischen Länderaus den Jahren 1678 bis 1698[550] nennt für Rotten­burg 483,5 Jauchert, für die niedere Herrschaft Hohenberg 468 Jau­chert und für Horb 81,25 Jauchert Rebfläche. Außer im Falle der Rot­tenburger Weingärten galten alle als schlecht oder sehr schlecht. Von Rottenburg aus ex­portierten Händler den Wein in großem Maß­stab vor allem nach Ulm, Reutlingen und in andere Städte der nä­heren Umgebung. Der Weinbau beherrschte das gesamte Wirtschaftsle­ben der Stadt. Darüberhinaus trugen die Einnahmen aus ihm einen überwie­genden Teil zu den herrschaftlichen Einkünften aus Niederho­henberg bei. Die Blüte des Weinbaus und des Weinhandels im Spät­mittelalter begründete den Wohlstand der Graf­schaft, sein Niedergang im 17. Jahrhundert ließ die Region in ihrer wirtschaftli­chen Bedeu­tung weit zurückfallen, so Quarthals zusammenfas­sende Beurteilung dieses Wirtschafts­faktors. Als Symptome des Nieder­gangs nennt er den Um­fang der Rottenburger Reban­bauflächen im Jahr 1681 von 604 Jau­chert und den Wert der auf dieser Fläche er­zielbaren Weinernte, welcher zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhun­dert um ein Drittel abnahm. Im 18. Jahrhundert galten die einst selbsbewußten Weingärt­ner als blutarm. Ursache dieses Niedergangs sei ein geänderter Ge­schmack bei den Trinkern und die Verwüstung der Weinberge im Dreißigjährigen Krieg gewesen.

Der Weinbau unterliegt grundsätzlich anderen Faktoren, als der Ge­treideanbau. Er hängt nicht von einer Aussaat ab, sondern von der arbeitsinten­siven Pflege der Reben. Somit ent­fällt der durch die An­bauentscheidung begründete dreijährige Zyklus des Fruchtwech­sels beim Getreide. Darüberhinaus können Weinernten im Unterschied zum Ge­treide prak­tisch vollständig ausfallen, etwa nach Frost wie 1576 oder 1602[551]. Um­fangreiche Weiner­träge bedeuten auch nicht unbedingt ein gutes Weinjahr, weil hier der Qualität eine ent­scheidende Rolle zukam. So wagte es der Herrenber­ger Spital 1632 nicht, seinen Pfründ­nern den sauren jungen Wein auszu­schenken. Frei­lich werden sich die Ein­flüsse des Krieges in ähn­licher Weise beim Weinbau wie beim Getrei­deanbau bemerkbar ge­macht ha­ben, da sich etwa ein verringertes Ar­beitskräftepotential in gleicher Weise nachteilig auf die Getreideernte wie auf die Weinernte auswirken mußte. Zerstörte Weingärten gar un­terlagen wesentlich schwierigeren Wiederaufbaubedingungen, als verwü­stete Getreidefel­der, da die jungen Reben erst einmal mehrere Jahre wachsen mußten, bevor sie die Inve­stitionen des Wengerters durch Früchte entlohnten. Aus all diesen Gründen muß der Ern­tezyklus beim Wein­bau geson­dert von jenem des Getreideanbaus untersucht werden. Da­bei ist zu be­achten, daß Wein für das Neckartal eine sehr viel größere Bedeu­tung hatte, als für Herrenberg. Zur Untersuchung lassen sich die Er­tragsreihen aus dem Kelterwein, vom Zehnt- und landgar­bigen Wein und aus dem Eigen­bau verfolgen. Alle genannten Ertrags­arten bemaßen sich nach dem Ernteergebnis des jeweiligen Jahres und be­ruhten auf ziem­lich konstant bleibenden Weinbergflächen. Alle drei Spitäler be­saßen Keltern, bezogen Wein von Zehnten oder Landgarben und be­trieben eigenen Weinbau, wobei die­ser in Herren­berg allerdings so unerheblich war, daß ein sinnvoller Vergleich nicht möglich er­schien. Als normal wird im folgenden, wegen der relativ einheitlichen Erträge, das Niveau der Weinerträge zwischen 1622 und 1635 genannt.

Der Zehntwein gibt am ehesten Auskünfte über den Erntezyklus des Wein­baus im ge­samten Ort. Denn in diesem Ertrag spiegeln sich die Er­träge von Weingärten außerhalb des Spitals wieder.

Erträge an Wein 1622 – 1635 (in Hektoliter)  
                        Kelter Zehnt Eigen 
 Horb a.N.                18     2    56  
 Rottenburg               40   124   195  
 Herrenberg                4    18       

Vor allem der Rottenburger Spital besaß umfangreiche Zehntrechte. Nur sehr dürftig hat­ten im Vergleich dazu den Horber Spital seine Stifter mit Zehntrechten bedacht. Mit die­sen Zehntrechten wurden in der obigen Tabelle die Herrenberger Landgarben (+) vergli­chen. Beim Eigenbau sind die Herrenberger Angaben wegen der ge­ringen Mengen schwer zu beurteilen. Insgesamt zeigt diese Aufstellung die Dominanz des Wein­baus in Rotten­burg, wohingegen er in Herrenberg keine be­sondere Rolle spielte. Bei den Hohenbergi­schen Städten nahm der Rottenbur­ger Spital fast fünfmal soviel Wein ein, als jener in Horb. Damit be­stätigt sich auch bei der Betrachtung der Spitäler die Kon­zentration des Weinbaus innerhalb der Herrschaft Niederhohenberg auf Rotten­burg[552]. Klimatische und geographische Faktoren werden für diese Verteilung im wesentlichen verantwortlich sein.

Bei den Keltern ist die Ertragsentwicklung schwierig einzuschätzen, da durch den Krieg für längere Zeit Kelterbäume ausfielen, in Rot­tenburg und Herrenberg brannten sie ab. So­fern die Spitalverwaltun­gen diese Keltern überhaupt wieder aufbauen ließen, geschah dies während der Kriegsjahre durchweg mit verminderten Ka­pazitäten.

Zur Beurteilung des Erntezyklus beim Weinbau hat sich eine Eintei­lung in sieben Zeiträume als sinnvoll erwiesen. Vor dem Krieg bis 1612 hielten die Weinerträge ein rela­tiv hohes Ausgangs­niveau. Ähnlich wie beim Getreide folgte eine regelrechte Serie von Mißernten, wäh­rend der die Erträge allgemein auf unter 80 Prozent zu­rückgingen und die bis 1621 dauerte. Weil damals der Krieg sich noch nicht auswirkte, müssen natürliche Um­stände wie Witterung, Wär­meverhältnisse, Wasserverhältnisse, vielleicht auch Schädlings­befall für diesen Rückgang verantwortlich sein. Auf vorhergehende schlechte Ernten deu­ten beispielsweise in Horb umfangreiche Käufe in drei Jahren hin. Auch mit Bier substitu­tierten die Pfleger manchmal den Rebensaft. Weil der Wein dann bis zum Wirksamwerden des Krieges insgesamt ein kon­stantes Niveau in Höhe der Vorkriegszeit hielt, be­zeichne ich den entsprechenden Durchschnitt als normal. Einzelne Rück­schläge, etwa wenn Frost am 25. Mai 1626 oder am 26. Mai 1633[553] die Trauben in Rottenburg zugrunde richtete, ge­hören beim Weinbau eher zu den Normalerscheinungen. Solche Rückschläge be­gleiteten in Horb wieder entsprechende Käufe und die Substitution mit Bier. Kriegsgefahren min­derten während der heißen Kriegsphase ab 1636 vor allem in Rottenburg die Weinerträge er­heblich. Im Zen­trum des Weinbaus gingen die Zehnteinnahmen auf die Hälfte, eigene Erträge auf 65 Prozent und der Kelterwein so­gar, da des Spitals Kelter abbrannte, auf un­ter ein Drittel zurück. In Herrenberg waren die Einbußen insgesamt noch größer, da die Kelter in Breiten­holz seit 1639 wüst lag und von Landgarben weniger als 40 Prozent Wein eingingen. Erstaunlich gut kam hingegen der Weinbau in Horb davon, wo der Eigenbau sogar noch um fast 40 Prozent mehr einbrachte und die Keltern nur leichte Einbußen von etwa einem Zehntel erlit­ten. Während des Wiederaufbaus seit 1651 nahm be­sonders der Rotten­burger Weinbau schnell wieder zu und ertrug sogar deutlich mehr als normal. Die Zehnt­rechte brachten in Rottenburg ein knappes Drittel, der Eigenbau 15 Pro­zent mehr ein. Indessen ertrugen die Keltern weiterhin nur ein Drittel ih­rer Vorkriegsleistung, weil die mei­sten Kelterbäume noch nicht wiederauf­gebaut waren. Auch der Horber Weinbau nahm in ähnlichem Maße zu. Ob sich angesichts der rasch gesteigerten Mengen auch die Qualität halten ließ, ist den Quellen nicht zu ent­nehmen. Hinweise wie im Falle von Horb, wo der Pfründner Michael Haug 1652 sein Mas Horber Pfründwein daran­setzte, um die Hälfte der Menge guten Weines ausgeschenkt zu be­kommen, lassen sich nicht ohne wei­teres verallgemeinern. Allerdings spricht das Steuerberaitungsprotokoll der vorderösterrei­chischen Länder vom Ende des 17. Jahrhunderts eine deutliche Sprache[554]. In ihm wer­den alle Rebflächen außer jenen in Rottenburg ja als schlecht oder sehr schlecht eingestuft. Während den Rottenburgern bei der Steuer­berechnung ihre Weingärten doppelt ange­rechnet wurden, kamen zum Beispiel die Horber Bürger mit einer einfachen Veranlagung davon. Gegenüber der Situation in Hohenberg scheint sich der Herrenberger Weinbau nach dem Krieg nicht mehr recht erholt zu haben. Daß der Herrenberger Spital seine Weingüter in Breitenholz schließlich ver­kaufte, war nur die logische Konsequenz dieses Niedergangs.

Eine zweite Serie von Mißernten traf die Spitalwirtschaften seit 1662. In den folgenden fünf Jahren erlitten alle Weinbauern dramatische Ernteausfälle. Knappe zwei Drittel betru­gen die Rottenburger Zehnter­träge, vom Eigenbau kam weniger als die Hälfte ein und die Kelter brachte lediglich ein Drittel. Ähnlich ka­tastrophal war die Situation in Horb: nur noch die Hälfte normaler Erträge verzeichnete der Schrei­ber beim Zehnt und Eigenbau, 58 Prozent notierte er für die Keltern. Im Anschluß an diesen Rück­schlag rea­gierten die meisten Spitäler mit einer erneuten Verbesserung seit 1667. In Rottenburg brachten die Zehntknechte seitdem drei Viertel mehr ein, der Eigenbau florierte mit gut doppelt so viel wie gewöhnlich und die Kelter erreichte wieder ihren einst normalen Stand. Auch beim Horber Weinbau machte sich in diesem Zeitraum ein – allerdings im Vergleich zu Rottenburg ab­geschwächter – Boom bemerkbar.

Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Rottenburger Spitalwirtschaft besonders stark auf den Weinbau ausgerichtet war. Kriegswirkungen trafen diesen Spital deshalb am stärk­sten. Er konnte seinen Weinbau aber bereits unmittelbar nach Kriegsende wie­der auf das alte Niveau bringen und in den 1670er Jahren sogar noch darüberhinaus steigern. In Horb blieb das Rebengewächs vom Krieg eher verschont, nach Kriegsende war die Intensivie­rung aber auch nicht so deutlich. Wäh­rend also diese beiden Anstalten nach Kriegsende ver­stärkt auf den Weinbau setzten, gab jene in Herrenberg ihre Reb­kulturen mehr oder weniger auf. Angesichts der damals erzielten Weinpreise, auf die weiter unten näher ein­gegangen wird, war die Anbauentscheidung im Neckartal durchaus gerechtfertigt. Der Dreißigjährige Krieg führte also nicht unmittelbar und auf direktem Weg – durch die Zer­störung der Weingärten etwa – zum Niedergang des Weinbaus der hohenbergischen Spitä­ler. Sofern man die Spitalwirtschaft stellvertretend für die Wirt­schaft der Stadt Rottenburg betrachtet, müssen die Gründe für den Bedeutungsschwund dieses Wirtschaftsfaktors in mittelbaren Folgen des Krieges oder bei anderen Ursachen gesucht werden. Zu denken wäre an eine Quali­tätsminderung wegen der vielleicht nur im Hinblick auf schnelles Wachstum nach Kriegsende angepflanzten Rebstöcke und an die im­mer wieder als Motiv genannte Änderung der Geschmacksrich­tung.

VII. Staatliche Preisregulierungen

Bisher wurden in der vorliegenden Arbeit von den Kräften, welche die Bildung der Preise und Löhne im Untersuchungsgebiet beeinflußten, besonders die Entwicklung der Wäh­rung, der Erntezyklus und die Wirkungen des Dreißigjährigen Krieges untersucht. Welche Kräfte ha­ben die Bildung der Preise und Löhne in Rotten­burg, Horb und Herren­berg sonst noch beeinflußt? Daß dabei nicht nur Kräfte des freien Marktes mitwirkten, zeigt bei ei­nigen Preis- und Lohnrei­hen bereits deren treppenstufenartiger Verlauf. Solche Reihen, die sich nach mehrjäh­rigem konstantem Verlauf plötzlich durch einen Preis­sprung qualita­tiv verän­dern, um anschließend während mehrerer Jahre auf dem neuen Niveau zu verhar­ren, le­gen zumindest den Verdacht obrigkeitlicher Preisregu­lierung nahe. Tatsächlich läßt sich diese Art landesherrlicher Einflußnahme[555] während des Untersuchungszeitraumes für alle drei Städte und für die Territorien, denen sie angehörten, nachweisen. Sie gehören zu den bedeutenden exogenen Faktoren im Untersuchungszeitraum. Weil dabei für die bear­beiteten Städte jeweils die Maßnahmen ihrer Landesherren zum Tragen kamen, müssen diese für das Herzogtum Württemberg und die Grafschaft Hohenberg untersucht wer­den. Dabei kommen bevorzugt solche Quellen zur Dar­stellung, welche die konkreten Ver­ordnungen für das Untersuchungsge­biet wiedergeben und in denen sich die Wirkung der Maßnahmen vor Ort spiegeln, dies sind insbesondere Berichte der einzelnen Ämter im Vor- und Nachfeld der Preisregulierungen[556].

Staatliche Preis- und Lohnregulierungen durch Handwer­ker- und Tax­ordnungen sind nicht erst eine Errungenschaft des 17. Jahrhun­derts und somit nicht etwa eine Neuschöpfung wegen der wirtschaftspoliti­schen Proble­me jener Zeit. Die erste be­kannte Taxord­nung Württem­bergs stammt aus dem Jahr 1425. Daran läßt sich die bis ins Mit­telalter zurück­reichende Tradition[557] derar­tiger obrigkeitlicher Eingriffe in den Markt ermessen. Ur­sprünglich stand hinter solchen Preisregulie­rungen wohl die Idee vom gerechten Preis. Im Zusam­menhang mit der Zunftordnung han­delte es sich oft um Ordnungsta­xen, die sehr nahe am Marktpreis lagen, damit nur geringe Folgen hatten und des­halb als unechte Preis­bindungen bezeichnet werden[558]. Wohl echte Ta­xen beabsichtigte die Reichspolizeiord­nung von 1530, wenn sie die lo­kalen Instanzen anwies, Löhne für Arbeiter, Taglöhner und Boten festzusetzen und im Gaststättenge­werbe Höchstpreise ein­zuführen. Außergewöhnliche Teuerungen im Jahr 1579 veran­laßten den württem­bergischen Herzog Ludwig ebenfalls zu echten Taxen[559].

Taxordnungen in Württemberg und Hohenberg 1      
 Württemberg        Hohenberg
1425Erste Taxordnung                                   
1579 Nov 14               Generalreskript, die Handwerker betreffend                             
1622 Jun 15                                             Taxa und Ordnung des   Feldgeschäfts
1622 Aug 17               Zweite Taxordnung           
1622 Sep 9                Generalausschreiben                             
1622 Sep 14                     (Erste) Taxordnung
1622 Nov 9                Generalreskript über Anwendung der TaxO bei Tauschverträgen 
1623 Jan 25                     Dritte Taxordnung                                  
1623 Mrz 31                     Generalreskript mit Zusätzen zu TaxO                                      
1625 Samstag vor Ostern         Fleisch- und Metzgertaxe                                       
1625 Mai 5                 Generalverordnung in Tax- und Gewerbesachen                               

Die Teuerungsjahre der Kipper- und Wipperzeit, deren währungspoli­tischer Aspekt bereits weiter oben dargestellt wurde, bewogen dann die würt­tembergische Regierung zur Rück­besinnung auf das bekannte wirt­schaftspolitische Instrument der direkten Preisregulie­rung. Herzog Johann Fried­rich erließ am 17. August 1622 die zweite um­fassende Taxordnung[560], die für das württembergische Territorium be­kannt ist und gleichzeitig die erste im Unter­suchungszeitraum. Veran­laßt sah sich der Herzog zu dieser Taxie­rung durch die seit unver­dencklichen Jaren hero nie erfahrne schwere Hungersnoth, Thewr- und höchste Staigerung aller Menschlichen Notturft. Er setzte Ober­grenzen für Preise und Löhne fest, wobei die Löhne nur summarisch behan­delt wurden, zu­mindest nicht im Vordergrund der Maßnahmen stan­den. Dabei blieb erklärtes Ziel, die Preise möglichst unter die ge­nannten Grenzen zu sen­ken[561]. Es handelt sich also um Grenzpreise, die ledig­lich das obere Limit setzten, wohinge­gen bis zu dieser Grenze Gestaltungsmög­lichkeiten blieben, also nicht um Festpreise[562]. Mit son­ders ungnädi­gem Mißfallen[563] mußte der Herzog in den fol­genden Jahren indessen immer wieder erfahren, daß seine Verordnungen nur unzureichend befolgt wurden. Des­halb steht die württembergische Tax­ordnung von 1622 am Beginn einer ganzen Kette weiterer Preisregu­lierungen und anderer flankierender Maßnahmen. Kein halbes Jahr später, am 25. Ja­nuar 1623, folgte die dritte Tax­ordnung[564]. Ein Stück weit verlagert hatte sich das Teuerungsproblem dann nach der Rück­kehr Herzog Eber­hards aus dem Straßburger Exil. Nicht mehr nur gegen die Bauern richteten sich die Bestimmungen der Vierten Tax­ordnung vom 30. April 1642. Vielmehr waren es da­mals die Handwer­ker, die ohner­achtet die Früchten und andere Victua­lien wi­derumb in zimblich wol­failem und annemblichem Preis zuhaben[565], ihre Löhne in die Höhe trieben.

Taxordnungen in Württemberg und Hohenberg 2      
                WürttembergHohenberg         
 1642 Apr 30               Vierte Taxordnung                                  
 1645 Jun 4                Verordnung über den Handel ins Ausland                                    
 1651 Nov 13               Göppinger Rezeß                                    
 1651 Dez 10               Tübinger Taxordnung   
      1652 Mrz 30                     Rottenburger Fleischtaxe
 1652 Apr 12               Abschied des Schwäbischen Kreises zur Lohnregulierung                          
 1652 Jun 21               Tübinger Taxordnung                                
 1653 Nov 18               Verordnung Betreff in der Taxen für die Handwerker und Weingärtner                                  
 1654 Jan 14               Fünfte Taxordnung                                  
 1654 Jun                    (Zweite) Taxordnung 
 1669 Mai 26               Tübinger Taxordnung         
 1669 Nov 19               Generalreskript über die revidierten Taxordnungen                               
 1672 Aug 1                Generalreskript über Lohn- und Preistaxen                                 

Damals scheinen alle Lohnempfänger, angefangen bei Hand­werkern über Weingärtner bis hin zu Tagelöhnern, die Gunst der Stunde genutzt zu haben. Der Ar­beitskräftemangel we­gen der kriegsbedingten Bevölkerungsverluste[566] er­laubte es, Lohnfor­derungen nach oben zu schrauben. Da Geld knapp war, ließen sich die Arbeit­nehmer teils in Naturalien entloh­nen, die sie zum Spott­kauf[567] be­kamen. Ja, sogar von Preisabsprachen zwi­schen den Hand­werkern mit dem Ziel der Lohnstei­gerung weiß die Verordnung zu berichten. An­gesichts dieser Sachlage legte die dama­lige Regierung entspre­chende Obergrenzen für Löhne fest. Ähnlichen Inhalt hatte die Taxord­nung von 1654. Eine Be­sonderheit stellt das Generalre­skript vom 1. August 1672 dar, weil es nicht mehr Höchst­preise sondern Mindest­preise für Ge­treide festsetzte: die Entwicklung hatte sich also im Vergleich zu den 1620er Jahren völlig umge­kehrt. Am Ende dieser Serie von di­rekten staatlichen Preisregulierungen im Untersuchungszeitraum standen also grundsätzlich andere Inhalte, als zu deren Beginn. Welche Ursa­chen dafür nannten die Autoren der Quellen und welche Ursachen lassen sich nach heutigem Erkenntnis­stand namhaft machen?

In den herzoglichen Verordnungen ist stets viel von der Gewinnsucht, von gar erkalteter Lieb gegen den Nechsten und vom schandlichen eigennutzigen Geiz die Rede[568]. Auch göttli­che Strafe als Ursache der Krise zog die herzogliche Regierung in Be­tracht: die Teuerung habe der Allmächtig uber uns, unserer überheuf­ten Sünd willen wohlver­schuldtermaßen ver­hengt[569], von Got­tes all­mächtigem gerechten Zorn[570] war die Rede. Aber auch das Gegenteil fiel dem zeitgenössi­schen Kommentator, hier dem Her­zog und seinen Räten, bei der Ursa­chenforschung ein, der gleichsamb teufelische Geist[571]. Ne­ben re­ligiösen und moralischen Kategorien ka­men aber auch ökono­mische Gründe ins Spiel, auffälligerweise selten seitens des Herzogs. Mitglie­der des Landtages[572] nann­ten 1622 als Ursa­che der Teuerung, daß sich Bauern und Handwerker nicht mehr Kupfer für Sil­ber auf­schwatzen ließen und deshalb ihre Preise stei­gerten. Auch die erste hohenbergische Taxordnung brachte ihre Maß­nahmen unmittelbar mit der übermesigen Geldsteigerung in Zu­sammenhang[573]. Mit dieser Zu­weisung ging insofern Kritik etwa am württembergischen Herzog ein­her, als er das Münzregal ja selbst inne­hatte. Tatsächlich böte sich in diesem Zusammenhang ein gängiges Muster[574] für die Erklärung von Taxordnungen an. Ein typischer Anlaß für staatliche Preisregulierungen sind Kriege, im Untersuchungszeitraum der Dreißig­jährige Krieg. Dabei setzt der Staat seine Präferenzen über die Wün­sche der Konsumenten und nimmt die Ressourcen für sich in Anspruch. Als Instrument, um diese Ressourcen abschöpfen zu kön­nen, bedient er sich in der Regel einer Geldmengenexpansion, im Unter­suchungszeitraum der Ausgabe von Scheidemünzen. Damit ver­schafft er zunächst sich selbst, aber auch der Bevölkerung, größere Kaufkraft. Diese treibt die Preise in die Höhe, falls nicht Höchstpreisverordnun­gen die Inflation eindäm­men. Gebildet wurde dieses Er­klärungsmodell zwar zunächst im Hin­blick auf die Weltkriege der Neuzeit. Es paßt aber auch sehr gut auf die Entwicklung im Untersuchungszeitraum. Insofern weist die Stellung­nahme des Landtages wie auch der hohenbergischen Verant­wortlichen auf einen wichtigen Aspekt der Taxord­nungen hin. Vermied die würt­tembergische Regie­rung bewußt, wo irgend möglich, diese Gründe anzu­sprechen? Daß sich auch Württembergs Verantwortliche klar dar­über waren, wie ent­scheidend die Geldentwertung an der Teuerungs­krise in den 1620er Jahren mitwirkte, zeigte sich im März 1623. Im Lande machte damals das Gerücht von einer bevorste­henden Geldent­wertung die Runde, weshalb viele ihre Waren zu­rückhielten. So wie auch heutzu­tage jede um die Stabilität ihrer Wirtschaft besorgte Re­gierung antworten würde, mit ei­nem Dementi, so reagierten schon damals die Verantwortlichen in Württemberg. Tatsäch­lich dürfte aber die Geldentwer­tung wegen der Geldmengenschöpfung der wichtigste Grund für die Krise gewesen sein. Am ausführ­lichsten gingen Unter­vogt, Bürgermei­ster und Gericht von Tübingen in einem Gutachten von 1623 auf die vielfältigen Faktoren der Krise ein[575]. Sie wiesen auf die Im­portabhängigkeit des Herzogtums auch bei glickhlichen und vorgehen­den Regierungszeiten Hertzog Christof, Ludwigen und Fride­richen hin. Niemals sei das Land mit den fürnembsten zu des Ment­schen Uf­enthalt erforderten Stuckhen wie Ge­treide, Fleisch, Schmalz, Unschlitt, Leder, Wolle, Eisen und Kohlen, zu Genuege versehen ge­wesen, habe sich also niemahlen selbsten versorgen kun­den. Als die Com­mertia ungespert verpliben, habe man solche Waren aus der Schweiz, von Nürnberg, Nördlingen, aus der Baar und von anderen Orten nach Stuttgart und in andere Ämter eingeführt, und dardurch in disem Landt ain Wohlfailin erhalten worden. Auf diesen Zustand traf dann die Geldent­wertung durch die doppelten und ainfachen Schillinger und Creitzer, also die minderwertigen Schei­demünzen, weil diese außerhalb des Landes in dem gesetzten Valor nicht angenommen werden wöllen. Wer viele kleine Münzsorten einnahm, litt am meisten unter diesem Zu­stand: Bäcker und Krämer, welche viele Klein­waren anboten, sowie die Bauern, welche die Märkte beschickten. Un­zahlbarn großen Schaden fügten dem Münzwesen dann auch noch die Kriege direkt zu. Deren Wirkungen trafen das Herzog­tum damals in Form des frembd Volckh… von Reitern oder Fuosge­henden, das man zum Beispiel 1622 im Land hatte und mit den­selben nachendt allen ge­habten Vorrath eingebüest. Auf diese ohnehin angespannte Lage traf dann 1623 zusätzlich eine Mißernte. Während es zuvor noch eine gute Ernte ge­geben habe, sei dieses Jahr wegen Hagels und eingefal­lenen Rosts der Ertrag sehr schwach gewe­sen, auch uf den Alben des zu lang gelegenen Schnees halben, die Somen sol­chergestalten verses­sen, daß nicht sovihl einheimbst worden, solche Güter wider zubesä­men. Eine beharrlich geweste Dirre traf zu al­lem Übel auch noch die Erdge­wächse. Dahero besorglich uns ku­mendt, an dem lieben Brot vihl großerer Mangel dann das vergangen Jahr erscheinen würdt, was man in manchen Orten bereits jetzt er­fahre. Hier wird also eine Ursachen­kombination genannt: beruhend auf der Importabhängigkeit Württem­bergs traf die Geldentwertung das Land be­sonders hart. Die verord­neten Taxen verschärften diese Lage zusätzlich, weil sie Einfuhren be­hinderten. Dazuhin wurden die ohnehin knappen Ressourcen auch noch von einquar­tierten Soldaten bean­sprucht und konnten 1623 we­gen einer Mißernte nicht mehr ergänzt werden.

Neben Vermutungen über den Anlaß der Krise ließen sich die jeweili­gen Regierungen bei ihren Gegenmaßnahmen von be­stimmten politi­schen Zielsetzungen leiten. Diese müssen nicht unbe­dingt mit jenen übereinstimmen, die Württembergs Herzöge in ihren Einleitun­gen zu den Taxordnungen vorgaben. Doch sind diese Selbst­zeugnisse allemal aufschluß­reich, weil sie zumindest zeigen, was die Herzöge für dar­stellenswert hielten. In aller Re­gel[576] stecken nichtökonomi­sche Gründe hinter dem Erlaß echter Taxen. Es wird versucht, Ergebnisse des Marktes zu korrigieren. Dabei kann immer nur eine Seite der am Marktge­schehen Beteiligten begünstigt werden, entweder die Verkäufer durch Mindestpreise oder die Konsumenten durch Höchstpreise. Da Märkte für sozialpolitische Erwägungen blind sind, sie nehmen bei­spielsweise keine Rücksicht auf die Kinderzahl ei­ner Familie, können Höchstpreise tatsächlich zugunsten sozial Schwa­cher wirken. Darin muß aber noch nicht der eigentliche Grund für die Regulierungen liegen; immerhin aber begründeten die Her­zöge ihre Preistaxen bei den untersuch­ten Taxordnungen – wie allgemein üb­lich[577], mit dem Schutz der sozial Schwachen. Die Bedürftigen, die Armen, die nichts zu tau­schen haben, sind es, denen sich während der 1620er Jahre die vä­terliche Vor­sorge des Landesfürsten zu­wandte. Sie sollten vor eusser­ster Hun­gersnoth, Elend, Undergang und Verderben gerettet werden und nicht Not und Mangel leiden müssen[578]. Weil Höchstpreise prin­zipiell eine Besserstellung des Nach­fragers bewirken, erscheint die vom Herzog mitgeteilte Motiva­tion, er handle aus landtsfürstlichen Hulden und väterlicher Vorsorg[579], also auf den ersten Blick doch zumindest nicht ganz unglaubhaft. Seit den 1640er Jahren kehrte sich die Inten­tion für die Taxordnungen und gleichzeitig der Kreis der Begünstigten um. Jetzt ließen sich nicht mehr die Bauern allerhand Tricks einfallen, um ihre Produkte zu überhöhten Preisen an staatli­chen Kontrollen vorbei verkaufen zu können. Der durch das höchst­leidige Kriegs­wesen eusserst ruinirte Bawersmann war nunmehr Leid­tragender der wirt­schaftlichen Ent­wicklung und wurde deshalb von der herzoglichen Po­litik begünstigt. Die Früchte sanken zu höchstem Un­wert herab, wo­hingegen es zu einer Clämme des zumal kostbaren Gesinds und Ehe­halten gekommen war. Zum Besten des Bauersman­nes erließen die Regierungen Lohntaxen und Taxen für die Produkte handwerklicher Arbeit, ja sogar Mindestpreise für Getreide[580]. Freilich standen hinter dieser Sorge um das Wohl der Landwirte wohl auch ei­gennützige In­teressen, weil die herzoglichen Einkünfte und jene des Herzogtums zu einem Großteil der Landwirtschaft entstammten. Der gäntzlich darnider gelegene Acker- und Feld­baw, dessen Krise ja nicht nur die Bauern, sondern auch die Bürger und vor allem die Herrschaft in Mitleiden­schaft zog[581], sollte wieder aufblühen. Daß in­dessen über Eigeninteres­sen der Herrschaft hinaus das Bestreben, daß je einer neben dem andern die Notturft täglichen Stuckh Brots ver­mitelten Segen Gottes, seinem Standt undt Thuen gemäß, unverhin­derlichen undt unbetrangt gewinnen und gehaben möchte[582] wesentli­ches zur landes­fürstlichen Motivation beitrug, ist kein Widerspruch. Letztendes läßt sich auch nur die Be­teiligung Württembergs an den Preisregulierungen durch solche Anhaltspunkte begründen, weil auch das Herzogtum nur einer von vielen an den Preisregulierungen betei­ligten Reichsständen war. Württembergs Herzog befand sich mit dem Erlaß seiner Taxordnungen in guter Gesellschaft, sowohl außerhalb sei­nes Territoriums, als auch innerhalb: Mitte des Jahres 1648 bewo­gen die hohen Löhne den Kleinen Aus­schuß des württembergi­schen Land­tages, sich zum Für­sprecher der selbständigen Bürger und Bauern zu machen. Er ging sogar noch weiter als der Herzog, indem er die bis dahin allgemein von Landschaftssteuern befreite Klasse der als vermögens­los Eingestuf­ten, zu denen Handwerksgesellen, Knechte, Die­ner und Mägde zähl­ten, zu solchen Abgaben heranziehen wollte. Während die Ausschuß­mitglieder nämlich Bauern und Selbständige als völlig verarmt ansa­hen, fanden sie der Ehehalten Stand und Condition umb ain Nambhaftes gebessert, vor allem durch ihren Mutwillen und Halsstarrigkeit bei Lohnansprüchen. Freilich ver­zichtete man schließlich doch auf diese Kopfsteuer der Unbemittel­ten[583]. Auch in außenpoli­tischer Hinsicht be­fanden sich Württembergs Herzöge mit ihrer Politik der Preisregu­lierung in bester Gesell­schaft, es handelte sich dabei um eine zeitty­pische Erscheinung.

Württembergs Taxordnungen stehen nämlich keineswegs isoliert da. Nur im Verbund und in Abstimmung mit ähnlichen Maß­regeln in an­deren Landesfürstentümern hatten sie Aus­sicht auf Erfolg. Vor allem konnten generelle Höchst­preise den vielfältigen lokalen Unter­schieden und vor allem bestimmten Grenzsituationen nicht gerecht werden. Beispielsweise waren Vieh, Schmalz und Holz am Rande des Schwarz­waldes billiger, als andern­orts[584], was sich etwa auf die westlichen Ämter des Herzogtums auswirkte. Vor allem auch die Trans­portkosten machten sich als Faktoren unterschiedlicher Preisgestaltung bemerkbar. Herren­berger Sei­ler, die ihren Hanf in Straßburg bezogen, mußten wesentlich mehr be­zahlen, als ihre Kollegen, die vor Ort einkaufen konn­ten[585]. Ämter in Grenzlage wie Tübin­gen, Herrenberg und Balin­gen, die einen großen Bedarf an Lebensmitteln hatten, litten in den 1620er Jahren an erheblichen Mangelerscheinungen. Früchte, tierische Produkte und Brennholz fehlten, weil die Untertanen benachbarter ausländischer Territorien nichts mehr liefern wollten, sobald sie etwas von neuen Taxen hör­ten[586]. Ein Gutachten von Un­tervogt, Bürgermei­ster und Ge­richt der Stadt Tübingen aus dem Jahr 1623 stellte an­gesichts dieses Lieferboykotts die Abhän­gigkeit der Universitätsstadt von anderen Territo­rien dar[587]. Die Stadt sei volkreich und die Uni­versität, das fürstliche Kollegium, an­dere Sti­pendien sowie das Hofge­richt würden täglich ain großen Vorrath an Fruchten, Schmaltz, Un­schlit, Liechter und allerhand Vic­tualien erfor­deren. Die Stadt verfüge über keine Vorräte mehr, weil sie diese bei vorangegangenen Hun­gersnöten ausgegeben habe, auch über kein Geld außer (dem minder­wertigen) hohenlohischen und Landmünzen. Nur zehn Tübinger Bauern hätten dieses Jahr Früchte eingebracht, aber nichts davon zum Ver­kaufen übrig. Auch von den Amtsflecken sei keine Zufuhr zu er­warten. Bei einigen handelte es sich um arme Weinbauorte. Von an­deren wie Derendingen[588] sei nichts anderes zu erwarten, dann daß ire arme Kinder uns täglich vor den Häusern betlendt li­gendt. Die Be­wohner einer weite­ren Gruppe von Siedlungen be­suchten andere Wo­chenmärkte. Weil das Tübinger Amt gleichsam mit frembden Her­schaften umbgeben, war man bisher von ausländischen Liefe­rungen auf die Märkte abhän­gig. Fielen diese jetzt wegen der württembergischen und hohenbergi­schen Taxen aus, die ja den Anreiz zum Transport nach Tübingen nahmen, so könne keiner dem armen Handwerker sa­gen, wo er sein Brot nemen solle. Es sei nichts an­deres zu erwar­ten, dann daß wir mit bekimmerten Hertzen, Seuftzen und Wehecla­gen se­hen müesten, unsere arme Mitburger arbaitselig zuerfrieren, auch Hungers zusterben und zuverder­ben. Die Lieferungen aus den Amts­flecken würden nicht einmal dazu ausreichen, die Uni­versität halb zu verköstigen und zu er­halten. Deren Angehörige würden aber, falls nichts auf den Markt käme, unter Berufung auf ihre Privilegien von auswärts holen, was sie nur bekommen könnten, dahero uf ain sol­chen Fahl der arm Burgers­mann – welcher`s nicht sowohl zubezahlen hat – immerdar darhinder stehen muoß. Damals, in den 1620er Jah­ren, setzte Württemberg zwar noch auf einheitliche Höchstpreise für das gesamte Herzogtum. In einigen Fällen wie jenem Tübingens ge­stand die Regierung jedoch Ausnahmere­gelungen zu. So blieben die württembergischen Ämter Tübingen, Her­renberg, Balingen und Beben­hausen insofern aus­genommen, als sie mit benachbarten Reichsständen Taxen vereinbaren durften. Auch der Landtag scheint insgesamt eher für Regulierungen inner­halb der ein­zelnen Ämter plädiert zu haben[589]. Im Geltungsbereich der Taxen zeigt sich dementsprechend ein inter­essanter Wechsel zwischen den 1620er Jahren und der Nach­kriegszeit. Während Württemberg in den 1620er Jahren vor al­lem auf zentralisti­sche Vor­schriften setzte, wurde das Gewicht doch bald auf regionale Absprachen verlagert. Dort ging es nicht mehr darum, einheitliche Ta­xen für ein großes Gebiet festzule­gen, sondern darum, funktio­nierende Höchstpreise in zusammenhängen­den Märkten zu erlassen. Viel­leicht spielte bei diesem Wandel auch eine Rolle, daß sich der Gegenstand der Taxierung geändert hatte. Waren es in den 1620er Jahren vorwie­gend Lebens­mittel, für die Fest­preise verordnet wurden, so machten später vor­wiegend Löhne, Dienstleistungen und handwerkliche Produkte Regelungen nötig. Erzwang die Mobilität der Arbeiter und Handwerker hier ein Umdenken? Oder spielte doch eher die zuvor gewonnene Erfahrung mit dem Marktge­schehen eine Rolle? Jedenfalls deuten schon die Vorgänge von 1651 auf ein sol­ches Umdenken hin. Der Rezeß des Schwäbischen Kreises vom Ok­tober 1651 beauf­tragte Kon­vente seiner Viertel zur Behandlung von Taxfragen. Einer tagte im November in Göppin­gen. Dort einigten sich die Teilnehmer darauf, Preisspannen für Löhne anzugeben, die genaue Ausgestaltung aber lo­kalen Konferenzen, die innerhalb eines Monats noch vor Weihnachten zusammentreten sollten, zu über­lassen. Eine solche lokale Konferenz tagte noch im Dezember in Tübingen, zu ihr erschienen Vertreter von Tübingen, Reutlingen, Urach, Rottenburg, Herrenberg, Bebenhausen, Böblingen, Sindelfingen und Hechingen[590]. Die in derartigen Konferen­zen vereinbarten Höchst­preise machte sich der Schwäbische Kreis dann in seinem Abschied von 1652, in den die Rezesse der Viertel einge­flossen wa­ren, in einer generellen Klausel zu eigen[591]. Letzt­endlich beschränkten sich die übergeord­neten Gremien also auf die Vorgabe des rechtlichen Rahmens für die Tätigkeit von Ange­stellten und Handwerkern und gaben Spannen vor, in denen sich die Preise bewe­gen mußten. Die Ausgestaltung blieb den örtlichen Organen überlas­sen. Auch nach der würt­tembergischen Taxordnung von 1654, die im wesentlichen auf den Kreisabschied von 1652 zurückgriff[592], blieb es dabei, so daß sich seitdem in den Herrenberger Ge­richtsprotokollen jährliche örtliche Höchstpreisverordnungen finden[593]. Und auch die Tübinger Konferenz zur regionalen Preis- und Lohnge­staltung tagte immer wieder[594]. Schließlich hatte sich die Überzeugung vollständig durchgesetzt, daß Absprachen nur im regionalen Rahmen sinn­voll wa­ren, wie die ent­sprechende Diskussion um eine neue Tax­ordnung von 1669 zeigt[595]. Wegen dieser Erkenntnis und weil für eine Generalord­nung erst um­ständlich und kost­spielig Berichte eingezogen werden mußten, verzich­tete man damals erneut darauf und überließ die Preis­gestaltung wei­terhin den örtlichen Behörden, die freilich überwacht wur­den. Taxordnungen mußten vorgesetzten Behörden zur Genehmi­gung vorgelegt werden[596].

Wie sinnvoll eine solche flexible Vorgehensweise auch bei den Lohn­taxen und bei Höchst­preisen für gewerbliche Produkte war, zeigen einzelne Berichte zu diesen Vorgängen. Beim Göppinger Rezeß war schon deutlich geworden, daß ein und andern Orths das Vich, Holtz, Ey­sen, Frucht, Wein und andere Wahren auch die Leuth selbsten beßer als an einem andern Orth zue haben seien[597]. Noch deutlicher machten solche Unterschiede die Abge­sandten der Tübinger Konferenz. Sie stellten fest, daß in den vertretenen österreichischen, württember­gischen, zollerischen und reutlingischen Ämtern an einem Orth die Leuth noch besser dann in dem andern zuebekommen waren, daß es Unterschiede bei den Beinutzungen gab, in manchen Ämtern etwa, wo Wein wuchs, dieser zum Lohn gehöre, andernorts aber, wo keine Re­ben gediehen, die Leute keinen Trunk gewohnt seien und ihn auch nicht be­gehrten. In Württemberg erhöhten die erhobenen Extraordi­nari- und Accisgelder allge­mein das Preisniveau[598]. Die Produkte eini­ger Handwerker, etwa der Schuster und Schnei­der waren etwa in Tübingen und in Reutlingen von ganz anderer Gattung. Rohstoffe der Handwerker wie Brennholz, Kohle, Werkholz und anderes kosteten sehr unterschiedlich. Maße und Gewichte, Münzen und Währungen unterschieden sich. Schließlich gäbe es an einem Orths starckhe, hin­gegen andere Enden leichte Felder und in bestimmten Gegenden be­sondere Arbeitsbräuche, etwan früeher oder später an die Arbeit und wi­derumb davon zue­gehen. Insgesamt kamen sie zu der Einsicht, daß eine einheitliche Taxe für alles nicht mög­lich sei[599]. Indessen einigte man sich auf eine Reihe gemeinsamer Löhne, wobei allerdings Würt­tembergs Handwerker befürchteten, daß die benachbarten Territorien diese Höchst­löhne nicht durchsetzen würden[600]. Hinweise zu solchen Unterschieden durchziehen auch den gesamten Schriftverkehr um die fünfte Taxordnung von 1654. So klagten die Herren­berger Gerber, daß sie mit den Esslinger Preisen deshalb nicht mithalten könnten, weil es bei ihnen keine Walkmühle gebe, was doppelte Arbeit ma­che[601]. Die Meister holzverarbei­tender Berufe durften in Herrenberg, Sindelfingen und Böblingen nicht so viel verlangen, wie ihre Stuttgarter Kollegen, weil sie das Material aus dem Schönbuch und aus dem Schwarzwald leicht beziehen könnten[602]. Allerdings erhoben fast alle Handwerker so­fort Klagen dagegen. Sie behaupteten, das beste Mate­rial werde nach Stuttgart transportiert und bestimmte Rohstoffe wären dort billiger zu bekommen. Die Maurer, die ihr Werkzeug selbst stel­len mußten, ar­gumentierten mit dem härteren Stein, den sie im Ver­gleich zu Stutt­garter Kollegen bearbeiten müßten, daß ein Maurer we­gen hiesigen harten Steins gleich­samb in ainem halben Tag mehr am Geschürr verschlage und verderbe, als zu Stuetgardten in selbigem zarten wai­chen Steinwerckh in dreyen Tagen[603]. Württember­gische Schmiede sa­hen sich im Vergleich zu ihren ausländischen Kol­legen in Reutlingen und Rottenburg benach­teiligt, weil sie das teure Eisen der herzogli­chen Faktoreien beziehen mußten. Die Reut­linger und Rotten­burger könnten ihr Eisen kaufen, wo sie wollten, wobei selbst der Trans­port es nicht teurer machte als in Württemberg, ja wann sie’s auch in der Schweitz einhand­len, sie nit allein jedes Pfundt Eisin umb ein Batzen nur der rawen Wehrung gehaben, son­der auch wann sie Früchten gegen dem See füehren und das Eisen im Zuruckfahren aufladen, sie an solcher Widerfuehr widerumb ihren Vortheil ge­nießen[604]. Außerdem scheinen besonders die Rottenburger ihre würt­tembergischen Zunftgenossen  vor den Kopf gestoßen zu ha­ben, weil sie diese  gleichsamb nit für Zünftbrüeder und Mitmaister erkennen wöllten[605].

Weiter oben wurde schon darauf hingewiesen, daß obrigkeitliche Ein­griffe in das Marktge­schehen nur dann Aussicht auf Erfolg hatten, wenn mit ihnen gleichartige Maßnahmen in benachbarten Territorien einhergingen. Tatsächlich begleiteten die württembergischen Maßnah­men, die ja meist mit entsprechenden Vorhaben des Schwäbischen Kreises abge­stimmt waren, fast gleich­zeitige in Hohenberg. Allerdings läßt hier die Quellenlage zu wünschen übrig. Schon rechtzeitig zum Erntegeschäft hatte die Hohenberger Regierung eine Taxa und Ord­nung des Feldgeschäfts am 15. Juni 1622[606] erlassen. Am 14. Septem­ber, also etwa einen Monat nach der zweiten württembergischen Tax­ordnung, folgte eine Taxa und Ordnung, wie und welchergestalten auch in was Wert für­bas allerhand Früchten, auch Fleisch und Visch,… und alles anders, so der Mensch zue täglichem Ge­brauch vonnöten, in den beeden Stätten Rottenburg und Horb, auch den dazugehörigen Dörfern… auf das höchste, aber höher nit…verhalten sol­len[607]. Dabei orientierte sich die Re­gierung, wie es in einem Be­gleitschreiben ausdrücklich heißt, an den in der Nach­barschaft ge­machten Taxation und An­schlag[608]. Die Hand­werker, von denen in der an­gefügten Ver­ordnung nicht alle einzeln er­wähnt wur­den, forderte die Verfügung lediglich insge­samt auf, in allem ainen leidelichen Tax zu gebrau­chen. Im Juni 1654, kein halbes Jahr nach der vierten württembergi­schen Ta­xordnung, folgte eine weitere[609] für Hohen­berg. Nachdeme ein schon geraume Zeit hero nit allein in hiesi­ger, son­dern auch denen benachbahrten Herr­schaften, Stätten undt Ämb­tern, nem­blichen bey denen Taglönern, Dienstboten, Gastgeben, auch under den Handtwerckhs­leuthen ins ge­mein, und sonst durchge­hent, ein große unert­regliche Staigerung undt Uberset­zung der Löhn, item Zöhrung, Ar­beithen und der Wahren, ne­ben an­deren mehr Exor­bitantien tegli­chen  vor­gangen und sich befun­den, dahingegen aber die Früchten undt Wein, auch alle andere Vic­tualien sehr wohlfail undt in geringem Werth zue be­kohmen, alß hat man mit obbe­sagten benach­barten Stätten undt Ämbtern von langsten al­ler obigen Sachen, Be­wantnuß in nicht unzeitige Deliberation ge­zogen undt daraufhin diße gemässene billiche Taxa mit und gegeneinan­der der­gestalten vor­genohmmen, ent­schloßen undt vollendet. Noch ein halbes Jahr­hundert später deutet eine handschriftliche Rand­notiz in dem Exemplar der hohen­bergischen Ordnung im Hauptstaats­archiv Stuttgart auf spä­tere Benutzung des Erlasses hin: 1696 reno­viert heißt es dort. Neue Werte für Preise und Löhne sind entsprechend am Rand nachgetragen.

Schon die dichte Serie aufeinander folgen­der Taxordnungen hinterläßt den Eindruck einer 1622 durch die erste staatliche Preisregulierung ausgelösten Kettenreaktion. Den Eindruck verstärkt die Fülle flan­kierender Verordnungen, welche sie begleiteten. Immer entstand neuer Rege­lungsbedarf. Zunächst ge­gen den bereits erwähnten heimlichen Für­kauf. Bei dieser Ge­schäftspraxis kaufte einer unentbehrliche Lebensmittel, beispielsweise einen Zentner Schmalz, im Voraus, ohne den Betrag bezahlt oder die Ware erhalten zu haben. Am nächsten Tag überließ er seinen An­spruch einem anderen bis zu 30 Gulden teurer, der die Preisspirale in gleicher Weise höherschraubte, bis die Ware ohne höchstes Ver­derben nicht bezahlt werden kan[610]. Deshalb wurde nicht nur solcher spekulativer Fürkauf, sondern jedes in gleicher Weise wirksame Hausieren und Herumstreichen verboten[611]. Immer neue Schliche ließen sich die Wucherer einfallen, um die Höchstwerte doch noch zu umgehen. So kam es etwa dazu, daß ein notleidender Wein­gärtner zwei oder drei Pfund Lichter ge­gen ein Imi heurigen köstli­chen Weins eintau­schen mußte. Ein anderer gab für dringend benö­tigte 15 Pfund Schmalz im Wert von 20 Kreuzern ein Klafter Bu­chen- oder Birken­holz, das normalerweise fünf Gulden kostete, hin. Auch dies sollten Verordnungen abstel­len[612]. Die Anbieter von Nah­rungsmitteln ließen sich angesichts der Krise neues einfallen, um hö­here Preise zu erzie­len. So ließen sich ja auch Kosten auf die Ver­braucher abwälzen. Etwa, indem der Bauer das Getreide nicht mehr zum Markt brachte, sondern es bei sich abholen ließ. Wie sich an den daraufhin für ab­geholte Früchte dekretierten Preisen able­sen läßt, wurden die Trans­portkosten beim Dinkel beispielsweise mit immerhin 17 Prozent veranschlagt[613]. Das vielleicht größte Problem in Folge der Taxordnungen stellten jene Bauern dar, die einfach ihre Produkte zu­rückhielten. Lieber versteckten sie ihr Schmalz unchristlich und unerbar oder gruben es ein, als daß sie es ihren Mitmenschen zu einem fai­ren Preis ließen[614]. Die Regierung antwortete durch An­sätze zu einer Planwirtschaft, indem die Amtleute Buch über die Be­stände von Pri­vatleuten an Getreide, Hül­senfrüchten, Vieh und Schmalz führen mußten. Was über den eigenen Bedarf der Bauern hinausging, sollte (zu Taxpreisen) verkauft wer­den[615]. Gleichzeitig mußten die Metzger, von denen einige mit Ein­stellung des Metzgens uns (den Amtleuten) den Spitz und Trutz zu bieten… sich un­derstanden, innerhalb von zwei Wochen jeweils ein Rind schlachten und öffentlich aus­hauen[616]. Das Problem des Marktboykotts bekam die Regierung während der 1620er Jahre nie ganz in den Griff. Weiterhin klagte der gemeine Mann nicht so sehr wegen der hohen Taxen, als wegen des Mangels an Frucht und Brot, so daß die Grenzpreise in einzelnen Jahren nachgebessert wer­den mußten[617]. Weil auch die Verführ- und Vertra­gung außer un­serm Hertzogthumb dem Preisan­stieg Vor­schub leistete, waren bald schon Handelsverord­nungen nötig[618]. Am 4. Juni 1645 etwa folgte eine Anzeigepflicht für alle exportierten Wa­ren; Zwischenhändler machten ein Geschäft daraus, die Waren zu völlig überhöhten Prei­sen wiedereinzuführen. Der Umweg über das Ausland wusch die Waren währungspolitisch rein. Wieder importiert unterlagen sie als eingeführte Güter nicht mehr den Beschränkun­gen durch die Taxordnung. Also mußte entsprechender Wert auf die Ausfuhr gelegt wer­den. Gleiches betraf die Einfuhr. Württemberg etwa verbot in den 1650er Jahren die Ein­fuhr hohenbergischer Weine, wes­halb die dortige Regierung auf Drängen ihrer Untertanen mit gleicher Münze heim­zahlte[619]. Auch in den Verlauf der Wochenmärkte griff die Regie­rung ordnend ein. Bis zehn Uhr durften nur noch Ortsansässige kau­fen. Erst ein danach eingezogenes Fähnlein gab den Markt für Fremde frei. Dann erst konnten Wirte aus der Nachbarschaft die Stände zu höheren Preisen leerkaufen[620]. Auf den Konsum seiner Unter­tanen versuchte der früh­neuzeitliche Staat in diesem Zusammenhang ebenfalls einzuwir­ken, in­dem er zum Beispiel üp­pige Hochzeitsfeierlichkeiten reglementierte[621].

Während den Jahren der Lohntaxie­rung machten sich in gleicher Weise wieder die ty­pischen Mechanismen bemerkbar, die schon die Preisregulierungen der 1620er Jahre be­stimmt hatten. Eine regelrechte Flut von Taxordnun­gen gegen die als unangemessen hoch empfun­denen Lohnforderungen setzte ein[622], wiederum begleitet von entspre­chenden um­fassenden Ein­griffen in die Lebensverhältnisse der Men­schen. Zunächst einmal wurde al­len Arbeitsfähigen die Arbeit praktisch zur Pflicht gemacht, jedenfalls derjenige, der nicht arbeitete, ins Ab­seits gestellt. Faulenzende Eigen­brötler, herrenlos umher­schweifendes Ge­sindel, als Handwerksgesellen getarnte Bettler, unverei­digte Fürkäu­fer, Zigeuner und alle anderen, welche sich aufs Faul­entzen begeben und nicht dienen oder schaffen mögen, traf die ganze Strenge des Gesetzes. Arme Leute, welche oftmahlen mit vielen Kindern begabt, die sie betteln schickten, mußten ihren Nachwuchs stattdessen verdin­gen[623]. Dem schändlichen Müßiggang, der nach täglichem Be­richt kräf­tige Männer und Frauen dazu trieb, jegliche Handarbeit gäntzlich (zu) verwaigern, auf den Bettel­stab schandtlich (sich zu) wenden, andern ehrlichen Leuten mit vilen Kin­dern und gantzen Haushaltungen, nicht ohne sondere Be­schwerd, täglich vor den Thüren ligen, zumahl den rechtdürftigen das Liebe Almusen gleich­sam aus dem Rachen (zu) reißen, wollte der Herzog gleichzeitig ent­gegenwirken. Nach dem Grundsatz, daß jenige, welche nicht schaffen, auch des Essens nicht würdig seien, entzog er ihnen jegli­ches Almosen und das Bürger­recht[624]. Wo dies fehlende verfassungsrechtliche Vereinbarungen zu­ließen, etwa in Hohenberg, sollten Abzugsverbote den Bevölkerungs­stand si­chern[625]. Traten Knechte und Mägde aber in ein Arbeitsver­hältnis, so band sie vor allem seit 1651/52 ein strenges Arbeitsrecht an ihre Stellen. Neue Stellen fanden sie nur, wenn sie ihr früherer Herr mit einer Bescheinigung entließ[626], oder wenn die Behörden eine ordentliche Beendigung des Arbeitsver­hältnisses beurkundeten. Vor al­lem im Rahmen der Institutionen des Schwäbischen Kreises wurden die entsprechenden Regeln für Württem­berg und Hohenberg verfaßt. Richtungsweisend dafür wurde die Kon­ferenz des württember­gischen Kreisviertels in Göppingen 1651 und der daraus erarbeitete Kreisab­schied von 1652[627]. Ehehalten mußten sich demnach für ein Jahr ver­dingen. Wenn sie das zusagten, erhielten sie dafür ein Haft­geld[628], das nicht zurückgegeben werden konnte. Eine vorzeitige Been­digung der Arbeit aus wichtigen Gründen mußte die örtliche Obrigkeit ge­nehmigen und bescheinigen. Bestraft wurden auch jene Arbeitgeber, die ihren Kollegen deren Ehehalten widerspenstig machten oder gar abspannten[629]. Deshalb verboten diese Richtlinien außer überhöhten Löhnen auch alle Arten von Beinutzun­gen, eine Form zu­sätzlicher geldwerter Leistungen. Dazu gehörte die Erlaubnis, eigenes Vieh mit­züchten oder et­was auf eigene Rechnung anpflanzen zu dürfen. Aber auch Gehaltsaufbesserun­gen durch eine besonders gute Verpflegung waren verpönt, ebenso wie eine Arbeitszeit­verkürzung durch das Ge­währen zusätzlicher Feiertage, etwa nach Kirchweihen. Auch Mißbräu­che von Tänzen, in den Kunkelhäusern und Lichtstuben, welche ne­ben dem nächt­lichen Gassenlaufen und Zusammenschlupfen nichts Guts mit sich bringen als Bei­nutzungen standen unter Strafandro­hung[630]. Damit die Ehehalten diese Lohn­grenzen akzeptierten, machte die Herrschaft auch vor Eingriffen in deren Lebensverhältnisse nicht Halt. Eine Verminderung kostspieligen Konsums sollte vermeiden, daß sie zu dessen Finanzierung im­mer höhere Löhne ver­langten. Allgemein und besonders unter den Ehehalten, vor allem aber unter den Weibs­bildern, stellten die Teilnehmer an der Göppinger Konferenz 1651 ein große Hoffarth und Übermuth in Kleidern fest, sogar, daß manche Magdt auf einmahl mehr an ih­rem Leib trägt, als son­sten ihr gantzes Vermögen ist, und dahero mit den Löhnen nicht er­settigt werden können. Eine Reihe besonders teurer Materialien enthielten die Ge­setzgeber den Bedienten, aber auch gemeinen Bür­gersöhnen und -töchtern, deshalb vor: seidene und Atlas-Bän­del, ausländisches Zeug, Pelz, goldene und silberne Spitzen, conter­feihte Gürtel. Daß sich mit solchen Vorschriften auch die inländische Textil­produktion wieder an­kurbeln ließ, dürfte den Konferenzteilneh­mern klar gewesen sein, be­tonten sie doch geradezu, daß die ge­meine Leuth Landtücher ge­brauchen sollten. Die Konsumvorschriften bezogen sich jedoch nicht nur auf Kleidungsstücke. Auch Tabak, be­sonders das Tabactrinken als ein sowol der Gesundheit halben als wegen der Fe­wers-Gefahr… hochschädliches Wesen, war, außer zu medizinischen Zwecken, unter­sagt. Bis 1669 machte sich insofern ein Gesinnungs­wandel bemerkbar, als das Rauchen nur noch in den Gebäuden verboten blieb[631], wohin­gegen allerdings den Fruchtbrannt­wein der Bannstrahl traf, da alle beede denen bösen Haushaltern nur zu täg­lichem Zechen Anlaß gibet, zur Arbeit schlummerig und verdrossen machet[632]. Solche und weitere Konsumvorschriften tau­chen vor allem seit 1651 regelmäßig in den Taxordnungen und dar­überhinaus auch in gesonderten Ordnungen auf[633]. Immer wieder rückten auch die ver­botenen Conventicula und Zu­sammenkünfte der Handwerker und Weingärtner ins Blickfeld[634]. Sie be­trachteten die obrigkeitlich verord­neten Lohn­taxen oftmals nicht als Maximal- sondern als Minimal­löhne und vereinbarten, für kein gerin­geres Entgelt zu arbeiten. Damit sich die Handwerker auf diese Weise nicht durch solidarisches Handeln höhere Löhne erstreiten konnten, mußten Versammlungen im Voraus an­gezeigt und genehmigt werden[635].

Zur Durchsetzung der weitgespannten Maßnahmen im Zusammenhang mit den staatlichen Preisbindungen ließen sich die Re­gierungen der frühen Neuzeit einiges einfallen. Zunächst einmal ging es darum, allen Betroffenen den Inhalt der Gesetze bekanntzugeben. Dazu wurden sie vom Vogt oder von den Amtsschultheißen im oder vor dem Rathaus, zum Teil auch vor der Kirche, verlesen[636]. Jedoch nicht nur einmal, sondern auch bei den künftigen Vogt- und Rugge­richten waren sie bekanntzugeben[637]. Außerdem sahen einige Taxord­nungen vor, daß der jewei­lige Amtmann die darin genannten Hand­werker aufs Rathaus zi­tierte und ihnen den Inhalt nochmals einzeln einschärfte und sie darauf vereidigte[638]. Gleichzeitig bekamen sie die entsprechen­den Stra­fen vor Augen geführt. Freilich ließ sich nur be­strafen, wen man er­tappte. Dazu mußten zunächst einmal die eigenen Beamten dis­zipliniert wer­den, denen bei Nichtbeachtung der Ordnungen Entlas­sung, empfindli­che Geldstrafen, ja sogar peinliche Gerichtsverfah­ren droh­ten[639]. Ande­rerseits mußten die Be­amten ihrerseits erst einmal von dem Vergehen erfahren. Deshalb sahen schon frühere Regelungen, besonders aber diejenige des Schwäbischen Kreises von 1652, vor, daß überall gewisse ehrliche Leut heimlichen bestellt würden[640], deren An­gaben anonym blieben. Ihnen winkte ein Teil der verhängten Straf­gelder als Belohnung[641]. Die Ertappten mußten bezah­len. Kam die Untat ans Licht, so sollte gleich ain soliches Exempel statuiert wer­den, daß sich andere darob zu bespiegeln haben und ain ieder wissen soll, daß der allge­meine Wol­standt dem Privatnutzen in alwegen vor­zusten seye[642]. Da­bei ver­schärfte die Regierung den Strafenka­talog immer weiter. Zunächst einmal drohte stets der Verlust des überteuert gehandelten Gutes und ein Strafgeld[643]. Bei der dritten württembergi­schen Taxordnung hatte sich die Erkennt­nis durchgesetzt, daß die verhängten Strafen in keinerlei Verhältnis zum erhofften Gewinn der Wucherer standen. Also sah sich Württem­berg genötigt, nunmehr den schär­pfern Ernst… zu­gebrauchen. Daß es andern zum Schrecken und Abschewen dienen soll, droh­ten jetzt eine Buße im dop­pelten Wert des gehandelten Gutes und vierwöchiges Ge­fängnis bei Wasser und Brot. Im Wieder­holungsfall verdop­pelte sich die Turmstrafe, beim dritten Vergehen sollte der Übertreter verhaftet und dem Oberrat zur Verurteilung überstellt wer­den. Er riskierte auf den eus­sersten Unge­horsamsfall auch Leibs- und gar Lebensstraf[644]. Auch auf die Verge­hen der Handwerker reagierte der Staat mit abgestuften Strafen, zunächst eben­falls mit vierwöchigem Gefängnis, dann beim zweiten Vergehen mit ei­nem Betäti­gungsverbot für ein Jahr, schließlich mit der Verweisung aus dem Land[645]. Als sich dann die Stoßrichtung der Tax­ordnungen fast ausschließlich gegen Arbeiter richtete, gab es keine Waren mehr zu beschlagnahmen. Dem nun ins Auge gefaßten Perso­nenkreis droh­ten zwar auch Geldstrafen, der Schluß des Schwä­bischen Kreises von 1652 sah für Ehehalten eine Strafe von 10 bis 12 Reichstalern vor. Jedoch scheinen Körperstrafen für geeigneter befun­den worden zu sein. Wer für seinen Lohn nicht mehr arbeiten wollte, der sollte zu öf­fentlicher Herrschaft Arbeit und Schellenwerck ohn­nachlässig angehalten werden[646]. Zucht­häuslein und die Geigen für eine viertel oder halbe Stunde gehörten ebenfalls zum Kata­log[647]. Bei den Strafen zeigt sich also einesteils eine Verschärfung parallel zur Zuspitzung der Krise, andererseits aber auch eine Verlagerung im Hinblick auf den inten­dierten Per­sonenkreis und dessen Zahlungskraft.

Die Wirkung echter Preistaxen wird von der modernen Wirtschafts­wissenschaft[648] negativ beurteilt. Während die kurzfristi­gen Folgen noch nicht nachhaltig schadeten, würden die langfristi­gen praktisch aus­nahmslos vom gewollten Ziel abweichen. In­teressanterweise stießen auch die Taxordnungen des 17. Jahrhunderts in Württemberg bereits damals auf Kritik. So hofften der Tübinger Untervogt, die Bürgermei­ster und das Gericht der Stadt 1623 auf eine Besserung der damali­gen Notlage, sobald die Taxe abgeschafft würde[649]. Da­mals zeigten sich bereits die negativen Folgen. Einmal nahm der illegale Export enorm zu. Vor allem aber gingen die Wo­chenmärkte zu Grunde, dann sobald die jüngste Tax angestelt, ist von solcher Zeit an von den Pawren nichts mehr zu Marckht ge­bracht worden. Dann wann ain Bawrsman den gewisen Tax waist und Gelegenhait hat, seine Fruch­ten, Schmaltz und an­ders gleich uf den Tennen oder zu Haus seinem dürftigen Miteinwohner, einer, so ime etwan ohnedas das Jahr umbhin schaffet, oder doch in der Nähe, gleich hinzugeben, hat er nicht Ur­sach, mit Costen und Versaumbnus (weil sunderlich die Zehrung, Schiff und Geschirr tewer ist), solches ain, zwo, mehr oder münder Meil Wegs zu fieren. Dadurch dann ervolgt, daß bei gewertem Tax kein Körnlin Fruchten, kein Pfund Schmaltz, Obs, Dierschnitz oder andere Ku­chenspeis zu failem Marckht alhero kom­men, inmaßen dann… alhie solche große Hungers­noth entstanden. Deshalb sei vielen, vor allem Städtern und darunter besonders den armen Leu­ten, nichts anderes übrig geblieben, als nach einem oder zwayen Laib Brotz manchmahl ain gantzen Tag an usländischen Or­ten zu suchen, bis sie solche im drei- oder vierfa­chen Gelt er­langt haben. Deshalb schlugen die Unterzeichneten vor, die Commertia in dero hochlöbli­chen Hertzogthumb in Gnaden frei pasieren zu lassen, so daß, ange­sichts der Verbesserun­gen im Münzwesen, sich selber wider alle Sa­chen uf den alten Werth nach und nach schick­hen. Damit standen sie damals auch gar nicht allzu sehr im Widerspruch mit der Regie­rung, die ja beim Erlaß der Dritten Taxordnung auf eben diesen Zusammenhang hinwies. Insgesamt zeigt die Kettenreaktion von Taxordnungen und flankierenden Gesetzen, daß der ersten Preisregulierung von 1622 eine langfristige Destabilisierung des Marktes folgte. Unentschieden bleibt angesichts dieser rein öko­nomischen Beobachtung, inwiefern solche Eingriffe damals trotzdem – nämlich etwa nach sozialen Kriterien – sinn­voll gewesen sein könnten.

Wie ist nun die Aussagekraft der Taxordnungen hinsichtlich mitgeteil­ter Preise und Löhne zu beurteilen? Normalerweise legten sie Höchst­beträge für Preise und Löhne fest. Dies schloß natürlich nicht aus, daß Bauern und Arbeitnehmer niedrigere Beträge nahmen, als erlaubt. Württembergs Taxordnungen betonten den Aspekt aus­drücklich, daß niedri­gere Beträge als die zugelassenen angestrebt wur­den. Andererseits finden sich ja immer wieder Klagen darüber, daß die Maximalbeträge überschritten oder umgangen wurden. Insofern sind Taxordnungen hinsichtlich der Aussa­gefähigkeit mitgeteilter Preise und Löhne stets genau auf den jeweiligen Zusammenhang zu befragen. Ein Vergleich der in den Taxord­nungen genannten Grenzwerte mit den im Untersu­chungsgebiet erhobenen deutet jeden­falls darauf hin, daß sie in Zeiten von Taxierungen an der oberen Grenze lagen und daß bei Lohnta­xierungen diese in der Regel den ge­rade noch zuläs­sigen Betrag aus­machten. Dies zeigt sich bei den Lebensmitteln in den 1620er Jahren und bei den Löhnen nach Kriegsende. Da Preise und Löhne häufig wie eine Schere einander bedingen, ist es plausi­bel, daß die Periode teurer Waren und relativ schlecht bezahlter Arbeitskräfte durch eine Peri­ode ho­her Löhne und niedriger Preise abelöst wurde. Wenn die aus den Rechnungsbü­chern stammenden Beträge manchmal von den in den Taxordnungen genann­ten abwei­chen, kann der Grund auch darin lie­gen, daß sich aus den Rechnungsbüchern nur Jahres­zufallswerte er­mitteln lassen. Diese Auswahl hängt davon ab, wann der Spital – von der Reihenbildung her eher zufällig – für welchen Betrag kaufte oder verkaufte.

Die Untersuchung der Taxordnungen für Württemberg und Hohenberg brachte für die vorliegende Untersuchung wichtige Er­gebnisse. Weil sich die verordneten Höchstpreise in realistischen Di­mensionen beweg­ten, können einmal die quantitativen Angaben bei Ergän­zungen von Preis- und vor allem von Lohnreihen ins Kalkül gezogen werden. So­dann ge­ben Taxordnungen in literarischer Form und sum­marisch Aus­kunft über einen Perioden­wechsel im Laufe des Dreißig­jährigen Krieges. Irgendwann zwischen 1623 und 1642 verlo­ren die württember­gische und die hohenbergische Regierung bei ihrem Bemü­hen, der Teuerung Einhalt zu gebieten, die Lebensmittelpreise aus den Augen und wandten sich stattdessen dem Lohnniveau zu. Schützten sie zuvor noch die armen Bürger, vielleicht aus echter sozialer Verantwortung, so sorgten sie sich hinterher zwar um den armen Bauers­mann, wohl aber auch um ihre eigenen Einkünfte. Mit dem Wech­sel der Ziel­gruppe mußten die Regierungen auch ihr Maßnahmenpaket den neuen Erfordernissen anpassen. Darin zeigen die Taxordnungen, auf welche wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ent­wicklungen die Regierungen glaubten, reagie­ren zu müssen: zunächst auf die Preisent­wicklung, dann auf die Lohnentwicklung. Läßt sich nun dieser Perioden­wechsel auch mit den quantitativ untersuchten Quellen belegen, viel­leicht sogar be­gründen? Dieser Frage wird weiter unten nachzugehen sein. Gleichzei­tig stellen die Taxordnungen einen Faktor dar, der offensichtlich die wirtschaftliche Entwicklung enorm beeinflußte. Zunächst einmal kann ihre Wirkung als exogener Faktor auf die konjunkturelle Entwicklung nicht bestritten werden. Das Verbot von Weinimporten aus Hohenberg beispielsweise traf die Wirt­schaft im Untersuchungsgebiet erheblich. Auch jene Ket­tenreaktion von Höchst­preis­ver­ord­nungen und flankieren­den Gesetzen, die mit allen Taxord­nungen einhergingen, zeigt, wie sehr diese Maßnahme das wirtschaft­liche Geschehen beeinflußte – hier im Sinne einer De­stabilisierung des Marktes. Nach jenem Anstoß, den die kriegsbeding­te Geldmen­genschöpfung brachte, entwickelte sich durch den Einsatz von Tax­ordnungen eine eigene Dyna­mik, die zu einer nicht mehr nur mone­tären, sondern auch zu einer nachhaltigen Versorgungs­krise führte. Diese Entwicklung verschärfte noch der exo­gene Faktor Krieg. Inter­essant ist in diesem Zusammen­hang auch der Hinweis in den Quellen auf einen Trend zur Regiona­lisierung bei der Krisenbe­wältigung. Dies geht einher mit wertvollen Informa­tionen über die wirtschaftlichen Verflechtungen gerade im Untersu­chungsgebiet. Alle ge­nannten Maßnahmen spielten sich nicht auf abstrakter Ebene ab, sondern beeinflußten di­rekt das Leben in Rottenburg, Horb und Herrenberg. Die Taxordnungen und ihre flankie­renden Ge­setze be­stimmten also auch die Le­bensverhältnisse der Menschen in der Frü­hen Neu­zeit, so etwa wenn es um die Ar­beitsverhältnisse, um Konsum­gewohnheiten und um den Handel ging.

VIII. Die Entwicklung der Preise

Nachdem weitgehend geklärt ist, welche exogenen Faktoren die Preis­gestaltung im Untersu­chungszeitraum beeinflußten, läßt sich die Ent­wicklung der Preise wichtiger Waren beurteilen. Bisher ermittelte In­formationen können dazu herangezogen werden, um zu er­klären, warum Waren teurer oder billiger wurden. Dafür können im einzelnen Kriegser­eignisse, Ernteergebnisse, staatliche Preisregulierungen oder an­dere Ereignisse verant­wortlich gewesen sein. In der vorliegenden Arbeit kommt der Preisentwicklung deshalb eine besondere Rolle zu, weil mit ihrer Hilfe der Verlauf der Kaufkraft untersucht werden soll. Sind erst einmal Vergleiche der Kaufkraft verschiedener Jahre möglich, so läßt sich auch die wirtschaftliche Entwicklung der Spitäler anhand preis­bereinigter Werte erörtern. Über die erstmalige Darstellung der Kon­junktur im Untersuchungsgebiet für den gewähl­ten Zeitraum hinaus geht es also in diesem Kapitel auch darum, die Grundlagen für die Anwendung einer Methode der Preisbereinigung zu schaffen.

Für das 16. und 17. Jahrhundert hat die wirtschaftsgeschichtliche Forschung eine Preisre­volution, vor allem bezogen auf das Getreide, festgestellt[650]. Demnach begann etwa 1520 in ganz Europa eine auf­fallende Preissteigerung, der zwischen 1550 und 1570 ein zweiter An­stieg folgte. Zur Erklärung für diese Ent­wicklung wurden der Kredit­bedarf kriegführender Nationen und vor allem die Edel­metallzunahme diskutiert. Durch die Silberpro­duktion im spanischen Amerika hätten sich im 16. Jahrhundert die verfügbaren Edelmetallvorräte ver­zehnfacht, während die Getreidepro­duktion stagnierte. Auch den Untersuchungsz­eitraum prägte bereits vor dem Wirksamwerden des Krieges eine all­gemeine Teuerung, die sich be­sonders nachhaltig während der Kipper- und Wipperzeit bemerkbar machte. Die Bedeu­tung jener Teuerungskrise zeigte bereits die Unter­suchung von Münzedikten und der Taxord­nungen. Damals sa­hen sich die Regierungen zum Kampf gegen die Inflation durch Geldentwertungen sowie durch verordnete Höchstpreise veranlaßt. Freilich scheint dieses Hilfmittel eine eigene Dynamik ent­faltet zu ha­ben, die zunächst zu einer laufenden Aktua­lisierung der Höchstpreise zwang. Gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges und vor allem nach 1650, als keine frem­den Besatzungstruppen mehr mit Pro­viant beliefert werden mußten, fielen dann die Preise rapide. In den herrschaftlichen Taxord­nungen spiegelt sich dieser Verfall darin wieder, daß schließlich Mindestpreise für bestimmte Produkte verord­net wur­den.

Getreidepreise

Die Entwicklung der Preise von Dinkel, Roggen und Hafer läßt sich in den drei untersuch­ten Orten anhand relativ geschlossener Datenrei­hen untersuchen. Wo mög­lich, verbesser­ten Ergänzungen diese Grund­gesamtheit zusätzlich. Zum Teil boten Verkaufspreise An­haltspunkte für eine entsprechende Ersetzung von Kaufpreisen und umgekehrt. Eine an­dere Möglichkeit stellt das Verfahren der Ankettung dar. Dabei werden die Lücken einer Preisreihe durch Übernahme von Steigungen einer anderen Getreideart ausgefüllt. Diese Möglichkeit habe ich je­doch nur selten angewendet. Sie ist insofern fehleranfällig, als Getrei­depreise häufig vom Ernteertrag und von unter­schiedlichen Nachfrage­faktoren ab­hängen; die Ernteerträge wiederum können bei den drei Getreidearten völlig unter­schiedlich ausfallen. Beispielsweise gibt es Jahre mit ausgezeichneten Hafererträgen, in denen die Witterung dem Dinkel stark zusetzte. Außerdem hing die Nachfrage nach dem Hafer, den vor allem Pferde zu fressen bekamen, von anderen Faktoren ab, als jene nach dem bevorzugten Brot­getreide Dinkel. Im Ex­tremfall konnte eine Viehseuche die Preise der einen Getrei­deart ver­fallen las­sen, wohingegen gleichzeitig das Brotgetreide seinen Wert be­hielt. Nur wenn sich zwei Preisreihen während längerer Perioden gleichlaufend entwickel­ten, erschien eine Anwendung dieser Ergänzungsmethode ge­rechtfertigt. Diese Problematisierung mag auch veranschaulichen, wie verfälschend eine einseitig auf den Rog­gen bezo­gene Bereinigung des Geldwertes sein kann. Indessen prägen alle drei Ge­treidearten ähnliche überlagernde Entwicklungen. Einander noch ähnlicher als die Preisrei­hen verschiedener Getreidearten in einem Ort sind die Reihen für dieselbe Frucht in den drei untersuchten Spitälern. Dies bildet die Grundlage für die am häufigsten ange­wandte Methode zur Interpola­tion. Für einen Ort errechnete Steigungen ließen sich durch perioden­weises Umindi­zieren auf die Reihe eines anderen Ortes übertra­gen[651].

Bereits veröffentlichte Preisreihen aus Cannstatt[652] sowie aus den würt­tembergischen Brenz­tal- Städten Heidenheim[653] und Giengen[654] erlauben eine Einordnung der Rottenbur­ger, Horber und Herrenberger Getrei­depreise in längerfristige und räumlich ausgedehntere Entwicklungen. So läßt sich an einer Preisreihe für Kernen in Cannstatt, welche die Jahre 1528 bis 1628 darstellt, eine gleichbleibende Steigung beobach­ten. Diese erfolgte stufenar­tig. Auf die erste Stufe zwischen 1535 und 1559 folgte eine zweite bis 1585. Letztere un­terbrach in den Jahren 1569 bis 1575 eine abrupte und heftige Teuerung. Auf der dritten Stufe, wel­che 1586 begann und in ihrem Grundniveau bis 1621 andauerte, hatte sich der Ausgangs­preis verdoppelt bis verdreifacht. Gerade die letzte Stufe, die sich bis in den Un­tersuchungszeitraum der vorliegenden Ar­beit hinein erstreckt, prägen allerdings einige boomartige Aufgipfelun­gen, besonders zwischen 1608 und 1615. Sie unterbrachen jenes lan­ganhaltende Ni­veau, das im Zeitraum von 1586 bis 1621 dominierte. Giengen bietet vor allem Preise, die den Untersuchungszeitraum mit abdecken. Dort konnten die Bauern nach der Hausse der Kipper- und Wip­perzeit keinen höheren Erlös als in Friedenszeiten für ihr Getreide erzielen. Grund zur Freude gaben ihnen dann wieder die enormen Gewinne zwi­schen 1634 und 1636. Allerdings fielen diese Profite zeit­lich mit den Pestjahren zusammen, weshalb die Freude geteilt gewesen sein dürfte. Daß jetzt die Früchte wieder wohlfeil seien, behauptete ein Giengener Chronist 1643. Truppen­durchzüge und Proviantforderun­gen von französischen und schwedischen Armeen, welche während der drei Jahre nach Kriegsende in nahegelegenen Garnisonen lagen, trie­ben dann das Preisniveau wieder nach oben. Erst als die Besatzer das Land 1650 räumten, sank der Getreidepreis, dann allerdings schlagar­tig. Seitdem galt die Frucht in Giengen nicht einmal mehr den Vor­kriegspreis, sondern nur noch etwa halb soviel. Es folgten lange Jahre, in denen die wichtigsten Erzeugnisse des Bodens so billig waren, daß sie die Mühe des Erzeugers kaum noch lohnten.

Auch für Geislingen an der Steige[655] gibt es veröffentlichte Preisrei­hen. Sie stammen aus den Rechnungen der dortigen Hospitalver­waltung, wobei der Bearbeiter Durch­schnittspreise errechnete. Hohe Preise zeichnen vor dem Krieg das Jahr 1612 aus. Die Hausse der Kip­per- und Wipperzeit dauerte nur kurz. Während des ge­samten Krieges je­doch verharrten die Preise über dem Niveau vor Kriegsbeginn, wobei das Jahr 1634 die größte Amplitude aufweist. Daß daran keine Mißernten, sondern die Kriegswirkungen Schuld waren, geht aus einem Bericht des Chronisten Furtenbach für das Jahr 1635 hervor: die Bauern schnit­ten das Korn und wahr so wohl ge­raten, daß man nit genug Menschen haben konnte, so das Korn einsammelten, da­hero viel Korn im Feld stehen blieb[656]. Nach dem Ende der Proviantliefe­rungen ver­billigten sich ähnlich wie in Giengen auch in Geislingen die Getreide­preise schlagartig. Vor allem in den 1660er Jahren konnten die Bürger für billiges Geld zu Grundnahrungsmitteln kommen. Damals pflügten die Bauern fast alle der zuvor brachliegenden Äcker wieder.

Nahezu im Gleichklang mit Cannstatt, Giengen und Geislingen entwick­elte sich die Agrar­konjunktur in Rottenburg, Horb und Her­renberg. Der gewählte Untersu­chungszeitraum beginnt während der an­hand des Cannstatter Materials festgestellten dritten Preisstufe. Auch im Unter­suchungsgebiet stiegen während einer Unterbre­chung des Grundniveaus zwischen 1609 und 1615 die Preise enorm, beim Dinkel auf über zwei Kreuzer je Kilo­gramm, nachdem er zuvor ein Viertel weniger geko­stet hatte. Die hohen Preise klangen dann, wie andern­orts eben­falls beobachtet, in den ersten Kriegsjahren schlagartig ab. Dann leerte die Kipper- und Wipperzeit den Fruchtkäufern ihre Geldsäcke. Diese Währungs­krise dauerte in Ausläufern bis 1629. Sie war gekenn­zeichnet durch eine enorme Teuerung fürnämblich beym lie­ben Brot, Fleisch und Schmaltz (dessen die menschliche Notturft, bey Arm und Reichen, ja nicht entbären kan)[657]. Doppelt bis dreimal so viel wie zuvor kostete das Getreide. Danach blieb den Verbrau­chern nur wenig Zeit, sich auf die niedri­geren Preise einzustellen. Bereits vier Jahre später mußten sie ihre Geldbeutel wie­der praller stopfen als vor dem Krieg, wenn sie ihre gewohnten Rationen kaufen wollten. Zwei, drei, ja sogar vier Mal mehr Münzen mußten sie in den nächsten Jahren mit sich auf den Markt nehmen. Jetzt traf die volle Wucht des Krieges die Bürger von Rottenburg, Horb und Her­renberg. Verwüstete Felder fielen als Produk­tionsflächen aus, während gleichzeitig einquar­tierte Soldaten nach Lebensmitteln ver­langten. Aus der Teuerungskrise entstand unter diesen Bedingungen schon bald eine Versorgungskrise, die sich – darauf weisen die weiterhin er­höhten Preise – bis 1641 hinzog. Dann jedoch kam den Bürgern, die bis dahin überlebt hat­ten, eine Trend­wende zugute. In der vierten würt­tembergischen Taxordnung von 1642 läßt sich die frohe Botschaft nachlesen: die Früchte und Viktualien gab es wieder zu einem wolfai­len und annemblichen Preis[658], so daß die Bäcker Gottlob das liebe Brot widerumb zim­blich wohlfail verkauften[659]. Seitdem blieb das Ge­treide billig. Es war bald so­gar fast um die Hälfte günstiger als vor Kriegsbeginn. Jene offenbar ganz Württemberg überlagernde, rela­tiv geringfü­gige, Teuerung der Besat­zungszeit bei Kriegsende konnten die an Schlimmeres gewöhnten Verbraucher wohl verkraften, vor allem, da sie schon bald ein regelrechter Un­wehrt der lieben Früchte entschä­digte[660]. Bauern in Rottenburg, Horb und Herrenberg hat­ten nun ih­rerseits wie jene in den Brenztalstädten Giengen und Heidenheim Grund zur Klage. Ihre Pro­dukte brachten sie nurmehr zum Spottkauf los. Für Mißernten, die allem nach in den Jahren 1661 und 1662 die Preise kurzfristig nach oben trieben, müssen sie ge­radezu dank­bar ge­wesen sein, sofern ihre Äcker noch etwas zum Verkauf abwarfen. Ins­gesamt fiel der Wert des Getreides so beträchtlich unter das Niveau vor Kriegsbeginn, daß Herzog Eberhard III. von Württemberg sogar Mindestpreise verord­nete[661].

Fleischpreise

Fleisch gehört zu den elastisch nachgefragten Grundnahrungsmitteln der Frühen Neuzeit. Wenn es der Preis und die Leere des eigenen Geldbeutels verlangten, konnten die Ver­braucher nämlich auf den Kauf ver­zichten. Zur Not aßen sie eben Billigeres. Fleischpreise sind vor allem für Rottenburg und Horb sehr voll­ständig überliefert[662]. Auf Grund der gleichartigen Preisentwick­lung konnte durch Umindi­zieren sehr sinnvoll ergänzt wer­den.

Um die Hintergründe dieser Preisgestaltung besser verstehen zu kön­nen, soll hier auf das Schlachten in der Frühen Neuzeit kurz einge­gangen werden. Über die Arbeitsweise der württembergischen Metzger gibt die Metz­gerordnung von 1651 Auskunft[663]. Außer den verei­digten Metzgern durfte niemand schlachten. Vor dem Schlachten mußten sie das Schlachtvieh den Fleischschät­zern vorführen. Durch diese Begut­achtung sollte die Fleisch­qualität gleich gut bleiben. Von Georgi (23. April) bis Michaelis (29. September) hatten die Metzger alles Fleisch um sieben, sonst um acht Uhr auf ihrer Bank anzubieten. Auf ei­ner Tafel über deren Stand schrieben die Fleischschätzer die Taxe jeder Fleischart auf.

Auch Fleischpreise unterlagen also schon spätestens ab 1622 obrig­keitlicher Taxierung[664]. Die Württember­ger konnten ein Pfund Kalb­fleisch für acht, ein Pfund Schweinefleisch für sieben Kreuzer kaufen. In Hohenberg galten diesel­ben Taxen[665]. Um eine Versorgungskrise wegen der Höchstpreise zu ver­meiden, verpflichtete jene Tax­ordnung württembergische Metz­ger dazu, mindestens einmal pro Woche ein Stück Vieh öffentlich auszuhauen. Über die Einhaltung der Ordnung wachten geschwo­rene Schätzer. Um die Viehzucht im Lande zu scho­nen, durften auch ausländische Ochsen oder Stiere aus Ungarn, Polen, Burgund und der Schweiz geschlachtet und je Pfund um einen Kreuzer teurer verkauft werden. Doch war ein urkundlicher Nachweis über die Herkunft des Viehs erforderlich. Auch die württembergischen Taxordnungen von 1623, 1642 und 1654 enthielten entsprechende Höchstpreise für Fleisch, wo­bei stets zwischen den unterschiedlichen Fleischsorten unter­schieden wurde. Am teuersten kam den damali­gen Verbraucher in aller Regel das Kalb­fleisch, zeitweise auch das nicht abge­speckte Schweinefleisch zu stehen. Unterschiedliche Fleischpreise zwischen den Spi­tälern lassen sich zum Teil durch voneinander ab­weichende Verzehrgewohnheiten hinsichtlich der Fleischsorten erklären.

Preisdifferenzen zwischen den Fleischsorten       
 JAHR Kalb Ochsen Kuh       Hammel       Schwein 
xer je      Stech-      gut   schlecht         
 Pfund      kalb              und Schaf        
 1622  8     7     6     6       5        7   
Feb 13                                         
 1622  8     7     6     6       5        7   
Aug 17                                         
 1622  8     7     6     6       5        7   
Sep 14                                         
 1623 3-4    3         7 Pfg 10-13 h      4   
Sep 17                                         
 1625 3-5   3-4    3             2       4-5  
 1651  3     2,5   2,5   3                3   
Dez 8                                          
 1652  3     3              2,5             4    
Mrz 30                    Geiß: 2 xer             
 1654  3     2,5   2,5   2,5              3,5 
Mrz 4                                          

Die Quellen geben selten dar­über Auskunft, welche Fleischsorte in die Teller der Spitali­ten kam. Kalbfleisch und Rindfleisch werden ge­nannt[666]. Vor allem während der Krisen­jahre scheint auch minderwerti­ges Fleisch, beispielsweise von Schafen, in den Küchen der Anstalten verwendet worden zu sein[667]. In die­sem Zusammenhang überrascht es auch nicht, daß 1652 sogar Geißenfleisch taxiert wurde.

In Anbetracht der unterschiedlichen Fleischsorten, die der Spitalmeister auf der Fleisch­bank kaufen konnte, ist es eher erstaunlich, daß im Untersuchungszeitraum zwischen den behandelten Orten keine größeren Preisunterschiede auftraten. Im Gegenteil läßt sich ge­rade beim Fleisch ein sehr einheitliches Preisniveau feststellen. Vermutlich waren das An­gebot an Fleischsorten im Untersuchungsgebiet und die Verbrauchsge­wohnheiten der un­tersuchten Spitäler doch sehr ähnlich. Die frühesten überlieferten Fleischpreise bis zum Jahr 1609 betrugen in etwa zwei Kreuzer je Pfund. Anschließend stiegen sie bis zur Kipper- und Wip­perzeit, wobei sie um einen Wert von etwa 2,4 Kreuzer je Pfund schwankten. Daran schloß die Teuerungskrise an. Der rapide Boom brachte eine Verdrei- bis Vervier­fachung der Preise. Die Rezession nach der Kipper- und Wipperzeit bis zum Wirksamwer­den des Krieges führte zu einem Niveau von drei Kreuzern je Pfund. Dieses hielt sich län­gere Zeit. Erst wieder die Wir­kungen der heißen Kriegs­phase verteuerten dann auch das Fleisch, dessen Preise auf fünf bis sechs Kreuzer je Pfund anzogen. Diese Entwicklung kippte etwa im Jahr 1642. Es folgte eine lan­gandauernde, immer wieder von kurzen Booms unterbrochene Re­zession. Die Preise lagen während dieser Jahre meist etwas über drei Kreuzern. Nach dem Kriegsende verharr­ten sie einigermaßen kon­stant zwischen zwei und zweiein­halb Kreuzern.

Am Ende des Dreißigjährigen Krieges durchliefen die Fleischpreise also in etwa den um­gekehrten Weg des leichten Anstiegs vor der Kipper- und Wipperzeit. Auf das Niveau der Periode von 1590 bis 1607 san­ken sie nur noch kurzfristig am Ende des Untersuchungszeit­raumes. Es läßt sich so zum einen festhalten, daß der Dreißig­jährige Krieg keine dauernde Verteuerung des Fleischpreises zur Folge hatte, zum anderen jedoch auch, daß sein Wert nach Kriegsende nicht mehr unter den Vor­kriegsstand zurückfiel.

Weinpreise

Zur Berechnung der Weinpreise liegen sehr unterschiedliche Reihen vor: in Horb ist bis in die 1630er Jahre hinein die Verkaufsreihe prak­tisch nicht vorhanden, während die Kauf­preise fast vollständig do­kumentiert sind. Anschließend sind dagegen die Verkaufspreise etwas vollständiger überliefert, als die Kaufpreise. Für Rottenburg existie­ren beide Reihen in etwa gleicher Güte. Für Herrenberg sind vor allem die Kaufpreise sehr geschlossen überliefert, aber auch die Verkaufs­preise gut dokumen­tiert. Bei den Weinpreisen wurden Lücken bei den Kaufpreisen durch Verkaufspreise höchstens auf dem Umweg über das An­kettungsverfahren ergänzt. Ansonsten konnte auf Grund paralleler Rei­hen der drei Orte ergänzt werden. Die Weinpreise haben sich insge­samt sehr uneinheitlich entwickelt. Dabei sind die Ver­kaufspreise noch wesent­lich stärker variiert, als die Kaufpreise.

Weinpreise je Mas 1608
 Jg.1605    1,77 xer 
 Jg.1606    1,24 xer 
 Jg.1608    2,96 xer 

Dies liegt zum einen daran, daß bei den Weinpreisen erhebliche Qua­litätsunterschiede zum tragen kommen. Normalerweise kaufte der Hor­ber Spital seinen Wein von Bürgern der Stadt und Winzern aus Ihlingen oder Rexingen, also bei den Produzenten. Schon diese ein­heimischen Sorten wiesen teils er­hebliche Preisdifferenzen zwischen den Jahrgängen auf.

Beim Horber Wein und jenem der genannten Dörfer scheint es in­dessen kaum Preisunter­schiede innerhalb eines Jahrganges gegeben zu haben. Die Horber Anstalt kaufte in aller Regel bei örtlichen Wein­gärtnern jeweils kleinere Mengen. Seit dem Ende des Dreißigjäh­rigen Krieges gewannen diese Käufe die Züge einer florierenden Natural­wirtschaft. Der Spital ließ sich seine Kreditforderungen, Zinsen und Steuern aus den Dörfern mit Wein entlohnen. Dabei wurden, wie Vergleiche mit anderen Geschäften zeigen, durchaus Markt­preise ver­rechnet. Auch die Herrschaft Hohenberg ließ vom Land­schreibereiverwalter in Rottenburg ihre Zinsverpflichtungen gegenüber dem Spital mitunter in Gestalt von Wein­lieferungen begleichen[668]. Gleiches tat die Stuttgarter Landschaft[669]. Dies entsprach durch­aus dem Wunsch der Untertanen.

Bürgermeister und Rat in Horb baten etwa 1669 darum, ihnen die Kapitalzinsen unbedingt zu bezahlen. Wenn es kein Bargeld gebe, solle mit Wein und Früchten beglichen werden[670]. Freilich sah sich der Spital mitunter auch zum Erwerb von größeren Fässern auswärtiger Weine gezwungen, vor allem bei schlechten Erträ­gen im ortsnahen Weinbaugebiet. Dies führte zu ganz erheblichen Preissprüngen. Eine Ladung die sich die Pfleger 1629 aus der Pfalz kommen ließen, kostete wegen des Qualitätsunterschiedes wesentlich mehr als das heimische Gewächs. Vor allem aber verteuerten die Transportkosten das Produkt um wei­tere 50 Prozent. Eine wichtige Rolle spielte auch, in welchem Rahmen die Preise gebildet wurden. Schankwein, der nach dem kleinsten Hohlmaß für Getränke, dem Mas, zu bezah­len war, kostete wesentlich mehr als die in größeren Mengen verhandelten Sorten. Bei der Bildung von Reihen wurden, sofern erkennbar, Preise für den heimischen Wein von sol­chen impor­tierten Rebensaftes getrennt und nur erstere herangezogen. Lei­der be­steht trotzdem eine gewisse Unsicherheit darüber, ob alle Importe als solche ausgewiesen wer­den konnten. Anhand der Kaufpreise läßt sich die örtliche Marktsituation besser ermitteln als an den Verkäufen, da Verbraucher wie der Spital ja direkt bei den Wen­gertern einkau­fen konnten und dabei sehr genau ihre Anschaffungen rechtfertigen mußten.

Es ist sinnvoll, auch die anhand der Untersuchungsobjekte ermittelten Wein­preise vor dem Hintergrund längerfristiger Entwicklungen zu be­urteilen. Dazu kann auf eine Preis­reihe für Cannstatt zurückgegriffen werden[671], die den Zeitraum von 1456 bis 1626 abdeckt. Diese Reihe von obrig­keitlich ermittelten Durchschnittspreisen zeigt eine erstaun­liche Kon­stanz für die Jahre von 1456 bis 1587. Während dieser langanhal­tenden Periode gab es seit 1486 einen stetigen leichten Aufwärtstrend, der 1571-77 zu einem Boom führte. Schlagartig ver­doppelten sich dann 1588 die Weinpreise und behielten das hohe Niveau bis 1603 bei. Zwischen 1604 und 1606 verbilligte sich der Wein wieder, viel­leicht eine Folge minderwertiger Ernten. Danach setzte sich das 1588 erreichte Niveau bis 1616 mit einem leichten Abwärtstrend fort. Nach ei­ner kurzen Depression bis 1620 folgte die Teuerungs­krise der Kip­per- und Wipperzeit.

Auch eine Rottenburger Preisreihe von 1545 bis 1620, die Fridrich Pfaff überlie­ferte[672], deutet darauf hin, daß die den Rechnungsbüchern der Spitäler entnomme­nen Daten durchaus allgemeinen Trends folgten. Eine Umindizierung der Spital­preise zeigt für die Jahre der Über­schneidung dieselbe Entwicklung. Auch an der von Pfaff überlie­ferten Reihe läßt sich die für Cannstatt beobachtete Entwicklung nachvollzie­hen. Es zeigt sich sowohl der kürzere Boom nach 1571 mit Ausläu­fern bis 1577, als auch jener enorme Preis­sprung des Jahres 1588, der nahezu eine Verdoppelung der bis dahin gekannten Höchst­preise brachte. Damit scheint eine neue Stufe der Weinpreise erreicht gewe­sen zu sein, denn bis zur Teuerungskrise der Kipper- und Wip­perzeit wurde der Rebensaft praktisch nicht mehr we­sentlich billiger. Nur die Jahre 1597 bis 1606 brachten für Rottenburg eine Entspannung der Situation. Die Preisreihen im eigentlichen Untersu­chungszeitraum begin­nen auf dem seit 1588 erhöhten Niveau.

Hohe Weinpreise verraten häufig einen Bezug zum Erntezyklus, beson­ders deutlich im Jahr 1602, als unzeitiger Frost praktisch die gesamte Lese vernichtete. So auch 1607-16 als, von zwei Jahren abgesehen, nur unterdurchschnittliche Lesen einge­sammelt werden konn­ten. Zwi­schen 1621 und 1629 machte sich besonders die Teuerungskrise der Kipper- und Wipperzeit bemerkbar. Zeitweise, besonders 1623, scheint der Wein, welchen die aufge­stellten Taxen bis dahin nicht regelten, geradezu preis­treibend gewirkt zu haben. So be­schwerten sich damals etwa die Herrenberger Bauern, die ihren Rebensaft importieren mußten, über die steigenden Weinkosten. Man müsse auch für den Wein Höchstpreise festlegen, forderten sie. Sonst werde man sie, man mache gleich mit ihnen, was man wölle, zue einer Vich- oder Fruchttax kheinswegs zwyngen noch nöhtigen könden – auch wenn sie deshalb Leibes- und Lebens­gefahr gewärtigen müßten. Schließlich könne niemand von ih­nen ver­langen, ihren äußersten Fleiß, ihre Mühe und ihre Arbeit in der Landwirtschaft einzusetzen, wenn sie hin­terher nicht eines Lab­trünckhlins in zimblicher Tax erfruwt und ge­tröstet seien.

Die Hand­werker im Gäu schlugen damals in dieselbe Kerbe, so daß die Berichter­statter bei einer regionalen Konferenz gar Ufstand oder an­dere merckhliche Unge­legenhait wegen der Weinteuerung befürchte­ten[673]. Zwischen 1633 und 1644 wirkte sich an­fangs eine schlechte Ernte, später dann der Krieg durch erhöhte Nachfrage und durch Ern­teausfälle aus. 1650/51 machten sich dreijährige Mißernten bemerk­bar und 1660-67 sind ebenfalls schlechte Weinjahre zu beob­achten. Vor allem im Anschluß hieran sanken dann die Wein­preise auf ein Niveau, das unter jenem der Vorkriegszeit lag. Längerfristig be­trachtet ko­stete der Wein vor al­lem zwischen 1621 und 1644 be­sonders viel. Nach Kriegs­ende lagen die Weinpreise wesentlich länger über dem Vor­kriegsniveau, als etwa die Ge­treidepreise. Bier zur Sub­stitution des teuren Weines scheint sich zumindest im Neckartal nicht durch­gesetzt zu ha­ben. Vor allem wohl auch, da der Bierpreis sich während der Kriegs­periode nicht mehr erheblich von jenem des Wei­nes unterschieden ha­ben dürfte.

Bier- und Weinpreise
Jahr  Wein   Bier 
1617  2,68   1,36 
1629  4,29   3,1  
1633  2,48   3,1  

In den untersuchten Spitälern können Getreide, Fleisch und Wein gleichsam als Grund­nahrungsmittel betrachtet werden. Ihre Preisent­wicklung beeinflußte die Spital­wirtschaft deshalb enorm. Ein Vergleich der entsprechenden Preisreihen zeigt einige gemeinsame und einige unterschiedliche Entwicklungen. Dem Krieg gingen beim Getreide und beim Wein im Ver­gleich mit nachfolgenden Entwicklungen zwar leichte, zeitgenössisch aber si­cherlich als sehr belastend empfundene Teuerun­gen zwischen 1607 und 1616 voraus. Ver­mutlich veranlaßten sie Mißernten, die bei der Untersuchung des Erntezyklus festzustellen waren. Fleisch verteuerte sich ebenfalls zwischen 1608 und 1610. Ver­braucher konnten die­ses Nahrungsmittel anschließend jedoch nicht mehr billiger kaufen, es behielt seitdem sein erhöhtes Niveau. Die Kipper- und Wipperzeit verursachte dann, besonders deutlich seit 1622, eine Geldentwertung, welche entsprechende Preiserhöhungen be­gleiteten. Während Gegenmaßnahmen der Münzherren beim Hafer, vielleicht auch beim Roggen, Erfolg hat­ten und deren Preise relativ rasch wieder senkten, blieb der Dinkel im Untersu­chungsgebiet teil­weise teurer als vorher. Besonders die Rottenbur­ger litten anscheinend weiterhin unter einem hohen Dinkelpreis. Auch das Fleisch behielt seitdem einen deutlich höheren Wert, wohingegen der Wein mitunter für frühere Preise zu haben war. Unmittel­bare Wirkun­gen der Kriegs­führung beein­flußten in allen drei benachbarten Orten seit 1634 deut­lich die Preisentwicklung. Die darauf folgende langanhaltende Teuerung normalisierte sich erst wieder nach 1640. Jener Zeit­punkt, ab dem die Autoren der Taxordnungen Le­bensmittelpreise wieder als eher wohl­feil empfanden, dürfte demzufolge zwischen 1640 und 1642 zu su­chen sein, er läßt sich also recht genau eingrenzen. Bei Kriegsende ver­teuerte sich das Ge­treide dann nochmals zwischen 1649 und 1652. Damals vergrößerten statio­nierte Besatzungstruppen die Nachfrage. Un­terdurchschnittliche Ertrags­ziffern und Ernteer­gebnisse kennzeichnen die Getreideteuerung der Jahre 1660-62, auf die auch die Fleischspreise leicht reagierten. Am Ende des Untersuchungszeit­raumes, 1674, deutet sich eine erneute breitgefächerte Teuerung an.

Insgesamt läßt sich für das Getreide sa­gen, daß die Preise vor Be­ginn des Dreißigjährigen Krieges deutlich höher lagen, als nach Kriegsende, am ausgeprägtesten beim Dinkel. Fleisch hinge­gen kostete nach dem Krieg in etwa gleich viel wie zu­vor. Beim Wein dürfte sich ein Preisverfall nach Kriegsende erst all­mählich be­merkbar gemacht haben. Es gab weiterhin sehr lohnende Weinjahre und erst im lang­jährigen Durchschnitt zeigte sich ein nega­tiver Trend. Insofern läßt sich auch die Anbauentscheidung vor allem des Rotten­burger, aber auch des Horber Spitals nach Kriegsende gut nachvoll­ziehen: Investi­tionen in den Weinbau schienen allem nach weiterhin lohnend, wohin­gegen Getreidefelder damals keine gol­dene Zu­kunft versprachen.

Entwicklung der Löhne

Die Bedeutung von Löhnen für die Lebensverhältnisse der Menschen ist in Zeiten immer wiederkeh­render Tarifverhandlungen ausreichend be­kannt, eine Beschäftigung mit ihnen steht deshalb unter keinerlei Begründungszwang[674]. Löhne beeinflussen einerseits die Lohn­ein­nahmen von Ver­brauchern, andererseits aber auch das Preisniveau und damit den Geldwert. Zudem stehen Löhne in einem engen Wechselverhältnis zum Be­schäftigungsgrad. Alle drei Aspekte sollen deshalb, so weit möglich anhand der spitalischen Rechnungsbücher, untersucht werden. Ergän­zende Informationen können die Handwer­ker- und Taxord­nungen, welche die Lohnverhältnisse im Untersuchungsgebiet beein­flußten, lie­fern. Gerade sie erlauben es, für diese erstmalige Darstellung über die Lohn­ent­wicklung im Untersuchungsgebiet die nötigen grundlegenden Angaben darüber zu er­mitteln, wie die Löhne überhaupt gebildet wur­den. Anhand dessen wiederum muß dann die Zuverlässigkeit der in den Rechnungsbüchern erhobenen Angaben eingeschätzt wer­den. Außerdem beeinflußten die zeitgenössischen Rahmenbedingungen einen wesentli­chen Teil der damaligen Lebensverhältnisse. Sie betrafen abhän­gig Beschäftigte in glei­chem Maße wie Arbeitgeber.

Je nach Bezahlung lassen sich in den Rechnungsbüchern der Spitäler drei Lohnfor­men[675] unterscheiden. Einmal gab es jene Handwerker, die einen bestimmten Auftrag im Verding zugeteilt bekamen. Gegen einen im Voraus vereinbarten Festbetrag er­richteten sie bei­spielsweise ganze Häuser oder Dachstühle. Dieser Zahlweise bedien­ten sich vor allem Ein­richtungen der öffentlichen Hand. Der gemeine Mann hin­gegen, dem nötige Erfahrungen zum Aushandeln eines Verdingwerks fehlten, be­schäftigte die Handwerker in aller Regel im Taglohn[676]. Während die Zahlweise des Verdings zur Ermittlung von Lohnverhält­nissen praktisch nicht taugt, fällt dieses bei Taglohnaufträgen wesent­lich leichter. Für jeden Tag erhielt der Beschäftigte dabei einen be­stimmten Geldbetrag, den Lohnsatz. Dieser Zeit­lohn war die bei den mei­sten zünftigen Handwerkern, aber auch bei vielen Taglöhnern üb­liche Form des Ent­gelts. Auch Ehehalten, Knechten und Mägden zahlten die Schreiber einen Zeit­lohn, allerdings auf ein Jahr bezogen. Eine dritte Gruppe von Arbeitskräften indes­sen erhielt ihren Lohn gemäß einer bestimmten vollbrachten Arbeitsleistung zuge­messen, im Stücklohn. Holzhauer etwa bezogen ihren Verdienst je nach Anzahl der gefäll­ten Stämme oder der Menge des gemachten Holzes. Auch viele Erntearbeiten vergalt der Spital nach der erbrachten Leistung, etwa bezogen auf das Mansmad gemähter Wiese oder auf die Fuder gedroschenen Getreides. Diese Stücklöhne ent­sprechen nach heutigem Sprachgebrauch dem Ak­kordprinzip.

Die Spitäler beschäftigten sowohl Männer als auch Frauen. Frauen traten entweder als Mägde, als Näherinnen oder während der Ern­tesaison in deren Dienst. Sie verdienten stets wesentlich weniger, als ihre männlichen Kollegen, meist nur halb so viel. Wäh­rend ein Taglöhner 1652 sommers neben der Verpflegung sieben Kreuzer be­kam, mußte sich eine Frau mit vier Kreuzern begnügen. Für dieses Geld ließen sich Frauen sowohl beim Heuen, im Feld als auch bei der Weinlese ein­setzen. Dieses Lohnniveau findet sich in Horb bereits vor der Kipper- und Wip­perzeit, es dauerte auch nach Kriegsende fort[677]. Näherinnen, die ebenfalls ihre Kost in den Anstalten bezogen, und die teils außerordentlich lange Beschäf­tigung fanden, bis zu 60 Tage in Horb, erhielten täglich gar nur 15 Heller, nach Kriegsende drei Kreuzer (ca 19h). In Herrenberg verdiente die Näherin vor Kriegsbeginn einen Schil­ling (12h) pro Tag, 1631 drei Kreuzer (ca 17h).

Prinzipiell hing die Höhe des Lohnes auch vom ausgeübten Gewerbe ab. Trotzdem schei­nen die Taglöhne von Handwerksmeistern in etwa gleich hoch gewesen zu sein. Dies läßt sich anhand der Taxord­nungen für die meisten Gewerbe zeigen. Der nach der Teuerung in den 1620er Jahren allgemein übliche Lohnsatz für einen verantwortlich tätigen Hand­werksmeister – egal, welchen Handwerks – betrug mit wenigen Abweichungen 24 Kreuzer. Dies galt für den Fall, daß er für sein Essen selbst sorgte. Verpflegte ihn der Arbeitgeber, so durfte dieser, zum Beispiel im Jahr 1655, dafür zehn Kreuzer einbehalten[678]. Unter­schiede zeigen sich mitunter, etwa wenn der Maurer in Herren­berg nach Kriegs­ende öfters einen Lohnsatz von nur 20 Kreuzern hatte, wohingegen der Zimmermann es gleichzeitig auf 24 Kreuzer brachte[679]. Dies mag im Einzelfall mit der Arbeitssaison oder seinem unbe­kannten Ausbildungs­stand zusammenhängen.

Sehr nachhaltig wirkte sich nämlich der Ausbildungsstand auf das Ent­gelt aus. Generell werden im Folgenden nur die Löhne ausgebildeter Meister untersucht. Sie hatten die in den entsprechenden Bau- oder Handwerksordnungen vorgeschrie­benen Qualifikationen er­bracht. Ein Lehrjunge des Maurerhandwerks, der erst zu lernen angefangen hatte, sollte 1655 sommers 16 Kreuzer am Tag verdienen. Von hal­bem Jahr zu halbem Jahr stieg sein Entgelt um ein bis 2 Kreuzer, bis es jenes eines Gesellen in Höhe von 20 Kreuzern er­reichte. Der Meister ver­diente 22 Kreuzer. Erst wenn er sich als Steinhauer quali­fiziert hatte, standen ihm jener Ordnung zufolge, wie dem Zimmer­mannsmeister, 24 Kreuzer je Tag zu[680]. Berücksichtigt man diese für einzelne Jahre gültigen Einschränkungen, so genos­sen Stein­metze, Maurer, Zim­merleute und Schreiner in etwa denselben Taglohn. Aller­dings be­kam bei größeren Projekten immer einer ein besseres Salär, nämlich derjenige, der das Werck führet, also der Werkmeister[681].

Bei den Löhnen des Herrenberger Werkmeisters war allerdings zu berücksichti­gen, daß dieser städtische Polier, beson­ders in den Jahren vor Be­ginn des Dreißigjährigen Krieges, zusätzlich zu einzelnen Taglöhnen eine fixe jährliche Pauschale bezog. Dies hängt mit sei­ner Zuständig­keit für den städtischen Brunnen- und Brückenbau zusammen. Seit dem Dreißigjährigen Krieg scheint diese Pauschale lediglich noch eine Anerkennung für seine Rufbereitschaft gewesen zu sein, wohin­gegen sein Taglohn der allgemeinen Handwer­kertaxe ent­sprach. Diese Entwicklung im Anstellungsverhältnis des städtischen Werkmei­sters und in der Zahlweise seines Lohnes erklärt den gravie­renden Unterschied zwischen seinem Taglohn vor und nach den Kriegsjahren. Berücksichtigt man diese Besonderheit, so entspricht der Lohn des Werkmeisters jenem eines Meisters der Zimmerleute, der einen Auftrag verantwortlich ausführte.

Die Höhe des Lohnsatzes bemaß sich ferner nach der Saison. Bei­spielsweise unter­scheidet die württembergische Bauordnung von 1655 beim Taglohn zwischen jenem im Sommer und jenem im Winter. Ein verantwortlicher Meister verdiente damals im Sommer 24 Kreu­zer, im Winter aber nur 20 Kreuzer. Dies hängt mit der unterschiedlichen Arbeitszeit zu­sammen. Der von Cathedra Petri (22. Februar) bis Galli (16. Oktober) entrichtete Som­merlohn vergütete einen Arbeitstag, der im hohen Sommer mor­gens um vier Uhr, allge­mein jedoch im Mor­gengrauen begann und sich abends bis 18 Uhr, bei einer weiteren Mahlzeit auch bis 19 Uhr erstreckte. Pausen durften die Handwerker für die Morgensuppe zwischen sieben und acht Uhr, für das Mit­tagessen zwischen 11 und 12, sowie even­tuell zwischen 15 und 16 Uhr für das Unterbrot mit einem Trank machen. Im Hochsommer stand der Arbeiter seinem Auftraggeber also 12 Stunden am Tag zur Verfügung! Samstags allerdings bekam er eine Stunde eher Feierabend, so daß die Woche 71 Ar­beitsstunden hatte. Während der übrigen Jahreszeit, im Winter, fing der Handwer­ker ebenfalls bei Sonnenauf­gang an. Da dies aber relativ spät sein konnte, hatte er seine Mor­gensuppe schon zuvor bei Kerzenlicht zu löffeln, so daß dem Auftragge­ber nur die Mittagspause von der Arbeitszeit abging[682].

Damit sind aber längst noch nicht alle Faktoren berücksichtigt, die den Lohnsatz beein­flußten. Zu diesen gehören auch Beinutzungen, etwa die Zuteilung von Klei­dern. Diese war für Ehehalten, die Be­diensteten also, üblich, für Handwerker und Taglöhner jedoch nicht. Untersuchungen dieser Lohnzugabe können auch Erkenntnisse über den Grundbedarf an Klei­dung in der Frühen Neuzeit bringen. Die Spitäler statteten ihre Ehe­halten je nach Tä­tigkeit und nach sozialer Stellung unterschiedlich aus. Insge­samt aber läßt sich eine sehr ein­heitliche Kluft für Knechte ableiten. Normale Knechte, die keine lei­tende Funktion hat­ten, erhiel­ten üblicherweise zwei Hemden, vier Ellen Zwillich, zwei Paar Schuhe, vier Pfund Schmer (rohes Schweinefett) und eine Hose. Der Oberfuhrknecht bekam 1602 zu­sätzlich ein Paar Stiefel im Wert von 20 Batzen. Mägde statteten die Spitäler statt mit Kleidung mit Tuch aus, aus dem sie sich jene selbst nähen sollten. Außerdem versorgte man sie mit zwei Paar Schuhen und zwei Schlei­ern im Wert von zehn Schillingen[683]. Im Spät­mittelalter benötigten Dirlmeier zufolge Männer als Grundausstattung jährlich einen Rock, vier Ellen Tuch, zwei Hemden, ersatzweise dafür vier bis sechs Ellen Zwillich oder Leinen, ein bis zwei Paar Hosen und ein bis vier Paar Schuhe. Für Frauen ermittelte er einen Grundbedarf von vier bis zehn Ellen Leinen- oder Flachstuch, zwei bis vier Paar Schuhe und gele­gentlich einen Schleier. Den Wert die­ser Grundausstat­tung veranschlagt Dirlmeier mit zwei bis drei Gulden[684]. Seinen Angaben zufolge schei­nen die Spitäler ihre Ehehalten mit Kleidung nahezu vollständig verse­hen zu haben. Da der Schuster die Schuhe der Bediensteten auf Kosten der Anstalt außer­dem gleich mitreparierte, brauchten sie grundsätzlich keinen Heller von ihrem Lohn für Kleider auszugeben. Den Knechten und Mägden stand mitunter allerdings frei, ob sie den Gegen­wert für die Kleidung in Geld empfangen wollten. So galt 1648 ein Kragen 12 Kreuzer, ein Hemd einen Gulden. Der Wert der Ho­sen wurde 1602 mit 10 Batzen angegeben.

Die aus den Rechnungsbüchern der Spitäler ermittelten Kleider­gaben an die Bediensteten hatten vor dem Wirksamwerden des Dreißigjähri­gen Krieges einen Wert zwischen vier und sechs Gulden. Einen Hin­weis auf die Gültigkeit dieser Berechnung gibt ein Eintrag im Rechnungs­buch von 1633. Oberknecht Michael Dreher von Trilfingen (wohl bei Haiger­loch) bekam vier Gulden, weil ihm von den Schwe­dischen dem Spital einquar­tierten Reitern seine Kleidung alles ausge­plündert und genommen worden. Eine noch umfangreichere Ausstat­tung der Spitalmumen, die aus Bett und sonstigem Hausrat bestand, bewertete der Schreiber 1580 mit etwas weniger als acht Gulden. Lei­der ließen sich mit Hilfe der ge­wählten Quellengruppe keine Preisrei­hen für Kleidungsstücke bilden, so daß die Kenntnis der Grundaus­stattung nicht in die Konstruktion ei­nes Warenkorbs einfließen konnte. Bei den Schuhpreisen etwa schei­terte eine Reihenbildung trotz reichli­cher Überlieferung an fehlenden Informationen über die jeweilige Quali­tät. Auf solche Qualitätsunter­schiede machen aber gerade die Ta­xordnungen aufmerksam. Sie nen­nen als Produkte der Schu­ster: Stiefel mit und ohne Absätze, Bauern- oder Knie­stiefel, gedoppelte und ein­fache Mannsschuhe, doppelte und einfache Frauenschuhe, Frauenstiefel, verschiedene Kinder­schuhe und Pantoffeln[685]. In den Rechnungsbüchern wird zwar selten in dieser Vielfalt un­terschieden. Immerhin aber diffe­renzierten die Schreiber in den zwischen Stiefeln, welche Viehknechte erhielten und anderem Schuhwerk. Deutliche Preisunterschiede bei sonstigen Schuhen lassen sich auf den Rang der ausgestatteten Person innerhalb der Spitalverwal­tung zurückführen. Die Bekleidung der Füße ihrer Knechte, Mägde, der Keller oder gar der Spitalmeister ließen sich die Anstalten unterschiedlich viel kosten. Am meisten wert legten sie da­bei auf den bequemen Gang des Spitalvaters. Die Preisunter­schiede lassen sich durch verschiedene Qualität erklären.

?  

Wert der Grundausstattung von Bediensteten in den Spitälern (xer)
 GEGENSTAND    MENGE   WERT    
 Hosen         1 Paar    40    
 Schuhe        2 Paar    80    
 Zwilch       6-9 Ellen 30 – 108
 Schmer        3-4 Pfd 21 – 29 
 Weste           1     80 – 120
 SUMME in fl            4 – 6  

Einen weiteren erheblichen Einfluß auf die Höhe des Lohnsatzes übte eine eventu­elle Verköstigung des Arbeiters im Spital aus. Den einzel­nen Lohnformen entspre­chen dabei unterschiedliche Gewohnheiten. Re­gelmäßig empfing das Gesinde Naturalleistungen zu­sätzlich zum Lohn. Es wurde während des Jahres seiner Anstellung im Spital behaust, ein­gekleidet und verköstigt. Unter den Bediensteten gab es allerdings deutliche soziale Unter­schiede. Normale Ehehalten aßen am Tisch der mittleren Pfründner oder der Armen. Der Spitalvater, seine Frau und der Keller besetzten einen eigenen Tisch, wo im Bedarfsfall auch die Handwerksmeister Platz nahmen. Dort gab es beispielsweise mehr Wein zu trin­ken. Der Verlockung erlagen allerdings nicht alle Hand­werksmeister, die gerade in der Anstalt zu tun hatten. Für sie war die Teilnahme an der Spitalverpflegung nicht zwingend, sie schei­nen deshalb in aller Regel auch nicht beim Spitalvater gegessen zu haben. Schließlich kostete sie die Speise auch einen erheblichen Teil ihres Loh­nes. Zu den Hand­werkern, die in Rottenburg in regelmäßig mi­taßen, gehörte der Küfer, der außer seinem Taglohn von acht Kreu­zern Anspruch auf Suppe, Mittag- und Nachtessen und ein hal­bes Mas Wein hatte. Somit bezog er die beiden Hauptmahlzeiten und eine kleinere Mahlzeit am Tag, vermutlich eine vollständige Verpfle­gung[686]. Vor der österreichischen Untersu­chungskommission be­richtete Rottenburgs Spitalpfleger Michael Gugl darüber, zu wel­chen Gelegen­heiten Handwerker im Spital aßen: wann sy daselbst wercken, sonsten nit[687]. Schneider und Schuster seien jeweils etwa drei bis vier Wochen tätig. Sie äßen mit dem Spitalvater und bekämen Wein. Handwerks­gesellen teilten ihre Verpflegung mit dem Ge­sinde des Spitals, wobei auch sie einen Trunk nicht missen mußten. Eine Aus­nahme bildet der Horber Spital in dieser Hinsicht, weil er bis zum Jahr 1643 fast alle beschäftigten Handwerker verköstigte. Auch viele Sai­sonarbeiter erhiel­ten ihre Kost von den Spitälern. Bei den Erntearbei­ten reichte man Suppe und Brot, gelegentlich Wein. Für den Morgen Haferfeld bei­spielsweise drei Pfund Brot und eineinhalb Mas Rebensaft. Mä­her be­kamen 1652 für jede Mansmad ein Mas Getränk und zwei Pfund Brot im Wert von zehn Kreuzern. Oft waren es Weingärtner, die zum Beispiel Korn schnitten, sie brauchten für jeden Jau­chert in Horb fast drei Tage. Auch sie und die Drescher verpflegte die Anstalt in aller Re­gel. Regelmäßig war dies auch bei der Weinernte im Herbst der Fall, wo sich die Helfer beim Keltern mit einem Trunk stärken konnten. Außer Mahl­zeiten als Naturalleistungen zusätzlich zum Lohn tauchen ge­legentlich auch Zulagen auf, welche nicht unmittelbar zum Verzehr kamen. Regelmäßige Zuteilungen an Getreide bekamen in Rottenburg der Stadtschreiber und der Lateinische Schulmeister. Natu­rale Lohnanteile gehören auch fast unabdingbar zu im Verding ausge­handelten Aufträgen. Für den Bau des Hofes zu Wen­delsheim ließ sich der Zimmermann 1528 neben 140 Pfund Hellern noch 12 Malter Dinkel und zwei Malter Roggen zusichern. Ähnliches findet sich beim Bau der Badstube in Rot­tenburg, der den Spi­tal neben 100 Gulden noch zwei Malter Roggen im Wert von acht Gulden, 12 Malter Din­kel im Wert von 30 Gulden und zwei Ohm Wein für sechs Gulden kostete. Zum Gesamt­wert des Ver­dings trugen die Naturalanteile da­mals ein Drit­tel bei. Vermehrt ka­men naturale Zulagen in den Kri­senzeiten des 30jährigen Krieges zur Gel­tung, wo sich insgesamt Tenden­zen zu einer Tauschwirtschaft be­merkbar machen. So er­hielt ein Küfer 1647 drei Vierteil Hafer in Abschlag seiner Ver­dienst. In glei­cher Weise er­arbeitete sich der Wagner zwei Malter Dinkel. Schneider, Rebknecht und Kupferschmied trugen jeweils einen Malter Dinkel nach Hause. Dem Stadtschreiber bezahlte die Anstalt zehn Malter Dinkel und den drei Dreschern im Römenhof sechs Malter.

Daß die Rottenburger Höfner während der Kriegsjahre 1636-40 für den Schnitt- und Dre­scherlohn als Lohn den achten Teil von den ausge­droschenen neun Fuder drei Garben nach Hause trugen, ist si­cherlich ebenfalls eine Ausnahme. Zwar ist im Rechnungsbuch davon die Rede, daß den Zehntknechten das Neuntel für Einzug und Dre­schen seit alters her gebührt, jedoch finden sich dafür keine ausrei­chenden Be­lege. In aller Regel erhielten die Dre­scher Geldlohn. Die Ausnahme läßt sich mit dem damaligen Rückfall in die Tauschwirt­schaft ange­sichts einer perma­nenten Krise begründen.

Die Zu- oder Abnahme von naturalen Lohnergänzungen läßt sich meist auf das jeweilige Wertverhältnis zwischen Lohn und Wa­ren zu­rückführen. Insofern geben veränderte Wert­schätzungen dieser Lohn­form auch Hinweise auf die Preiskonjunktur. An den 273,5 Tagen, die der Küfer 1612 im Rottenburger Spital arbeitete, verdiente er, wie oben angesprochen, zusätzlich zu seinem Geldlohn die volle Verpfle­gung für sich selbst. Vergleicht man seinen Verdienst mit dem ande­rer Handwerker, die nur ab und zu im Spital speisten, so ergeben sich Hinweise auf den Wert des Essens. Damals berechnete der Schreiber zum Beispiel dem im Spital verpflegten Zimmermann sechs oder sieben Kreuzer für die Verköstigung, die Hälfte vom Taglohn! Dies stimmt mit dem von Dirlmeier mitgeteilten Verpflegungskostenan­teil von 50 Prozent überein[688].

Geht man davon aus, daß der Küfer als Handwerker dieselbe Qualität auf den Tisch be­kam, wie sein Kol­lege, so scheint er ständig die Hälfte seines Lohnes für das Essen im Spi­tal drein­gegeben zu haben. In Rot­tenburg nahmen außer dem Kü­fer die mei­sten Hand­werker die Spitalkost nur selten in An­spruch. Die Differenz zwischen Küfertaglohn und dem anderer Hand­werker scheint also in der Hauptsache auf dieses Verpflegungsverhalten zu­rückzuführen zu sein. Der Unter­schied klaffte besonders während der Inflationsjahre der Kipper- und Wipperzeit auf. Zwi­schen 1622 und 1624 verdiente der Zimmermann 50 Pro­zent, zeitweise sogar fast 300 Pro­zent mehr als der Küfer. Langfristig stieg sein Lohn im­merhin noch um ein Viertel. Des Küfers Entgelt entwickelte sich wesentlich stetiger auf jene 125 Prozent, die dem Zim­mermann zuletzt auch nur blieben. In Horb, wo die Hand­werker fast immer im Spital aßen, zeigt sich eine ähnliche Entwicklung. Für die Nach­kriegsjahre überwie­gen auch hier Angaben über Taglöhne für Speis und Lohn. Diese stim­men mit jenen in Rottenburg, aber auch mit je­nen in Herrenberg, weitgehend überein. Ins­gesamt ist zu vermuten, daß auch in den Vor­kriegsjahren, als der Horber Spital seine Handwerker im Spital verkö­stigte, der Lohnsatz etwa jenem in Rottenburg und Herren­berg ent­sprach. Vor diesem Hintergrund sind die Nettotaglöhne in Horb be­sonders interes­sant. Sie machen, ähnlich wie das Küfer­salär in Rotten­burg, deutlich, daß 1622 eine nomi­nelle Lohner­höhung über den Aus­gleich für die Ver­köstigung hinaus erzielt wurde (12 statt zuvor acht Kreuzer). Seit 1630 jedoch scheinen Essen und Trinken im Spital einen solchen Wert ge­habt zu haben, daß die nomi­nellen Löhne wie­der sanken (auf acht Kreuzer). Erst 1634 bezahlte der Spital wieder 12 Kreuzer pro Tag. Und in den 1660er Jahren mußten sich die Handwerker mit zehn Kreu­zern begnügen. Glich der naturale Lohnan­teil des Rot­tenburger Küfers oder der Horber Handwerker die in­flationsbedingten Lohnge­winne der sich selbst verpflegenden Kollegen aus? Vieles deutet darauf hin. Bei Verköstigung im Spi­tal hätte also die Anstalt die haupt­sächlich inflationsbedingten Kosten aufgefangen.

Darüber, wie der Wert von Verpflegung eingeschätzt wurde, geben auch die Taxordnun­gen Auskunft. Ihnen zufolge fiel die volle Verpfle­gung bei den un­terschiedlichen sozialen Gruppen und je nach Saison unterschiedlich ins Gewicht. Sie kostete den Meister in aller Regel mindestens die Hälfte seines Tagloh­nes, wobei er im Winter meist et­was schlechter wegkam, als im Sommer. Am Ende der Teuerungsperi­ode betrug der Wert seiner Verpfle­gung 40 Prozent vom Gesamtver­dienst. Beim Gesellen war es unerheblich weniger.

Anteil des Verpflegungswertes am Taglohn
            Meister Geselle Lehrjunge              
JAHR SAISON  xer   xer   xer    GEWERBE   
1625 Sommer   9 38  7 35  5   36 Zimmerer  
1625 Winter   8 40  6 38  4   40 Zimmerer  
1625         10 50               Wengerter 
1640 Sommer  12 55               Zimmerer  
1640 Winter   8 50               Zimmerer  
1642 Sommer  12 55       Handwerker allgemein    
1642 Winter   8 50       Handwerker allgemein    
1651 Sommer   8 40               Wengerter 
1651 Winter   5 33               Wengerter 
1651 Sommer   8 50               Taglöhner 
1651 Winter   8 67               Taglöhner 
1652 Sommer   7 50                Taglöhner 
1652 Winter   6 60               Taglöhner 

Taglöhner scheint das Essen beim Auftraggeber ebenfalls mehr als die Hälfte von ih­ren Löhnen gekostet zu haben. Hafermäher verloren in Horb vor 1630 acht Kreuzer, in den folgenden Jahren bis zum Wirksamwerden des Krieges sechs Kreuzer, sofern sie am Mit­tagstisch der Knechte Platz nahmen. Bei den Dreschern betrug der Wert des Kostgeldes in den 1620er und 1630er Jahren ebenfalls mehr als die Hälfte vom Lohn, wobei sich seit 1631 ein Rückgang des Anteils zeigt. Auch unter den Dreschern finden sich übrigens be­sonders viele Weingärtner.

Lohnform, Geschlecht des Arbeiters, Profession, Ausbildungsstand und Funktion eines Handwerkers, die Saison, Beinutzungen und eventuelle Verköstigung beeinflußten den Lohnsatz wie gezeigt nachhaltig. Nur bei Kenntnis dieser Faktoren lassen sich sinnvolle Lohnreihen bilden. Andererseits bilden die genannten Punkte wertvolle Parameter zur qua­litativen Beurteilung der Lebensverhältnisse. Vielfach konnten nur Löhne für die im Spital beschäftigten Handwer­ker ermittelt werden, deren genaue Abhängigkeit von den genannten Faktoren nicht zu be­stimmen war. Indessen dürften gerade diese Faktoren die meisten Unterschiede beim Lohnsatz verursacht haben.

Kostgelder beim Dreschen in Volmaringen      
 JAHR KOSTGELD – ANTEIL
     xer/Fuder AM LOHN 
 1624  87,92    49    
 1626  91,25    57    
 1627  96,11    60    
 1628  97,48    61    
 1631  79,02    53    
 1632  79,9     53    
 1633  79,9     53    
 1634  69,16    45    

Gerade auch zwischen den untersuchten Orten gab es eine Reihe von sehr verschiedenen Gewohnheiten, was die Beschäftigung von Hand­werkern und Bediensteten anbelangt[689]. Nur weil die gebildeten Lohn­reihen trotz solcher Unterschiede auf eine sehr konstante, stu­fenartige Entwicklung des Lohnsatzes hinweisen, konnte in Einzelfällen ein er­mittelter Taglohn in seiner Abhängigkeit von einem der Faktoren ge­wichtet und somit in die Reihe integriert werden. Beispielsweise be­schäftigten einige Spitäler Handwerker vorzugsweise während des Win­ters für kleinere Reparaturen. So konnten aus einigen Rechnungsbü­chern nur Winterpreise ermittelt werden, die wiederum nur ein Ver­gleich mit bekannten Winter- und Sommerpreisen als solche zu er­kennen gab. Manche auf den ersten Blick überhöhten Lohnsätze zeigten ihren wahren Charakter erst bei genauerem Hinsehen. Mau­rerlöhne etwa überstiegen das normale Maß, wenn die Meister in der Höhe, vorzugsweise auf Dä­chern, arbeiten mußten. Insgesamt blieb zur Bildung sinnvoller Lohnreihen häufig nichts anderes übrig, als im Einzelfall auf Grund derartiger Erfahrungswerte, vor dem Hinter­grund einer sehr gleichartig verlaufenden Reihe und in Kenntnis der jeweili­gen Taxord­nungen, einen Wert für den Sommertaglohn zu schätzen. Damit ist klar, daß die aufgestell­ten Lohnreihen doch stärker willkür­lich gebildet sind, als die meisten Preisreihen. Bei der folgenden Dar­stellung gehe ich in der Regel von den wäh­rend der Sommermo­nate bezahl­ten, also höheren, Taglöhnen sowie von jenen der verantwortlich tätigen Meister aus. Er­stere Entscheidung be­deutet, daß die Handwer­ker während des langen Sommertages ar­beiten mußten, um diesen Lohnsatz zu erzielen. Letztere liegt deshalb nahe, weil die Spi­täler tatsächlich in aller Regel Meister beschäftigten, Ge­sellen traten nie als selbständig tä­tige Handwerker auf. Zudem be­trachte ich jene Taglöhne, die sowohl für die Arbeit als auch für die Speise be­zahlt wurden. Auf dieser Grundlage erst konnte die Lohn­entwicklung in Rotten­burg, Horb und Herrenberg beurteilt werden. Vor allem das Her­renberger Material ließ sich dank der zusätzlichen Auswertung von Bürgermei­sterrechnungen auf eine sehr breite Basis stellen.

Vollständigkeit der Lohnreihen         
                           Rbg   Hbg  Horb
 Berichtszeitraum        1590  1590  1607 
                          – 1674 – 1674– 1674
 Berichtsjahre              85   85    68 
 Merkmalsausprägungen       35   63    42 
     – Werkmeister               49       
     – Maurer                    50       
     – Zimmermann                39       
     – Holzhauer            46   80    60 

Gewisse Schwierigkeiten bereiteten lediglich die Berichtsjahre 1634-39, da für diesen Zeit­raum, zum Teil wegen Lücken in der Rechnungs­führung, keine Merkmalsausprägungen zu ermitteln waren. Trotz der Lohntaxierungen konnte der Krieg unverhältnismäßige Teue­rungen be­wirken. Eine derartige Lohnteuerung verzeichnen beispielsweise die Rottenbur­ger Spitalrechnungen für das Jahr 1637.

Indessen wurde in Anlehnung an die Lohnta­xierungen eine lineare Er­gänzung der Hand­werkerlöhne für den genannten Zeitraum gewählt. So weit aus den Rechnungsbüchern der Herrenberger Anstalt Löhne von Handwerkern bekannt sind, stimmen diese ausnahmslos mit den in den Bürgermei­sterrechnungen genannten überein. Anhand der Rech­nungsbücher des Rottenburger Spitals konnten leider nur wesent­lich lückenhaftere Lohn­reihen als in Herrenberg gebildet werden. Erschwe­rend kommt hinzu, daß die Überliefe­rung von Rechnungsakten der Stadt Rotten­burg durch den Stadtbrand am Ende des Dreißigjährigen Krieges schwer gestört wurde. Die Stadtsäckelrechnungen beginnen erst 1655, so daß nicht wie im Fall Herrenbergs auf eine paral­lele Über­lieferung zurückgegrif­fen werden konnte. Dieser Tatbestand verliert in­dessen durch eine günstige Verteilung der Merk­malsausprägungen viel von seiner Bedeutung. So ist gerade für Rottenburg der Zeit­raum zwischen 1620 und 1639 sehr gut (15 Merkmalsausprägungen für 20 Jahre) do­kumentiert. Bei den entsprechend spärlicher besetzten frü­heren und späteren Jahren ist ein relativ einheitliches Lohnniveau sehr wahr­scheinlich, wofür insbesondere die Lohnta­xierungen nach Kriegs­ende sorgten. In Horb sind die Taglöhne der Handwerker wiederum dichter vorhanden als im Fall des Rottenburger Spitals, wobei insbeson­dere die Jahre zwi­schen 1607 und 1643 vollständig durch Merkmalsausprä­gungen besetzt sind. Während für die Handwerker je­den Ortes eine einzige Reihe, die den Lohnsatz der Meister unter­schiedlicher Bran­chen darstellt, gebildet werden konnte, erschien bei den Akkordlöhnen die Auswahl einer beispielhaften Reihe sinnvoll. Als Beispiel für Ak­kordlöhne dienen in der vorliegenden Untersuchung Holzhauerlöhne. Sie sind für alle drei Städte durch außer­gewöhnlich vollständige Rei­hen belegt. In allen drei Untersuchungsobjekten sind durch sie insbe­sondere die Krisenjahre des Dreißigjährigen Krieges na­hezu vollständig dokumen­tiert.

Die Entwicklung der Handwerkerlöhne zeichnet sich in allen unter­suchten Orten durch eine stufenartige Entwicklung aus, welche Lohnta­xierungen verursachten. Absätze dieser Entwicklung vor Beginn des Dreißigjährigen Krieges bilden offenbar die Jahre 1601 und 1612. Bis 1620 dauerte dieses doch bereits recht hohe Niveau. Nach den Turbulenzen der Kipper- und Wipperzeit festigte sich der Lohnsatz seit 1625 auf dem nur noch selten unter­brochenen Niveau von 24 Kreuzern. Auch nach dem Kriesende behielten die Löhne dieses im Vergleich zu den Vorkriegsjahren etwa verdop­pelte Niveau bei. Eine vom Verfasser für den Ort Gomaringen (Landkreis Tübingen) gebildete Lohnreihe[690] deutet darauf hin, daß der Lohnsatz für Handwerkermei­ster während der längsten Zeit des 18. Jahrhunderts wei­terhin 24 Kreuzer betrug. Als Ursa­che für die Entwicklung der Löhne kann auf die Bevölke­rungsentwicklung verwiesen werden. In dem nach dem Dreißigjährigen Krieg aus­gebluteten Südwesten, wo ein Drittel der Vorkriegsbevölke­rung die Kriegsschäden wieder­aufbauen mußte, waren Arbeitskräfte zunächst noch be­gehrt, weshalb sich anfangs die durch die Teue­rungskrise der 1620er Jahre und die anschließende Kriegs­teuerung er­höhten Löhne hielten. Sehr zum Leidwesen der Regierun­gen, wie die damaligen Maßnah­men der Taxordnungen gegen den Trotz und Mutwillen der Taglöhner und Dienstboten, deren kheiner baldt mehr zuersättigen und zuerfüllen sein will[691], zeigten. Nach Kriegsende deu­ten sich leichte Rückgänge im Lohnsatz an, bei Mei­stern jedoch nie unter 20 Kreuzer. Dabei ist allerdings im Einzelfall schwer zu beurtei­len, ob nicht die oben genannten Fakto­ren der Sai­son oder des Ausbildungsstandes dabei die entscheidende Rolle spie­len. Jeden­falls verdienten die Handwerker nach Kriegsende weiterhin deutlich mehr, als vor Kriegs­beginn.

Zum Vergleich mit dem Zeitlohn soll der Akkordlohn der Holzhauer herangezogen wer­den. Holzhauer wurden entsprechend der Menge des ge­hauenen Holzes bezahlt, also in Kreuzer je Klafter. Wie den Rech­nungsbüchern zu ent­nehmen ist[692], benötigte ein Holz­hauer etwa einen Tag, um ein Klafter Scheiterholz zu machen. Die Holz­hauerlöhne wer­den in allen untersuchten Rechnungsbüchern getrennt vom Holz­preis und auch getrennt von den erheblichen Fuhrkosten ru­briziert.

Wo möglich wurden sie gewichtet, das heißt, daß bei un­terschiedlichen Löhnen innerhalb eines Jahres auf Grund der zu einem bestimmten Lohn gehauenen Mengen der jährli­che Durchschnitt errechnet wurde. Für Herren­berg liegen den Lohn­reihen wiederum die An­gaben aus den Bürgermeisterrechnun­gen zu Grunde. Für den Spitalwald angege­bene Holzhauerlöhne weichen davon al­lerdings zum Teil in der Höhe erheblich ab, da die Schwankungs­breite innerhalb eines Jahres – be­sonders im Zeitraum zwischen 1620 und 1650 – sehr groß sein konnte. Auch die Art des gehauenen Holzes spielte bei der Bemes­sung des Stück­lohnes eine Rolle, wobei etwa Eichenholz im Jahr 1627 mit 20 Kreuzern je Klafter, anderes Laubholz hingegen lediglich mit 18 Kreuzern je Klafter entgolten wurde[693]. Da hierüber jedoch nur spärliche Angaben vorliegen, eine Aufteilung in verschiedene Holzarten anhand der Rechnungsbücher in aller Regel als vollkommen unmöglich er­scheint, wurde nur ein allge­meiner Durchschnittslohn für Holz be­rechnet. Der gewichtigste Fak­tor für Unterschiede beim Holzhauerlohn war die Entfernung des be­arbeiteten Wald­stücks von der jeweiligen Stadt. So kostete den Her­renberger Spi­tal das Hauen eines Klaf­ters im Stadtwald in der Regel zwei Kreuzer mehr als im Spitalwald[694]. Vor allem dieser Umstand wird für die unterschiedliche Honorierung von Holzhauern in Rotten­burg, Horb und Herrenberg verantwortlich sein.

In den drei Städten lag der Lohnakkord für das Holzhauen im Allgemei­nen etwa gleich hoch. Allerdings treten, besonders vor 1636, vermutlich wegen unterschiedlicher saisonaler Gewichtungen und einer bis dahin unterschiedlichen Handhabung der Lohntaxen, doch erhebli­che Differenzen auf. Vor 1621 kann von einem recht einheitlichen Lohn­niveau für die Holzhauer in Höhe von etwa 12 Kreuzern je Klafter ausgegangen werden, was in etwa dem Taglohn eines Handwerksmei­sters im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhun­derts ent­sprach. Die Teue­rung der Kipper- und Wipperzeit ließ auch die Holzhauer­löhne 1622 sprunghaft ansteigen. Seit 1629 pendelten sie sich auf ei­nem Niveau von etwa 16 Kreuzern ein, wobei allerdings die Entwick­lung in Horb viel gemäßigter verlief und sich dort die Löhne auf 12 Kreuzer je Klafter hielten, nachdem sie vor 1621 bei acht Kreuzern gelegen hatten. Einen erneuten An­stieg brachten die Jahre 1635-38. Das infolge der damali­gen Kriegseinwirkungen gestiegene Niveau blieb bis 1645/48 auf etwa 20 Kreuzer je Klafter. An­schließend fiel es, vermutlich eine Folge von Taxierun­gen, auf 15 Kreu­zer je Klafter in Horb und blieb dort bei diesem Wert. In Rottenburg und vor allem in Herrenberg blieben die Holzhauer­löhne indessen unreguliert oder von anderen Faktoren abhängig, so daß sie in Rottenburg zwischen 12 und 15 Kreuzern, in Herrenberg zwischen 14 und 18 Kreuzern schwan­kten. Lokal wirksam werdende Kriegslasten mögen hierbei eine Rolle gespielt ha­ben. Teuerungen brachten in beiden Städten nochmals die Jahre 1650-55 sowie in Herren­berg 1657-65. Gegen Ende des Untersuchungszeitraumes verringerten sich diese Stück­löhne wieder, während sie in Horb ihr durch Taxierung festgelegtes Niveau hielten. Allge­mein läßt sich auch für diese Lohnakkorde erkennen, daß die Lohnsätze nach dem Dreißigjährigen Krieg etwa doppelt so hoch blie­ben wie vor Kriegsbeginn. Bei der Horber Sonderent­wicklung mag sich ausgewirkt haben, daß für den Spital der Holzhau seit 1639/40 eine besondere Bedeutung besaß. Die da­mals erbaute Sägmühle bildete den Rückhalt für eine umfangreiche Holzbewirt­schaftung, die auf den Ver­kauf von Holzflößen abzielte. Vielleicht hatten deshalb der Horber Magistrat und die Hohenbergische Regie­rung ein besonderes Interesse daran, die Holzhauerlöhne auf einem geregelten Niveau zu halten.

In allen drei untersuchten Städten verläuft die Lohnentwicklung ange­sichts unterschiedli­cher Faktoren im Detail sehr unterschiedlich, hin­sichtlich der groben Ausschläge aber doch recht einheitlich.

Das jährliche Lohneinkommen von Handwerkern hing außer vom Lohnsatz und den beein­flussenden Faktoren vor allem von der Be­schäftigungsdauer ab. Dirlmeier geht davon aus, daß Lohnempfänger in der Frühen Neuzeit an etwa 265 Tagen pro Jahr arbeiten konn­ten[695]. Die faktische 6-Tage-Woche und etwa 100 arbeitsfreie Sonn- und Feiertage werden dabei für das Spätmittelalter angenommen. Allerdings kam es auch im päpstlichen Kalen­der zu einer Reduktion von Feier­tagen. Lei­der kann anhand der Quellen aus dem Unter­suchungsgebiet nicht nachvollzogen werden, ob die Brevierreform Pius V. von 1568 (Re­duktion auf 87 Feiertage) und vor allem die Bulle Universa per orbem Urbans VIII. vom 13. November 1642 (nur noch 34 Festtage als ge­botene Feiertage)[696] nicht nur die mögliche, sondern auch die reale Beschäftigungsdauer von Lohnempfängern in Hohenberg erhöhten. Die Bulle von 1642 läßt sich vielleicht auch als Reaktion auf den damali­gen Mangel an Ar­beitskräften inter­pretieren.

Bei der Anzahl der Tage, die einzelne Handwerker in den drei un­tersuchten Spitä­lern be­schäftigt waren, treten große Unterschiede auf. Einige, vor allem den Küfer, scheint etwa der Rottenbur­ger Spital mitunter dauernd be­schäftigt zu haben. Wie eng sein Dienstver­hältnis war, zeigt sich auch daran, daß er einen Eid auf die Spitalordnung ablegen mußte, in der seine Aufgaben und seine Entlohnung genau geregelt waren[697]. Im Jahr 1612 rech­nete die Rot­tenburger Anstalt mit ihrem Küfer Hans Strauß für 273,5 Tage ab. Zusätzlich hatte er zwei 25-öh­mige und drei gemeine Fässer seinem Auftraggeber in Rechnung ge­stellt. Er hatte sie wohl auf eigene Ko­sten angefertigt.

Beschäftigungsdauer der Küfer in Rottenburg            
JAHRTAGENAME DES KÜFERS           
1559 155 Benz Dußling             
1580 237                          
1590 166                          
1596 173 Hans Biering             
1602 168                          
1630 267                          
1636 158 Christoph Zeberlin       
1638 245                          
1647   7 Der Küfer von Wurmlingen 

Beim Küfer muß allerdings auch angesichts einer ganzen Reihe von Jahren, während denen er nicht ausgelastet sein konnte, gefragt wer­den, ob er nicht noch für andere Auf­traggeber tätig war. Für die meisten anderen Hand­werker, die der Rottenburger Spital mitunter beschäftigte, stellt sich diese Frage in viel stärkerem Maße. Zimmer­leute, die nur hin und wieder Gebäude ausbessern mußten, hatten oft nicht einmal zehn Tage zu schaf­fen, in Ausnahmefällen auch schon einmal über 50 Tage. Für Horb zeichnet sich ein ähnli­ches Bild ab.

Zwi­schen 1608 und 1671 bekam der Zimmermann nur 1608, 1609 und 1614 für mehr als zwanzig Tage Arbeit. Allerdings boten gerade die­sem Personenkreis die Spitäler eine zu­sätzliche lukrative Saisonbeschäfti­gung im Herbst. An den Kelterbäumen ließen sich die Zimmerleute brauchen. Während der meist neun bis zehn Tage, an denen die Kelterbäume der Spitäler Weintrauben preßten, fanden je nach Anzahl der einge­setzten Bäume also Zimmerleute Anstellung[698]. Der Horber Spital setzte an seinen bis zu vier Bäumen jeweils zwei Personen ein, die teils Tag und Nacht mosteten. Es ist folglich damit zu rechnen, daß die einzelnen Handwerker auch noch weiteren Ver­dienst von den Spi­tälern empfingen. Trotzdem erreichte sicherlich kei­ner den Beschäfti­gungsgrad des Rottenburger Küfers. Der Umstand, daß dieser zusätz­lich zu seinem Einkommen aus Taglohnarbeit noch Fässer verkaufte, spricht für eine recht ausgedehnte jährliche Erwerbs­zeit. Auch in der Spitalord­nung war angenommen, daß der Küfer solche Arbeiten nicht wäh­rend seiner normalen Ar­beitszeit erledigte. 1612 fand er Zeit, über die 273,5 Arbeitstage im Spital hinaus fünf Fäs­ser zu fabrizieren, die ihm nochmals die Hälfte seines auf Taglohn­basis erarbeiteten Loh­nes eintrugen. Möglicherweise beschäf­tigte er dafür auf eigene Rechnung Gesellen. Auch könnten die Fässer in frü­heren Jahren ange­fertigt worden sein.

Für Taglöhner boten die aufwendigen Erntearbeiten aller Spitäler re­gelmäßig gute Gele­genheit, ihre Einkommen aufzubessern. In Horb gab es stets für mehrere Personen Arbeit im Heuet. Die Landwirt­schaft des Spitals bot vielen Taglöhnern während der Saison Beschäf­tigung. Häu­fig waren es Weingärtner, die diese Saisonarbeiten über­nahmen. Sie konnten Wiesen mähen, wobei auf jeden Mansmad un­gefähr ein Tag verwendet werden mußte. Strohschneider fanden jähr­lich bis zu 80 Tage lang Arbeit, wobei sie pro Tag circa fünf Malter verarbeiten konnten. Auch die 40 Jauchert Haferfelder der Horber Anstalt konnten an jeweils einem Tag bewäl­tigt werden. Kornschneider brauchten drei Tage pro Jauchert, bei einem Auftragsvolumen von meist 42 Jauchert. Drescher arbeiteten in Horb etwa 500 Manntage jährlich, sie brauchten vier bis fünf Tage für jedes Fuder, zu viert also ungefähr einen Tag für die Wagen­ladung.

Insgesamt blieben die Beschäftigungsmöglichkeiten der Handwerker normalerweise auf fällige Reparaturen beschränkt, von der Ausnahme des Küfers in Rottenburg abgesehen. Und Taglöhner konnten eigent­lich nur während der Erntesaison zuverlässig mit Einkünf­ten rechnen. Fand dieser Personenkreis noch anderweitig Beschäftigung? Konnten diese Arbeiter durch solche spora­dische Tätigkeiten ihren Lebensbedarf decken? Für wie viele Personen reichte das Lohneinkommen?

Vermutlich mußten viele Handwerker und Taglöhner im Untersu­chungsgebiet einen nicht unerheblichen Teil ihrer Bedürfnisse, vor al­lem was die Lebensmittel angeht, aus eigener Landwirtschaft decken. Vielleicht gibt auf diese Verhältnisse das Beispiel eines Gärtringer Handwerkers einen Hinweis. Er brachte 1679 nur die halbe Ernte von seinem 2,5 Morgen kleinen Hofgütlein ein. Ihm mußte der Herrenber­ger Spital bereits wegen dieses einmali­gen Ernteausfalls eine Roggen­gült nachlassen, weil ihme das liebe Brodt bald auch ausgehen wirdt. Dem gemeinen Hand­werksmann attestierten die Beamten eine schwere Haushal­tung und daß es ihm unmöglich sei, den Roggen aufzuetrei­ben[699]. Das Beispiel zeigt, wie sehr die­ser Mann auf den landwirt­schaftlichen Zuerwerb aus seinem kleinen Gut angewiesen war und welch geringe Möglichkeiten ihm offensicht­lich sein Handwerk bot, um den Ernteaus­fall auszugleichen. Auch ein Rottenburger Ratsprotokoll aus dem Jahr 1770 charakterisiert die Ab­hängigkeit der Handwerker vom Zuerwerb: Rottenburg ist ein Bau­ern-Städtlein, worin die meisten Bürger sich mit Feldbau ernähren und kein Bürger von seiner Profes­sion al­lein leben und sich erhalten kann[700]. Schon Karl Otto Müller hatte aufgrund der Besitzstruk­tur, die er für Hohenberg anhand der Musterregister ermittelte, darauf hingewiesen, daß in der Stadt land­wirtschaftliche Kleinbe­triebe vor­herrschten. Weil von einem solchen Klein­betrieb niemand seine Familie ernähren könne, schloß Müller auf landwirt­schaftlichen Nebenerwerb[701]. Auch Franz Quarthal spricht von der Notwendigkeit zu landwirt­schaftlichem Zuerwerb für je­den der Ge­werbetreibenden; dieser Zuer­werb habe zum großen Teil die haupt­sächliche Verdienstmöglichkeit dargestellt. Er verweist in diesem Zu­sammenhang darauf, daß 1681 von den 396 Kontribuenten, die im Universalsteuer­berai­tungs­proto­koll genannt werden, 68 Prozent ein Handwerk als Beruf anga­ben, 91 davon die­ses aber nicht ausübten[702].

Die Untersuchung der Löhne in den drei untersuchten Orten deutet also darauf hin, daß sowohl in Horb und Rottenburg als auch in Herrenberg kaum ein Handwerker alleine von seinem Handwerk leben konnte. In allen drei Städten, von denen nur Rottenburg wesent­lich mehr als 2000 Einwohner zählte[703], war fast jede Familie auf eigene Landwirtschaft als Lebens­grundlage angewiesen. Diese Schlußfolgerung ergibt sich auch aus den geringen Versor­gungskapazitäten mit Lebens­mitteln, die selbst eine ganzjährige Beschäftigung er­öffnet hätte. Da die tägliche Arbeitszeit, mit der sich ein Handwerker seinen Taglohn ver­dienen konnte, indessen von morgens 4 Uhr bis abends um 7 Uhr dauerte[704], hätte ein voll­beschäftigter Handwerker seine Familie nicht ernähren können, sofern diese nicht im Zu­erwerb tätig war.

IX. Der Gesamtindex

In der vorliegenden Arbeit wurden bisher die Grundlagen der Unter­suchungsobjekte und der verwendeten Quellen dargestellt sowie die exogenen Faktoren der Wirtschaftskonjunk­tur behandelt. Dazu gehörten die Entwicklung der Währung, staatliche Preisregulierungen, Einflüsse des Krieges und der Erntezyklus. Eine Untersuchung von Preis- und Lohnreihen sowie Erwerbsverhältnissen der Lohnempfänger schloß sich an. Jene warf die Frage nach dem realen Wert von Geldbeträgen besonders dringlich auf. Wie kann man sinnvoll die Kaufkraft messen? Läßt sich der Untersuchungszeit­raum anhand der Kaufkraftent­wicklung in augenfällige Perioden einteilen? Diesen methodisch zentralen Fragen wendet sich das vorliegende Kapitel zu. In ihm wird zunächst die theoretische Grundlage für ein Modell zur Kaufkraftermittlung gelegt, welches dann aufgrund der in den vorigen Ab­schnitten un­tersuchten Grundlagen ausgeführt werden soll.

In der Wirtschafts- und Sozialgeschichte[705] geht es um die Le­bensumstände einzelner Men­schen oder Gruppen von Menschen, dabei ist besonders an Familien gedacht, ver­gangener Zeiten. Der Begriff Familie wird in der vorliegenden Arbeit weitgehend durch jenen des Spitals und seiner Insassen ersetzt. Die Verbraucher, deren Lebens­gewohnheiten damit in den Blickpunkt rücken, sind zunächst zwar keine normalen Ver­braucher, sofern man unter normal einen auf Grund statistischer Untersuchungen ermittelten Durchschnitt versteht. Aber für den Untersu­chungszeitraum existieren zur Konstruktion der­artiger Normalität meines Wissens keinerlei Quellen. Einzig einige Großverbraucher zwang ihre Eigenschaft als Einrichtungen der öffent­lichen Hand oder der Kirche zu geregelter Rechnungsführung. Aber nicht alle diese Institu­tionen sind dazu geeignet, ein möglichst durch­schnittliches Ver­brauchsverhalten zu ermitteln. Über die Wirtschafts­führung einiger fürstlicher Höfe beispielsweise geben zwar mitunter Rechnungsbücher Auskunft, indessen kann dabei wohl kein normales Verbrauchsver­halten angenommen werden. Ähnlich fragwürdig erscheinen die Rechnungsbücher von Klöstern. Man muß also schon in den Städten oder auf dem Lande nach Institutionen suchen, die viele Menschen, welche möglichst unterschiedlichen sozialen Schichten ange­hörten, ernähren mußten und die eine geeignete Rechnungs­führung unterhiel­ten. Diese Anforderungen erfüllen wie bereits mehrfach ange­sprochen die städtischen Spitäler in geradezu idealer Weise. Aufgabe dieser Großhaushalte mit ei­gener Rechnungs­führung war in aller Regel die Versorgung einer sozial recht unter­schiedlich zusammengesetzten Anzahl von Insassen, oft unterglie­dert in reiche, mittlere und arme Pfründner. So­mit spie­gelt sich in der sozialen Schichtung der Spitäler in gewisser Weise auch dieje­nige der jeweiligen Stadt  – wenn auch möglicherweise ver­zerrt –  wi­der. Die Insassen der Anstalten wiederum beanspruchten eine ihrem Stand ge­mäße Versor­gung, die sich also an den zeit- und raumüblichen Sitten orientierte. Besonders deutlich wird die Anbindung an das Ortsübliche bei den Reichen, welche sich in Pfründen einkaufen konnten und dabei wohl bemüht waren, ihren Le­bensstandard vertraglich zugesichert zu bekommen. Arme waren auf die Gnade des städtischen Rates angewiesen, konnten also nicht im gleichen Maße auf ihre gewohnten Lebensumstände pochen[706]. Unter­sucht werden somit die Verhältnisse einer Menschengruppe, die größer ist, als eine Familie. Diese dürf­ten sich freilich angesichts der gesell­schaftlichen Einbindung nicht allzusehr von jenen in normalen Haus­halten unterschieden haben. Rückschlüsse auf die allgemeinen Lebens­verhältnisse wären somit möglich.

Grundlegend für solche Lebensumstände sind stets die meist nur qua­litativ erfaßbaren Sitten, etwa die jeweiligen Ernäh­rungs-, Bekleidungs- und Wohngewohnheiten. Von diesen ausgehend lassen sich Bedarfszu­sammenhänge ableiten: Wieviel mußte der Rotten­burger, Herrenberger oder Horber Spital im 17. Jahrhundert von seinen Feldern ernten oder sonst einnehmen, um seine Spitaliten diesen Anforderungen ge­mäß er­nähren zu können? Was ließ er ihnen zukommen? Wie viele Menschen hätte er angesichts seines wirtschaftlichen Potentials theoretisch auf­nehmen können? Wie paßte er seine Verbrauchsgewohnheiten verän­derten Preisen, Löhnen, Ertragslagen oder Versorgungsengpässen an? Neben quali­tativen Grundlagen kommt es also auf quantitativ zu er­mittelnde Entwicklungen an.

Um die Entwicklung der Lebensverhältnisse in den Spitälern untersu­chen zu können, läßt sich das erforderliche statistisch ver­wertbare Material aus den Rechnungsbü­chern gewin­nen. Aus dem gesamten Material müssen einzelne Merkmale isoliert werden. Erst dann lassen sie sich sinnvoll miteinander vergleichen. Jenen Teil davon, welcher sozusagen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen außerhalb der An­stalt angibt, habe ich weiter oben bereits ausgeführt. Im Rahmen der später abzuhandelnden Darstellung der Wirtschaftsfüh­rung der Spitäler wird er um die internen Daten ergänzt. Von denen freilich werden einige schon jetzt zur Ermittlung eines Preisbereinigungsfaktors im Voraus herangezogen. Dieser Vorgriff läßt sich aus darstellerischen Gründen nicht vermeiden.

Wenn es um die Lebensverhältnisse[707] geht, denen Menschen einst aus­gesetzt waren, dann hilft die mathe­matisch-statistische Theorie der Le­benshaltungskosten und deren Meßme­thode des Le­bens­haltungs­preis­index[708] weiter. Der Lebenshal­tungspreisindex dient norma­lerweise dazu, die Preisentwicklung jener Güter und Leistungen wiederzu­geben, welche in den privaten Haus­halten ver­braucht werden. Er ist ein Index zur wirtschaftlichen Diagnose und hat seinen Ur­sprung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Er besteht aus ei­ner Zahl, welche dar­über informiert, wieviel mal mehr oder weniger ein Geldbetrag im je­weiligen Berichtsjahr im Vergleich zu einem im Voraus bestimmten Basisjahr wert war. Zu seiner Kon­struktion werden zwei Elemente benötigt, ein Wägungsschema und Datenrei­hen.

Zunächst einmal muß also ein Wägungs­schema vorhanden sein. Es wird auch als Waren­korb bezeichnet. In ihm sind die wichtigeren Güter und Dienstleistungen anteilsmäßig zu­sammengestellt, die von privaten Haus­halten verbraucht und in Anspruch genommen wer­den. Darin spiegeln sich also die jeweiligen Verbrauchssitten wider. Welche Güter und Dienstleistun­gen soll man aber auswählen, um die Kauf­kraft für die Frühe Neu­zeit zu mes­sen? Und wie läßt sich deren Menge be­stimmen? Das besondere Problem der vorliegen­den Unter­suchung ist also die Zusammensetzung und die Gewichtung jenes Warenkorbes, der einer Preisbereinigung zu Grunde liegt. Das Statisti­sche Bundesamt stützt sich bei der Bewertung des monatlichen An­stiegs der Kosten für die Lebenshaltung in der Bun­desrepublik Deutschland auf einen Warenkorb, welcher entsprechend stichprobenar­tiger Publikumsbefragungen sorgsam gefüllt wurde. Kritik trifft dieses Wägungs­schema, weil es nor­malerweise von feststehenden Gewichtsan­teilen aus­geht, welche die Veränderun­gen der Ver­brauchssitten also nicht berücksichti­gt[709]. Nur alle paar Jahre findet eine Anpassung statt. Bisher gibt es keine wissen­schaftliche Untersuchung über die Wirtschafts- und Sozialge­schichte des Mittelalters oder der Frühen Neuzeit, die einen ähnlichen Stan­dard umzusetzen ver­sucht, weil die Quellen nicht in ausreichendem Maße entsprechende Daten zur Verfügung stellen. Dirlmeier kam durch seine diesbezüglichen Bemühungen zu keinen Ergebnissen. Deshalb beschränkten sich frühere Forscher beim Kaufkraftvergleich darauf, mit einer Äquivalenz-Methode zu arbeiten: sie rech­neten Geldbeträge zum jeweiligen Jah­reskurs in ent­sprechende Mengen von Getreide oder Sil­ber um. Diese Vorgehensweise be­deutet die Reduktion des Warenkorbs auf jeweils einen einzigen Inhalt. Ulf Dirlmeier und andere kritisieren diese Methode denn auch grundsätzlich, weil ihrer Meinung nach Ge­treide doch nur einen beschränkten Teil des Bedarfs mittelal­terlicher und früh­neuzeitlicher Lebenshal­tung deckte[710]. Verbrauchsgewohnheiten blieben völlig unberück­sichtigt. Besonders Dirl­meier hat demgegen­über die wichtigsten Bereiche von Lebenshal­tung im Spätmittelalter so ein­gehend systematisiert, daß kein Zweifel an der Einseitigkeit der ge­nannten Äqui­valenzmethoden bestehen kann. In der neueren For­schung wurde des­halb versucht, Wa­renkörbe zusammenzustellen, welche wenig­stens die wichtigsten Berei­che der Lebenshal­tung erfassen[711]. Entscheidender Nachteil all dieser Modelle bleibt jedoch, daß die Mengen der in sie gepackten Waren auf Grund vermuteter Verbrauchsgewohnhei­ten konstruiert sind. Zudem behalten diese Waren den einmal festgelegten Wert. Verän­derte Verbrauchsgewohnheiten können diese statischen Warenkörbe also nicht oder kaum berücksichtigen. Gerade aber im Untersuchungszeitraum mit dem wirtschaftlichen und ge­sellschaftlichen Bruch, den der Dreißigjährige Krieg darstellt, kann von einer Kontinuität des Verbrauchsverhaltens nicht ausgegangen werden. Einige Grundnahrungsmittel nämlich fragten auch die Verbraucher im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit einkommensela­stisch, also je nach Einkommen mehr oder weniger, nach. Ein­drücklichstes Beispiel für ein derartiges Verbrauchsverhalten ist dasjenige beim Fleischkauf. Da der Mensch auf Fleisch für seine Ernährung nicht unbedingt angewiesen ist, kann er darauf am ehesten verzichten. Besonders in Zeiten verteuerter tie­rischer Lebensmittel ist damit zu rechnen, daß der Fleischverbrauch sinkt, der Konsument hingegen vermehrt auf an­dere Nahrungsmittel zu­rückgreift. Gerade im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit, währenddessen es so tiefgrei­fende Einschnitte in die Lebensverhältnisse gab wie die Inflation der Kipper- und Wipper­zeit und den Dreißigjährigen Krieg, kam es zu solchen veränderten Verbrauchsge­wohnheiten. Dies wird sich weiter unten bei der Untersuchung von Versorgungsleistungen der Spitäler zeigen. Einen Fortschritt in dieser Richtung versucht die vorliegende Arbeit nun durch die Anwendung einer Methode zur Bildung eines Warenkorbs, der vom zeit­genössischen Ver­brauchsverhalten ab­hängt, zu machen. Gleichzeitig soll anhand verschie­dener Warenkörbe diskutiert werden, inwiefern Veränderungen des Verbrauchsverhaltens die Kaufkraft des Geldes beeinflußten. Ist es beim Verbrauchsverhalten im Untersu­chungszeitraum und im Untersuchungs­gebiet zu größeren Veränderun­gen gekommen, so werden diese sich auch in den Spitalhaushalten bemerkbar gemacht haben. Gelingt es nun, mit Hilfe der Rechnungs­bücher von Spitälern Unterschiede beim Verbrauchsverhalten zu ermit­teln, so können diese in die Diskussion um das Wägungsschema und den Warenkorb einbezogen werden.

Dieser Warenkorb läßt sich freilich nur dann füllen, wenn für jede Position darin Daten­reihen verfügbar sind. Ein Vorteil ist, daß sich die erforderlichen Preisreihen aus demsel­ben Urmaterial ge­winnen las­sen, wie das Wägungsschema, eben aus den Rechnungsbü­chern der Spitäler. Freilich sind dabei gegenüber den Anforderungen heutiger Methoden einige Abstriche zu machen. Prinzipiell nämlich müßten diese Reihen aufgrund von Pro­dukten gleicher Art, Sorte und Qualität gebildet werden, um vergleich­bar zu sein. Da zei­gen sich aber die Grenzen eines Urmaterials, welches nicht gezielt im Hinblick auf spä­tere Indexberechnungen ge­bildet wurde. Etwa die Qualität landwirt­schaftlicher Erzeugnisse, die von den wechselnden Witterungs- und Anbauverhältnissen abhängt, ist anhand der Spi­talrechnungen praktisch gar nicht, oder höchstens in Extremjahren, zu erfassen. Auf Erkennt­nisse über solche Qualitätsun­terschiede und die damit verbundenen Probleme wurde bereits weiter oben im Zusammenhang mit dem Ern­tezyklus näher eingegangen. Die vorliegende Untersuchung geht aller­dings von dem Umstand aus, daß sich die Unter­schiede zwischen den Produkten in aller Regel doch inner­halb relativ enger Grenzen be­wegten. Würden diese Toleranzen auch für die Feinanalysen heutiger Statistiker nicht aus­reichen, so versprechen sie angesichts des Jahr­zehnte umfassenden Untersuchungszeitrau­mes doch wesentliche Erkennt­nisse. Auch jahreszeitliche Preisschwan­kungen, die norma­lerweise in der Preisstatistik durch die Bildung arithmetischer Jahresmittelwerte ausge­glichen werden, konnten anhand des untersuchten Materials nicht si­cher ausgeglichen wer­den. Zwar lie­gen den Preisreihen die anhand der Wirtschaftstätigkeit von Spitälern errech­neten Mittelwerte zugrunde, je­doch können diese im Jahresver­lauf durchaus zufällig zu­stande ge­kommen sein.

Ein weiteres Problem stellt die Lückenhaftigkeit der Überlieferung dar. Das Forschungs­ziel dieser Arbeit, die gewählten Methoden und die manchmal nicht genügenden Quellen, zwangen des­halb in einer Reihe von Fällen dazu, zwischen zwei gegebenen Werten andere Werte zu schätzen, also zu interpolieren. Dieses Verfahren ist in der quantita­tiven Ge­schichtswissenschaft durchaus gängig[712]. Je nach Quellenlage kamen dazu verschiedene Me­thoden zur Anwendung. Im folgenden werden sie nach ihrer Wertigkeit geordnet darge­stellt, das heißt, daß zunächst die zuverlässigste Ergän­zungsmethode behandelt wird.

Da die drei untersuchten Orte geographisch sehr eng beieinander lie­gen, entwickelten sich die Preise und Löhne selten sehr unterschied­lich voneinander. Auf einen wirtschaftlich eher homogenen Raum wei­sen auch die Taxordnungen im württembergischen Amt Her­renberg und in Hohenberg hin, welche aufgrund gemeinsamer Preis- und Lohnkonferenzen zustande kamen. Diese Beobachtung ließ es bei eini­gen Preis- und Lohnreihen ange­bracht erscheinen, durch Vergleich mit ei­ner vollständigeren Reihe der Nachbarstadt fehlende Werte zu ergän­zen. Dieses wurde durch wechselseitiges Umindizieren der jeweiligen Stei­gung angestellt.

Ein zweites Verfahren bezieht sich auf einen Vergleich von Kauf- mit Verkaufspreisen. Schon der Nestor der gesamten Preis- und Lohnfor­schung in Deutschland, Moritz John Elsas[713], kam aufgrund seiner reichlichen Erfah­rungen mit Preisreihen zu dem Ergebnis, daß zwischen der Verlaufs­kurve von Kauf- und Verkaufspreisen kein wesentlicher Unterschied be­stehe. Dieser Befund konnte im Wesentlichen am vor­liegenden Mate­rial bestätigt wer­den, wobei allerdings der Weinpreis die große Aus­nahme bildet. Denn beim Wein unter­scheidet sich in aller Regel die Qualität des gekauften Weines von jener des verkauften. Von dieser Ausnahme abgesehen wurde jedoch auf die Elsassche Be­obachtung zurückge­griffen und entsprechend ergänzt.

Nur selten hingegen wurde auf das ebenfalls gängige Verfahren[714] des Vergleichs mit den Preisen ähnlicher Produkte zurückgegriffen. So könnte prinzipiell versucht werden, feh­lende Dinkelpreise durch Umin­dizieren von vorhandenen Roggenpreisen her zu ergänzen. Jedoch schlossen in aller Regel die bereits oben dargestellten Schätzverfahren diese denk­baren Fälle mit ein und wurden bevorzugt.

Denkbar wäre auch eine Ergänzung auf Grund eines vermuteten und statistisch untermau­erten Verlaufs der Entwicklung. Mit Hilfe bewährter Methoden wie der Berechnung der Standardabweichung kann der Sta­tistiker bestimmen, welche lineare Funktion oder welche Funktion hö­heren Grades einer Zeitreihe oder einer Teilzeitreihe am nächsten kommt. Die ermittelte Funktion gestattet es dann, einen fehlenden Zeitpunkt mit einer relativ großen Wahrscheinlichkeit zu schätzen. Ne­ben linearen Entwicklungen, die in dieser Weise auch in der vorlie­genden Untersuchung behandelt wurden, tauchte als geometrische Funktion indessen häufig die rechne­risch sehr schwer handhabbare Lo­gistische Kurve[715] auf, die durch eine längere Anlaufzeit, starkes An­steigen und allmähliches Abflachen ge­kennzeichnet ist. Sie dient häufig zur Beschreibung biologischer Vor­gänge, etwa dem Wachstum einer Bakterienkultur, aber auch zur Be­schreibung wirtschaftlicher Gegeben­heiten[716]. Für das Untersuchungsge­biet spielt sie insbesondere für den Zeitraum zwischen 1620 und 1650 eine große Rolle. Wegen ihrer schweren Handhabbarkeit wurde sie indes­sen rechnerisch nicht einge­setzt, höchstens zur Beschreibung von Schaubildern verwendet.

Wie ist nun die Tatsache zu werten, daß zur Umsetzung der entwic­kelten Methode in die­ser Weise Werte geschätzt werden mußten? In der vorliegenden Arbeit wird Datenmate­rial des endenden 16. und des 17. Jahrhunderts bearbeitet. Von diesem zeitlichen Horizont her er­scheint es mir durchaus tragbar, die Anforderungen an das Datenma­terial nicht ganz so streng zu nehmen, wie in der zeitgenössischen wirtschafts- und sozialwissen­schaftlichen Forschung. Macht man sich die Schwächen des Urmate­rials bewußt, so sind durchaus brauchbare Ergebnisse zu erzielen.

Bereits bei der Erhebung des Zahlenmaterials aus den Rechnungsbü­chern mußte eine Vorent­scheidung insofern erfolgen, als sich nicht alle mitgeteilten Daten er­fassen ließen. Zwar wurden alle Rubriken summarisch aufgelistet, al­leine schon, um die erhobenen Werte durch Gegenrechnen überprüfen zu können, aber einzelne Rubri­ken verändern im Laufe der Zeit ihren Gehalt und innerhalb der Ru­briken können unterschiedliche Anga­ben von Interesse sein. Auf diese Inhalte wurde bereits bei der Darstellung der Quellen eingegangen. Alleine schon für die Datenerfassung mußte also das Wägungsschema früh­zeitig zur An­wendung kommen. In dem für die vorliegende Untersuchung gebilde­ten Wa­renkorb fanden zunächst einmal jene Waren Aufnahme, deren Bedeutung für die Spi­talwirtschaft sehr groß war. Diese läßt sich an den eige­nen Rubriken in den Rechnungsbü­chern ablesen, die ihnen der Spi­talschreiber widmete. Zu dieser Warengruppe gehört als wich­tigstes Grundnah­rungsmittel das Brotgetreide Dinkel. Schon etwas lu­xuriöser und da­her in Abhängigkeit vom sozialen Stand zugeteilt, be­ziehungsweise je nach Einkommen nachgefragt, waren Fleisch und Wein[717]. Daß gerade diesen drei Wa­ren auch im Spital­haushalt ent­scheidende Bedeutung zukam, belegt unter anderem eine Instruktion für die Spitalmutter in Rottenburg vom Be­ginn des 17. Jahrhun­derts[718]. Diese legte der Gattin des Spitalvaters ganz besonders die Aufsicht über Brot, Fleisch, Schmalz, Unschlitt und andere Küchen­speisen ans Herz. Gleichzeitig wurde der Spitalkel­ler darauf vereidigt, Wein nur nach der Ordnung auszuteilen. Ein besonderes Problem bei der Zu­ordnung von Waren zu einem Wägungsschema stellen die Kosten für ge­werbliche Produkte sowie Dienstleistun­gen aller Art dar. Dieses Pro­blem ließ sich auch in der vorliegenden Arbeit nicht direkt lö­sen, da keine ausreichenden Daten­reihen zu ermitteln waren. Indessen wurde ersatzweise auf die allge­meine Entwicklung der Lohn­kosten zurückge­griffen. Versuchsweise konnten auch die Kostenfaktoren Holz, Tex­tilien, Unschlitt und Salz in die Berechnungen mit einbezo­gen werden. Es zeigte sich indessen, daß bei diesen Merkmalen der Spitalhaushalte keine ausreichend dich­ten Preisreihen für alle drei Untersuchungsob­jekte gebildet werden konnten und daß die Anteile am Warenkorb angesichts der übrigen Unsicherheitsfaktoren zudem vernachlässigbar gering blieben.

Einen entscheidenden Fortschritt gegenüber konstruierten statischen Warenkörben bietet die gewählte Methode dadurch, daß die Gewichtung der in den Warenkorb aufgenommenen Waren einem realen Verbrauchsverhalten entspricht. Zwar nicht, wie in der modernen Preisstatistik, jenem eines durch Umfragen ermittelten normalen Haushaltes, aber immer­hin dem eines realen Verbrauchers, der einen Querschnitt aus einer städ­tischen Bevölke­rung versorgte. Es ist eben das Verbrauchsverhalten der Spi­täler und ihrer Insassen. Deren jährlicher Verbrauch an Dinkel, Fleisch oder Wein sowie ihre Inanspruchnahme ausge­wählter Dienstleistungen hatte einen bestimmten Wert. Er wird im folgenden als hypotheti­scher Gesamthaushalt bezeichnet. In Bezug zu diesem Gesamthaushalt konn­ten die Anteile jener Waren ermittelt werden, die in den Warenkorb aufgenommenen wurden. Diese An­teile wiederum liegen der Gewich­tung von Preisen bei der Berechnung des Gesamtindexes zu Grunde. Dabei geht es stets nur um Verhältnisse, nicht aber um absolute Werte. Es kommt also darauf an, ob für den Dinkel in einem be­stimmten Jahr etwa zwei Prozent mehr ausgegeben werden mußte und für Wein und Fleisch jeweils ein Prozent weniger als in einem Ver­gleichsjahr. Gefragt ist jedoch nicht, ob der Dinkelverbrauch um eine Tonne stieg. Deshalb bleibt diese Gewichtung auch von der Anzahl versorgter Personen unabhän­gig. Allerdings ist hierbei zu beachten, daß sich die Zusammensetzung der Spitalinsassen möglicherweise insofern aus­wirkte, als etwa durch eine überproportionale Aufnahme rei­cher Pfründner der Fleisch- und Weinkonsum relativ steigen konnte. Im Zusammenhang mit einer Untersuchung der Versorgungsleistung wird darauf nochmals eingegangen wer­den, ansonsten gelten allgemein die weiteren Ausführungen. Paßten die Spitäler den Ver­brauch einzel­ner Waren wegen einer Teuerung oder auf Grund sonstiger Ursachen verän­derten Verhältnissen an, so schlägt sich dies in den Kostenanteilen nieder. Ersetzten sie allerdings eine der ge­nannten Waren zu wesentlichen Teilen durch ein bis dahin nur selten verbrauchtes Produkt, etwa indem plötzlich Erbsen statt Brot auf den Tisch kamen, dann versagt auch diese Methode. Sie muß folglich je nach Quellenlage daraufhin überprüft werden, ob sich nicht die Aufnahme weiterer Güter in den Warenkorb emp­fiehlt. Bei der Auswertung von Geldbeträgen, die auf Grund der hier entwickelten Methode bereinigt wurden, ist außerdem zu berücksichtigen, daß die Gewichtung nicht den Gewichten im Verhält­nis zum tatsächlichen Haushalt, sondern zu einem hypothetischen Haushalt ent­spricht, inso­fern also bedingt willkürlich ist.

Wie oben ausgeführt sollen in dem Warenkorb auch Lohnkosten ent­halten sein. Sie stehen dabei stellvertretend für Dienstleistungen aller Art und für jene gewerblichen Produkte, deren Preis sich hauptsäch­lich nach dem Lohn des Handwerkers bemaß. Damit berück­sichtigt das gewählte Modell jene Kosten auf relativ einfache Art und Weise. Es wird sich später bei der Beurteilung dieses Weges zeigen, daß er von er­heblichem Einfluß auf die Preisbereinigung ist. Gerade die Preis/Lohn-Schere der Frühen Neuzeit mit dem wechsel­weisen Aus­einanderklaffen beider Entwicklungen hatte ja ihren Einfluß auf die Lebenshal­tung. Wie aber können die Löhne in den Warenkorb aufge­nommen und dort gewichtet werden? Grundsätzlich standen zwei rela­tiv komplette Lohnreihen für diesen Zweck zur Verfügung. Das eine sind die Stücklöhne für das Holzhauen. Andererseits boten die Taglöhne der Handwerksmeister eine gute Möglichkeit, das allgemeine Lohnniveau zu er­fassen. Aller­dings war bei den Handwerkerlöhnen je­weils zu entscheiden, welcher von mehreren angegebenen Lohnsätzen in die Reihe aufgenommen wurde, da auch Meister für unterschiedli­che Tätigkeiten unterschiedlich bezahlt wurden, manchmal gar nur wie ein Geselle. Ich habe diese Frage bei der Darstellung der Lohnent­wicklung weiter oben bereits ausgiebig problematisiert. In aller Regel handelt es sich bei den ausgewählten Taglöhnen um dieje­nigen eines den Bau führenden Zimmermanns oder Maurers, also um den höchsten mögli­chen Lohnsatz. Zur Gewichtung dienten die Aufwendun­gen der Spi­täler für alle kontinuierlichen Kosten, die nicht dem Guts­betrieb dienten, also vor allem Besoldun­gen und Handwer­kerlöhne, Mahlkosten für Getreide, Aufwendungen für den Kaminfeger, für den Schuhmacher, für Weber und Holzhauer. Außen vor blieben die Ru­briken mit Baukosten, da die teils erheblichen jährlichen Schwankungen zufallsbedingte Kompo­nenten sind, Erntekosten und Kosten für den Weinbau, da letztge­nannte Rubriken auf die Haus­haltsseite des spita­lischen Gutsbetriebes geschlagen werden müssen. Solche Kosten dürf­ten in einem Normal­haushalt nicht angefallen sein. Auswahlprinzip war in diesem Fall also die Frage nach einem vermuteten Normalhaushalt, in dem die Selbstversorgung durch Ne­ben- und Zuerwerb gesichert wurde, also keine Lohnkosten für Mä­hen, Ernten und Dreschen an­fielen. Nicht berücksichtigt werden konnten die geringen Lohnkosten, die in­nerhalb der Rubrik gemeine Ausgaben ab und zu auftauchen. Auch Boten­löhne und Zehr­kosten blieben außen vor.

Am besten lassen sich die Preise der in den Warenkorb aufgenomme­nen Güter in Form von Indizes zusammenfassen. Sie geben bestimmte Werte nicht in absoluten Beträgen an, sondern nur in Beziehung zu einem bestimmten Vergleichsjahr, dem Basisjahr. Welches Jahr soll aber als Basis für die Indexberechnungen dienen? Zum einen muß es die Anfor­derungen eines Normaljahres[719] erfüllen. Nur, so­fern es einer zusammenhängenden Reihe von Rech­nungsbüchern angehört, läßt sich seine Normalität im Vergleich mit den benach­barten Berichtsjahren und der Gesamtentwicklung beurteilen. Es darf auch keinem Begrün­dungszwang hinsichtlich wirtschafts­exogener Ereignisse wie dem Dreißigjährigen Krieg oder der Kipper- und Wipperzeit unterliegen. Ferner sollten der Getreide- und der Weinanbau ebenfalls in etwa normale Erträge liefern. Außerdem muß es für alle drei Untersu­chungsobjekte dasselbe sein, damit die Spitäler miteinander verglichen werden können. Diese Anfor­derungen schränken die Zeitspanne, in der das Basisjahr liegen kann, schon erheblich ein, da erst ab 1607 Da­tenreihen für alle drei Un­tersuchungsobjekte vor­liegen und seit 1621 bereits mit den Auswirkun­gen der Kipper- und Wipperkrise zu rech­nen ist. In diesem Zeitraum wiederum bot das Jahr 1609 die voll­ständigsten Merk­malsausprägungen. Damals konnten die Spitaldiener Ernten einfahren, die nicht allzusehr vom langjährigen Durchschnitt abwichen, die Preise und Löhne hatten das gemäßigte Vor­kriegsniveau. Deshalb habe ich mich für das Jahr 1609 als Basisjahr entschieden. Alle fol­genden Indexberechnungen führen insofern zu einem Vergleich mit dem Vorkriegszustand des Jahres 1609.

Alle obigen Vorüberlegungen sollen dazu dienen, ein Instrument zur Preisbereinigung zu gewinnen, welches ein einziger Wert darstellt. Er gibt an, wieviel mal mehr ein Geldbetrag in einem bestimmten Jahr wert war als 1609. Somit gibt er Auskunft über die Entwicklung der Kaufkraft und entspricht in dieser Hinsicht dem oben erwähnten Le­benshaltungspreisindex. Durch diesen Wert können dann die zu berei­nigenden Geldbe­träge geteilt und damit wertmäßig bereinigt werden. Dieser Wert heißt im folgen­den aller­dings nicht Lebenshaltungspreisin­dex, sondern Gesamtin­dex. Mit dieser Sprachregelung soll der qualita­tive Unterschied zu den heutzutage ermittelten zuver­lässigeren Indizes doku­mentiert werden. Der Gesamtindex wird aus den Indizes der einzelnen ausge­wählten Wa­ren be­zogen auf das Jahr 1609 gebildet. Die einzelnen In­dizes werden dabei nach der Me­thode Laspeyres gebildet, wobei der Gewichtung ein durchschnittlicher Warenkorb zu Grunde liegt. In ihm finden die oben genannten ausgewählten Waren und Dienstleistungen auf Grund des prozentualen Anteils Eingang, den sie am hy­pothetischen Gesamthaushalt ausmachen. Da der Gesamtindex aus prozentualen Teilbeträgen aufgebaut und auf das Jahr 1609 bezogen ist, hat er in diesem den Wert 100.

Berechnung der Kostenanteile

 1. Getreidewert W1 = Getreideverbrauch  * Preis P1             

 2. Fleischwert W2 = Fleischverbrauch  * Preis P2              

 3. Weinwert W3 = Weinverbrauch  * Preis P3                     

 4. Hypothetischer Haushalt Whyp = W1 + W2 + W3 + Lohnkosten W4

 5. Getreideanteil q1 = W1/Whyp                                

 6. Fleischanteil q2 = W2/Whyp                                 

 7. Weinanteil q3 = W3/Whyp                                    

 8. Lohnanteil q4 = W4/Whyp                                    

 9. Preise p1 – p3 und Löhne l4 (Handwerker) und l5 (Holzhauer)

Das grundsätzliche Problem bei den beiden möglichen Formen zur Indexbildung, jener von Paasche und jener von Laspeyres[720], besteht darin, daß sich nicht sowohl das Verbrauchs­verhalten als auch die Preisentwicklung in einem einzigen Wert zusammenfassen lassen. Gerade aber den Untersuchungszeitraum prägen, wie bereits oben gesehen, erhebliche Unterschiede sogar zwischen einzelnen Jahren hinsichtlich der verbrauchten Mengen und der dafür bezahlten Preise. Im folgenden wird als Weg zur Untersuchung auf die Eintei­lung in Perioden zurückgegriffen, wie sie sich schon anhand der Preisentwicklung, des Ver­brauchsverhaltens und der Erntezyklen abgezeichnet hat. Entscheidend für die Bildung des Warenkorbs sind jeweils die durchschnittlichen Verbrauchswerte einzelner Perioden. Wird das Preisniveau der zweiten Periode untersucht, so wird dem Vergleich deren durch­schnittlicher Warenkorb zu Grunde gelegt. Insgesamt müssen also fünf verschiedene Wa­renkörbe zur Anwendung kommen. Innerhalb dieser wird nach den Kostenanteilen am hy­pothetischen Gesamthaushalt gewichtet. Es seien qd der Kostenanteil von Dinkel, qf jener von Fleisch, qw jener von Wein und ql der von Lohnkosten. Preise im Basisjahr tragen die Bezeichnung 0, jene im Berichtsjahr 1 die Bezeichnung 1. Dann errechnet sich der Laspey­res-Index für das Jahr 1 wie folgt:

(pd1 x qd + pf1 x qf + pw1 x qw + pl1 x ql) : (pd0 x qd + pf0 x qf + pw0 x qw + pl0 x ql) x 100.

Durch diesen Kompromiß kann das geänderte Verbrauchsverhalten der Spitäler immerhin periodenweise erfaßt und berücksichtigt werden.

Ein Beispiel soll das Verfahren illustrieren. Der Rottenburger Spital verbrauchte im Durchschnitt der Jahre von 1596 bis 1674 in seiner eigenen Haushaltung anteilsmäßig 44 Prozent Getreide, 14 Prozent Fleisch, 20 Prozent Wein und 22 Prozent Lohnkosten. Es ko­steten im Berichtsjahr: Dinkel 3,01 xer, Fleisch 4,84 xer, Wein 5,964 xer, Holzhauerlöhne 18,64 xer, Handwerkerlöhne 20 xer. Im Basisjahr 1609 lassen sich als Preise und Löhne er­mitteln: für Getreide 2,209 xer; für Wein 2,607 xer; für Fleisch 1,99 xer; für Handwerker­löhne 12 xer; für Holz­hauerlöhne 9,6 xer. Der Gesamtindex wäre nun also wie folgt zu errech­nen:

(3,01×44+4,84×14+5,964×20 + (18,64+20)/2×22) / (2,209×44+1,99×14+2,607×20 + (9,6+12)/2×22) x 100 = 179

Der Gesamtindex sagt aus, wieviel mal mehr oder weniger der Spital im jeweiligen Be­richtsjahr für die Lebenshaltung seiner Insassen ausge­ben mußte als im Basisjahr. Teilt man Geldbeträge durch den Ge­samtindex, so lassen sie sich dadurch wertmäßig bereini­gen. Wenn sich also in Rottenburg für das Jahr 1635 ein Gesamtindex von 179 errechnen läßt, so bedeutet dies, daß damals gemessen an Preisen und Löhnen des Jahres 1609 unter Heranziehung eines durchschnittlichen Warenkorbs Geldbeträge nur noch 100/179, also 56 Prozent wert waren. Verdiente der Ober­knecht im Basisjahr 20 Gulden jährlich und im Berichtsjahr 25 Gul­den, so hatte er einen realen Verlust von sechs Gulden im Vergleich zum Jahr 1609 zu verkraften.

Die Preisbereinigung nach der Methode des verbrauchsabhängigen Warenkorbs ba­siert auf der Auswahl verschiedener Waren und auf der Konstruk­tion eines hypothetischen Ge­samthaushaltes. Es werden also nur be­dingt reale Verhältnisse dargestellt. Dies bringt ei­nige Nachteile mit sich. Will man die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung auf ihre Aussagekraft hin befragen, so ist es unerläßlich, sich diese Schwächen bewußt zu machen. Ihrerseits erhalten die Unzulänglichkeiten ihre Be­deutung wiederum nur in Abgrenzung zu den Stärken, die das ge­wählte Mo­dell zur Preisbereinigung ebenfalls hat.

Es geht darum, Annäherungen an frühere Lebensverhältnisse zu gewin­nen. Im Vergleich zu den bisher angewandten Methoden bringt das neue Modell des verbrauchsabhängigen Waren­korbs den wesentlichen Vorteil, daß er aufgrund tatsächlicher Verbrauchsgewohn­heiten gewichtet wird. Er hängt also nicht einseitig von einem bestimmten Äquivalent ab. Leider läßt sich der Kritik, daß längere Indexreihen veränderte Verbrauchs­gewohnheiten zu wenig berücksichtigen und des­halb unbrauchbar seien, nur durch aufwendige Mehr­fachberechnungen ein Stück weit begegnen[721]. Die ermittelten Ergebnisse lassen sich zu­dem relativ ein­fach genauer untersuchen, indem der Gesamtindex rück­schreitend ent­faltet wird.

Wie sehr die Entscheidung für einen bestimmten, festgelegten Warenkorb den Wert der Kaufkraft bestimmt, zeigt ein Vergleich. In der vorliegenden Arbeit konnten für jeden Spi­tal durchschnittliche Warenkörbe nach Perioden gebildet werden. Im Falle des Rottenbur­ger Spitals lassen sich vor allem nach Kriegsende die höchsten Differenzen je nach Wahl der Basisperiode feststellen. Berechnet man beispielsweise die durchschnittlichen Laspey­res-Indizes für die Nachkriegsperiode, so kommt es bei der Gewichtung nach dem Ver­brauchsverhalten in der Nachkriegsperiode und jenem in der 1. Kriegsperiode zu Abwei­chungen von 25,87 Punkten (1609 = 100). Alleine die Gewichtung des Warenkorbs kann also darüber entscheiden, ob ein bestimmter Geldbetrag ein Viertel mehr oder weniger wert war! Und dabei wurden dieser Berechnung bereits durchschnittliche Wägungsschemata zu Grunde gelegt.

Eine Reihe weiterer Schwächen zeichnet ebenfalls auch die mei­sten der übrigen in Frage kom­menden Methoden – meist in noch größerem Maße – aus. Sie lassen sich dadurch we­sentlich abmildern, daß man sie bei der Interpreta­tion berücksichtigt. Zum einen Teil re­sultieren Nachteile aus dem Umstand, daß ein hypothe­tischer Gesamt­haushalt konstruiert werden muß. Da­durch wird der ge­wähl­te Wa­renkorb bedingt willkürlich – immerhin nicht so willkürlich, wie ein hypothetischer Waren­korb. Schließlich werden an Nahrungsmitteln im wesentlichen lediglich Dinkel, Fleisch und Wein einbezogen. Wegen dieser Auswahl maßgeblicher Waren bleiben einige Güter unberück­sichtigt, deren Anteil am gesamten Haushalt in einzel­nen Jahren be­deutend sein kann. So gewinnt für den Rottenburger Spital in den Jahren 1626 und 1637 der Kauf größerer Erb­senmengen ein Gewicht im Spitalhaus­halt, das normalerweise lediglich dem Dinkel­kauf zukam. Freilich trifft dieser Vor­wurf einen hypothetischer Warenkorb mindestens ebenso hart. Eine Schwäche bedeutet dar­über­hinaus auch der Zwang, Fehljahre ergänzen zu müssen. Dies läßt sich häufig nicht um­gehen, da die gewählte Methode für jedes Berichtsjahr eine Fülle von Daten voraussetzt. Darauf wurde be­reits weiter oben eingegangen.

Für die Konstruktion des Gesamtindexes ist das Zusammenspiel von Preisen und Löhnen besonders wichtig. Sofern Lohnsätze nur parallel zum Preisniveau stiegen, gab es für Handwer­ker keinen realen Ein­kommenszuwachs. Andererseits müssen teuerere Lebens­mittel nicht un­bedingt eine Verschlechterung der Lebensverhält­nisse bewirkt haben, da ja Lohnverbesserungen dem entgegenstehen konnten. Die Untersuchung der Taxordnungen für Württemberg und Hohenberg erbrachte bereits einen deutlichen Hinweis darauf, daß im Zeitraum zwischen 1640 und 1642 eine deutliche Zäsur im Verhältnis zwischen Preisen und Löhnen aufgetreten sein muß. Damals hielten die Regierungen das Niveau der Le­bensmittelpreise für wohlfeil, während die Lohnforderungen der Ar­beiter den Zeitgenos­sen übertrie­ben erschienen. Betrachtet man vom Jahr 1641 aus die Entwicklung der oben untersuchten Preis- und Lohnreihen, so zeigen sich bei al­len drei Spitälern relativ einheitli­che Trends. Zunächst einmal erscheint das Jahr 1641 tatsächlich als Um­schlagpunkt. Zuvor hinkten die Löhne meist den Preisen hinterher, anschließend sanken die Preise unter das Lohnniveau. Den mit Hilfe von Taxordnungen ermittelten Umkehrpunkt bestätigen also die gebil­deten Preis- und Lohnreihen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, daß die Löhne nach Kriegsende im Vergleich zur Vorkriegszeit fast doppelt so hoch blieben, während die Preise entwe­der unter das Vorkriegsni­veau sanken, besonders die Getreidepreise, oder nur wenig darüber la­gen wie jene für Wein und Fleisch. Erklä­rungen dafür, daß ausge­rechnet die Jahre 1641 und 1642 diesen Schnittpunkt bilden, lassen die ausgewerteten Quellen nicht zu. Dazu müßte vermutlich die Bevöl­kerungsentwicklung genauer untersucht wer­den. Im Falle Herrenbergs wird dies weiter unten geschehen. Die obige Betrachtung läßt jedoch eine Bestimmung der Kauf­kraft von Einkommen lediglich auf Grund von Getreidepreisen zweifel­haft erscheinen. Im Warenkorb wohl jedes Verbrauchers spielten schon damals Löhne für Handwerker oder zu­mindest Preise für gewerbliche Produkte eine Rolle. Nur ein Wert, der die verschiedenen Preise und Löhne zu einem einheitlichen Berei­nigungsfaktor zusammenfaßt, ver­spricht angemessene Hinweise auf die realen Verhält­nisse. Diese realen Verhältnisse stellen sich als äußerst kompliziert dar.

Verbrauchsverhalten der Spitäler

Ein zentrales Problem bei Berechnungen zur Kaufkraftentwicklung in der älteren For­schung war stets die Gewichtung der Warenkörbe. An­hand des Quellenbestandes städti­scher Spitäler wurde in der vorliegen­den Untersuchung erstmals der Versuch einer Ge­wichtung, die sich an tatsächlichem Verbrauchsverhalten orientiert, vorgestellt. Welche Ergebnisse lassen sich hinsichtlich der Entwicklung des Ver­brauchsverhaltens im Untersu­chungszeitraum formulieren? Dabei soll als Grundlage, um langfristige Verände­rungen im Konsumverhalten erken­nen zu können, auf eine anhand des Materials gebildete Periodisie­rung zur Untersu­chung zurückgegriffen werden. Damit können einer­seits zu­fallsbedingte Momente ausgeschaltet, andererseits aber auch mögliche Fehler, die als Folge von Ergänzungen oder als Folge von unzuläng­lichem Da­tenmaterial auftreten kön­nen, etwas ausgeglichen werden. Zur Beschrei­bung einzelner Perioden – stets verbunden mit der Vorstellung der Grenzpunkte dieser Perioden – wird auf das un­geglättete Material zurückgegriffen.

Verbrauchsanteile in den drei Spitälern
 Getreideanteil  in Horb   Rottenurg Herrenberg
 1590 – 1621   37     46     42  
 1622 – 1626   38     49     45  
 1627 – 1634   40     58     54  
 1635 – 1641   55     54     81  
 1642 – 1650   40     45         
 1651 – 1674   28     34         
                                 
 1590 – 1674   37     44     48  
 Fleischanteil in Horb   Rottenburg Herrenberg
 1590 – 1621   36     14     21  
 1622 – 1627   35     12     14  
 1627 – 1634   33     11     14  
 1635 – 1641   12     14      4  
 1642 – 1650   20     13         
 1651 – 1674   28     15         
 1590 – 1674   28     14     18  
 Weinanteil in  Horb   Rottenburg Herrenberg
 1590 – 1621   12     25     10  
 1622 – 1626   14     26     22  
 1627 – 1634    9     18     14  
 1635 – 1641   15     20      2  
 1642 – 1650    8     17         
 1651 – 1674   10     17         
 1590 – 1674   11     20     11  
 Lohnanteil in       Horb   Rottenburg Herrenberg
 1590 – 1621   14     15     27  
 1622 – 1626   12     13     19  
 1627 – 1634   18     13     17  
 1635 – 1641   18     12     13  
 1642 – 1650   33     25         
 1651 – 1674   34     34         
 1590 – 1674   24     22     23  

Als absolut dominierend im Warenkorb aller drei Spitäler erwies sich das Getreide mit über 40 Prozent. Unterschiedliche Akzentsetzungen in der Tabelle beruhen zum einen auf der unterschiedlichen Überlieferungslage. Für Herrenberg fehlen die gesamten Nach­kriegsjahre mit den niedrigen Getreidepreisen, weshalb der Getreidekostenanteil über­durchschnittlich hoch ist.

Umgekehrt fehlen für Horb 16 Bände, welche Auskunft über die teueren Vorkriegsjahre geben könnten, wohingegen die billigeren Nachkriegsjahre dokumentiert sind. Untersucht man, um diese Ungewichte zu vermeiden, den Zeitraum vor Beginn der Kipper- und Wipperkrise, sofern Angaben zu allen drei Spitälern vorliegen, so zeichnet sich im Falle des Horber Spitals eine erstaunliche Entwick­lung ab: hier verbrauchten die Spitaliten mit über 30 Prozent einen mehr als doppelt so hohen Fleischanteil wie in Rottenburg oder Herrenberg. Das läßt sich auch anhand eines Ver­gleichs der absoluten Mengen zeigen. Die Fleischpreise in den drei Orten unterschieden sich während des Zeitraumes kaum. Wurden in Horb über­durchschnittlich viele Pfründner versorgt? Hatten die in aller Regel in der Anstalt gespeisten Handwerker diesen Effekt? Oder ging es dort den Spita­liten besser? Verköstigten sich etwa besonders viele Magistratsmitglie­der auf Kosten der Anstalt? Dies dann aber vor al­lem hinsichtlich des Fleischver­brauchs, denn beim Weinverbrauch überragte die Versor­gung in Rot­tenburg mit einem Viertel diejenige der benach­barten Spitäler ihrerseits um das Doppelte. Dies mag eine Folge der besonders gün­stigen Versorgungslage in dem Weinbaugebiet sein. Da fast alle Anstalten ihren Holz­bedarf aus eigenen Wäldern deckten, ent­standen für sie an entspre­chenden Kosten nur diejenigen für den Holzeinschlag und die Holz­fuhr. Immerhin zeigen Holzpreise, daß diese Bearbeitungsko­sten mehr als die Hälfte der Marktpreise aus­machten. Trotzdem blie­ben die Aufwendungen aller drei Spitäler dafür unter vier Prozent. Sie sind deshalb mit den Lohnkosten zusammen­gefaßt. Die Lohnkosten machten knapp 20 Prozent aus.

Zwei empirisch ermittelte Einschnitte in den Jahren 1634 und 1650 prägten die Entwick­lung der Ko­stenanteile. Der erste markiert das Wirksamwerden von direkten Kriegswir­kungen nach der Schlacht von Nördlingen. Die bereits zwei Jahre zuvor erfolgte Eroberung Hohenbergs durch Württemberg scheint sich hingegen nicht ausgewirkt zu haben. Das zweite Datum bezeichnet das Ende des Krieges und der Besatzungs­zeit. Beide Ein­schnitte zeigen, welche überragende Bedeutung der Dreißigjährige Krieg für die wirtschaftliche Konjunktur hatte. Vorher gaben die Spi­täler die größten Anteile ihres Geldbudgets für Getreide aus – fast die Hälfte. Anschließend sank dieser Anteil unter 40 Pro­zent. Auch für den Wein ihrer Spitaliten gaben die An­stalten nach dem Kriegsende geringere Summen aus. Während die Fleischanteile in Rottenburg nahezu konstant blieben, sanken sie in Horb deutlich, be­hielten aber gegenüber allen anderen Spitälern eine überragende Stel­lung. Gegenüber diesen reduzierten Kosten in den Budgets gewannen die Ausgaben für Löhne enorm an Bedeutung. Während sie vor dem Wirksam­werden des Krieges selten ein Fünftel des Spital­haushaltes ausmachten, wandten die Anstalten nach 1650 mehr als ein Drittel dafür auf. Diese Entwicklung läßt sich in Ansätzen ab 1642 beobach­ten und ent­spricht somit der auseinanderklaffenden Lohn/Preisschere, deren Schnittpunkt ja im Zeit­raum zwischen 1640 und 1642 geortet werden konnte. Hierfür könnten Ausgaben für den Wiederaufbau zerstörter Gebäude verantwortlich gewesen sein. Fallende Getreidepreise verbilligten die Versorgungskompo­nente nach Kriegsende, wohingegen die anhal­tend ho­hen Lohnsätze das Budget der Anstalten strapazierten.

Würde man eine Preisbereinigung alleine mit Hilfe der Preisindizes oder gar ausschließlich auf der Basis von Getreidepreisen durchführen, so ließe sich nach dem Ende des Dreißig­jährigen Krieges im Unter­suchungsgebiet im Vergleich zu den Vorkriegsverhältnissen eine regel­rechte Depression feststellen. Indessen würde eine solche Betrachtung irreleiten, da den Geldwert neben den Preisen auch die Löhne be­stimmten. Wie die Struktur aller unter­suchten Spitalhaushalte vermuten läßt, beein­flußten die Löhne und die von ihnen abhängi­gen Preise gewerb­licher Produkte die Kaufkraft sogar erheblich. Auf den Ge­samtindex wirken sich also sowohl Warenpreise als auch Löhne aus. Beide Rei­hen fanden deshalb Eingang in die Konstruktion des Ge­samtindexes.

Ver­gleicht man die Indizes der drei Untersuchungsobjekte miteinander, so ergeben sich im Detail, vor allem was die Amplituden einzelner Resi­duen angeht, doch recht deutliche Abweichungen. Hingegen stim­men die Verläufe in der jeweiligen Richtung und bei Richtungsände­rungen in hohem Maße überein. Für die abweichenden Amplituden läßt sich eine Reihe von Gründen vermuten. Einmal könnte das zu­grundegelegte Quellenmate­rial unzulänglich sein. Zum Beispiel läßt sich nicht beur­teilen, inwiefern die ermittelten Preise zu­fällig entstanden. Darauf wurde bereits eingegangen. Innerhalb des Jahresver­laufs wurden die erhobenen Daten eher zufällig gebildet, wobei aller­dings zu ver­muten ist, daß die Anstalten, sofern sie nicht durch Knappheit ge­drängt wurden, möglichst günstige Kauf­zeiten wahrge­nommen haben dürften. Jedenfalls könnten solche Zufälle Abweichun­gen zumindest teilweise erklären. Während der Nachkriegspe­riode beru­hen Unter­schiede zwi­schen Horb und Rottenburg in erster Linie auf dem Um­stand, daß für Rottenburg die Er­hebung zu anderen Lohnreihen führte, als im Falle des Horber Materials. Dies kann aber die Folge unterschiedlichen Verhaltens beider Anstalten bei der Be­schäftigung von Hand­werkern sein. Auch Effekte von geschätz­ten Werten könnten bei Abweichungen natürlich eine Rolle spielen.

Unterschiede zwischen den untersuchten Städten aber scheinen eine Folge der unter­schiedlichen lokalen Märkte zu sein. Hohe Transport­kosten dürften den Warenaustausch etwa von Getreide zwischen den benachbarten Orten in normalen Jahren ver­hindert ha­ben, hier ist eher Eigenversorgung zu vermuten. Demgegen­über zeigten sich bei den Fleischpreisen die größten Übereinstimmun­gen, was auf einen doch weiträumigeren Markt schließen läßt. Beim Wein spielten sicherlich Unterschiede zwischen dem Weinbaugebiet um Rot­tenburg bis hin zum Herrenberger Importbedarf eine Rolle, wozu noch Qualitäts­unterschiede getreten sein werden, auf die ja bereits das Steuerberaitungsprotokoll aus der Zeit um 1680 hinwies[722]. Insgesamt fehlen we­sentliche Homogenitätsbedin­gungen, selbst wenn der Markt transparent gewesen sein sollte.

Ein Vergleich der Entwicklung in den drei Untersuchungsobjekten weist also – bei insge­samt einheitlichen Trends – auf deutliche regionale Unter­schiede hin, vor allem was die Ausprägung jeweiliger Amplituden an­geht. Dies wirft die Frage nach der Homogenität und Transparenz des Marktes auf[723]. Mit Markt ist dabei jener Prozeß gemeint, den National­ökonomen wie folgt beschreiben: Austauschbeziehungen zwi­schen anbietenden und nachfra­genden Wirtschaftseinheiten, die hin­sichtlich ihrer Verkaufs- bzw. Einkaufsmöglichkeiten in ei­nem so engen Verhältnis gegenseitiger Ab­hängigkeit stehen, daß das Zustandekommen der Preis- und Men­genentscheidungen jeder Wirtschaftseinheit nur aus dem Zusammenhang der Tauschgruppe erklärt werden kann (Willeke). Dieser Prozeß regelt in der arbeitsteiligen Wirtschaft das Verhältnis von Erzeugung und Nachfrage[724]. Der Markt wird als einheitlich und unzerlegbar bezeichnet, weil alle Preise und Löhne zusammenhängen und einander bedingen. Selbst der Selbstversorger in Bezug auf be­stimmte Waren beeinflußt durch den Ausfall seiner Nachfrage den Markt. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit führten Wochen- und Jahrmärkte sowie Waren­messen Anbieter und Nachfrager zusam­men. Dabei spielten Städte eine besondere Rolle, sie gelten als der dauernde Markt (Pantlen). Aller­dings hatte die große Mehrzahl der Jahrmärkte nur lokale Bedeutung, ver­mutlich auch jene in den unter­suchten Orten. Das heißt nicht, daß die Preisbildung nicht überregio­nal beeinflußt worden wäre. Dies wird besonders bei gewerblichen Produkten deutlich. Zwar genügte das Quellenmaterial nicht dazu, eini­germaßen geschlossene Preisreihen für ge­werbliche Güter zu bilden, was unter anderem damit zusam­menhängt, daß alle drei Spitä­ler nur sehr selten und unregelmäßig solche Erzeugnisse des Hand­werkerfleißes erwarben. Sie bevorzugten es, wie die Lohnkosten für Handwerker zei­gen, viele dieser Güter auf ei­gene Kosten in Lohnarbeit herstellen zu lassen. Jedoch sprechen die litera­rischen Quellen eine umso deutlichere Sprache. Nach Württemberg ex­portierten viele auswärtige Hand­werker und Händler Rohstoffe sowie Fertigwaren, das machte bereits die Auswertung der lokalen Taxord­nungen deutlich. Die auswärtigen Preise beeinflußten dadurch nachhal­tig das Preis- und Lohnniveau. Darauf wiesen die Ämter in ihren Stellungnahmen zu den un­terschiedlichen Taxordnungen immer wieder hin. Schmiede, Schlosser, Gerber, Färber und Tucher bezogen wichtige Rohstoffe von außerhalb, ohne daß sie würt­tembergische Tax­ordnungen schützten. Seitenmahl die Zeit und Läuf von Tag zue Tag sogar sich endern, hieß es 1623, könnten auch die Taxen nicht endgültig fest­gelegt werden, bevorab, weil man nach der Zeit khein aigentliche Nachrichtung, wie hoch und thewr allerhand Hab und Wahren von der beraith noch wehrenden Frankh­forter Herbstmeß hiehero zu brin­gen sein möchten[725]. Im Falle eini­ger Her­renberger Handwerker weisen verschiedene Angaben auf die enorme Bedeutung der Stadt Straßburg als preisbildendem Markt hin. Bei­spielsweise kauften die Herrenber­ger Seiler Hanf und Strön dort ein[726]. Besonders bedeutsam waren die Messen als Maßstab dafür, welche Waren überhaupt noch zu bekom­men waren. Das spielte bei der Ar­gumentation Tübinger Sachverstän­diger im September 1623 eine Rolle, als sie für die Abschaffung der Taxen plädierten. Sie verwiesen dar­auf, daß für die ver­gangene Straßbur­ger Messe Leder, Textilien und anderes in großer Zahl ange­langt seien und daß sich für die bevor­stehende Frankfurter Messe ein Überfluß an Ei­sen, Leder und Tex­tilien abzeichne, weshalb viele dieser Waren viel billiger zu be­kommen sein würden, dann (als) es noch manchem Gaitzhals lieb sein möchte[727]. Ins­gesamt scheinen, wie ein oberflächlicher Über­blick über die in den Rechnungsbüchern mitgeteilten Preise ver­mittelt, die gewerbli­chen Produkte nach Kriegsende eher gleich teuer wie vor der Kriegszeit gewesen zu sein. Das würde zu den anhal­tend ho­hen Lohnsätzen passen.

Über die regionalen Wirtschaftsbeziehun­gen geben mitunter die Rech­nungsbücher Hin­weise. Der Herrenberger Spital beispielsweise schickte seinen Meister auf Märkte in Tübingen, Wildberg und Nagold, um Textilien zu kaufen, auf dem Rottenburger Markt be­schaffte er vor allem Zwiebeln. Stuttgart taucht als Marktort selten auf. Die hohenbergi­schen Spitäler wandten sich nach He­chingen und Balingen, um Vieh zu erwerben. Ein wei­teres Beispiel soll die Marktsituation beleuchten. Holz war ei­ner der wichtigsten Roh­stoffe der Frühen Neuzeit. Zum Beispiel das Scheiterholz als Energie­lieferant. Da alle drei Spi­täler über umfangrei­che Wälder verfügten, deckten sie aus diesen ihren Bedarf weitge­hend. Deshalb fielen Kosten fast ausschließlich für Holzhauerlöhne und den Transport der Scheiter in die Stadt an. Dabei hängt der Holzpreis und vor allem auch die Verfügbarkeit von Holz eng mit der Bevöl­kerungsentwicklung zusam­men. Bei der Abhängigkeit von der Holzeinfuhr zeigen sich bedeutende örtliche Unterschiede. Vor allem der Tübinger Raum scheint in erheb­lichem Maße von der Holzein­fuhr abhängig gewe­sen zu sein. So war von nicht geringer Bedeutung, daß im September 1623 wieder zehen Ge­schür mit Holtz vom Kil­lertal (bei Hechingen) im Tübinger Amt eintrafen, woraufhin der Preis sofort fiel[728]. Auf große Unterschiede zwischen den drei be­nachbarten Städten deu­ten die unterschiedlichen Preis- und Lohnreihen hin. Insgesamt scheint der Markt im Unter­suchungsgebiet äußerst inhomogen und wohl auch in­transparent gewe­sen zu sein, was nicht zuletzt an den enor­men Transportkosten gele­gen haben dürfte. Schließlich kostete ein Pferd im Taglohn min­destens gleichviel wie ein Handwerksmeister! Es läßt sich in Anbetracht dieser Inhomoge­nität und der fehlenden Markttranspa­renz kein überregionaler Gesamtindex bilden. Viel­mehr bieten le­diglich lokale Untersuchungen die Aussicht, daß sich solche Bereinigungs­faktoren gewinnen und an­wenden lassen.

Im Detail können die Entwicklungen also durchaus fehlerbehaftet oder von einer unter­schiedlichen Marktsituation beeinflußt sein. Jedoch zeu­gen dominierende Ausprägungen bei allen drei Untersuchungsobjekten von wesentlichen Übereinstimmungen. Für Horb, Rottenburg und Her­renberg bietet sich dabei eine Eintei­lung in die auf der Grafik ge­kennzeichneten Perioden an. Ein wesentliches Ergebnis, welches sich aufgrund der ermit­telten Gesamtindizes formulieren läßt, ist die Ein­teilung des Untersuchungszeitraumes in solche Perioden. In der Wirtschafts- und Sozialgeschichte wird häufig – manchmal vielleicht auch auf einer gewis­sen Zahlenmagie beruhend – mit Perioden von gleicher Länge gear­beitet. Formal erleichtert die Einteilung in regelmäßige Perioden zunächst einmal einige statistische Verfahren. Indessen erscheinen mir solche regelmäßigen Perioden für histori­sche Sachverhalte nicht ange­messen zu sein. Deshalb wurde in der vorliegenden Arbeit versucht, vom Mate­rial her, das heißt, von den ermit­telten Indexreihen her, zur Ab­grenzung historisch sinnvoller Teil­zeiträume zu gelangen. Diese Eintei­lung des Untersu­chungszeitraumes in Perioden stellt bereits an sich ein wichti­ges Ergebnis der Untersu­chung dar. Kriterium zur Ein­teilung solcher Teilzeiträume waren einesteils Zäsuren, also Brüche in der Regelmäßig­keit der Ent­wicklung von Reihen. Andererseits bot die Gleich­mäßigkeit einer Entwicklung einen wichtigen Anhaltspunkt für die Zuordnung zu einer Pe­riode. Es zeich­neten sich dabei sechs die ein­zelnen Datenreihen und das ge­samte Unter­suchungsgebiet übergreifende Perioden ab, die später bei der Be­schreibung einzelner Ent­wicklungen wiederum zur An­wendung kom­men werden. Zu beachten ist in diesem Zu­sammenhang, daß auf den Schaubildern durch die Bildung gleitender Siebenjahresschnitte die Gipfelpunkte und Zäsuren zeitlich etwas ver­schoben sein können. Diese Verschiebung ließ sich indessen nicht rechnerisch oder zeichnerisch korrigieren, da sie nicht regelmäßig erfolgte. Je nach dem Wert einzelner Merkmalsausprägungen kann es sich um eine Ver­schiebung nach unten, nach oben oder gar um eine zufällige Übereinstimmung handeln. Bei der folgenden Periodisierung ordne ich den einzelnen Zeiträumen die für Herrenberg und Württemberg relativ gut überlieferte Bevölkerungsentwicklung zu. Sie war sicherlich einer der entscheidenden Faktoren für die Entwicklung.

Die erste Periode ist von der Vorkriegszeit geprägt. Dieser Zeitraum, in dem sich das Ba­sisjahr befindet, dient als Maßstab für alle im folgenden untersuchten. Auf dem Schaubild sind die entsprechenden Durchschnittswerte für die drei Spitäler eingetragen, welche alle unter 100 liegen. In ihr lassen sich zwar kleinere Sonderentwicklungen un­terscheiden, etwa eine gemäßigte Teuerung vor und bei Beginn des Dreißigjährigen Krieges, jedoch treten diese Zäsuren gegenüber den gröberen in den Hintergrund. Kleinere Booms gab es im Ba­sisjahr und vor allem in den drei Jahren nach 1614. Damals machten sich vermutlich die Folgen einer Serie von Mißernten bemerkbar. An­schließend entspannte sich die Situation wieder etwas. Während dieser Vorkriegsperiode wurden im Dekanat Herrenberg knapp 9000 See­len gezählt, im ganzen Herzogtum Württemberg knapp 450000.

Eine zweite Periode leitet die Teuerungs­krise der Kipper- und Wip­perzeit 1622 ein. Sie wird durch eine starke nominelle Teuerung ge­kennzeichnet, als deren Ursachen Mißernten auszuschließen sind. Alle Produkte und die Löhne sind gleichermaßen von der Inflation betrof­fen. Bei der Untersuchung der Währungsentwicklung ist bereits deut­lich geworden, daß die Ursache hierfür im Verfall des Münzwertes und letztlich in der Geldschöpfungs­politik der Territorien zu suchen ist, die sich auf den Dreißigjährigen Krieg vorbereiteten. Im Durch­schnitt von fünf Jahren verdoppelte sich der Gesamtindex! Als Zwi­schenzeit läßt sich die dritte Pe­riode seit 1627 defi­nieren, als sich die Preise nach der Kipper- und Wip­perzeit wieder zu normalisieren be­gannen. Freilich lagen sie noch immer um ein Viertel bis ein Drittel über den normalen.

Das Wirksamwerden des Krieges im Untersuchungsgebiet 1634/1635 stellt wiederum eine deutliche Zäsur dar (Periode vier), welche sich auch bei den Frucht- und Weinerträgen ab­zeichnet. Ernteerträge nah­men während der folgenden heißen Phase des Krieges deutlich ab und gleichzeitig ver­teuerten sich Nahrungsmittel wieder erheb­lich. Krie­gerische Hand­lungen zerstörten die landwirtschaftliche Produktion und das Militär trat verstärkt als Nachfrager auf. Sieben Jahre lang blieb das Niveau des Gesamtindexes verdoppelt. Wer damals nicht doppelt so viel verdiente wie vor Kriegsbeginn, der konnte seinen Lebensstan­dard nicht länger halten. Andererseits ließen sich aus Überschüssen der land­wirtschaftlichen Produktion erheblich größere Gewinne erwirt­schaften, da die Teuerung sich zunächst in erster Linie auf Lebens­mittel erstreckte. Während ganz zu Beginn der Pe­riode die Bevölke­rungsentwicklung in Herrenberg noch ungebrochen war, machte sich in Württemberg bereits ein leichter Rückgang bemerkbar. Dann stieg die Zahl der Getöteten lawinenartig. Symptomatisch für diese Zerstörungen ist die Herrenberger Brandkatastro­phe von 1635. Als in den Pfarreien des Herrenberger Dekanats vier Jahre später wieder die Seelen ge­zählt wurden, war noch etwas mehr als ein Drittel übrig, im Herzog­tum insge­samt gar nur ein Viertel!

Die Wende brachte das Jahr 1642 (Periode fünf). Wie sowohl eine literarische Interpreta­tion württembergi­scher und hohenbergischer Tax­ordnungen als auch die Auswertung ein­zelner Preisreihen deutlich macht, gab es damals Lebensmittel wie­der wohlfeil zu kaufen, wo­hingegen Arbeitskräfte teuer blieben. Der Gesamtindex sank damals auf Werte, die nur noch ein Fünftel über dem Ausgangsniveau lagen. Dabei war das Getreide sogar viel billi­ger, jedoch hielten jetzt die Lohnkosten den Wert hoch. Die beste Erklärung für diese Umkehrung der früheren Teuerungen, bei denen vor allem Nahrungsmittel preis­treibend gewirkt hatten, liefert die Bevölkerungsentwicklung. Im Dekanat Herrenberg wohnte 1645 nicht einmal ein Drittel so viel wie vor dem Wirksamwerden des Krieges. Ähnlich wird es auch in Rot­tenburg ausgesehen haben, wo die Stadt 1644 zum großen Teil ab­brannte. Ar­beitskräfte waren folglich knapp, wohingegen die Nachfrage nach Lebensmitteln gleichzei­tig zurückgegangen war.

Aber erst das Jahr 1651 leitete die Nachkriegszeit und damit die sechste Periode ein. Sie brachte einen ähnlich normalen Gesamtindex wie vor dem Krieg, wobei sich dessen Struk­tur völlig verändert hatte. Vor allem die Bedeutung der Lohnanteile war enorm gewach­sen. Diese Struktur hängt mit der weiterhin dezimierten Bevölkerung zusammen, welche zwar sehr rasch zunahm, aber doch lange Zeit die Verluste nicht ausgleichen konnte. Nur ein starkes Drittel der Zeit vor dem Wirksamwerden des Krieges betrug sie 1652 im Deka­nat Herren­berg, zwanzig Jahre später war es immerhin schon mehr als die Hälfte. Ähnlich entwickelten sich die Zahlen im gesamten Herzogtum Württemberg. Insgesamt läßt sich die Entwicklung der Gesamtindizes im Untersuchungszeitraum weitgehend durch die Ein­flüsse des Dreißig­jährigen Krieges, besonders auf die Bevölkerung, erklären.

Im Unter­suchungszeitraum machten sich besonders nachhaltig zwei Booms be­merkbar. Den ersten leitete die Teuerungsperiode der Kip­per- und Wipperzeit ein. Der zweite folgte dem Wirksamwerden des Krieges. Beide exogenen Störungen der Konjunktur bewirkten langfri­stig eine strukturelle Änderung jener Fak­toren, welche die Entwicklung prägten. Vor allem kam es zur Sche­renbildung zwischen Preis- und Lohnreihen im Jahr 1642. Diese Um­strukturierung hatte zur Folge, daß trotz fallender Preise die Gesamt­indizes als ein­heitliche Bereini­gungsfaktoren nach Kriegsende höher blieben als vor der Kipper- und Wipperzeit. Gestiegene Lohnsätze wirkten sich hierbei nachhaltig aus.

X. Die Versorgungskapazität der Spitäler

Im vorigen Teil dieser Arbeit wurde der übergeordnete wirtschaftliche Rahmen bestimmt, innerhalb dessen die Spitäler ihre eigene Ökonomie betreiben und die Versorgung ihrer Insassen sicherstellen mußten. Es gelang dabei, einen Gesamtindex zu bilden, der einer­seits in einer Zahl den Maßstab für die Konjunktur zusammenfaßt, andererseits als In­strument zur Kaufkraftermittlung dienen kann. Mit seiner Hilfe wird im folgenden die Wirtschaftsführung der drei untersuchten Anstalten erörtert werden. Deren Grundlage, ihre wirtschaftliche Ausstattung, wurde bereits eingangs behandelt. Wie reagierten deren Oberherren auf konjunkturelle Veränderungen, wie auf die Teuerungskrise der Kipper- und Wipperzeit, wie auf die heiße Kriegsphase? Welche weitergehen­den struktu­rellen Veränderungen, die beide Krisen bewirkten, lassen sich aufgrund von Verhaltensweisen der Spitäler ablesen? Welche Rückschlüsse lassen sich auf die allgemeinen Lebensverhält­nisse ziehen?

Dazu soll zunächst die Einnahmenseite der Anstalten untersucht wer­den. Sodann wird es um die Versorgung von Spitaliten und Ange­stellten gehen, also um deren Lebensverhält­nisse, schließlich um die Ausgaben. Wie entwickelte zunächst einmal sich die Möglichkeit der Spitäler, Be­dürftige zu versorgen? Zur Beantwortung dieser Frage wird der Begriff Versorgungskapazität eingeführt, der einen Maßstab für das wirtschaftliche Potential der Anstalten bieten soll. Ihm wird weiter unten jener der Versorgungsleistung gegenüberge­stellt, um aufgrund der Unterschiede zwischen beiden Werten auf das jeweilige Gewicht des Sozialbetriebs schließen zu können. Worauf legten die Spitalverwalter größeren Wert, auf die Erfüllung ihrer sozialen Aufträge oder auf die Gewährleistung des landwirtschaftli­chen Großbetriebes beziehungsweise der Kreditwirtschaft?

Geldeinkünfte des Horber Spitals

Eine Besonderheit bei jenen Rechten, die dem Horber Spital Geldein­nahmen bescherten, war die Ortsherrschaft über die Dörfer Altheim, Grünmettstetten, Salzstetten und Ihlin­gen. Die Tatsache der Ortsherr­schaft klingt zunächst nach ausgedehnten politischen Rech­ten, verbun­den mit umfangreichen wirtschaftlichen Erträgen. Wie oben dar­gestellt, waren die politischen Rechte indessen nicht besonders be­deutsam, da Österreich als Landesherr die Oberherrschaft durchsetzte. Deshalb be­schränkten sich die Rechte der Horber Anstalt im wesent­lichen auf die Niedergerichtsbarkeit. In wirtschaftlicher Hinsicht bean­spruchte sie neben einigen vogteilichen Naturalabgaben Steuern, Schatzungen und Frevel von den Untertanen. An Steuern erbrachten die Orte etwa 80 Gul­den jedes Jahr. Davon stammte in aller Regel die Hälfte aus Ihlingen, Altheim trug ein Viertel bei. Am wenigsten zahlten die Ein­wohner von Grünmettstetten. Auch aus Rexingen, einer Johanniter­kommende, be­zog die Horber Anstalt Steuern. Diese verdreifachten sich seit 1632 auf dann 30 bis 35 Gulden. Die Bürger von Salzstet­ten bezahlten keine Steuern an den Spital.

Die außerordentlichen Belastungen der Schatzungen boten den Territo­rialherren wesent­lich bessere Möglichkeiten als die durch landständische Mitspracherechte geregelten Steu­ern, wenn es galt, zusätzliche Geld­mittel zu erschließen. Bis 1639 ertrugen jene denn auch doppelt so viel wie die normalen Steuern.

Zu den Schatzungen trugen nur die Bewohner von drei Or­ten bei, die von Altheim, die Bürger von Grünmettstetten und jene aus Salzstetten. Auf jeden Flecken entfiel etwa ein Drittel der gesamten Summe. Seit 1640 verzichtete der Spital auf den Einzug dieser außer­ordentlichen Abgaben, weil die Flecken mit schweren Kriegsquartieren und Kontributionen belegt sind [729]. An­schließend fielen sie in ihrer Bedeutung weiter zurück.

Nur unregelmäßig nahm der Horber Spital Frevel ein, die ihm seine Nie­dergerichtsbarkeit ein­trugen. Ihre Höhe überstieg den Wert von 90 Gulden nie. Im Krieg fielen sie zeitweise sogar vollständig aus. Meist verzeichnete der Schreiber jährliche Frevel zwischen 30 und 60 Gul­den.

Insgesamt be­scherten die herrschaftlichen Rechte dem Horber Spital ledig­lich Einnahmen von weniger als 300 Gulden, seit den 40er Jahren nicht einmal mehr die Hälfte. Nicht ge­rade viel, wenn man dagegen den Bedeutungsgehalt des Begriffes Orts­herrschaft in die Wagschale legt, aber immerhin bis zu zehn Prozent der Geldeinnahmen. Das in erster Li­nie politische Recht brachte nur geringe wirtschaftliche Vor­teile, sofern es nicht mit ent­sprechenden grundherrlichen Rechten ver­bunden war.

Mit zu den weniger bedeutenden Einkünften gehörten auch die Grundzinsen, welche der Spital von verschiedenen belasteten Immobi­lien bezog. Sehr konstant blieben darunter während des Untersu­chungszeitraumes die Gülten und Hellerzinsen, die meist auf Grund­stücken hafteten und bis 1614 über 190 Gulden betrugen. Den Währungsverfall der 1620er Jahre und der Kriegsperiode scheinen ei­nige Inhaber zinspflichtiger Güter genutzt zu ha­ben, um ihre Grund­stücke von derartigen Belastungen zu befreien. Anschließend stabili­sierten sich die Heller­zinsen bis 1653 bei etwa 140 Gulden und ent­fernten sich auch wei­terhin selten erheblich von diesem Wert, der meist etwas mehr als fünf Prozent zu den Einnahmen beitrug. Von Wiesen- und Was­serzinsen profitierte der Spital nur mit etwa 15 Gul­den bis 1639, an­schließend nahmen sie weiter ab. Einen bedeutenden Posten bilden hingegen jene Zinsen, welche die Anstalt für aus­geliehene Hauptgüter, also Geldbeträge, einnahm. Das Darlehens­geschäft kann als das wichtigste Standbein der Geldeinnahmen gelten. Es wucherte aber auch, wie sich bei einer Untersuchung der Re­stanzen zeigen wird, zu deren Crux aus. Die Kapitalzinsen er­brachten jähr­lich bis zum Kriegsende über 1400 Gulden. Auch als deren Höhe anschließend abnahm, machten sie in aller Regel immer noch die Hälfte aller Geldeinnahmen aus. Sie scheinen vom Krieg nicht direkt beein­flußt worden zu sein, da der Schreiber hohe Geldbeträge bis 1653 verbu­chen konnte. Allerdings waren dies zum Teil wohl lediglich nominelle Buchungen, da die Inhaber zinspflichtiger Immobilien erheb­liche Be­träge schuldig blieben. Zu viel Verbuchtes floß in die Rubrik der Restanzen ab, manche Ansprüche mußten endgültig abgeschrieben wer­den. Vor allem in­direkt wirkte sich also der Krieg bei dieser Ein­nahmequelle aus. Im Rechnungsjahr 1654 kam es zu einem abrupten Rückgang auf Werte um 500 Gul­den, die sich erst zehn Jahre später wieder verdoppelten. Gleichzeitig legte der Schreiber aber Wert auf die Fest­stellung, daß die verliehenen Kapitalien die alten hohen Beträge von weit über 20000 Gul­den betrugen wie zuvor. Er verwies aber auf das nicht erhaltene Rezeßbuch, demzufolge ein Teil der Zinsforderun­gen nicht eingegangen wäre. Dafür mag der jüngste Reichsab­schied von 1654 mit seiner Verfügung einer allgemeinen Herabsetzung der kriegs­bedingten Zins- und Schuldverpflichtungen verantwortlich ge­wesen sein[730]. In den Rechnungsbüchern wird dies allerdings erst 1667 deut­lich, als die Zinsen bereits wieder stiegen. Damals ver­buchte der Schreiber hohe Abgänge bei den Ausgaben, weil praktisch von sämt­lichen Ka­pitalzinsen die Hälfte regelmäßig verloren ging. Also führte auch der erneute Aufschwung der Kapitalzinsen zehn Jahre nach dem jüngsten Reichstagsabschied nicht zur endgültigen Wiedereinset­zung der Anstalt in ihren alten Stand, sondern lediglich zu einem höheren An­teil, den die Schuldner damals von ihren Darlehenszinsen entrichten mußten. Insgesamt do­kumentieren diese Werte die Rolle des Horber Spitals als Vorläufer späterer Darle­henskassen. Bei dem damals übli­chen Zinssatz von etwa fünf Prozent hatte die Anstalt immerhin an die 30000 Gulden verlie­hen und zu beanspruchen. Vor allem In­stitutionen der öffentlichen Hand nutzten ihre Kreditkraft. Eine Auf­stellung von 1609 weist die Herr­schaft Hohenberg und Österreich als hauptsächliche Einzelschuld­ner mit über 1500 Gul­den aus. Es folgten verschiedene Adelige, so drei Grafen von Zollern, die Herren von Neuneck, die Anweil und die Schütz zu Baisingen mit zusammen 2000 Gulden. An Städten und Dörfern standen bei der Anstalt Weilheim bei Hechingen, Berneck, Binsdorf und Oberjesingen (heute Kreis Böblingen) in der Kreide, außerdem eine Reihe von 28 Einzel­personen[731].

Veränderungen bei den Kapitalzinsen müssen ihren Niederschlag im Vermögenshaushalt finden, da sie entweder vergebene Kredite, einge­gangene Rückzahlungen oder Abschrei­bungen voraussetzen. Verkäufe von Vermögenswerten waren sogar die Regel in der Hor­ber Spital­wirtschaft. Besonders umfangreiche Rechte veräußerte die Anstalt bis 1626. Tatsächlich entsprechen Rückgängen bei den Zinseinnahmen in aller Regel Rückzahlun­gen von Krediten. Noch im zweiten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts bezahlte Herzog Ma­ximilian von Bayern eine Schuld von 3000 Gulden zurück[732]. Weil seit Jahren angeblich Herr­schaftszinsen zuviel im Rechnungsbuch mitgeführt wurden, mußte der Spital 1616 einen Betrag von 2108 Gulden abschreiben[733].

Seinerseits verschuldete sich die Horber Anstalt nur selten, in nen­nenswertem Umfang le­diglich in den Jahren 1607 und 1617 mit je­weils 1000 Gulden. Die von neuen Schulden ein­genommenen Beträge wurden in der Darstellung mit den Vermögensverkäufen zusammenge­faßt.

Eine andere Einnahmequelle für den Horber Spital bedeutete die Möglichkeit, an reiche Bürger Pfründen zu verkaufen. Immerhin knapp zehn Prozent trug diese Geldquelle seit der Kipper- und Wipperkrise bis zum Wirksamwerden des Krieges bei, in den übrigen Jah­ren vor Beginn der heißen Kriegsphase nur etwa halb so viel. Wer genügend Geld besaß, konnte sich in den Spital einkaufen, um dort einen ge­sicherten Lebensabend zu verbrin­gen. Er gehörte damit zur privilegier­ten Gruppe der reichen Pfründ­ner. In einzelnen Jahren[734] zahlten sie dem Spital über 1000 Gulden, 1628 sogar mehr als doppelt so viel. Einkünfte aus verkauften Pfründen lassen sich im Untersuchungszeit­raum bis 1635 und dann wieder seit 1656 feststellen. Nach Kriegs­ende war die Bedeutung des Pfründge­schäftes allerdings deutlich ge­sunken.

Unregelmäßige Einnahmen erzielte die Horber Anstalt auch durch den Verkauf von Holz aus seinen Wäldern. Sie sind im Schaubild mit an­deren Verkäufen zusammengefaßt. Holz versilberte sie um etwa 50 Gulden jedes Jahr. Hohe Summen erbrachten die Spitalwäl­der 1633 und 1639. Ein Jahr später bewirtschaftete die Anstalt ihre Wälder noch gezielter, in­dem sie auf eigene Rechnung Flöße zusammenstellte und neckarabwärts bis nach Stuttgart verkaufte. Auch der Viehhandel konnte lukrativ sein. Bis 1655 erlöste der Horber Spital daraus fast jährlich über 100 Gulden, oft noch bedeutend mehr[735]. Insgesamt tru­gen die ver­schiedenen Verkäufe seit der Kipper- und Wipperzeit über zehn Prozent zu den Gelder­trägen bei.

An Naturalien, die der Spital verkaufte, hatten vor allem Dinkel, Ha­fer, Wein und ab und zu auch Roggen eine entscheidende Be­deutung. Sie trugen ebenfalls etwa ein Zehntel zu den Geldeinnahmen bei. Vor 1632 setzte die Anstalt kaum Wein ab, indessen sehr konti­nuierlich Hafer und seltener größere Mengen Dinkel. Besonders zu Beginn des 17. Jahr­hunderts scheint besonders Getreide sehr gefragt gewesen zu sein we­gen der new gebawten würtenbergischen Stat und anstoßenden Schwarzwaldts, so taglich die Früchten bey uns ab­führen[736]. Verkaufter Wein brachte dann in den Kriegsjahren 1635 bis 1645 besonders viel ein, während damals der Spitalmeister kaum noch Getreide absetzte. Nach Kriegsende ge­wann die Bedeutung der Naturalverkäufe für den Haushalt erheblich an Gewicht. Konti­nuierlich führte die Anstalt dem lokalen Markt Wein, Dinkel, in geringeren Mengen Hafer und Roggen zu. Die Bedeutung der Haferverkäufe sank damit etwas, wohingegen jene vor allem von Wein, aber auch von Dinkel stieg.

Beiträge zur Versorgungskapazität in Horb
 in   GeldDinkelHaferRoggen Wein in flEinnahmenKapazität
1607-21  58   20    9    5    8 1607-21  3356    5774  
1622-26  43   26   12    9    9 1622-26  3663    8442  
1627-34  49   27   12    7    5 1627-34  3060    6189  
1635-41  40    28   12   12    8 1635-41  3300    8316  
1642-50  61   20    9    5    4 1642-50  2770    4539  
1651-74  57   20   11    6    7 1651-74  2183    3817  

Bezeichnet man als Versorgungskapazität den Wert aller wesentlichen Erträge des Spitals, also sowohl der Gelderträge (ohne den Vermö­genshaushalt und ohne Fruchtverkäufe), als auch den Wert der natu­ralen Erträge an Dinkel, Roggen, Hafer und Wein, so erhält man einen Maßstab für seine Fähigkeit, soziale Aufgaben wahrzunehmen.

Beim Horber Spital zeigt sich, daß die Gelderträge vor der Kipper- und Wipperkrise und seit 1642 nahezu 60 Prozent dazu beitrugen. Also immer dann, wenn die Preise eher nied­rig lagen, hatten die Geldeinnahmen ein überragendes Gewicht. Trieben hingegen hohe Preise den Wert von Naturalien nach oben, so nahm ihre Be­deutung für die Versorgungs­kapazität zu. Dann sank der Geldanteil auf 40 Prozent. Für den Horber Spital war der Dinkel ständig am wichtig­sten, er trug in Teuerungszeiten ein Viertel, sonst ein Fünftel zur Versorgungskapa­zität bei. Der Haferanteil machte ein Zehntel aus, je­ner des Roggens blieb knapp darunter. Gegenüber dem Dinkel, aber auch dem Hafer, kam der Wert des Weines in Horb kaum zur Gel­tung. Nur während der Kipper- und Wipperperiode brachte er es auf annähernd ein Zehntel der Versorgungskapazität, sonst lag er meist bei fünf bis acht Prozent.

Der reale Wert sowohl der Geld- als auch der Naturaleinnahmen sank im Untersuchungs­zeitraum erheblich. Ein reichliches Drittel weni­ger als vor Kriegsbeginn nahm die Anstalt nach 1650 ein. Da auch der Wert von Naturalien eher niedriger lag und die vollen Erträge nach dem Kriegsende lange nicht erzielt werden konnten, ging die gesamte Versorgungs­kapazität ebenfalls um ein Drittel zurück. Der Dreißigjährige Krieg verringerte also die Möglichkeiten der Horber Anstalt, Bedürftige zu versorgen, erheblich, wobei der Nieder­gang frei­lich bereits in den 1620er Jahren einsetzte. Zu dem Tiefstand nach Kriegsende führte eine im Durchschnitt sehr kontinuierliche Abnahme, die mit der Teuerungskrise der Kipper- und Wipperzeit begann und ihr Ende in den 1640er Jahren fand, als sich der Geldwert stabili­sierte. Langfristig gesehen bewährte sich, daß die Spitalwirtschaft zwei Standbeine hatte. Neben den Gelderträgen trugen zu einem gleichen Teil die Erträge der Landwirtschaft und naturale Abgaben zu deren wirtschaftlicher Handlungsfähigkeit bei. Dies machte sie in Geld- und Preiskrisen doch recht stabil. Gegenüber kriegsbedingten Substanzverlu­sten blieben die Vorteile dieser Struktur allerdings wirkungslos. Die Ab­nahme der Ver­sorgungskapazität des Horber Spitals dürfte langfristig weniger eine Folge währungs- und preispolitischer Zerrüttung gewesen sein – dage­gen schützte weitgehend eben diese Struktur – als viel­mehr das Ergebnis von Substanzverlusten, welche der Dreißigjährige Krieg verursachte.

Einnahmen des Rottenburger Spitals

Sein statlich Einkhommen hatte Rottenburgs Spitals im Jahr 1604[737]. Aus den Aussagen, die österreichische Untersuchungskommissare sei­nerzeit zu hören bekamen, läßt sich ein auf­schlußreiches Bild über die zeitgenössische Beurteilung seiner Ökonomie gewinnen. Zu der Er­kenntnis, daß die Anstalt so groß Einkhommen habe, sollt man da­selbsten im Gelt pa­den khinden, kam damals die Enttäuschung dar­über, daß khaines vorhanden sei[738]. Die an­geprangerte Mißwirt­schaft wurde bereits weiter oben angesprochen. Jetzt soll das statt­liche Ein­kommen daraufhin untersucht werden, worauf es beruhte und wie es sich im Untersu­chungszeitraum entwickelte.

Ein wesentlicher Teil der Aufgaben des Haischers bestand darin, die Zinsen und Gülten der Anstalt einzuziehen. Zu Beginn des 17. Jahr­hunderts handelte es sich dabei um über 1000 Gulden, welche der Spitalbedienstete von verschiedenen Schuldnern einzufordern hatte. Über die Höhe dieser konstantesten Einnahmen des Rottenburger Spitals waren verschiedene Personen, welche vor den österreichischen Kom­missaren aussagten, gut in­formiert[739]. Hinsichtlich der Erhebung dieser Gefälle durch den Haischer spielte es keine Rolle, ob der Spital die entsprechenden Rechte ablösig oder ewig in Händen hielt. Trotz­dem hatte dieser rechtliche Status große Bedeutung, weshalb etwa das Gülturbar von 1537 und auch die späteren Urbare deutlich zwischen diesen Charakteren unterschieden.

Unablösig waren meist jene Gült­rechte, die als Seelgerät, pro reme­dio animae, gestiftet worden wa­ren[740]. Sie sollten ja dem Stifter ewi­ges Seelenheil durch das immer­währende Gedächtnis der Armen ver­schaffen. Darüber­hinaus erbrachten Wasserrechte, Wiesen und die Badstuben des Spitals regelmäßige Zin­sen in meist gleichbleibender Höhe. Variabel indessen wurden die ab­lösigen Zinsen gehandhabt. Be­lastete Immobilien konnte der Ver­tragspartner zu bestimmten Terminen freikaufen. Ablösige Zinsen haben deshalb den Charakter von Zins­zahlungen für Kredite. Seit 1604 er­brachten Zinsen und Gülten der Rottenburger Anstalt regelmäßig über 1400 Gulden. Der Betrag stieg, von kleineren Rück­schlägen abgesehen, weiter auf knapp unter 2000 Gulden in den 1630er Jahren. Während des Krieges sah sich die Anstalt zur Kapitalisierung einiger Zinsrechte genötigt, weshalb seit 1634 die Einnahmen aus Zinsen und Gülten ständig sanken und 1656 den Wert von etwa 1500 Gulden erreichten. Nochmals schlagartig verrin­gerte sich dieser Posten im Spi­talhaushalt 1669, als bedeutende Rechte an das Rottenburger Jesuitenkolleg abge­treten werden mußten. Nomi­nell und real übertrafen die Zins- und Gülterträge des Rotten­burger Spitals nach Kriegsende jene vom Beginn des Jahrhun­derts trotzdem be­trächtlich. Ihr Bei­trag zum Geldertrag stieg von etwa ei­nem Drittel vor 1634 um immerhin etwa zehn Pro­zent während der nachfolgenden Perioden. Als in den 1660er Jahren meh­rere aufeinan­der folgende Mißernten dem Spital die Möglichkeit nah­men, Über­schüsse aus seiner Landwirt­schaft zu verkaufen, erreich­ten die besten­digen Zins zeitweise sogar einen Anteil von mehr als der Hälfte am Budget der Anstalt. Angesichts abnehmender Einnah­men anderer Ak­tivposten gewannen diese konstanten Einkünfte nach Kriegsende we­sentlich an Be­deutung. Aller­dings muß dabei berücksich­tigt werden, daß nicht alle verbuchten Zinsen und Gülten tatsächlich in des Spitals Kassen flos­sen. Vor al­lem fehlende Eingänge aus dieser Rubrik waren es nämlich, die das Restanzenkonto des Spitals, beson­ders während der Kriegsjahre, aber auch noch danach, aufblähten. Die schlechte Zahlungsmoral der Schuldiger hinterließ bleibende Verluste. Daß sei­nerseits der Spital nicht immer zimperlich war, wenn es um den Einzug von Gültrück­ständen ging, zeigt eine Episode von 1512. Sie trug sich also weit außerhalb des eigentlichen Untersuchungszeitraums dieser Arbeit zu, dürfte aber dennoch bezeichnend für den keineswegs neutralen Charakter der Spitäler sein. Da­mals ergriffen Stadt­knechte auf Befehl einiger Ratsmitglieder den Thomas Scheffer von Bierlingen auf dem Wochenmarkt. Angeblich mißhandelten sie ihn und ließen den Inhaftierten schwören, vom Bier­linger Spitalhof abzuziehen. Schef­fers ganzes Vergehen hatte darin bestanden, daß er eine Gült von zehn Maltern Roggen nicht völlig beglichen hatte[741]. Nur wegen eines Gültrückstands sollte er also von seinem Gut vertrieben werden! Insgesamt waren die Zin­sen und Gül­ten sozusagen der Sockel für die Geldwirt­schaft des Spitals, alle an­deren Ru­briken erbrachten wesentlich unzu­verlässigere und meist auch geringere Erträge.

Dies gilt generell auch für die Erträge aus den Pfründverkäufen[742], welche nur in einzelnen Jahren jene von Zinsen und Gülten übertra­fen. Österreichs Kommissare bekamen 1604 manch abenteuerliche Vorstellung der Rottenburger Bürger über die Einnahmen aus sol­chen Geschäften zu hören. 3000 bis 4000 Gulden sollen daraus jährlich erlöst worden sein[743]. Weitaus nüchterner waren da die Ergebnisse, welche die Kommissare selbst jenen 16 Rechnungsbü­chern entnahmen, die sie mit sich nach Innsbruck genommen hatten[744]. Lediglich das Jahr 1601 mit Pfründverkäufen in Höhe von 2103 Gulden kam den Angaben nahe. Im Durchschnitt waren es aber nur 786 Gulden, was in etwa dem Durchschnitt des gesamten Untersuchungszeitraumes ent­spricht. Allerdings muß bei dieser Über­prüfung zeitgenössischer Vor­stellungen über den Reichtum des Spitals und dessen Quellen berück­sichtigt werden, daß die unter dem Titel Einnahmen aus Pfründ- und Leibgedingverkäufen verbuchten Gelder häufig nur geleistete An­zahlungen erfassen. Ratenzahlungen, die mög­licherweise in Folgejahren eingingen, summierte der Stadtschreiber in der Regel unter dem Titel Einnahmen aus Schulden und Erbfällen zusammen mit anderen Ra­tenzahlungen. Eine Vorstellung vom Charak­ter solcher Zielkäufe, wie sie die Anstalt praktizierte, vermit­telt die Aussage des Spitalpflegers von 1604: hab nur ainer ain Pfrüendt khauft, per 700 Gulden, daran sein 330 Gulden par erlegt worden. Das übrig geb er zu Zil iedes Jars 50 Gul­den[745]. Vielleicht bezogen sich ja jene Rottenburger, die übertriebene Vorstellungen von den Pfründerträgen hatten, auf die ausgehandelten Summen? Wären die Kom­missare noch zwei Jahre län­ger geblieben, so hätten sie weitere Spitzenwerte notieren können, denn 1607 und 1608 verdankte die An­stalt aufgenommenen Pfründnern zusammen tatsächlich über 4600 Gulden. Weitere Spitzenwerte be­scherten dann erst wieder die Jahre 1621 und 1622 mit 5400 Gulden. Der Boom dürfte zu einem Gutteil inflationsbedingt sein, denn der Preis für Pfründen hatte sich zwischen 1561 und den 1620er Jahren verdop­pelt[746]. Bis in die 1630er Jahre hinein setzte sich die Bedeutung die­ser Einnahmeart mit jährlichen Durch­schnittswerten von über 1000 Gulden fort, wobei sich 1633 mit über 3200 Gulden der ab­solute Spitzenwert findet. Vielleicht nutzte der Spital diese Möglichkeit zur Kapitalbil­dung[747]. Anschließend ging das Pfründgeschäft deutlich auf etwa 200 Gulden zurück[748] und erholte sich auch nach Kriegsende nicht mehr richtig, sondern blieb bei höchstens 400 Gulden. Diese Entwicklung findet auch eine Bestätigung, wenn man sie mit jener der Ko­sten für die Lebenshaltung und mit den durch Pfründverträge er­mittelten Personenzahlen vergleicht[749]. Für den Spitalhaushalt gewan­nen die Pfründverkäufe nach der Depression in den 1640er Jahren im Untersuchungszeitraum also nie mehr die Bedeutung, die sie zuvor hatten. Während vor dieser Zäsur ihr Anteil oft weit über 20 Prozent betrug, lag er an­schließend nur noch halb so hoch. Erklärungen dafür bieten die Umstände der Nachkriegs­zeit: ein Groß­teil der Bevölkerung war durch den Krieg verarmt und der Men­schenverlust hatte den Kreis möglicher Kunden verkleinert[750]. Anderer­seits könnte auch der Spital seine Haushaltspolitik geändert haben, vielleicht weil das Pfründ­geschäft nicht mehr als rentabel galt. Oder konnten sich potentielle Pfründner angesichts gesunkener Lebenshal­tungskosten anderweitig bes­ser versorgen?

Eng mit dem Pfründgeschäft hing die Einnahmeart der Schulden und Erbfälle zusammen. An ihr erst läßt sich erkennen, ob die für das Pfründgeschäft gewonnenen Erkenntnisse nicht einfach auf einer rech­nungstechnischen Veränderung beruhen. Der Schreiber listete als Ein­nahmen von Schulden und Erbfälle auf, was der Spital an Raten­zahlungen für ver­kaufte Pfründen, Leibgedinge, Güter oder Gülten einnahm. Mit­unter finden sich derartige Einnahmen aber auch in an­deren Rubriken verbucht, etwa verkaufte Güter, verkaufte Pfründen und Leibgeding oder Gemein Einnehmen Geld, ohne daß die je­weilige Zuweisung ein einheitliches System erkennen ließe. Während es sich bei den Schuldzahlungen öfters um bedeutende Summen handelte, hielten sich die in derselben Rubrik verbuchten Erb­fälle in engen Grenzen. Sie konnte der Spital von verstorbenen Armenpfründnern bean­spruchen[751]. Drei Booms mit insgesamt fallendem Trend kennzei­chen die Entwick­lung die­ser Einnahmeart. Zu Beginn des 17. Jahrhun­derts verbuchte der Schreiber noch durch­schnittlich 600 Gulden, zu Beginn der 1630er Jahre dann nur noch halb soviel und schließ­lich Ende des 1660er Jahre nur noch ein knappes Viertel vom Ausgangs­wert. Zwischen die­sen Hochperioden gab es erhebliche Depressionen auf zum Teil nur noch zehn Gulden. Da gleichzeitig mit den Ein­nahmen aus diesem Titel auch jene aus Pfründverkäufen abnah­men, läßt sich der festgestellte Trend beim Pfründgeschäft also tatsächlich nicht buchungs­technisch erklären. Keine der Rubriken, die für die Buchung eingehender Ratenzahlungen in Frage käme, weist einen rezi­prok steigenden Trend auf. Hieraus ist zu schließen, daß der Spital insgesamt seine vermögenswirksame Kapital­bildung durch den Verkauf von Renten erheblich reduzierte.

Auch bei der Entwicklung des Verkaufs von Vermögens­werten mußten die Einnahmen von Schulden und Erbfällen entsprechend berücksichtigt werden. Hierbei verfälschten sie aber ebenfalls keineswegs die festge­stellten Trends. Vermögenswerte, welche die Anstalt ver­äußern konnte, waren neben Immobilien insbesondere ihre Zins- und Gültrechte. Der Charakter des Darlehensgeschäftes brachte gerade für die Gültrechte eine stän­dige Fluk­tuation von Erwerb und Verkauf mit sich. Vermö­gensverkäufe müssen deshalb nicht unbe­dingt als Symptom einer Krise gewertet werden. Anders sieht es allerdings aus, wenn umfangrei­chen Verkäufen keine entsprechenden Neuerwerbungen gegenüberstan­den. Um die Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert ver­kaufte der Rottenburger Spital so viele Immo­bilien, daß dies den verantwortlichen Beamten eine Reihe von Vorwürfen eintrug[752]. Zeu­gen brachten diese Kapitali­sierung mit den in etwa zeitgleichen Baumaß­nahmen der An­stalt in Verbindung[753]: Burgermaister Johann Pfeiffer habe mit seinem Pawen dem Spital also zu Grundt geholfen, das es sich so baldt nit wieder werde erholen khinden. Im Jahr 1594 ver­kaufte man des Götlers und des Lindenfels Hof, beide in Seebronn, um zusammen fast 3000 Gul­den, gleichzeitig lösten das Kloster Kreuzlingen und die Yflingerischen Vormün­der nochmals denselben Be­trag an Schulden ab[754]. In den bei­den Jahren 1600 und 1602 nahmen die Pfleger auf ähnli­che Weise alleine mehr als 3500 Gulden ein! 1610 folgten fast noch einmal 3000 Gulden. Solche Veräußerungen in Anbetracht der wenig gewinn­bringenden Investition in eine Badstube sowie angesichts der für da­mals bezeugten Miß­wirtschaft dürfen wohl tatsächlich als Symptom ei­ner Krise gewertet werden. Freilich ver­kaufte die Anstalt auch an­schließend fast ununterbrochen und in erheb­lichem Umfang Gü­ter, wobei allerdings den Verkäufen oftmals auch Neuerwer­bungen gegen­überstanden. Be­sonders während der Kriegsjahre müssen die Ver­mögenskapitalisierungen als Verlustsym­ptome gewertet werden, da ihnen nur wenige neue Investitionen gegenüberstanden. Schatzun­gen, einquar­tierte Soldaten, die hohen Lebenshaltungskosten der Zeit sowie die schlechte Zahlungsmoral von Schuldigern zehrten an der Substanz. Gleichzeitig entnahm die Stadt Getreide und Wein aus des Spitals Vorräten, um damit Besatzungstruppen zu verprovian­tieren. Zwar ver­buchte der Schreiber solche Zuteilungen als Verkäufe, jedoch mußte er die Kaufsummen sofort in ausstehende Forderungen umschreiben. Über derar­tige Umwege floß ein Teil des kapitalisierten Spitalvermö­gens in die Rubrik Restanzen ab. Wie weiter unten noch zu sehen sein wird, ging mit der Kapitalisierung von Vermögen in der Bilanz des Spitals ein Anstieg der Restanzen einher. Dabei sah sich die An­stalt ange­sichts der Krise durchaus zu Verkäufen unter Wert genö­tigt. So überließ sie dem Bäcker Hans Georg Müller 1647 beispiels­weise 60 Gulden Hauptgut, die ihr dieser noch für sein Haus im Kuhgäßlein schuldete, um 26 Gulden Bargeld in des Spithals höchsten Nöthen. Durch die hohen Schatzungen, die auf Grund und Boden lasteten, waren die Grundstücke zwar ohnehin be­reits erheblich im Wert gefal­len[755], jedoch erscheint das oben genannte Geschäft als tatsächlicher Notverkauf. Auch ihre Gültrechte kapitali­sierte die An­stalt je nach Bedarf und Möglichkeit. Die Vermögenser­löse des Jahres 1600 stam­men daher. Daß solche Kapitalisierungen tatsächlich wegen der Bau­maßnahmen geschahen, beweist eine Eintra­gung in der Bau­rechnung für die Badstube des Spitals von 1602. Von abgelösten Gül­ten ver­buchte der Schreiber dort 571 Gulden wegen des Bads. Von diesem Boom gleich zu Beginn des Unter­suchungs­zeit­rau­mes einmal abgesehen, blieben die Gültablösungen meist unter 300 Gulden. Einen erneuten Boom brachte dann erst wieder das unmittelbare Kriegsende, als inner­halb von nur drei Jahren seit 1649 über 3500 Gulden eingingen. Ein­zelne Spitzenwerte brachten außerdem die Jahre 1656, 1664 und 1668, als die Herrschaft Gültkapital vom Spital auf das Jesuitenkolleg umschreiben ließ.

Insgesamt standen dem Spital eine Fülle von Möglichkeiten zur Verfü­gung, um in Bedarfs­fällen Geldmittel freisetzen zu können. In einzel­nen Jahren jedoch kam auch die ansonsten eher wohlhabende Anstalt um die Aufnahme von Krediten nicht herum. So verursachte der Bauboom der Jahrhundertwende 500 Gulden Schulden. Die meisten Kredite mußten aber wegen des Krieges entliehen werden, in den Jahren 1635 bis 1640 zusammen über 4000 Gulden. Dies sind aber wirkliche Einzelfälle und die Gelder konnten sehr rasch wieder zu­rückbezahlt werden. Vor allem lag die Verschuldung stets weit hinter den eigenen ausste­henden Forderungen zurück. Zum Beispiel schuldete die Stadt Rottenburg alleine ihrem Spital schließlich weit mehr, als dieser bei anderen zurückzubezahlen hatte.

Beim Rottenburger Spital trugen auch die Verkäufe von Produkten der eigenen Landwirt­schaft und der Viehhaltung in einigen Jahren erheb­lich zu den Geldeinnahmen bei. Vor allem die Teuerung der 1620er Jahre trieb diesen Anteil von zuvor etwa zehn Prozent in die Höhe, auf über ein Viertel der gesamten Geldeinnahmen, welchen Wert der­artige Verkäufe anschließend bis zum Ende des Untersuchungszeitrau­mes im wesentlichen be­hielten. Dabei kam es allerdings zu Verlage­rungen bei den haupt­sächlich ver­kauften Pro­dukten. Der Verkauf von Vieh und von tie­rischen Produk­ten hatte praktisch nie eine größere Bedeutung, auch nicht der Ver­kauf von Holz. Während vor der Kip­per- und Wipper­zeit besonders viel Getreide abgesetzt werden konnte, dominierten seit Kriegsende vor allem die Weinlieferungen. Bei den Weinverkäufen spielten zunächst noch Abgaben an Besatzungstruppen eine besondere Rolle. An­schließend scheint der Spital seinen Reben­saft vor allem in­nerhalb Rottenburgs verkauft zu haben, jedenfalls gibt es in den Rechnungs­büchern kaum Hinweise auf Exporte. Von Weinlie­ferungen auf die Schwäbi­sche Alb zeugen immerhin zwei Einträge in einer dem Rech­nungsbuch von 1673 beigefüg­ten Schuldnerliste. Zwei Personen in Großengstingen und Trochtelfingen (beide heute Landkreis Reutlingen) standen bei der Anstalt noch mit zusammen 28 Gulden für empfan­genen Wein in der Kreide. Auch Weinexporte durch Zwi­schenhändler wären denkbar. Al­lerdings traten in erster Linie städtische Institutionen als Erwerber auf: der Rat und das Gutleuthaus, welche den Wein zu subventionierten Preisen bezo­gen. Einen nicht zu unter­schätzenden Posten stellte auch der Wein­ausschank dar, den die An­stalt seit 1361 betrei­ben durfte[756]. Nach 1650 scheint sich die Spital­wirtschaft insgesamt zunehmend auf den Verkauf von Wein konzen­triert zu haben, dessen Anbau die Verwalter auch folge­richtig aus­dehnten. Auch andere Naturalien, vor allem Getreide, müs­sen ange­sichts des niedrigen Nachkriegspreise, weiterhin in größeren Mengen abgesetzt worden sein. All dies deutet, zusammen mit ent­sprechenden Veränderungen im Verbrauchsverhalten, auf einen struktu­rellen Wandel hin. Aufgrund des eingeschränkten Konsums im Spital nach Kriegs­ende konnten offenbar Na­turalien in einem Maße verkauft werden, wie dies vor 1634 angesichts der zu versorgenden Personen­zahl nicht möglich gewesen war. Ande­rerseits bedeutete die Dominanz der Weinverkäufe, daß sich der Großbetrieb von einer Sonderkultur abhän­gig machte, einem Produkt, welches bereits damals nicht mehr beson­ders begehrt gewesen sein soll[757]. Solche Informationen sind freilich mit Vorsicht zu genießen. Gerade in den 1680er Jahren stuften Steu­erschätzer die Rottenburger Rebflächen als gut im Vergleich zu den schlechten der Niederen Herrschaft Hohenberg ein[758]. Hingegen schätzten Zeitgenos­sen des 17. Jahrhun­derts die Qualität des sauren Neckarweins ansonsten ge­ring. Schon im 16. Jahrhundert war er nach Erkenntnissen Dirlmei­ers[759] billig gewesen und vor allem dem Gesinde zugute gekommen[760]. Trotzdem muß der Wiederaufbau der Weinpro­duktion in Rottenburg nach 1648 als für damalige Verhältnisse folge­richtige Entscheidung ein­gestuft werden, weil von den Preisen agrari­scher Erzeugnisse lediglich diejenigen für den Wein ein einigermaßen hohes Niveau behielten. Deshalb hing vom Wein seit 1650 ein Gutteil der Geldeinnahmen des Rottenburger Spitals ab.

Freilich entschieden nicht nur Geldeinnahmen darüber, wieviele Perso­nen die Anstalt ver­sorgen konnte. Auch der Wert der nicht verkauf­ten, sondern selbst genutzten Naturaler­träge hatte seine Bedeutung da­bei. Rechnet man den Wert der Naturalerträge und die Geldeinnah­men ohne jene von Fruchtverkäufen zusammen, so ergibt sich ein Hinweis auf die Versorgungskapazität. Zu dieser trug der Wert der Erträge bis 1634 fast zwei Drittel bei, nach 1642 allerdings nur noch etwa ein Drittel. Sie hatte zu Beginn einen realen Wert von über 8000 Gul­den, seit 1635 nur noch von ungefähr 5000 Gulden oder darunter. Eine nominelle sowie reale Abnahme sowohl der Geldein­nahmen als auch des Wertes der Na­turalien waren dafür verantwort­lich. Vom Basisjahr aus gesehen, klafften Nominal- und Realwert der Versorgungskapazität nach 1650 kaum noch auseinander, vor allem je­doch zwischen 1621 und 1650, als sich die Turbulenzen der Kipper- und Wipperzeit sowie des Krieges bemerkbar machten.

An dieser Stelle seien nochmals die wesentlichen Merkmale der Ent­wicklung in Rotten­burg zusammengefaßt. Grundlage der Geldeinnahmen waren die Zinsen und Gülten, de­ren Bedeutung nach dem Krieg noch stieg. Demgegenüber verringerte sich das Pfründge­schäft der Anstalt, dessen Höhepunkt die 1630er Jahre gebracht hatten. Substanzverluste erlitt die Anstalt einmal anläßlich ihrer Baufreudigkeit um 1600 und dann in größerem Maßstab während des Krieges. Dies drückte sich in entsprechenden neuen Schulden und im Verkauf von Vermögens­werten aus. Das Wirksamwerden des Krieges brachte für den Rotten­burger Spital insofern einen nachhaltigen Einschnitt mit sich, als generell die Mög­lichkeit, Bedürftige zu versorgen, rapide abnahm.

Geldeinkünfte Herrenberger Spital

Auch der Herrenberger Spital erzielte seine hauptsächlichen Einnahmen durch Zinsen und Gülten: knapp unter 40 Prozent vor der Kipper- und Wipperkrise, während dieser Teue­rungsperiode dann nur noch ein Drittel. Das Wirksamwerden des Krieges trieb den Anteil dieser sehr konstanten Einnahmen dann allerdings im Gegenzug auf mehr als die Hälfte empor. Erst als sich die Preise normalisiert hatten, fiel der Anteil von Zinsen und Gülten wieder auf ein starkes Drittel aller Gelderträge zurück. Sie stammten von verschiedenen belasteten Gütern, Häusern und von verliehenen Kapitalien. Bei den Hellerzinsen gab es die zwei bereits erwähnten Arten, die ewigen und die ablösigen. Ewige Zinsen fallen durch ihre Beständigkeit auf, 20 Pfund Heller bezie­hungsweise 13 Gulden. Ablösige Hellerzinsen waren eine Art von Geldzins, der von Hauptgütern, den eingesetzten Kapitalien, entrichtet werden mußte. Der Schuldner hatte das Recht, das Hauptgut zu­rückzuerstatten und somit seine Zinsverpflichtungen abzulösen. Sie tru­gen den größten und den verän­derlichen An­teil an den Zinsen und Gülten bei. Ihre Höhe blieb von allen Einnahmearten am größten und betrug jährlich zwischen 441 und 994 Gulden. Nach den niedrigsten Werten zu Beginn des Untersuchungszeitraumes (um 600 Pfund Hel­ler) stiegen die Zinsen und Gülten 1614 auf etwa 700 Gulden. Dieser Betrag nahm bis 1653 nur um etwa 80 Gulden zu. Nach Kriegsende löste kurzfristig eine Depression den ansonsten stetig steigenden Trend ab. Massive Güter­verkäufe setzten dann zu Beginn der 1660er Jahre Gelder zur Investi­tion in weitere Kapitalien frei, so daß mit 866 Gul­den besonders hohe Werte und seit 1671 Höchstwerte von 957 Gul­den und darüber verbucht werden konnten. Die Herrenberger Anstalt verlagerte damals praktisch ihr gesamtes Vermögen in das Darlehens­geschäft. Mit der Aufgabe ei­ner eigenen Spitalwirtschaft beraubte sie sich allerdings eines Standbeines, welches in Teuerungszeiten Inflati­onseffekte durch den Wert von Na­turalerträgen hätte auffangen kön­nen. Die meisten der etwa 900 Seiten des Lagerbuches von 1675 fül­len folge­richtig Zins- und Gültrechte. Sie machten seit den Zukäufen der 60er Jahre annähernd 60 Prozent aller Geldeinnahmen aus, nach­dem die Ratenzahlungen für veräußerte Güter aus­gelaufen waren, sogar über zwei Drittel.

Die zweitwichtigste Geldquelle stellte der Verkauf von Pfründen dar, wenigstens vor dem Wirksamwerden des Krieges. Reiche und ge­meine Pfründner, die um Aufnahme in den Spital nachsuchten, hatten dafür Geldbeträge einzuzahlen. Sie genossen als Gegenleistung Unter­kunft und Verpflegung bis an ihr Lebensende. Aufgenommene Arme indes­sen wies das Stadtgericht gnadenhalber dem Spital zu, wo sie in der Armenstube unterkamen. Ihr gesamtes Hab und Gut verfiel dem Spi­tal, deren geringer Wert bei den Pfründverkäufen berücksichtigt ist. Sie trugen bis 1626 etwa 30 Prozent zu den gesamten Einnahmen bei, in einzelnen Jahren über 2000 Gulden, anschließend noch ein Viertel. Besonders viele Pfrün­den verkauften die Herrenberger zwischen 1614 und 1625, als durchschnittlich etwa 800 Gulden in die Kassen des Spitals flossen. Seit dem Wirksamwerden des Krieges und auch nach Kriegsende ver­lor das Pfründgeschäft seine Bedeutung fast völlig.

Der Verkauf von Vermögenswerten spielte vor der Kipper- und Wip­perzeit mit zehn bis 15 Prozent eine gewisse Rolle. Bedeutsam aber wurden Güterverkäufe vor allem in den 1660er Jahren, als die Anstalt ihre Eigenwirtschaft auflöste. Selbst im langjährigen Durch­schnitt trugen sie nach 1651 etwa 30 Prozent zu den Geldeinnahmen bei. In nur sieben Jah­ren, zwischen 1662 und 1669 verbuchte der Spitalschreiber den gewaltigen Betrag von 4221 Gulden. Damals, vor allem im Rech­nungsjahr 1662, verkaufte der Spital praktisch seine gesamten Grund­stücke um 2500 Gulden, die in Raten während der gesamten 1660er Jahre bezahlt wurden. Tatsächlich finden sich im Lagerbuch des Spi­tals[761] von 1675 als Eigenbe­sitz nur noch die Spitalgebäude, ein paar Äckerlein in Haslach (15 Jauchert), ein Weingar­ten in Gültstein und die Wälder bei der Raistinger Mark, wo einst das Waldhaus stand. Dieser Vorgang einer vollständigen Verlagerung der Vermögenswerte von Immobilien auf das Darlehensgeschäft ist einzigartig im Untersu­chungszeitraum und unter den drei unter­suchten Spitälern. Gerade also nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges versilberte der Herren­berger Spital einen erheblichen Teil seiner ökonomischen Grundlage, inve­stierte allerdings in Kapitalgeschäfte, was die Einkünfte aus Zinsen erhöhte. So kaufte der Herrenberger Spital 1666 dem Stuttgarter Hof­prediger Johann Friedrich Laux sein vom Flecken Hildrizhausen auf­genommenes Kapital von 450 Gulden ab[762]. Diese Handlungs­weise er­klärte der spätere Herrenberger Vogt Hess folgendermaßen: mit wel­cher Admini­stration der Spithal besser zurecht kommen können, weil man wahrgenommen, daß bey der selbsteigenen Administration – we­gen immer höher angewachsenen Preisen der Materialien, auch Eigen­nutzigkeit der damit interessierten Personen – der Spithal nicht mehr fortkommen können[763]. Demnach wäre das Darlehensgeschäft also besser zu kontrollieren und wegen geringerer Verwaltungskosten lukra­tiver gewesen. Zum Darlehensgeschäft gehören auch Rück­zahlungen der Kreditnehmer. Bedeutend waren solche Rückzahlungen vor allem im Jahrzehnt vor der Kipper- und Wipperzeit[764]. Bedeutende Beträge gin­gen auch im Zeit­raum nach 1656 ein[765].

Selbst Kapitalien aufnehmen mußte der Herrenberger Spital eigentlich nur im Zeitraum zwischen 1614 und 1619, als zehn Prozent der Ein­nahmen durch Kredite gedeckt wurden, durchschnittlich knapp 250 Gulden jährlich. Den Grund für die enorm hohe Verschuldung nann­ten die Vorgesetzten des Spitalmeisters bei der Abhörung der Rech­nung. Ihre Aussa­gen sind im Anhang des Rechnungsbuches notiert: Demnach der Spitahl Maister ain nam­hafte Summa bey diser Rech­nung dem Spital per Rest schuldig verbleibt, namblich 947 Pfund 15 Schilling 2 Heller, beneben um Verzinsung 700 Pfund lehnungsweis ufgenommen worden, also daß man in vleisiger Einziehung dises Rests solcher Ufnamen man gar wol entfhaten het kinden…[766]. Nur die schlechte Zahlungsmoral von Schuldigern und die Unfähigkeit des Spi­talmeisters, Ausstände einzutreiben, hätten demnach zur eigenen Kre­ditaufnahme ge­zwungen. Als 1635 nach dem großen Stadtbrand Gelder für den Neubau der Gebäude benötigt wurden, griffen die Spitalobe­ren ebenfalls auf Kreditbeschaffung zurück. Bei Er­hard Wild in Tübin­gen liehen sie Wein im Wert von 384 Gulden aus.

Immerhin noch von einer gewissen Bedeutung für die monetären Er­träge des Herrenber­ger Spitals waren die Verkäufe von Ackerfrüchten und von tierischen Produkten. Frucht­verkäufe kamen dabei vor 1607 und dann erst wieder seit den Kriegswirkungen ab 1635 zur Geltung. Sie verdreifachten ihren Anteil damals auf über zehn Prozent, welch ho­hen Wert sie bis zum Ende des Untersuchungszeitraumes hielten, weil die Anstalt praktisch ihre ge­samten Einnahmen an Gültfrüchten versil­berte. Tierische Produkte hingegen erbrachten dem Herrenberger Spital lediglich vor Beginn der Kriegswirkungen Gelderträge, jährlich zwischen sechs und 11 Prozent. Während des Krieges schrumpften diese Einnahmen auf Null, weil nach Aufgabe der Eigenwirtschaft keine entsprechenden Produkte mehr produ­ziert wurden.

Definiert man die Versorgungskapazität eines Spitals als seine materi­ellen Möglichkeiten, Bedürftige zu versorgen, so läßt sich diese durch den Wert der Geldeinnahmen ohne Aus­stände und ohne Fruchtver­käufe vermehrt um den Wert der Fruchterträge darstellen. Im Falle des Herrenberger Spitals fällt auf, daß der Wert der Fruchteinnahmen beträchtlich hinter dem der Geldeinnahmen zurückstand. Bis zur Auf­gabe der Eigenwirtschaft des Spi­tals trug der Wert der Fruchterträge ledig­lich etwa 40 Prozent zur Versorgungskapazität bei, seit 1642 zunächst noch 15 Prozent, gegen Ende des Untersuchungszeitraumes so gut wie nichts mehr. Dies deutet auf die geringe Eigenwirtschaft der Anstalt hin und unter­scheidet sie grundlegend von den bedeu­tenderen hohenbergischen Spitälern, die weitaus ausgedehntere land­wirtschaftliche Betriebe unterhielten und denen bessere Rechte größere Gefälle eintrugen. In Anbetracht der Geldwertschwankungen läßt sich die Ent­wicklung der Versorgungskapazität als relativ konstant erkennen. Zu Beginn des Untersu­chungszeitraumes erreichte sie ein – im Durchschnitt gesehen – sehr gleichbleibendes Ni­veau von 2000 bis 2500 Gulden, dem dann das Wirksamwerden des Krieges ein Ende setzte.

Die Einnahmen der drei Spitäler

Vergleicht man die drei untersuchten Spitäler hinsichtlich ihrer Ein­nahmen miteinander[767], so läßt sich deutlich erkennen, daß die Rot­tenburger Anstalt die weitaus be­deutendste war, ganz der Bedeutung der Städte angemessen. Wenn diese Zahlen auch nicht exakt sind, sich in ih­nen nicht alle eingenommenen Produkte wiederspiegeln, so geben sie doch einen deutlichen Hinweis auf die Größenordnungen.

Versorgungskapazität der Spitäler
preisbereinigt in Gulden       
PeriodeHorb a.N.RottenburgHerrenberg
1590-21   5323    8567     2159  
1622-26   4898    6540     1974  
1627-34   4447    7856     1845  
1635-41   4235    5308      –    
1642-50   3033    3487      –    
1651-74   2608    4170           

In sämtli­chen Perioden übertraf der im Rottenburger Heilig-Geist-Spi­tal ver­buchte Geld­wert jenen im benachbarten Horb fast um das Doppelte. In Herrenberg vollends nahm der Spital nur knapp halb so viel Geld und Frucht ein, wie in Horb.

Zu diesen Verhältnissen trugen die hohen Rottenburger Naturaleinnah­men einen wesent­lichen Teil bei. Sie beruhten auf den umfangreichen Zehntrechten und dem ausgedehnten Eigenbau, welcher von eigenen Höfen aus betrieben wurde. So konnte die Rottenburger Anstalt stets größere Mengen von Frucht und Wein verkaufen als die benachbarten Anstal­ten. Auch spielte für den Rottenburger Spitalhaushalt der Wein eine weitaus größere Rolle als für die anderen, nur hier konnte Wein in größeren Mengen verkauft und zur Kapital­bildung genutzt werden. Für den Horber Spi­tal zahlte sich demgegenüber der Besitz von Dörfern wirtschaftlich nicht aus. Rottenburgs Ausstattung mit Zehnt­rechten war da we­sentlich lukrativer.

Alle drei Spitalhaushalte prägt auf der Einnahmenseite die Dominanz der Gült- und Zins­gelder. Sie resultierten in erster Linie aus dem Darlehensgeschäft und dokumentieren so­mit die Rolle, welche alle drei Anstalten damals als Kreditgeber spielten. Das Pfründge­schäft scheint in allen Orten seit der Wipper- und Kipperkrise bis zum Wirskam­werden des Krieges besonders geblüht zu haben und trug bis dahin stets wesentlich zum Geldertrag bei. Während die Pfleger in Rotten­burg und Horb die Frucht- und Weinerträge ihrer An­stalten stets zur Kapitalbildung nutzen konnten, war dies den Herrenberger Kollegen sel­tener und nur in sehr viel bescheidenerem Maße möglich. Sie brauchten, gerade auch an­gesichts der im Vergleich mit den hohen­bergischen Anstalten überdimensionalen Pfründ­geschäfte, ihre Erträge für die Versorgung der Spitalinsassen. Trotzdem zeigte sich auch in Herrenberg wie in beiden hohenbergischen Spitälern die vor Kriegsbe­ginn sehr ausgegli­chene Struktur. Sie kennzeichnete ein gewisses Gleichgewicht zwischen naturalen Erträgen und Geldeinnahmen. Al­lerdings war dieses zweite Standbein in Herrenberg mit meist un­ter 40 Prozent schwächer ausgeprägt, als in Hohenberg. Daß die Herrenber­ger während des Krieges ihre Eigenwirtschaft auflösten und ihr Spi­talvermögen fast ausschließlich in das Kreditgeschäft investierten ist eine Sonderentwicklung, die vielleicht gerade mit der doch eher gerin­gen Eigenwirtschaft zusammenhängt. Möglicherweise war der kleinere Guts­betrieb weniger lebensfähig als die großen Ökonomien. Vor allem in Rottenburg, aber auch in Horb bauten beide Anstalten ihre Vor­kriegsstruktur wieder auf, wenn sich dies an­gesichts der nied­rigen Nahrungsmittelpreise nach Kriegsende auch nicht unmittelbar im ge­sunkenen Anteil des Naturalwertes spiegelt. Dabei kam es zu einer Verlagerung bei den Verkäufen vom Getreide auf den Wein, vor allem in Rottenburg, wo entsprechend große Weinerträge zur Verfügung standen. Diese Weinmengen wurden wohl auch deshalb freige­setzt, weil nicht mehr so viele Pfründner aufgenommen wurden und entsprechend weniger Rebensaft für den Konsum abgezweigt werden mußte. Die untersuchten Spitäler standen in aller Regel wirtschaftlich so gut da, daß sie nur selten auf Neuverschuldungen angewie­sen waren. Wenn es dazu kam, so meist als Folge von Baumaßnahmen oder wegen der Kriegslasten. Stets überwogen dabei die als Guthaben geführten Re­stanzen die eigenen Schul­den bei weitem.

Das Restanzenproblem

Bei der Untersuchung der Spitalhaushalte muß stets berücksichtigt werden, daß die Ge­samteinnahmen und die Gesamtausgaben, die in den Rechnungsbüchern genannt werden, verschiedenartige Restanzen beinhalten. Solche Restanzen bestanden meist aus Schulden, vor allem der öffentlichen Hand, bei den Spitälern[768]. Weiter oben wurde bereits auf die katastropha­len Teuerungen eingegangen, zu denen die Geld­schöpfungspolitik der Territo­rialherren durch Münzverschlechterung ge­führt hatten. Neben diesem Weg, ihre Einnah­men zu erhöhen, stand ihnen vor allem noch die Aufnahme von Krediten zur Verfügung. Darin bestand eine der wenigen Möglichkeiten des frühneuzeitlichen Staates, Budgetdefi­zite kurzfristig auszugleichen. Die Alternative dazu, nämlich Steuern zu erhöhen, war an­gesichts landständischer Mitspra­cherechte demgegenüber nicht glei­chermaßen nutzbar. Kreditfinanzie­rungen haben gegenüber Steuern al­lerdings den enormen Nachteil, daß sie durch Zins- und Tilgungsver­pflichtungen zukünftige Haushalte be­lasten, demnach werden der Sache nach gegenwärtige gegen künftige Steuerverpflichtungen getauscht. Dieser Cha­rakter der Staatsverschuldung führte in der Frühen Neuzeit angesichts ständig hoher Budgetbelastun­gen durch Kriege zu einem enormen Anstieg der Staatsverschuldung. Auf Seiten der Kreditgeber, in diesem Fall der Spitäler, machen sich solche Staatsschulden als Restanzen bemerkbar. Immer mehr der von den Spitälern freigesetzten Vermögenswerte flossen im Laufe des 17. Jahrhunderts in diese Rubrik, deren Beträge sich zum großen Teil als uneinbringbar erwiesen.

Restanzen übertrugen die Spitalschreiber aus den Rechnungsbüchern des Vorjahres in das jeweils aktuelle. Dadurch blähte diese Rubrik den Haushalt nominell auf. Tatsächlich ka­men deren Beträge der Spi­talwirtschaft aber nicht zugute. Häufig nahm die Rubrik deshalb gera­dezu explosionsartig zu, weil von den verliehenen Krediten nicht ein­mal mehr Zinsen eingingen.

In Rottenburg machten die Restanzen 1609 über 3000 Gulden aus, sie wurden kurz danach wieder abgebaut. Vor allem nach 1625 stiegen sie wieder stark an, damals auf 1632 Gul­den. Bei einem weiteren Wachstum von jährlich etwa 1000 Gulden erreichte die Rubrik 1634 den Grenzwert von 10000 Gulden, 1641 hatte sich der Betrag ver­doppelt. Das Jahr 1651 brachte den Höhepunkt dieser Entwicklung mit 31263 Gulden. Während des Dreißigjährigen Krieges schwollen die Restanzen des Spitals vor allem deshalb an, weil viele Zinszahlungen nicht eingingen und weil die Stadt ihre Besatzungskosten zum Teil aus dem Spitalhaushalt bestritt. So gingen die bei vielen Getreide- und Weinausgaben an das Militär in den Spitalrechnungen verbuchten Erlöse nie ein. Als Verfügungsberechtigter über den Spital hatte die Stadt freilich eine gute Ausgangsposition. Nach Kriegsende ließ sie in den beiden Jahren 1651 und 1656 zusammen 23418 Gulden abschrei­ben, die sie ihrer Sozialanstalt schuldete. Vergleicht man diesen Betrag mit den 103558 Gulden, die die Stadt um 1680 an privaten und öffentlichen Schulden hatte[769], so zeigt sich, welch enorme Bedeu­tung die Kreditkraft des Spitals während der Kriegsjahre für die Kommune hatte. Immerhin kamen diese Ausgaben dem städtischen Gemeinwesen zugute, was in weiterem Sinne der Intention der Stifter entgegenge­kommen sein dürfte. Weitere 2700 Gulden ließ die Herr­schaft 1668 umbuchen, als sie damit die Errichtung des Jesuitenkolle­giums unter­stützte. Gleichzeitig ist in jenen Jahren das Bemühen der Herrschaft zur Tilgung ihrer Schulden erkennbar. Sie ließ die 1057 Gulden, wel­che der Heilig-Geist-Spital an Steuern und Zinsen der Herrschaft noch schuldig war, mit ihren eigenen Schulden beim Spital ver­rechnen und zwar an den ausständigen Zinsen, nicht jedoch an den 20000 Gulden Kapital, welche der Spital bei der hohenbergischen Land­schreiberei guthatte. Wegen der Eigen­schaft des Spitals als causa pia, der seine Mittel zur Underhaltung Presthafter und armer Leit­hen einsetzte, sollten die restlichen Ausstände von der Land­schreiberei auf jeden Fall und zwar mit Wein, Früchten und Geld getilgt wer­den[770].

Seit 1620 muß der Rottenburger Spital über 26000 Gulden freigesetzt ha­ben, um diese Auszehrung finanzieren zu können. Dieser Betrag läßt sich somit auch als Gewinn der städtischen Institution bezeich­nen. Zum Teil handelte es sich dabei allerdings auch um die Kapitalisie­rung von Spitalvermögen. Pfleger Michael Gugel formulierte bereits 1604, wel­ches Prinzip hinter dieser Nutzung des Spitalvermö­gens in städtischem Sinne stand: Man sag alle Zeit, die Stat und das Spital seyen Brüe­der, welches nicht hab, dem helf das ander[771]. Während des Dreißig­jährigen Krieges war es in erster Linie der Spital, welcher half, die Stadt profitierte. Zu den Außenständen kamen jene Geldbe­träge, die vertraglich als Kre­dite ausgegeben worden waren. Vor allem auch die Herrschaft Hohenberg profitierte da­von[772]. An den 8720 Gul­den, wel­che die Landstände anläßlich der Erbhuldigung 1483 auf­brachten, um die bis dahin an den Grafen Eberhard von Würt­temberg verpfändeten Dör­fer Hirschau und Wurmlingen[773] auszulösen, beteiligte sich der Rottenburger Spital mit 1695 Gulden. Von den 40000 Gul­den, mit denen sich die Herrschaft Hohenberg 1509 aus der Pfand­schaft der Grafen von Zollern freikaufte[774], hielt der Spital ein Jahr­hundert später 11130 Gulden, weitere drei Jahrzehnte später sogar 12000 rheinische Gulden (im Wert von 63 Kreuzern). Über weitere 1500 Gulden lau­tete ein Wechsel des Spitals von den Schwä­bisch-Österreichischen Landständen. Als die Anstalt 1610 für den Ver­kauf des Linden­felser Hofes in Seebronn 2000 Gulden einnahm, lieh sie diese den Dörfern Rangendingen und Owingen aus[775]. Bei einer damals üb­lichen fünfpro­zentigen Verzinsung erbrachten die im Jahr 1611 insgesamt verliehenen 17000 Gulden dem Spital einen wesentli­chen Teil sei­ner Geldeinnah­men.

Eine Schuldnerliste, die dem Rech­nungsbuch von 1673 beigebun­den ist, gibt die Summe der Forderun­gen des Spitals für dieses Jahr mit 11724 Gulden an. Als Haupt­schuldner werden darin die Herr­schaft Hohen­berg mit fast 3000 Gul­den, die Österreichisch-Schwäbi­schen Land­stände mit 1361 Gulden und die Orte Grosselfingen, Stein, Sic­kingen und Bechtoldsweiler (alle bei Hechingen) mit zusammen 4540 Gulden genannt. Die Stadt Rotten­burg brachte es trotz ihrer früheren Entschuldungs­aktionen auf etwa 900 Gulden, die Grafen von Zollern auf 840 Gul­den. Die rest­lichen Verpflichtungen teilten sich 32 Einzel­personen.

Nahezu im Gleichklang mit den Rottenburger Restanzen entwickelten sich jene des Hor­ber Spitals. Auffällig ist dabei indessen, daß das Ausgangsniveau der Verschuldung in Horb wesentlich höher war, als in Rottenburg. Von etwa 8000 Gulden im Jahr 1606 ist hier ein ste­ter Anstieg auf über 10000 Gulden schon 1614 zu beobachten. Mög­licherweise hängt dies mit einer Verlagerung des Kapitals von Immo­bilien ins Darlehensgeschäft zusammen, da die Anstalt um die Jahr­hundertwende einen großen Teil ihrer Äcker verkauft hatte. Anderer­seits machten sich auch Zahlungsrückstände bemerkbar. Vor herrschaft­lichen Kommissaren wurden seinerzeit Klagen darüber laut, daß aus­stendige Zins und Schulden gemach und vahrlessig eingebracht wür­den[776]. Wegen der vielen Extanzen soll 1605 nichts mehr in der Kasse ge­wesen sein, so daß man 2 Ehehalten so wegsollen iren Lid­lohn nit geben khinden[777]. Immer wieder scheinen es auch Spitalpfle­ger gewe­sen zu sein, die dem Spital noch Ausstände schuldig blieben, indem sie Bargeldbestände beim Rechnungsende nicht ordentlich ab­führten. Ein Beispiel war der Bürgermeister Gerber, welcher 1100 Gulden schuldig blieb, dann ein Biersieder wurde und dazu Früchte aus dem Spital verbrauchte. Seine Schulden nahm er mit sich ins Grab. Mit den Erben wurden lange Ratenzahlungen ohne Verzinsung vereinbart, das mache die grosse Verwanthnus[778]. Als der neue Spi­talmeister Peter Bernhardt 1604 so viele Exstanzen vorfand, deren vil unrichtig, beschwerte er sich darüber. Die versprochene Besserung sei nicht ein­getreten. Noch 1607 beliefen sich die ausständigen Zinsen und Schul­den auf zusammen 6875 Gulden[779]. Hauptschuldner wa­ren die Herr­schaft Hohenberg und die Grafen von Zollern. Einen gewissen Erfolg brachte dann die Polizeiordnung der Stadt von 1607[780]. Vom Spital hieß es, daß es dort der Extanzen und Unrichtigkhaiten mer dann zuvil durch Saumbsal der bishero gewesten Spitalpflegern und -mai­stern gebe. Diese sollten alles Ernsts eingezogen und die Güter renoviert werden. Dann begann eine Einforderungsaktion, die eine nachhaltige Verbesserung mit sich brachte, wo­bei auch viele Schuldner die Teuerungsperiode der 1620er Jahre zur Entschuldung nutzten. Al­lerdings kann die Einforde­rung insgesamt nicht überragend gewesen sein, da alleine 1616 ein größerer Betrag von 2108 Gulden Herr­schaftszinsen abgeschrieben wurde, an­geblich, weil diese im Rech­nungsbuch zuviel gestanden hät­ten. Zwischen 1621 und 1629 mußte der Spitalschreiber nur etwa 5000 Gulden als Extanzen verbuchen. Dann setzte aber auch in Horb der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg der Ausstände ein, überschritt eben­falls 1634 die 10000 Gulden Grenze, wuchs parallel zur Rotten­burger Entwicklung 1641 auf das Doppelte und bis 1653 auf 31752 Gulden. Damals mußten einige Schulden, so zum Beispiel alte Frevel, als verloren abgeschrieben wer­den, weil niemandt waist, wehr was schuldig ist[781]. Seitdem wurden diese aufgelaufenen Beträge in den Rech­nungsbüchern nicht mehr in der althergebrachten Weise verbucht. In­dessen deuten unter unein­bringbaren Zin­sen von Exstanzen verbuchte Beträge auf ein weiteres Anwachsen der Außenstände auf fast 70000 Gulden im Jahr 1674 hin. Im Gegensatz zu Rottenburg scheinen in Horb keine größeren Be­träge abgeschrieben worden zu sein.

Auch beim Horber Spital stand 1609 die Herrschaft Hohenberg mit 1356 Gulden auf der Liste der Schuldner, die Herrschaft Österreich mit 200 Gul­den, verschiedene Grafen von Zollern mit 1172 Gulden, außerdem eine Reihe anderer Adeliger. Interessant dabei ist, daß es sich bei diesen Schulden offenbar um Zinsverpflichtungen für mehrere zurücklie­gende Jahre handelte, im Falle der Herrschaft Hohenberg um drei Jahre, beim Junker Wilhelm von Neuneck gar um 14 Jahre!

Im Falle des Herrenberger Spitals sieht die Entwicklung der Restanzen doch wesentlich freundlicher aus. Das kann zum Teil buchungstech­nisch bedingt sein, wird vor allem aber daran liegen, daß die Herren­berger Anstalt einfach über wesentlich weniger Substanz ver­fügte, als die hohenbergischen. Auch das Bemühen um Einforderung scheint wesentlich nachhaltiger und erfolgreicher gewesen zu sein. So finden sich in vielen der in die Rech­nungsbücher eingetragenen Abhörproto­kolle Ermahnungen zur Einziehung der Außen­stände. Beispielsweise heißt es 1614: es sei unnötig gewesen, 700 Pfund an Krediten aufzu­nehmen, da die Summe durch Einzug von Ausständen hätte einge­bracht werden können. Derowegen hiemit ernstlich befohlen sein solle, ermeldt Rest fürderlich einzuziehen. In Her­renberg waren die Außen­stände auch wesentlich variabler in dem Sinne, daß Rückzahlun­gen und Neuver­schuldungen in einem regen Wechselspiel standen. Im Prinzip aber läßt sich die Entwicklung in dieselben Perioden wie in den hohenber­gischen Spitälern unter­teilen.

Bis in die 1620er Jahre hinein blieben die Restanzen fast immer un­ter 500 Gulden. Typi­scherweise kam es im Zusammenhang mit der Kipper- und Wipperzeit zu umfangreichen Tilgungen, so daß in ein­zelnen Jahren sogar der Spital bei seinen Pflegern Geld aufneh­men mußte, so 1623 bis 1625. Auch in Herrenberg führten die Kriegswir­kungen seit 1634 zu einem Emporschnellen der Restanzen, hier auf über 1000 Gulden. Jene 2643 Gulden, welche 1638 als Remanet auf­geführt wurden, konnten nicht liquidiert wer­den. Vor allem fällige Zinsen gingen damals ab, weil die Leute bey disen trüebseeligen und theuren Zeiten nit alles beytragen können[782]. Damals luden der Spe­zial und die Beamten Schuldner einzeln vor, be­kamen aber trotz ihrer Amtsautorität nur Teilbeträge erstattet. Die Aufwärtsent­wicklung setzte sich indessen nur sehr unre­gelmäßig fort, er­reichte aber zwischen 1644 und 1649 mit über 3000 den Höhepunkt. Nach einem vorübergehen­den Rückgang in der un­mittelbaren Nach­kriegszeit stiegen die Außen­stände vor allem gegen Ende des Unter­suchungszeitraumes wieder ge­waltig an und erreichten 1674 fast 3500 Gulden, also mehr, als wäh­rend des Krieges. Immer wieder wurden Klagen gegen die Haisch­knechte laut, die die Gefälle angeblich nur nachlässig einzogen. So waren sie 1658 insgesamt 265 Gulden schul­dig geblieben.

Vor allem das Beispiel der beiden untersuchten hohenbergischen Spi­täler zeigt, daß sich die Verschuldung der öffentlichen Hand im 17. Jahrhundert bis in die Spitalhaushalte hin­ein auswirkte. Dies geschah auf direktem Wege, in­dem die Herrschaft, die Landstände, aber auch die städtische Obrigkeit, fällige Zinsen nicht mehr bezahlten, und so­mit ihre Schulden bei der Anstalt an­schwollen. Die Zeit ist in Anbe­tracht des Krieges durch einen enor­men Geldbedarf gekennzeichnet. Die anschwellenden Restanzen sind dafür genauso ein Symptom wie andererseits die Geldentwertung wegen ausgedünnter Münzsorten.

XI. Versorgungsleistung der Spitäler

Nachdem die Möglichkeiten der Spitäler, Bedürftige zu versorgen, un­tersucht sind, geht es nun um ihre tatsächlichen Versorgungsleistungen, also um die Ausgabenseite der Haus­halte. Dabei werden zunächst die Aufwendungen für die Versorgung der Insassen, an­schließend die son­stigen Kosten behandelt. Eine genaue Untersuchung des Verbrauchsverhal­tens der drei Spitäler ist von großer Bedeutung. Ein­mal lassen sich da­durch am Beispiel der Spitalinsassen Erkenntnisse über die Lebens­verhältnisse auf direk­tem Weg gewinnen. Des weiteren bietet diese Untersuchung einen Zugang zur Versor­gungsleistung der Spitäler. So­dann liegt das Verbrauchsverhalten der Spitäler jener Me­thode zugrunde, welche bereits bei der Gewichtung des Waren­korbes für die Bildung von Gesamtin­dizes zur Anwendung kam. Da Verbrauchsmen­gen von der Zahl der im jeweili­gen Spital versorgten Menschen abhängen, las­sen sie sich sinnvollerweise am ehesten lokal, also für jeden Ort geson­dert, untersu­chen. Erst in einem nächsten Schritt können dann lo­kale Entwicklungen miteinander verglichen wer­den. Für eine Un­tersuchung der Ver­brauchsmengen ka­men bei allen drei Anstalten vor allem die Nahrungsmittel Dinkel, Rog­gen, Fleisch und Wein in Frage. Sie bil­den den am ehesten quantifizierbaren Teil der in den Spitälern verbrauchten Güter. In den Rechnungsbü­chern sonst noch ge­nannte Waren des täglichen Be­darfs wie Erbsen, Linsen, Hafer für die Musbereitung, Gerste und andere Getreidearten ver­brauchten die Köche in vernachlässigbar geringen Mengen. Andere wie­derum wie Kraut, Rüben, Fisch oder Honig tau­chen zwar unter den gemeinen Ausgaben hin und wieder auf, jedoch sind die verzehr­ten Mengen nicht sicher quantifizierbar. Des­halb erfolgte die Beschrän­kung auf die oben genannten Produkte, welche die Spital­schreiber in eigenen Rubriken auflisteten. Für alle drei Anstalten konnten dafür recht vollstän­dige Datenrei­hen ermittelt werden.

Wein war im Horber und vor allem im Rottenburger Spital ein all­tägliches Getränk. In Herrenberg hingegen muß den Rebensaft bei den Spitalarmen im Untersuchungszeitraum ein anderes Getränk weit­gehend ersetzt haben. Ob dabei an selbstgebrautes Bier oder pu­res Wasser zu denken ist, vielleicht auch an Obstmost, verraten die Quellen nicht. Nur in Einzelfällen, etwa wenn Militär in den drei Städten ein­quartiert war, taucht Bier in den Rechnungsbüchern auf. Es wurde dann eingekauft und an die Soldaten ausgeschenkt. Für die Spitäler spielte der Wein vermutlich auch wegen seiner angeblichen Heilkraft eine be­sondere Rolle. Kranke und Frauen im Kindbett glaubten, eusserste Ungelegenhait ihres Leibs befürchten zu müssen, falls sie keinen Wein bekamen[783]. In den hohenbergischen Or­ten schenkten die Anstalten ihren Insassen normalerweise heimischen Re­bensaft aus. Da­mals dürfte sich der Wein geschmacklich stark von heutigen Sorten un­terschieden ha­ben. Die Trinker würzten ihre Sorten mit al­lerlei Ge­würzen und mit Honig. Trotz dieser ge­schmacklichen Verbesserung scheint das Gewächs nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ei­nigen Reichenpfründnern nicht mehr geschmeckt zu haben. Zum Bei­spiel tauschte ein Horber Pfründner 1652 sein Quantum ge­gen die Hälfte guten auswärtigen Weines. Für einige seiner Stubenge­nossen, vor al­lem aber für die Verwaltungsspitze der Spitäler, be­schafften die Pfleger deshalb immer wieder größere Weinrationen aus der Pfalz, aus dem Badischen und aus dem Elsaß.

Fleisch zählt zu den wichtigsten Grundnahrungs­mitteln der Frühen Neuzeit. Im Gegensatz zu dem Hauptnahrungsmittel Ge­treide jedoch konnte sein Verbrauch in teueren Zeiten redu­ziert werden, so daß es zu den je nach Preis elastisch nach­gefragten Nah­rungsmitteln zählt[784]. Weil die Spitäler trotzdem normalerweise Fleisch in größeren Mengen ausgaben, gehört es zum Grundbe­stand des für die Preisberei­nigung gewählten Warenkorbes. Gerade auch an seinem Beispiel läßt sich die Bedeutung einer nachfrageorientierten Ge­wichtung des Waren­korbes mit großem Nachdruck vertreten, da in Zeiten hoher Fleisch­preise tatsäch­lich der Verbrauch weitgehend reduziert werden konnte, wie die fol­genden Ausfüh­rungen zeigen werden. Wegen dieses Zusam­menhangs kann der Verbrauch dieser Ware auch als Indi­kator für den Wohl­stand einer Personengruppe herangezogen werden: wer über größere Geldmittel verfügte, konnte sich mehr davon leisten. Sin­kende Anteile des Flei­sches an den Versorgungslei­stungen der Spitäler deu­ten im Umkehrschluß auf weniger gute wirtschaftliche Bedingungen und auf verschlechterte Lebens­verhältnisse hin.

Die Spitäler in Rottenburg, Horb und Herren­berg deckten ihren Fleischbedarf zum größten Teil durch wöchentlichen Kauf bei den Metzgern der Stadt. Sie ließen darüber­hinaus aber auch eige­nes Vieh schlachten. Beide Möglich­keiten, Fleisch zu be­schaffen, müssen bei der Ermitt­lung von Verbrauchswerten be­rücksichtigt werden. Im Untersu­chungszeitraum existieren für den Hor­ber Spital detaillierte Fleischrechnun­gen von fünf Be­richtsjahren[785] und für den Rottenburger Spital von einem Berichts­jahr[786], welche die Eigen­schlachtung beider Anstalten belegen.

Die Menge und der Preis des gekauften Flei­sches sind ansonsten in aller Regel aus den Rechnungsbüchern sehr gut zu ermitteln. Meist als erste Rubrik unter verschiedenen Lebens­mittelkäufen, auf je­den Fall als extra Rubrik, verzeichnete der Stadtschreiber die Kosten dafür. Diese dürfte unter anderem deshalb sehr exakt ge­führt worden sein, weil die Pfleger des öfteren gegen Gerüchte zu kämpfen hatten, sie ließen das Fleisch in verdeckten Wannen zu sich selbst nach Hause tragen[787]. In aller Regel teilte der Schreiber aus diesem Grund sehr genau auch die gekauften Men­gen mit.

Nur der Herrenberger Spital bildet hierin inso­fern eine Aus­nahme, als lediglich für die Jahre 1619 bis 1638 Fleischkäufe aus­gewiesen sind. In der württembergischen Amtsstadt no­tierte der Rech­nungsführer derartige Aufwendungen in der Rubrik Wochen­kosten, in die wö­chentliche Käufe von Lebensmitteln Aufnahme fanden. Meist sind die Gesamtkosten dieser Rubrik nur sum­marisch überliefert. Durch die Angaben aus dem ge­nannten Zeit­raum läßt sich indessen zumindest ihr überwie­gender Teil als für den Fleisch­kauf be­stimmt erkennen, wobei den ver­schiedenen Pfründnergruppen unter­schiedlich hohe Geld­beträge dafür zur Verfügung stan­den. Sie erhielten also nicht etwa eine be­stimmte Fleischmenge pro Woche zugemessen, sondern einen festen Geldsatz, für den sie sich die Ware kaufen lassen konnten. Dieser betrug bei den reichen Pfründnern zehn Kreuzer, bei den Ar­men und den In­sassen des Sie­chen- oder Gutleut­hauses hingegen zwei Kreuzer und blieb wäh­rend der genannten Jahre konstant. Le­diglich in Festwochen (Pfingsten, Kirch­weih, Christ­tag, Neujahr und Ostern) er­hielten die Armen und die Insassen des Gutleuthauses dop­pelte Ratio­nen, die reichen Pfründ­ner indessen nicht – sie hatten das auch nicht nötig. Da­gegen glich die von den Armen in der meist fünf- bis sechswöchigen Fa­stenzeit verlangte Enthaltsamkeit diese Zulagen wieder aus. Währenddessen bezogen hingegen die reichen Pfründner ihr Wo­chengeld weiterhin, sie wer­den es ver­mutlich für Fisch, Käse oder an­dere Le­bensmittel ausgegeben haben. Zusätzlich zu den Beträ­gen für die einzelnen Spitaliten­gruppen bezahlte der Herrenber­ger Spitalvater jede Woche Geld für Fleisch, das auf die Teller son­stiger Kostgän­gern, also der Bediensteten und der gerade im Spital beschäf­tigten Handwer­ker sowie Erntehelfer, kam. Nur für diesen Po­sten li­stete der Stadtschreiber von 1619 bis 1638 auf, wieviel Pfund die Metzger zu welchem Preis jede Woche lie­ferten. An­sonsten notierte er lediglich, wie oben beschrieben, die den Spitaliten zustehenden Beträge an Wochengeld. Die Ausgaben für Fleisch verdoppelten sich in der Regel während außerge­wöhnlicher Arbeits- oder Festzeiten, so im Heuet, zum Herbst­mahl, wäh­rend der Erntezeit, anläßlich der Großwä­sche und an Fasnacht sowie an Kirchweih, also immer dann, wenn entweder besonders viele Personen zu verpflegen waren oder wenn es Anlaß zum Feiern gab. Ange­sichts der ge­nannten Ver­rechnungsmethode in Herrenberg ist nicht auszuschließen, daß die mangels exakterer Quellen generell als Fleischkosten behan­delten Wochenkosten auch in größerem Maße als vermutet zur Be­zahlung ande­rer Le­bensmittel dienten. Andererseits findet sich ab und zu bei den Wochenkosten für die Ar­men, die Sondersiechen oder auch für die reichen Pfründner der eindeutige Zusatz für Fleisch.

Wieviel Zentner die Spitäler den Metzgern abk­auften, läßt sich insge­samt sehr zuverlässig ermitteln. Größere Probleme be­reitet es demge­genüber, zu be­urteilen, wieviel eigenes Vieh die Anstalten schlachten ließen und was dieses ertrug. Dieser Punkt muß deshalb sehr genau bedacht werden, weil der gesamte Fleischver­brauch für das ge­wählte Warenkorb­modell eine entscheidende Rolle spielt. Nur von fünf Be­richtsjahren liegen ge­naue Angaben über Schlachtergebnisse vor. Diese Angaben stammen vom Ende des Be­obachtungszeitraumes, aus den 1670er Jahren. Sie belegen einen Anteil des ge­schlachteten Fleisches am gesamten Fleischverbrauch von 30 bis 40 Prozent in Horb und so­gar von über zwei Dritteln in Rotten­burg. Nun läßt sich dieser Anteil nicht einfach generali­sieren. Viel­mehr ist zu erwarten, daß der Dreißigjährige Krieg auch bei der Fleischbeschaffung frü­here Gewohn­heiten verändert haben wird, alleine schon wegen der enormen Verlu­ste an Vieh durch re­quirierende Streifscharen. Jährliche Schwan­kungen beim Fleischkauf lassen sich ihrerseits vermutlich häufig durch den Umfang des Schlachtbetriebes erklären.

Zwei Zugänge bieten die untersuchten Rech­nungsbücher, wenn es gilt, das Gewicht des geschlach­teten Fleisches zu ermitteln. Dazu muß die Ent­lohnung des Metzgers untersucht werden. Ihren Metz­ger, dessen Verdienst in der Regel zusammen mit der Entlohnung an­derer Hand­werker aufgelistet ist, bezahlte die Anstalt nach der Anzahl der von ihm ge­schlachteten Tiere, wobei Hagen, Stiere, Kühe, Kälber, Schweine und Schafe jeweils unter­schiedlich hohe, manchmal aber auch gleich hohe Stücklöhne kosteten. In Rotten­burg bei­spielsweise bekam der Metzger von 1590 bis zum Jahr 1621 für jedes ge­schlachtete Tier drei Schillinge, egal ob ausgewachsenes Rind, Kalb oder Schwein. Noch 1628 blieb die Zahlweise gleich, wenn sich der Verdienst des Schlächters auch mitt­lerweile auf acht Kreuzer je Tier erhöht hatte. Im Jahr 1632 ist dann erstmals festzustellen, daß die Art des ge­schlachteten Tieres für die Entlohnung wesentlich wurde: ein Rind brachte dem Metzger seitdem 20 Kreuzer, ein Schwein oder ein Milchkalb aber weiterhin nur acht Kreuzer. Die an­deren Anstalten bewerteten unterschiedliche Vieharten von vornherein differenziert. Bei allen Ungleichheiten aber setzte die zeitgenössische Berechnung des Metzgerlohnes in allen Fällen eine Kenntnis über die Zahl geschlach­teter Tiere voraus. Zum Glück teilten einige Spitalschreiber diese Zahlen auch in den Rechnungs­büchern, den Rechnungsproto­kollen oder in den Hausbüchern mit[788].

Diese Stückzahlen lassen sich deshalb weiter auswerten, weil für ins­gesamt sechs Berichts­jahre (fünf für Horb und eines für Rot­tenburg) und ei­nige wei­tere Einzelnennungen das Schlachtgewicht einzelner Vieharten be­stimmbar ist. Dabei ist der Stichprobe­numfang immerhin so breit, daß sich doch recht zu­verlässige Durchschnitts­werte bilden lassen. Ich verwende im folgenden das damals gebräuchliche Pfund. Wa­ren nur Stück ohne Unter­scheidung der Viehart ge­nannt, so wurde auf Grund von Durchschnittsberech­nungen ein Gewicht von 112 Pfund angenommen. Das für Milchkälber errechnete Durchschnitts­gewicht liegt im Bereich dessen, was zeitgenössische Quellen ange­ben[789].

Schlachtgewichte in Horb und Rottenburg  
 VIEHART                           PFUND 
 Rinder                             194  
 Hagen                               420  
 Kühe                               189  
 Schweine                            80  
 Mastschweine                       131  
 kleinere Schweine                   65  
 Milchkälber                         42  
 Stechkälber, „Nonnen“              126  
 Hammel                              32  
 Schafe                              20  

Einzelnach­richten aus Herrenberg bestäti­gen – natürlich mit Abstrichen – eben­falls die er­mittelten Werte[790]. Auch ein Vergleich mit den von Elser er­rechneten Fleischgewichten zeigt, daß die Größenord­nungen offenbar für einen geographisch weiteren Raum gelten dürf­ten[791]. Je nach Alter, Größe und Konstitution des einzelnen Tieres sind natür­lich erheb­liche Schwankungen im Einzelfall zu erwarten. Mit Hilfe der gebildeten Durchschnitts­werte ließen sich die ermittelten Stückzahlen geschlachte­ten Viehs aber immerhin für grobe Berechnungen in Schlachtgewichte umrech­nen.

Aber auch diese Vorgehensweise erbrachte nicht für alle Spi­täler in sämtlichen Berichts­jahren ausreichende Angaben. Vor allem für Horb klafften weiterhin größere Lücken. So blieb in diesem Fall nichts an­deres übrig, als zur Schät­zung des Schlachtgewichtes auf eine noch etwas un­zuverlässigere An­gabe in den Rechnungs­büchern zu­rückzugreifen. Aber im­merhin dürfte auch diese Methode noch das bloße lineare Ergänzen von Ver­brauchsreihen an Aussagekraft übertref­fen. Nahezu vollständige Daten­reihen bilden die von den Spitä­lern bezahlten Metzgerlöhne. Auf sie wurde weiter oben bereits kurz ein­gegangen. Sie wurden bisher benutzt, um die Zahl geschlachteter Tiere ermitteln zu können. Aber auch sofern diese Informationen nicht zur Verfügung stehen, spiegelt sich in der absoluten Höhe dieser Metzger­löhne die Menge des ge­schlachteten Fleisches wi­der, im Falle des Herren­berger und des Horber Spi­tals deutlicher als im Fall des Rottenburger Spitals. Aller­dings unterliegen auch die Metzgerlöhne der zeitbedingten Teuerung. Dies läßt sich durch eine ent­sprechende peri­odische Berei­nigung be­rücksichtigen. Dann findet durch den un­terschiedlichen Schlachtpreis auch das unterschiedliche Schlachtge­wicht in etwa Berück­sichtigung. Das durch­schnittliche geschlachtete Gewicht je Kreuzer Metz­gerlohn von 9,959 Pfund im Falle des Horber Spitals liefer­ten die Berichts­jahre 1665-1673. Beim Herrenber­ger Spital läßt sich ein Gewicht von 11,15 Pfund je Kreuzer Metz­gerlohn wahr­scheinlich machen. Im Falle Rottenburgs ergaben sich für den durch Extremwerte gekennzeichneten Zeitraum von 1643-1650 in etwa 5,3 Pfund je Kreu­zer Metzger­lohn. Für den Zeitraum 1656-1672 stieg diese Quote nach Ausscheidung der Extremwerte auf 9,62 Pfund je Kreu­zer. Grob kann pro Kreuzer Metzgerlohn also mit etwa 10 Pfund ge­schlachteten Fleisches gerechnet werden.

Die dargestellten Methoden zum Rückschluß von der Zahl geschlach­teten Viehs oder vom bezahlten Metzgerlohn auf die Menge des aus eige­ner Schlach­tung gewonnenen Fleisches weisen sicherlich Unwägbar­keiten auf. Die erste Methode, die ein errech­netes durch­schnittliches Gewicht je Viehart auf vorge­gebene Stückzahlen überträgt, ist sicher­lich die­jenige, die am ehesten wirk­lichkeitsnahe Werte liefert. Wo möglich ist daher in je­dem Fall auf diese Me­thode zurückzugreifen. An der durchschnittlich vom Metz­ger je Lohnanteil geschlachteten Fleischmenge orientiert sich die zweite Methode. Sie ist fehleranfälliger als die erste, da in ihr ein Um­weg über den Geldwert des Metzger­lohnes beschritten wird. Dies macht unbedingt eine Bereinigung dieses Geld­wertes auf Grund der allgemeinen Lohnentwicklung nötig. Eine Bereinigung konnte auf der Basis der be­sonderen Entwick­lung der Stücklöhne des Metzger­meisters vorgenommen werden. Auch der nächste Schritt von ei­ner durch­schnittlichen Fleischmenge je Lohnanteil zur ge­samten geschlachteten Fleischmenge birgt Fehlerquellen. Denn gerade angesichts der Lohnent­wicklung im Untersuchungszeit­raum stimmt das Ver­hältnis von Stücklohn zu Fleischgewicht zwi­schen den verschiedenen Vieharten des öf­teren nicht. Indessen scheinen die ge­wählten Metho­den gerade dann, wenn man sich bei der Auswertung ihre Schwächen vor Augen hält, ver­tretbar. Sie sind jeder anderen Lö­sungsmöglichkeit überlegen. Das Außerachtlassen der Schlachtfleisch­mengen, die Ergänzung durch einen durchschnitt­lich er­rechneten Anteil oder eine lineare Ergänzung bekannter Mengen halte ich demgegen­über für weniger ge­eignet. Hier ist bei den statistischen Methoden die Marge von Ungenauigkeiten und Tole­ranzwerten von vorneherein groß­zügiger anzusetzen.

Getreide war vor Einführung der Kartoffeln das Grundnah­rungsmittel schlechthin in der Frühen Neuzeit[792]. Im Untersuchungsge­biet war das wichtigste Getreide neben dem für die Pferdehaltung an­gebauten Hafer insbesondere der Dinkel[793]. Vor allem in der Schweiz und in Südwest­deutschland galt der Dinkel als wichtigstes Brotgetreide. Eine Be­sonderheit des Dinkels ist, daß während des Dreschens die Ähre nur in einzelne Abschnitte zerbricht und die Körner noch nicht frei gibt. Diese noch vom Spelz umschlossenen Körner heißen Vesen. Erst ein Gerbgang in der Mühle trennt die Spel­zen vom Korn. Dabei stehen zwei Mühl­steine so eng beieinander, daß die Ve­senkörner einen Milli­meter Platz zu wenig haben. Deren äußere Hül­len wer­den dadurch zurückgehalten und die reibenden Mühlsteine drüc­ken die Körner aus den Spelzen heraus. Die Gerbmaschine reinigt an­schließend die Kör­ner von den 30 bis 35 Prozent Spreu. Aus Din­kelschrot hergestellter Brei diente jahrhun­dertelang als sättigende Mor­genspeise. Brot und Teigwa­ren ließen sich aus Dinkelmehl sehr gut herstellen und besonders schwäbische Hausfrauen liebten Dinkelmehl wegen sei­ner Bindigkeit. Durch diese Eigenschaft gerieten ihre Spätzle besonders gut. Vor Einfüh­rung der Kartoffel war das Getreide – wie erwähnt – als Grundnahrungsmittel praktisch nicht zu ersetzen, Verbraucher fragten es somit unabhängig von ihrem verfügbaren Ein­kommen nach. Eine Substitution durch Ge­müse und Gartengewächse konnte lediglich in be­schränktem Umfang erfolgen. Fast unabhängig davon, wie teuer den Konsumenten das Getreide zu stehen kam, mußte er es sich also in jedem Fall beschaffen. Viele Verbraucher in der Frühen Neuzeit, wie die Spitä­ler ja auch, bauten allerdings ihr Getreide auf eigenen Äckern an und versorgten sich somit weitgehend selbst. Um den Verbrauch der un­tersuchten Anstal­ten an Getreide ermitteln zu können, wurden die beiden wichtigsten Brotgetrei­desorten, Dinkel und Roggen, herange­zogen. Andere Getrei­dearten spielten nur eine untergeordnete Rolle. In derselben geringen Größenordnung handelt es sich bei die­sen wei­teren Getreidesorten um Hafer und Gerste. Auch die Hülsenfrüchte Erbsen und Linsen hatten eine ge­wisse Bedeutung.

Vor allem Brot ließen die Spi­täler aus ihrem Dinkel backen, zu wel­chem Zweck alle drei An­stalten eigene Bäcker beschäftigten. Für den Rotten­burger Spital ist eine Bäckerord­nung vom Beginn des 16. Jahr­hunderts überliefert, auf welche die Pfister einen Eid ableg­ten[794]. Zum Mahlen fuhren sie mit in die Mühle. Dort über­wachten sie den Mahlvorgang, bei dem aus Ker­nen Mehl ent­stand. Bei diesem Dienst­gang standen ihnen eine Mor­gensuppe, ein Laib Brot und zwei Mas Wein bis auf Widerriefen zu. Bis zum Mittagessen erwartete sie der Spitalmeister zurück. Ansonsten durften sie den Spital unerlaubterweise weder bei Tag noch in der Nacht verlassen, vielmehr hatten sie in ihrer Pfisterei zu blei­ben. Dort, an ihrem Arbeitsplatz, durften sie keine Gesell­schaften nit zehren, weder mit Pfründnern noch anderen Leuten, wie wann zue Zeithen und bis­hero beschehen. Viel­mehr mußten sie die Pfisterei fleißig und ge­treulich verschlossen hal­ten, die Kholen nach besche­henem Backen und Aus­ziehen nit ablöschen son­dern selbige in die Küchen lüpfen. Aus unge­spitseltem Mehl sollten die Bäcker kein Brot backen. Zum Backen verwies sie die Ord­nung auf Wasser aus dem Spitalbrunnen und ver­bot die Verwen­dung von Neckarwasser. Falls sie Ge­bratenes im Ofen hatten, soll­ten sie das Schmalz gleich her­ausgeben und nit ander­werts hin­kommen oder zue Grunde gehen lassen. Auch für die Spital­schweine trugen die Bäcker maßgebliche Verantwortung, wie Mitglieder ihres Berufsstandes ja all­gemein häu­fig als Schweinehalter in Erschei­nung traten. Die Verfasser der Ordnung beklagten, daß bei Atzung und Mästung der Schweine großer Un­fleiß eingekehrt sei. Angeblich wurde zu viel Getreide für das Borstenvieh aufgewandt. Für den Fall, daß wieder Ab­gänge fest­gestellt würden, drohten Strafen. Zusätzlich zu ihrem normalen Dienst waren die Pfister während der Erntezeit, sofern es ihre spezifischen Pflichten zuließen, zur Mitarbeit verpflichtet.

Bäcker hatten einen gefährdeten Arbeitsplatz, da sie leicht der Unmut ihrer Abnehmer treffen konnte. Als 1621 in Herrenberg Klagen gegen den Spitalbäc­ker aufka­men, rea­gierte das Stadtgericht mit dessen Ent­lassung. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges[795] scheinen die Armen in Herren­berg mit dem ihnen zugeteilten Brot wieder nicht zufrieden gewesen zu sein: vihl solches mit grossem Undankh empfahen, und darwider, wie sowohl der Spitahl Pfleger als andere referiren un­verandtwortliche Reden usstoßen. Offenbar rührte der Un­mut der Armen daher, daß die Spitalverwaltung angesichts schlechter Ernten das Brot nicht aus rei­nem Dinkel, sondern mit Roggen ver­mischt zu backen befahl.

Ihr Getreide ließ die Anstalt erst dann, wenn die Bäcker Mehl benö­tigten, mahlen. Körner sind weitaus länger haltbar als das aus ihnen gewonnene Mehl[796]. Der Rottenburger Spital­vater Se­bastian Metz­ger[797] be­richtete 1604, daß er alle drei Wochen zwei Fuhren mit 30 Malter Dinkel und einem Malter Roggen zur Mühle schicke. Dinkel mit Roggen im Volu­menverhältnis 30 zu 1 und im Gewichtsverhältnis 30 zu 2 scheint das im Rottenburger Spi­tal ge­bräuchliche Mischbrot er­geben zu haben. Für die Ausbeute beim Mahlen war der Ausmahl­grad ent­scheidend, jenes Gewichts­verhältnis zwischen ungemah­lenem Vesen und dem daraus gewon­nenen Ker­nen. Er lag in Rottenburg zwischen 50 Prozent (1604) und 70 Prozent. Dieser Ausmahlgrad war recht niedrig, wenn man ihn mit den 85,7 Prozent ver­gleicht, die Ulf Dirlmeier für Basel im Jahr 1540 ermittelt hat[798].

Die von den Spitälern verbrauchten Mengen hingen in er­ster Linie von der Anzahl der verpflegten Personen ab. Entsprechend dem all­gemeinen Gang der Bevölkerungsentwick­lung, die insbesondere Ereig­nisse des Dreißigjährigen Krieges beeinflußten, empfahl sich eine Glie­derung in vier Perioden. Bis zum Jahr 1634 erreichten die Ver­brauchszahlen Höchstwerte. Anschließend setzte in Folge der Kriegser­eignisse sehr rasch ein Rückgang ein. Seit 1640 läßt sich bei allen untersuchten Spitälern ein Tiefststand feststellen, der bis 1646 dauerte. Daran schloß sich eine langgezogene Periode der Erholung an.

Verbrauchsverhalten des Rottenbur­ger Spitals

Dem Rottenburger Spital standen jedes Jahr erhebliche Men­gen an Weinerträgen zur Ver­fügung. Dementsprechend bildete der Wein einen ständigen Teil der Spitalverpflegung. Mit Durchschnitts­werten von etwa 370 Hektoliter stellt die erste Periode ein in etwa ein­heitliches Aus­gangsniveau dar, an dem die anderen Perioden zu messen sind. Da­mals er­hob die oberösterreichische Regierung die For­derung, das uberflißig Eßen und Trinckhen abzustellen[799]. Allerdings hatte der Ver­brauch nach 1604 tatsächlich erheblich zugenom­men, 1606 einen Hö­hepunkt erreicht und sank dann anschließend bis zum Jahr 1609 wie­der auf Normalwerte. In der Folge weist der Trend des Weinver­brauchs bis zum Jahr 1630 einen leichten Rückgang auf, den am Ende dieser Periode ein leichter Boom mit Gipfel 1634 ab­fing.

Es schließt die zweite Periode an, während der sich die Ge­schehnisse des Dreißigjährigen Krieges vor Ort auszuwirken began­nen. Seit dem Rech­nungsjahr 1635 bis einschließlich 1639 sank der Weinverbrauch abrupt auf etwa 200 Hektoliter jährlich. Die eigentli­che De­pression folgte indessen erst noch. Absolute Tiefstwerte brachte die dritte Pe­riode zwi­schen 1640 und 1646 mit sich. Im Durch­schnitt gab der Keller des Spitals damals nur noch 58,5 Hekto­liter aus. Am wenigsten Wein be­kamen die Nutznießer des Rottenbur­ger Spi­tals in den zwei Jahren seit 1643 ausgeteilt. Noch vor dem eigentlichen Kriegsende nahm der Wei­nkonsum wieder zu. In der Pe­riode nach 1647 blieb er deutlich niedriger als in der Basisperi­ode bei durchschnittlich etwa 150 Hektoliter.

Im Fall des Rottenburger Spitals gibt der Weinverbrauch wesentliche Hinweise zur Er­mittlung der Anzahl von im Spital verköstigten Perso­nen. Der Personenkreis, den die Spi­täler versorgten, läßt sich durch den bereits mehrfach zitierten Untersuchungsbericht aus dem Jahr 1604 her­ausarbeiten[800]. Er umfaßte damals die hiesigen armen Leut, so um Gottes Wil­len ins Spital genommen worden, sowie die Ehehalten und die Pfründner. Den fremden Armen geb man khain Wein, sy seyen dann kranckh…[801]. Zu diesen Kost­gängern gesellten sich zu­weilen Handwerker, die ge­rade im Spital arbeiteten, so regelmäßig Schuster und Schneider[802]. Handwerksmeister wie Maurer und Zim­merleute ge­nossen ihr Mahl am Tisch des Spitalvaters, genauso wie Ratsherren und Bürgermeister, wenn sie im Spital zu tun hat­ten[803].

Der Wein, den der Spital zu Gerichtstagen und sonst außerhalb der Ordnung aufs Rathaus führte, listete der Schreiber separat auf und zwar als ver­kauften Wein[804]. Unter den in Rot­tenburg mit Wein ver­sorgten Personen rangierten die Pfründner mit einem ihnen zustehen­den Quantum von durchschnittlich einem Mas[805] pro Tag an der Spitze. Manchem Sonder­pfründner reichte der Rebensaft aber im­mer noch nicht aus, so daß er in ein zu­sätzliches tägli­ches Mas in Form eines Leibgedings investierte[806]. Besonders aufschlußreich für den Weinver­brauch sind die Rechnungsbücher des Rot­tenburger Spitals auch inso­fern, als in ihnen ab 1609 getrennte Angaben über den Weinver­brauch von Pfründnern, von Bedien­steten und Armen so­wie über des Spitalvaters Tisch ste­hen. Durch diese Aufgliede­rung des Hausbrauchs kann nicht nur auf die Personenzahl inner­halb der ein­zelnen Gruppen zu­rückgeschlossen werden. Auch ge­wisse Aufschlüsse über soziale Un­terschiede sind mög­lich. Aller­dings unterscheiden die Rechnungsbü­cher nicht zwischen Sonder- und Gemeinen Pfründ­nern, sie geben lediglich den Verbrauch der Pfründner im Gegensatz zu jenem der Bediensteten und Ar­men an. Für Horb hingegen sind die Verbrauchsmengen ein­zelner so­zialer Gruppen im Spital nicht aufge­schlüsselt. Insofern sind die Rottenbur­ger Angaben ein Glücksfall.

Da der Rottenburger Schreiber seit 1609 zwischen den ver­schiedenen Personengruppen im Spital hinsichtlich ihres Weinver­brauchs unter­schied, kann auf Grund der Weinmenge auf de­ren Anzahl zurückge­schlossen werden. Dazu müssen Zufallsbelege mit dem Verbrauch verglichen werden. Für das Jahr 1621 ist eine An­zahl von 23 Pfründ­nern bekannt, die für entgangene Heringe in der Fa­stenzeit durch einen Geldbetrag entschädigt werden mußten. Damals teilte der Keller den Pfründnern 122 Ohm zu. Jeder ein­zelne hätte das Jahr über also 5,3 Ohm (5,9 Hektoliter) zur Verfü­gung gehabt. Aufgrund der Unter­suchungen von Ute Ströbele ist bekannt, daß je­dem Pfründner im Durchschnitt 1,1 bis 1,4 Liter täglich zu­standen, aufs Jahr gesehen 401,5 bis 511 Liter[807]. Die Belege über Ver­brauchsmengen las­sen folg­lich darauf schließen, daß die Pfründner den ihnen zustehenden Wein tatsächlich voll in Anspruch nahmen und auch zu­geteilt bekamen. Möglicherweise war dieses Quan­tum in einigen Jahren sogar höher, als auf Grund einer Auswertung der Pfründverträge anzuneh­men wäre.

Wenn die Pfründner ihre Weinrationen tatsächlich verbrauch­ten, so kann aufgrund der von ihnen getrunkenen Menge auf ihre Anzahl zurückgeschlossen werden[808]. Für 1626 lassen sich beispiels­weise 31 Pfründner errechnen, eine Zahl, die für das­selbe Jahr ander­weitig be­legt ist. In derselben Weise lassen sich die für 1622 vorge­gebenen 26 Pfründner bestim­men. Leider gibt es in den Spitalrech­nungen der 40er, 50er und 60er Jahre des 17. Jahrhun­derts keine Angaben, die eine Überprüfung der für diese Jahr­zehnte errechneten Pfründnerzahlen erlauben würden. Im Kata­strophenjahr 1644 (v.a. Rechnungsjahr 1643) ist zwar von 8 Pfriendtner die Rede, diese er­hielten aber nur acht Ohm Wein. Aus dem 1643 reduzierten Quantum kann aber nicht ge­schlossen werden, daß die Reduktion in den fol­genden Jahren und insbesondere in der Nachkriegszeit erhalten blieb. Vielmehr dürfte da­von auszugehen sein, daß die Pfründner ihre ver­traglich zugesicherte Weinration so bald wie mög­lich wieder voll aus­kosten konnten. Für sie wird in die­sen Krisenjahren gegol­ten haben, was der Rat den Ar­men 1602 angesichts einer Mißernte zusicherte, als er ihre Tagesratio­nen halbieren ließ: …mit Versprechen, wann wider bessere Jar volgen, man inen widerumben völligen Wein geben werde[809]. Offen bleibt die Frage, ob die Pfründ­ner ihr Weinquantum selbst tranken oder es zum Teil weiterverkauf­ten. Ein solcher Rückkauf ist im Rech­nungsbuch von 1589 verbucht, als ihnen der Spital zwar 190 Hektoliter aus­schenkte, 6,9 Hektoliter wieder zurückkaufte.

Schwieriger als bei den Pfründnern sind Aufschlüsse über die An­zahl und den Weinver­brauch der Armen und der Ehehalten zu ge­winnen. Die Anzahl der Ehehalten ist zwar aus der Rubrik Die­nerbesoldung zu ermitteln, über die ihnen zugestandene Weinmenge erfah­ren wir allerdings wenig. Da der Weinverbrauch der Ehehalten mit demjenigen der Armen zusammen verrechnet ist, können Aussa­gen über die An­zahl der Armenpfründner nur ge­macht werden, sofern sich ihr jeweili­ges Verhältnis zur Zahl der Ehehalten und deren Verbrauch klären läßt. Die Armenpfründner scheinen 1604 ein Viertel Mas Wein (0,38 Li­ter) und an Festtagen ein halbes Mas (0,77 Liter) bekommen zu haben[810]. Dieses Quantum wurde aber offenbar erst 1602 im Zu­sammenhang mit der damaligen Mißernte und in An­betracht des Um­standes, daß Armenpfründner keinen rechtlichen Anspruch auf ihre Wein­ration hatten, eingeführt[811]. Seit­dem bekamen sie an den vier ho­hen Festen und an den vier Quatembern iede drey Tag alle Tag ain gantze Mas, doch mit Versprechen, wann wider bessere Jar volgen, man inen widerum­ben völligen Wein geben werde[812]. Außer einem Viertel Mas an 365 Tagen bekam dieser Personenkreis also doppelte Rationen an den zusätzlichen Feier­tagen, die Dirlmeier auf 48 bezif­fert[813] sowie an den 52 Sonntagen im Jahr und nochmals eine halbe Mas zusätz­lich in zwei bestimmten Festwochen. Daraus läßt sich ein Jahres­verbrauch in Höhe von 119 Mas (1,8 Hektoliter) und ein täg­liches Weinquantum von ei­nem halben Liter errechnen. Ute Ströbele gibt auf­grund ihrer Auswertung der Aufnahme­bescheide für Armen­pfründner des Spitals ein Weinquantum dieser Personengruppe von 0,4 Litern täg­lich an, wobei sich Unterschiede wegen des von ihr ver­wandten Umrech­nungsfaktors von Mas in Liter ergeben[814].

Um Aufschluß über die Anzahl der Armenpfründner im Rottenburger Spital zu gewinnen, wird davon ausgegangen, daß die Ehehalten des Spi­tals in etwa gleich viel Wein wie die Armen aufgetischt bekamen. Da­für spricht der Umstand, daß beide Personengruppen in der Spi­talrechnung gemeinsam behandelt wurden. Einen weiteren Hinweis gibt der Um­stand, daß die Khindts Muetter des Spitals 1604 ein halbes Mas Wein bezog[815]. Und den Handwerksmeistern, die an des Spitalva­ters Tisch mitaßen, stand gleichfalls nur ein halbes Mas täglich zu[816]. Dabei scheint die Verpflegung am Tisch des Spitalva­ters ein Privileg ge­wesen zu sein, in dessen Genuß von den Ehe­halten nur der Spi­talmeister, seine Frau und der Keller kamen. Den Weinverbrauch über den Tisch des Spitalvaters listete der Schrei­ber in einer eige­nen Ru­brik auf. Wenn sich der Küfer schon mit einem halben Mas täglich (0,77 Liter) zufriedengeben mußte, dann dürften seine Gesellen, die zusammen mit dem Gesinde versorgt wurden, eher weniger bekommen haben. Verschiedene Indizien deuten darauf hin, daß zu­mindest hin­sichtlich des Weinverbrauchs Spitalknechte, Handwerks­gesellen und die Armenpfründ­ner einer sozialen Gruppe angehörten. Tatsächlich waren ja auch die Armenpfründner zur ge­meinsamen Feldarbeit mit den Knechten verpflichtet. Knechte schei­nen sich auch in den Räumen der Armenpfründner mit aufgehalten zu ha­ben[817]. Einiges deutet auf eine soziale Struktur hin, in der die Reichen Pfründner und einige Ge­meine Pfründner die oberste Schicht bildeten, Spitalvater, Gemeine Pfründer und alle an seinem Tisch die Mittelschicht, schließlich Arme Pfründner, Knechte und Handwerksgesel­len die Unterschicht. Bisher wird demgegenüber in der Spitalforschung allerdings davon ausgegan­gen, daß des Spitals Knechte eher mit den Gemeinen Pfründnern gleichgestellt wa­ren[818]. Vermutlich aber bildete das Spitalgesinde insge­samt keine homogene Schicht. Drei der Ehehalten waren ja bereits dadurch höher klassi­fiziert, daß sie am Tisch des Spitalva­ters aßen. Die Berechnung der unter dem Titel Arme und Ehehalten mit Wein versorgten Perso­nen wird zusätzlich erschwert, weil es offenbar üblich war, den Weinverbrauch der Armen und Ehehalten bei schlechten Ernteer­gebnissen zu verringern.

Bei den folgenden Berechnungen über die Anzahl der im Spital ver­sorgten Armen und Ehehalten müssen also größere Unsicherheitsfakto­ren einkalkuliert werden als bei der Be­rechnung der Pfründnerzahl. Vor allem die Größenordnung für die relativ normalen Peri­oden vor Kriegsbeginn und nach Kriegsende verspricht interessante Aufschlüsse. Von 1609 bis 1634 läßt sich eine Zahl von durchschnittlich 62 Perso­nen ermitteln. Tiefpunkte bilden dabei die Jahre 1610 und 1628, als Seuchen die Stadt am Neckar heimsuchten. Während der Nachkriegs­periode dann, von 1669 bis 1674 lag der für Arme und Ehehalten errech­nete Durchschnitt bei 38 Personen.

Die Gesamtzahl der im Rottenburger Spital verpflegten Pfründner, Ehehalten und Armen samt dem Spitalmeisterehepaar würde sich in der ersten Pe­riode auf 95, in der vierten auf 55 belaufen. Diese An­sicht ge­winnt angesichts der Nachricht an Plausibilität, daß 1604 101 oder 102 Personen in der Anstalt verpflegt wurden[819]. Die im Rech­nungsbuch 1580 enthal­tenen Angaben reichen aus, um die Anzahl der Pfründ­ner, Armen und Ehehalten mit 76 beziffern zu können, 1589 waren es 69. Im Kommissionsbereicht von 1604 belegen einige Zeugen­aussagen eine Anzahl von 70 Personen, während andere wie erwähnt bis zu 102 an­gaben[820]. Vermutlich wurden zusammen mit Ar­menpfründnern und Ehehalten jene Perso­nen verköstigt, die nicht zu den Spitalinsas­sen zählten. Dabei ist vor allem an Handwerks­gesellen, Erntehelfer und durchreisende Arme zu denken. Möglicherweise erhiel­ten aber die Ehehalten ein größeres Weinquantum als vermutet. Die allgemeine Bevölkerungsde­zimierung während des Dreißigjährigen Krieges läßt auch die für die vierte Periode er­rechneten Zahlen plau­sibel er­scheinen.

Insgesamt muß wohl aufgrund der Weinverbrauchsziffern davon aus­gegangen werden, daß seit Beginn des 17. Jahrhunderts bis zum Wirksamwerden des Krieges zwischen 90 und 100 Menschen im Rot­tenburger Spital lebten. Im letzten Drittel des Jahrhunderts kann mit halb so vielen Menschen gerechnet werden. Von diesen 50 standen nach­weisbar 16 bis 18 als Bedienstete auf der Besoldungsliste der Anstalt. Da mit 14 Pfründnern gerechnet wer­den kann, beliefe sich die Anzahl der Armen auf 18 bis 20. Nach Kriegsende wäre somit der Anteil der Armenpfründner an der Gesamtzahl der Spitaliten ge­stiegen.

Aufgrund dieser Überlegungen läßt sich für die Sonderpfründ­ner ein tatsächlicher Wein­verbrauch von einem Mas pro Tag und damit fünf Ohm fünf Mas im Jahr vermuten. Die Armenpfründner und Ehehal­ten genossen durchschnittlich 0,326 Mas pro Tag beziehungs­weise ein  Ohm 47 Mas im Jahr. Während damit die untere soziale Gruppe jährlich nur etwa halb so viel Wein verbrauchte, wie Dirlmeier als hypothe­tischen Durch­schnittsverbrauch errechnete[821], reichte er bei der oberen sozialen Gruppe an das Doppelte dieses Wertes heran. Dabei sollen die Ar­men eher mehr als weniger erhalten haben[822].

Für die Beurteilung des Fleischverbrauches im Rottenburger Spital empfiehlt sich die Ein­teilung in die allgemeinen Verbrauchsperioden, wobei allerdings die letzte zwei Jahre spä­ter als die entsprechende beim Weinverbrauch beginnt. Durch­schnittlich be­trug der Fleisch­verbrauch etwa 120 Zentner. Während der ersten Periode ver­brauchten die vom Spital Ver­köstigten im Durch­schnitt 170 Zentner. Dabei zeichnet sich, ähnlich wie beim Weinverbrauch, ein vorübergehender Boom zwi­schen 1604 und 1609 ab. Es folgte ein kontinuier­licher Ab­schwung unter einen Wert von 140 Zentnern. Die Periode beendete ein kurzer Boom 1633.

Auch die anschließende Periode (zwischen 1635 und 1639) stimmt in ihrer Entwicklung mit derjenigen des Weinverbrauchs überein. Da­mals sank der Fleisch­konsum auf die Hälfte verglichen mit jenem im Ba­sisjahr, also auf etwa 100 Zentner. In diesem Zeit­raum be­gann der Dreißigjährige Krieg, nach kaum merkbaren Einflüssen ab 1629, sich nachhaltig auszuwir­ken. Noch katastropha­ler ging es während der letzten Kriegsperi­ode (1640-1648) bergab. In ihr ver­brauchten die Spitalinsassen nurmehr etwa ein Sechstel der Vorkriegs­menge. Diese Periode niedrigsten Fleischkonsums dauerte zwei Jahre länger als diejenige des Minimalverbrauchs an Wein. Nach Kriegsende konsumierten die Spita­liten etwas we­niger als halb so viel Fleisch wie in der Basisperiode. Auffällig ist auch hier die zum Wein­verbrauch parallele Ent­wicklung.

Von den 101 bis 102 Personen, die der Rottenburger Spital 1604 speiste, erhielt angeblich jeder ein halbes Pfund Fleisch. Diese vom damaligen Spitalmetzger Bartholomäus Sultzer angegebene Menge stellt sich ganz anders dar, wenn ihr die Pfründver­träge entge­gengehalten werden. Denen zufolge erhielten Sonder­pfründner zwei Mal täglich ein halbes Pfund, Gemeine Pfründner ein Mal täglich ein halbes Pfund und nur sonntags das Doppelte. Spitalarme bekamen zwar prinzipiell dieselben Ra­tionen wie die Ge­meinen Pfründner, aber die ausgeteilten Mengen waren dabei nicht festgelegt[823]. An Wurstsorten, die er nach dem Schlachten herstellte, nannte der Spitalmetzger 1604: Kesselwürste, Bratwürste, Leberwür­ste und Blut­würste. Das Fleisch ließ die Anstalt in aller Regel kochen, vermut­lich, wegen der besseren Kaloriennutzung. Nur bei besonderen An­lässen gab es Brates.

Die von Dirlmeier vermutete Anzahl von 230 Fleischtagen pro Jahr[824] kann am Beispiel des Rottenburger Spitals erhärtet werden. Zum einen nennt die Spitalordnung ausdrücklich fünf Fleischtage pro Woche[825]. Zum anderen enthält ein in das Rechnungsbuch von 1605 eingelegter Notizzettel eine Aufteilung des damaligen Fleisch­kaufs von 15491 Pfund (7281 Kilogramm) auf die einzelnen Wo­chen und Tage. Das luxuriösere Nahrungsmittel gab es in 46 Wochen des Jahres. Täglich tischte der Spital seinen Kostgängern 67 Pfund Fleisch auf, demzu­folge an fünf Ta­gen pro Woche Fleisch auf den Tisch kam. Freitag und Samstag waren fleischfrei, ebenso die sechswöchige Fastenzeit vor Ostern[826]. Diese Verhältnisse spiegeln sich auch in einer Einkaufsliste wieder, die dem Hausbuch von 1612 inse­riert ist.

Beim Dinkelverbrauch zeichnet sich eine Eintei­lung in etwa dieselben Peri­oden wie beim Fleischkonsum ab, Verschiebungen ergaben sich höchstens im Rahmen von ein bis zwei Jahren. Im Durchschnitt ver­brauchte der Rottenburger Spital etwa 55 Tonnen Dinkel jedes Jahr. Während der ersten Periode waren es um die 80 Tonnen. Dabei ist inner­halb der Pe­riode in etwa dieselbe Ent­wicklung wie beim Wein und beim Fleisch fest­zustellen. Al­lerdings dauerte der erste Vorkriegs­boom länger, näm­lich bis 1612. Die lange rückläufige Entwicklung bei den bei­den anderen Ver­brauchsgütern schlug bereits damals in eine Auf­wärtsbewegung um, die ihren Boom aber erst 1634 er­reichte.

Der folgende Abschwung begann zwei Jahre später und dauerte nur zwei Jahre lang. Er führte zu einem um etwa ein Drittel reduzierten Ver­brauch. An­schließend sank auch die­ser Konsumwert weiter. Bis zum Kriegsende blieb der Dinkelverbrauch mit ungefähr ei­nem Drittel des Wertes im Basisjahr aber relativ höher als je­ner von Fleisch und Wein. Nach Kriegsende benötigte die Anstalt wieder mehr als die Hälfte an Getreide.

Pro Woche, so gab der Rottenburger Spitalkeller bei einer Befra­gung 1604 an, müsse er den Pfründnern 300 Laib Brot auf­tragen[827]. Jeder Laib wiege acht Pfund, so die dama­lige Angabe. Das entspräche etwa 3,76 Kilogramm[828]. Daß diese Menge allerdings nur den Rei­chen Pfründnern zugute kam, ist eher unwahrscheinlich. Von den 161 Kilogramm je Tag hätte sonst jeder fast 5,4 Kilogramm erhalten. Vermutlich nannte der Keller die Brotration an alle Spitalinsassen und sonstigen Kostgängern. Jede Woche be­zogen Menschen außer­halb des Spitals weitere 50 Laib Brot, vermutlich als Leibge­ding zum Preis von 80 oder 90 Gulden. Dies erregte bei der Untersuchung 1604 Un­mut: Dem Spital sey nit Nutz, das man das Brot daraus verkhaufe. Dersel­ben Quelle zufolge mußte der Spital darüberhinaus des Jars von frembden Personen in die 4000 speisen. Zusätzlich zu den 100 Perso­nen in der Rot­tenburger Anstalt nahmen also etwa 15 Durch­reisende Tag für Tag dessen Dienste in An­spruch. Arbeiter, Handwer­ker sowie Erntehelfer und Brotlieferungen an das Rathaus, des weite­ren an die Häuslin-Pfründe, später auch an die Sondersie­chen[829], belasteten den Brot­aufwand zusätzlich. Diese über den Spitalbedarf hinausgehenden Brotlieferungen betrugen 1596 an die Häuslin-Pfründe 342 Laib sowie im Mai und an Michaelis (29. September) 17 Laib an das Rathaus. Der mögli­cherweise verordnete, vielleicht sogar bezuschußte Brot­preis lag kon­stant bei acht Kreuzern. Brotverkäufe in den 1650er Jahren, wiederum über 300 Laib jedes Jahr, kamen damals vor al­lem den Sondersiechen zugute. Von den anno 1672 verkauften 429 Laib bezo­gen die Ar­men im Gutleuthaus 225 Stück um acht Kreuzer und die Stadtfröner 204 Stück zu ei­nem nochmals auf dann fünf Kreuzer subventionierten Preis.

Während des gesamten Dreißigjährigen Krieges zog das Rot­tenburger Stadtgericht die Anstalt zur Versorgung der anderen Ar­menstiftungen mit Brot um den Einheitspreis von acht Kreuzern heran. Daran war nichts zu verdienen, vielmehr handelte es sich um eine so­zialpolitische Maßnahme. Deren Charakter ent­puppte sich vollends am 23. Mai 1669, als eine or­dentliche Abrechnung dem Gutleuthaus 919 Gulden von seinen 1149 Gul­den Brot­schulden er­ließ. Diese Abschreibung be­gründeten die städtischen Gerichtsmitglieder da­mit, daß das Gut­leuthaus Personen versorgt habe, deren Unterhaltung eigentlich Sache des Spitals gewesen wäre. Von sol­chen Personen war schon in dem Kommissionsbericht von 1604 zu lesen. Für den Rest­betrag mußte die Gutleuthauspflege 1669 ihre fünf- und sechs­teiligen Weingärten im Braiten­hart, die auf 200 Gulden geschätzt wurden, an den Spital abtreten.

In welchem Verhältnis zueinander entwickelten sich die ver­schiedenen Verbrauchsmengen in Rottenburg? Dieses Ver­hältnis läßt einerseits Rückschlüsse auf die Lebensver­hältnisse im Untersuchungszeitraum zu, andererseits liegt es der Gewichtung des Warenkorbs zur Preis­bereinigung zu Grunde. Auffällig ist zunächst einmal die parallele Entwicklung aller drei Verbrauchsmengen. Das zeigt sich auch anhand der gleichartigen Periodisierung. Die­ser Umstand macht die ermittelten Werte recht plausibel, weil sich die­ses konstante Mo­ment durch die Spitalitenzahl erklären läßt. Allen drei Reihen sind folgende Merkmale gemeinsam: mit Beginn des Da­tenmaterials bis 1597 beim Wein sowie beim Fleisch und bis 1598 beim Dinkel kann eine Auf­wärtsbewegung beob­achtet werden, ohne daß freilich deren Vorverlauf absehbar wäre. Al­len drei Reihen ist dann die erste Peri­ode gemeinsam, die bis 1634/35 anhielt. Während dieser ersten Periode kam es aber bereits zu den eigent­lich in­teressanten Schnittpunkten zwischen den Reihen. Während dabei die beiden ela­stisch nachgefragten Güter Wein und Fleisch in etwa parallel verliefen, schnitt der Din­kelverbrauch beide Kurven, die­jenige des Fleischver­brauchs zuerst 1622, dann die des Weinver­brauchs 1627. Es bleibt für diese Periode also festzuhalten, daß seit 1622 der Fleischkonsum im Verhältnis zum Dinkelkonsum ab­nahm und daß seit 1627 auch der Weinkonsum relativ gerin­ger wurde. Während dieser ersten Periode kam es zwischen etwa 1604 und 1609 zu einem teils be­trächtlichen Boom, der allerdings in erster Linie den Weinverbrauch in die Höhe trieb. Dies spricht vor allem für eine Zunahme der Reichen Pfründner, da bei Fleisch und Dinkel nur geringere Zu­nahmen zu verzeichnen sind. Wäh­rend in der Folge­zeit die Verbrauchsmen­gen all­gemein zurückgingen, stieg der Dinkel­verbrauch seit 1622 wieder eher an. Es scheinen damals also mehr Menschen im Spital mit weniger Luxus versorgt wor­den zu sein.

Auch die anhand des Weinkonsums errechnete Anzahl von Pfründ­nern im Rottenburger Spital gibt einen Hinweis auf die Brauchbar­keit die­ser Periodisierung. Für die erste Peri­ode kann von einer Anzahl von normalerweise 30 Pfründnern ausgegangen wer­den[830]. 1634 waren es 31. Fehler gefähr­den diese Berechnungen vor allem deshalb, weil das Weinquan­tum jedes einzelnen Pfründners individuell vereinbart war, so daß lang­fristig der durch­schnittliche Weinverbrauch pro Pfründner Schwankungen unterworfen gewesen sein könnte. Die Größenordnung der Pfründnerzahl dürfte aber stimmen. Das trifft auch auf den Pfründner-Boom 1609 zu, als 39 Personen dieser Gruppe in der An­stalt versorgt wur­den. Daß der Spital so viele Pfründner versorgen konnte und tatsächlich auch versorgte, bestätigt ein Hinweis im Rech­nungsbuch 1580, wo 41 Pfründner genannt werden. Einbrü­che in die Pfründnerzahl gab es 1620 auf 20 und 1628 auf 24. Wäh­rend der letztere ziem­lich sicher auf die sterbenden Leuf, also auf Infektions­krankheiten, zu­rückgeführt werden kann, wegen denen die Badstube des Spitals damals geschlossen werden mußte[831], kann für 1620 nur eine ähn­liche Ursache vermutet werden.

An diese lange Vorkriegsperiode schloß sich die relativ kurze Über­gangszeit der ersten Kriegswirkungen in Rottenburg an. Während diese bei den elastisch nachgefragten Pro­dukten bereits 1635 einsetzte und bis 1639 reichte, dauerte sie beim Dinkel lediglich zwei Jahre. Sie ist durch einen rapiden Rückgang der im Spital ver­brauchten Le­bensmittel ge­kennzeichnet. Dies ging mit einem Rück­gang der Zahl Versorgter ein­her. Für das Jahr 1635 sind nur noch 18 Pfründner zu errechnen. Möglicherweise mußte in dieser Periode auch ange­sichts von Quartier­lasten die Weinration verringert werden.

Es folgte ein noch weiterer Einbruch der konsumierten Nahrungsmittel, der bei Dinkel und Fleisch bis 1648, beim Wein zwei Jahre länger dauerte. Wäh­rend dieser Zeit blieb der Dinkel­verbrauch deutlich (etwa doppelt) über jenem von Fleisch und Wein. Durchschnitt­lich sieben Pfründner dürften in den Genuß dieser Zuteilungen gekommen sein, für das Jahr 1643 lassen sich acht nachweisen.

Auch die Nachkriegsperiode seit 1649 beziehungsweise 1651 beim Wein ist durch die Domi­nanz des Dinkelverbrauchs gekennzeichnet, wobei die Paral­lelität aller drei Reihen besonders ins Auge fällt. Da­mals ver­brauchten die Spitaliten nur noch 40 Pro­zent so viel Wein, halb soviel Fleisch und 60 Prozent soviel Dinkel wie im Basis­jahr. Die Dominanz im Verbrauchsverhalten wechselte nach dem Dreißigjäh­rigen Krieg also eindeutig von den elastisch nachgefragten Gütern zum Grundnahrungsmittel Dinkel. Die Zahl von 14 Pfründnern, die sich errechnen läßt, hätte sich im Vergleich zur Vorkriegszeit mehr als halbiert.

Verbrauchsverhalten des Horber Spitals

In Horb zeichnen sich exakt dieselben Perioden wie in Rot­tenburg ab. Die vom Spital Verköstig­ten verbrauchten im Durch­schnitt der Jahre etwa 71 Hektoliter Wein, bedeutend weniger als in der Nach­barstadt. Während der ersten Periode vor dem Wirksamwerden des Krieges tranken die Spi­taliten – von vier Ausnahmen abgesehen – stets mehr als ein halbes Hundert Hektoliter. Allerdings sagt das Quantum alleine noch nichts über den Wert der Zuteilung aus. Denn bereits damals konnte die Qualität des Rebensaftes in den Bechern der Armen mit jener des Pfründnerweines nicht mithalten, wie der folgende Vers an einen Spitalmeister dokumentiert: Schenk inen ein den gut Wein/ So wirt es vor Gott ein Lob sein/ Aber ich sorg du werdes des vergessen/ Und werdes nemen die sauren Fleschen[832]. Zwei Booms beim Weinverbrauch, der erste langan­haltende zwischen 1613 und 1625 und ein zweiter zwi­schen 1630 und 1634 finden ihre Parallele und ihre Erklärung in den Pfründverkäufen. Mehrere neu eingenommene Pfründner trieben damals wegen ihrer hohen Zuteilun­gen den Weinverbrauch in die Höhe. Während der anschließenden ersten Kriegsperiode sank er wieder auf die Hälfte. Eine Ausnahme bildete das Jahr 1636 mit einer Verdoppe­lung des Weinausschanks. Einquartierte Soldaten nahmen da­mals die Dienste des Kellers in An­spruch. Die zweite Kriegsperiode erstreckte sich in Horb bis circa 1652. Damals erreich­ten die Wein­aufwendungen den niedrigsten Stand im Untersuchungszeit­raum mit weniger als der Hälfte des Quantums vor dem Wirksamwerden des Krieges. Erst nach dem Abzug fremder Besatzungstruppen aus Südwestdeutsch­land schenkte die Anstalt wieder recht an­sehnliche Wein­mengen aus, an die 80 Prozent des Wertes im Basisjahr. Die erneut gute Versorgungslage wurde durch einen enor­men qualitativen Sprung im Jahr 1653 erreicht.

Beim Fleischverbrauch in der Horber Anstalt zeich­nen sich in etwa dieselben Perioden wie beim Weinkonsum ab. Durchschnittlich ver­brauchten die Insassen jedes Jahr 162 Zentner. Ein Viertel mehr war es während der Vorkriegsperiode. Eine Nachricht über das Jahr 1597 nennt als Verbrauch pro Fleischtag 63 Pfund, was damals allerdings als zu hoch einge­schätzt wurde[833]. Parallel zu den beiden Booms in dieser ersten Periode beim Wein­verbrauch stiegen auch die Fleischauf­wendungen.

Anschließend setzte die Periode nied­rigsten Verbrauches ein, die bis zum Kriegsende dau­erte und Konsumwerte von lediglich etwa einem Viertel brachte. Als Phase der Erholung können dann die Jahre von 1650 bis 1659 bezeichnet werden, als die Fleischverbrauchs­werte wieder auf über 40 Prozent stiegen. In der fol­genden Periode bekamen die Spitaliten weiterhin nur halb so viel des elastisch nachgefragten Nah­rungsmittels zu essen, wie im Ba­sisjahr.

Auch die Horber Anstalt verbrauchte als Brotgetreide in erster Linie Dinkel. Im langjähri­gen Mittel wandte sie fast 24 Ton­nen dieses wichtigsten Brotgetreides der Frühen Neuzeit für ihre Kost­gänger auf. Dazu ka­men weitere sieben Tonnen Roggen, die zum großen Teil ebenfalls im Mischbrot jener Jahre verbacken wurden. Diesem ge­meinsamen Verwen­dungszweck entsprechend entwickelten sich der Din­kel- und Rog­genverbrauch nahezu parallel, weshalb beide Reihen hier gemeinsam darge­stellt werden. Als erste Periode läßt sich dabei der im Vergleich zu den Luxusgütern viel einheitlichere Zeitraum zwischen 1607 und 1635 definieren. Im Jahr 1600 verbrauchte der Horber Spi­tal wöchentlich drei Malter Roggen und 14 Malter Vesen, angeblich mer als zu Rottenburg[834]. Dabei zeichnet sich der zweifache Boom der elastisch nachgefragten Produkte während der Vorkriegsperiode sehr viel gemäßigter ab, mit Höchstwerten, die lediglich knapp 40 Prozent über dem Ausgangs­niveau lagen.

Mit dem Jahr 1636 erst, zwei Jahre später als bei Fleisch und Wein und ohne deutlichen Einschnitt im Jahr zuvor, begann die kriegsbedingte Depression, die sich bis 1649 hinzog. Da­mals verbrauchte der Bäcker aber in aller Regel immer­hin noch etwa die halbe Din­kelmenge und ein Drittel Roggen. Le­diglich das Jahr 1647 brachte beim Dinkel einen Rück­gang unter diesen Wert. Parallel zur Entwicklung beim Fleisch scheint die Gliederung der Nachkriegs­zeit in zwei Perioden mit einer Grenze im Jahr 1660 sinnvoll zu sein. Wäh­rend der ersten Nachkriegsperiode stieg der Ge­treideverbrauch zunächst nicht we­sentlich an, ein Zeichen für die rela­tive Sta­bilität der Horber Versorgungsleistung während der Kri­senjahre des Dreißigjäh­rigen Krieges. Die zweite Nachkriegsperiode brachte dann eine Er­holung auf na­hezu 70 Prozent des Wertes im Ba­sisjahr. Ein leich­ter Boom kenn­zeichnet dabei die Jahre 1661 bis 1669.

Zusammengefaßt stellt sich die Periodisierung des Verbrauchs­verhaltens in Horb schwie­riger dar als in Rottenburg. Die erste Periode ist es insbe­sondere, an deren Ende kein ein­heitlicher Ein­schnitt bei allen Verbrauchs­gütern steht und die beim Getreide bis 1635 dau­erte. Aus jener Periode gibt es eine Angabe über die Anzahl der Spitaliten. In der unteren Stube lebten 1607 selten mehr als zehn oder 12 Perso­nen, wohingegen es früher angeblich bis zu 40 gewesen wären[835]. Un­ter der damaligen Mißwirtschaft scheinen besonders die Armen gelitten zu haben: den Spital nimpt man an die Hand/ und schlet die Armen an die Wand,… ach Gott, laß des dich erbarmen/ so gat man umb mit den Armen[836]. Angeblich be­kamen sie nur die schlechten Reste: Des besten dut er (der Spitalmeister) vergessen/ Des mis­sen darnach die Armen gessen[837]. Ein Spitalit beklagte sich 1607 darüber, daß die Verwalter nicht einmal die Stiftungen einhielten. So hätten sie schon im dritten Jahr das Maimahl nicht ausgerichtet, welches aus einer Suppe, einem Stück gebratenen Fleisches und einer halben Mas Wein bestand. Auch der Pfründwein, der vor Jahren wöchentlich aus an­derthalb Mas bestanden habe und sonntags ein weiteres halbes Mas umfaßte, sei gemin­dert worden. Gleiches traf auf die Rationen wäh­rend der Arbeitsperioden Heuen, Ömden und Holzhauen zu, wo jeder einst ein halbes Mas bekommen hatte. Jetzt gebe man jedem allein am Sontag die halb Maß saurn Wein, die Wochen nichts. Und dies, obwohl Bürgermei­ster Hettinger befohlen habe, ihnen den Wein nur zu halbieren. Auch die Eier, die jeder in der Zeit von Ostern bis St. Johannes im Sommer (24. Juni) samstags erhalten sollte, fielen aus[838].

Im Ver­gleich zu Rottenburg entfällt auch die Zwischenperiode vor der ei­gentlichen Depres­sion. Da diese De­pression in Horb nicht in dem Ausmaß wie in Rotten­burg ein­setzte, schloß sich gleich an die Ba­sisperiode jene der Niedrigst­werte an, wobei es zu einer Scheren­bildung zwischen dem Verbrauch an elastisch nachgefragten Produkten und jenem an Ge­treide kam. Bereits 1634 sanken der Wein- und Fleischver­brauch rela­tiv unter je­nen von Dinkel. Nach dem Krieg er­reichte das Ge­treide wieder Werte von etwa 70 Prozent des Basisjah­res, das Fleisch ledig­lich etwa 60 Prozent. Beim Weinver­brauch zeich­net sich eine langan­haltende Zunahme ab. Im Spital gab es schließlich wieder 80 Prozent der Vor­kriegsmenge zu trinken.

Rückschlüsse auf individuelle Verbrauchswerte oder auf die Anzahl der Spitaliten lassen sich aufgrund der schlechteren Quel­lenlage in Horb leider kaum treffen. Lediglich für die Jahre 1620 und 1621 konnten den Rechnungsbüchern Angaben über 18 bzw. 19 Arme un­ten im Spital und im Seelhaus entnommen werden. Auf der Besoldungsliste standen samt dem Spitalmeister, jedoch ohne Pfleger und Schreiber, meist etwa 15 Personen.

Bedienstete in Horb a.N.
 JAHR ANZAHL
 1607   15 
 1616   13 
 1641   14 
 1658   14 

Generell ist beim Fleischverbrauch und bei den sonstigen Verbrauchs­werten weiterhin zu berücksichti­gen, daß zu den Ver­brauchern im Dreißig­jährigen Krieg auch einquartierte Soldaten ge­hören konnten. So ging in Horb 1634 ein Drittel des erkauften Weines an Sol­daten. 1637 waren nachweislich Soldaten in der Anstalt einquartiert und im selben Jahr taucht eine Wein­ausgabe von drei Fu­der 11 Legel an Schwedische Truppen auf, die jedoch extra verbucht wurde. Von den zwei Kompanien ei­nes französischen Regiments, die 1648 in Horb über­winterten, war vom 25. November 1648 bis zum 16. Februar 1649 ein Korpo­ral mit neun Pferden – damit sind seine berittenen Soldaten gemeint – einquartiert. Die durch Einquartierungen verur­sachten Effekte sind leider im ein­zelnen nicht immer und vollständig nachvollziehbar.

Verbrauchsverhalten des Herrenber­ger Spitals

Für den Herrenberger Spital läßt sich Sinnvolles über Verbrauchs­mengen nur für den Zeitraum von 1590 bis 1637 aussa­gen. An­schließend nämlich gab Herrenbergs Anstalt die Versor­gung von Spita­liten auf. Erst wieder in den 1660er Jahren be­herbergte sie er­neut Menschen.

Der Weinverbrauch in Her­renberg ist mehr noch als im Falle der hohenbergischen Spitäler durch den Bedarf der Reichen Pfründner ge­prägt; deren Anzahl entschied über die Nach­frage. Im langjähri­gen Durchschnitt schenkte der Spitalmeister an acht Pfründner 42 Hek­toliter aus. Es zeichnet sich grob eine ähnliche Periodi­sierung wie in Rottenburg und Horb ab, vor allem in Form der Zäsur des Jahres 1634. Vor dem Wirksamwerden des Krieges kam es dabei zwischen 1596 und 1605 zu einer langanhaltenden De­pression, während der mit der Anzahl reicher Pfründ­ner auch der Verbrauch von elastisch nach­gefragten Gütern abnahm. Ihr folgte eine normale Zeit mit acht Pfründnern. Die vermehrte Auf­nahme von Pfründnern leitete 1612 einen Aufschwung ein, welcher sich dann ab 1619 zu einem kräfti­gen Boom aufgipfelte. Abrupt ging dann die Zahl der reichen Pfründner im Jahr 1635 zu­rück, weshalb nur noch ein Fünftel des Weines benötigt wurden. Ab 1638 ließ der Her­renberger Spital seinen Kost­gängern keinen Wein mehr ausschenken.

Im Falle des Herrenberger Spitals findet sich also eine deutliche schichtspezifische Wein­zuteilung. Diese war so extrem, daß die Ar­men und die Siechen seit Ende des 16. Jahrhun­derts nur noch 57 Liter Wein am Christtag, an Ostern und an Pfingsten er­hielten. Dann entfiel im Laufe des 17. Jahrhunderts auch diese geringe Getränkezu­teilung. Lediglich Arme, die krank wurden, ka­men hin und wieder in den Genuß des Rebensaftes. Welches Getränk schließlich an seine Stelle trat, kann den Rechnungsbüchern nicht entnommen werden. Dies läßt darauf schließen, daß die Herrenberger Anstalt den Ersatz selbst produ­zierte. Zu denken ist an Wasser, Bier oder Most. Ein­zelne Hinweise auf die beiden letzt­genannten Getränke sind tatsächlich vor­handen. So machte der Spitalmeister mitunter Ko­sten für das Austrucken von Most[839] geltend und erstand ab und zu Hopfen[840]. Beide letztge­nannten Getränke gehören zu den während der Frü­hen Neuzeit vorwie­gend privat herge­stellten. Da der Herrenberger Spital sowohl eine erhebliche Menge Zehntobst jedes Jahr gewann, als auch über die Grundstoffe zum Bier­brauen verfügte, kann das generelle Feh­len entspre­chender Ko­sten in den Rechnungsbüchern erklärt wer­den. Für ein­quartierte Soldaten kaufte er auch hin und wieder Bier[841]. Angesichts der besonderen Herren­berger Verhältnisse, wo der Weinbau weniger günstige Voraus­setzungen als im Neckartal hatte, mußte der Wein als besonderes Lu­xusgut gel­ten, welches in den Mangeljahren des 17. Jahrhunderts nur den Reichen Pfründnern zugute kam. Ent­sprechend fragwürdig wird in diesem Fall natürlich das für die Ge­wichtung des Warenkor­bes zur Preis­bereinigung ge­wählte Verfahren, da die Weinpreise prak­tisch nur nach den von den rei­chen Pfründnern verbrauchten Mengen gewichtet werden. Diese hatten nämlich einen vertraglichen An­spruch auf eine be­stimmte Weinration, was sich 1632 zeigte, als sie eine Geldentschä­digung erhielten, weil zu wenig alter Wein vorhanden und der neue zu sauer war. Mit ih­nen gleichgestellt waren auch der Spi­talvater und seine Frau, die jährlich 883 Liter Wein ausgeschenkt be­kamen. In al­ler Regel durften auch die beschäf­tigten Handwerker etwa 300 Liter Wein trinken, das Gesinde nur kärgliche 50 Liter, die Ern­tehelfer, Metz­ger und Wäscherinnen gleich­falls geringe Mengen. So­mit fehlt der Kostenanteil sozial Schwächerer beim Getränkever­brauch, während er in den sonstigen Verbrauchsmen­gen berücksich­tigt wird.

Die Entwicklung des Fleischverbrauches im Her­renberger Spital weicht von jenem des Weines deutlich ab. Dies hängt mit dem Umstand zusammen, daß in Herrenberg praktisch nur die Reichen Pfründner in den Genuß von Wein kamen, wohinhingegen auch Be­dienstete, Arme und Sieche Fleisch auf ihren Tel­lern fanden. Deshalb prägten aufge­nommene Reiche Pfründner dieses Ver­brauchsverhalten nicht mehr al­leine. Die Periodi­sierung läßt sich in­dessen gleich wie beim Weinver­brauch wählen. Durchschnittlich tischte der Herren­berger Spitalvater seinen Anvertrauten jedes Jahr 58 Zentner Fleisch auf. An­fangs war dies sogar noch deutlich mehr. Auch beim Verbrauch dieses Produktes zeigt sich der be­reits beim Wein beobachtete Abschwung im letzten Jahrzehnt des 16. Jahr­hunderts. Es schloß sich eine regelrechte De­pression seit 1596 an. Im Ge­gensatz zum Rebensaft blieb de­ren Nor­malniveau aber bis 1618 im wesentlichen erhal­ten. Ei­nem unvermittel­ten Boom auf 140 Prozent 1620 folgte ein langge­zogener Abschwung bis zum Wirksamwerden des Krieges, wäh­renddessen die Spitalbewoh­ner und deren Gäste meist weniger als 70 Pro­zent der normalen Fleisch­menge verspeisten. Auch beim Fleischkonsum brachte dann das Jahr 1635 den entscheidenden Ein­schnitt. Von da an gingen die Ver­brauchswerte schnell auf Null zurück.

Innerhalb eines Jahres war der wöchentliche Fleischverbrauch sehr un­terschiedlich. In der Fastenzeit wurde christlichem Selbstverständnis zufolge kein Fleisch konsumiert, während etwa in Festwochen und während der Erntezeit die Köchin mehr Fleisch im Spital briet oder kochte. Außerdem ist ein ständiger Wechsel bei der Anzahl der Spita­liten zu beob­achten, da einige starben, an­dere auf­genommen wurden.

An Getreide verbrauchte die Herrenberger Anstalt für die Er­nährung ihrer Kostgänger, wie in den bei­den anderen Spitälern auch, hauptsäch­lich Dinkel und Rog­gen. Etwa 12 Tonnen Dinkel und drei Tonnen Roggen sät­tigten sie jedes Jahr. Beim Getreidever­brauch zeichnen sich in etwa dieselben Perioden ab, wie beim Ver­brauch der elastisch nachgefrag­ten Güter, wenn auch die Amplituden weit weniger aus­geprägt sind. Die Depres­sion vor 1606 mit etwa 70 Prozent läßt sich indessen deutlich er­kennen. Während des langanhalten­den Booms vor dem Wirksamwerden des Krieges stiegen die Verbrauchs­mengen beim Dinkel um etwa ein Fünftel. Der bei den Luxusgütern be­obachtete Rückgang 1635 fiel zunächst wesentlich gemäßigter aus. Bis 1637 sank der Getreidekonsum lediglich auf knapp unter 70 Prozent. Dann aller­dings sanken die Werte weiter, nach 1640 unter ein Zehn­tel. Freilich wurden damit nicht mehr Insassen der Anstalt, sondern Externe versorgt. Als der Spital seit 1662 wie­der Menschen direkt verköstigte, blieben deren Zutei­lungen un­ter einem Fünftel. Daß auch der Herren­berger Spital Brot zu subventionierten Preisen aus­teilte, zeigt sich im Rechnungsbuch des Jahres 1662. Weil damals das Broth zimblich thewr gewesen, ließ das Stadtgericht den Hausarmen und Gmainen Leuth zum Besten Brot in nä­hen Preis khaufen.

Bei der Untersuchung des Verbrauchsverhaltens im Herrenber­ger Spital zeigte sich eine bei sämtli­chen Nah­rungsmitteln in etwa gemeinsame Entwicklung, da die Anzahl der Spita­liten alle Ver­brauchsdaten beein­flußte. Dabei er­gaben sich verschie­den hohe Ampli­tuden, weil sich die verstärkte Aufnahme von Rei­chen Pfründnern 1606, 1612, 1619 und 1625 weitaus stärker auf den Wein­konsum, als auf den Genuß ande­rer Waren aus­wirkte.

Die erste Periode bis 1595 kennzeichnet ein Abschwung auf das Ni­veau des Basisjahres. Dabei blieb der Fleischverbrauch, relativ zu den anderen Gütern gesehen, überdurch­schnittlich hoch. Der Schluß liegt nahe, daß damals die Anzahl der Reichen Pfründner, die mehr Fleisch bekamen, etwa im glei­chen Verhältnis wie jene der Gemeinen Pfründner und der Armen abnahm. Dafür spricht auch der Weinver­brauch, der in besonderem Maße von den ersteren abhing. Jene zählten zu Beginn des Un­tersuchungszeitraumes etwa zehn Perso­nen. Deren Ration belief sich auf jeweils etwa 458 Liter im Jahr, täglich also einein­viertel Liter. Freilich war dieses Quantum jedem indivi­duell zuge­messen. Während der er­sten Periode starben drei Reiche, welche die Spitalrechnungen als die Pfründner in eigenen Gemachen im Ge­gensatz zu den Pfründnern in der ge­meinen Stuben be­zeichnen. Der Wein­verbrauch der vier Gemeinen Pfründner ist beim Weinverbrauch nicht berücksichtigt, da dieser in späteren Rechnungsjahren nicht mehr auftauchte. Ihr Quantum scheint nach 1592, vermut­lich weil in jenen Jahren die Berechtigten starben, nicht mehr ausgeschenkt worden zu sein. Zunächst hatten sie in etwa halb soviel Rebensaft wie die Rei­chen zu be­anspruchen, 204 Liter je Person und Jahr. Ge­naues über den Fleischverbrauch der Pfründ­ner läßt sich auch nur insofern aussa­gen, als sie keine be­stimmte Fleischmenge, sondern einen Geldbetrag zum Fleischkauf zugewiesen bekamen, 56 Heller jede Wo­che. Vor der Jahrhundertwende verköstigte der Spi­tal etwa vier Sieche und 15 Arme[842]. Unter den Ar­men schei­nen sich fünf Kinder befunden zu haben. Jeder Arme, außer den Minderjährigen, bekam etwa 20 bis 21 Mal jährlich an den hohen Festen ein halbes Mas Wein. Für das Jahr 1599 sind an Personal in Herrenberg zwei Knechte, ein Bäcker und zwei Mägde genannt, also fünf Personen zusätzlich zum Spitalvater und seiner Frau. Nicht mit verkö­stigt wurde der auswärts logierende Waldbauer mit seiner Frau.

Anschließend stagnierte die Zahl Reicher Pfründner bei sechs. Das Verhältnis von Fleisch zu Wein schlug dann im Ba­sisjahr 1609 um. Der Wein gewann unverhältnismäßig an Bedeu­tung, wohingegen dem­gegenüber das Fleisch leicht zurücktrat. Aller­dings blieb der Fleisch­konsum nach wie vor über jenem des Ge­treides. Verantwort­lich für diese Entwick­lung war die Aufnahme von drei Reichen Pfründnern, deren Anwesenheit in Zukunft am stärk­sten den Weinver­brauch, so­dann den Fleischverbrauch und am wenig­sten den Getrei­dekonsum beeinflußte. Nach 1612 setzte sich der ra­sante Auf­schwung des Weinverbrauchs durch die Aufnahme dreier zusätzlicher Pfründner fort, begleitet von einem we­sentlich ab­geschwächten Boom des Fleischver­brauchs.

Eine Wende zwischen Fleischkonsum und Getrei­dekonsum brachte erst wieder die unmit­telbare Zeit vor dem Wirksamwerden des Krieges nach 1619. Gleich 1621 kam es damals zur Scherenbildung zwi­schen Fleisch- und Getreidever­brauch, vielleicht weil der Spital als Folge der dama­ligen Teuerung weniger Fleisch kaufte. Auch anschließend ver­brauchte die Herrenberger Anstalt über­durchschnittlich viel Getreide und unterdurch­schnittlich viel Fleisch. Während die Fleischreihe durch einen stetigen Ab­schwung gekennzeichnet ist, gip­felte sich die Ge­treidereihe zu einem Boom auf. Gleichzeitig erreichte auch der Wein­konsum seinen Höhepunkt mit verdoppelten Werten. Anscheinend suchten an­gesichts der Krise zunehmend Arme Hilfe im Spital. Alleine sieben Personen bewohnten damals das mitversorgte Gutleut­haus und 14 logierten in der Armenstube. Gleichzeitig erreichte auch die Anzahl Reicher Pfründner mit 15 Personen ihren absoluten Höhepunkt.

An Fleischgeld bezog jeder Reiche zehn Kreuzer, jeder Sieche oder Arme zwei Kreuzer je Woche. Das entsprach vor der Teuerung Fleischratio­nen von einem Pfund in der Woche für die Armen und von fünf Pfund für die Reichen. Während in den folgenden Jahren wie­der zwei Reiche Pfründner starben, nah­men die Stadtväter wei­terhin Arme und Sieche auf, so daß 1631 im Durchschnitt 17 Arme und acht bis neun Sieche, zusammen mit den Pfründnern 38 Personen, Unter­kunft und Verpflegung erhielten. Kriegs­bedingt nahmen die Ver­brauchswerte seit 1635 ab, bei Fleisch und Wein sehr abrupt, beim Dinkel eher konti­nuierlich. Damals leitete die Herrenberger Anstalt vermutlich Maßnahmen zur Kri­senbewältigung ein, ver­sorgte ihre In­sassen mit dem Le­bensnotwendigen und reduzierte den Verbrauch von elastisch zuteilbaren Gütern. Im Laufe des Jahres 1635 verlor sie dann einen wesentlichen Teil ihrer Klientel, alle Siechen und Armen. Damals be­schäftigte sie noch zwei Knechte, einen Bäcker, einen Koch und die Vieh­magd, also fünf Ehehalten. Ein Jahr später hielten ge­rade noch zwei Pfründner aus, die dann im Laufe des Jahres 1637 starben oder den Spital verließen. Weil er damals seinen eigenen Haus­halt auf­gab, ent­wickelten sich die Verbrauchswerte auf Null zu. Nur noch zwischen 1662 und 1668 nahm das Herrenberger Gericht im Untersuchungsz­eitraum Spitaliten auf. Weinausgaben und Fleischver­brauch werden für sie nicht genannt, sie wurden demzufolge nicht eingepfründet und ihr Ge­treideverbrauch lag bei höchstens einem Fünftel desjenigen der Ba­sisperiode.

Das Verbrauchsverhalten der Spitä­ler

Vergleicht man das Verbrauchsverhalten der drei untersuchten Spitäler miteinander, so zeigen sich einige Gemeinsamkeiten, aber auch einige deutliche Unterschiede. Gemeinsam war allen, daß der Dinkel als das Grundnahrungsmittel schlechthin bezeichnet werden kann, das lediglich in Form von Beimischungen durch Roggen ergänzt wurde. Andere Ge­treidesorten spielten bei der Ernährung praktisch keine Rolle. Das tägliche Mahl der Spi­taliten werden außerdem Hülsenfrüchte, Kraut, Rüben, Zwiebeln, Honig, Eier sowie Obst in verschiedener Form be­reichert haben. Bei den Getränken hingegen deuten sich einige ortsspe­zifische Eigenheiten an. Wein gab es in den beiden hohenber­gischen Spitä­lern und vor allem in Rottenburg praktisch für jeden Spitaliten. Als Luxusgut kennzeichnete das Ge­tränk aber auch dort der Umstand, daß es je nach sozialem Stand reiche oder arme Pfründner in unterschiedlichen Mengen zugemessen bekamen. In Her­renberg freilich war der Wein in weit höherem Maße ein begehrtes Luxusgut, das mehr und mehr den privile­gierten Reichen Pfründnern vorbehalten blieb.

  Versorgungsleistung der Spitäler  Versorgungsleistung der Spitäler 
  gerundete Werte  gerundete Werte 
  1599 – 1634 Rottenburg Horb a.N. Herrenberg  1651 – 1674 Rottenburg Horb a.N. Herrenberg 
  Wein  hl      370       100         50      Wein  hl      163        51          0     
  Fleisch Ztr    170       280         60      Fleisch Ztr     94       106          0     
  Getreide t     80        40         20      Getreide t     47        24          0     

Derartige soziale Unterschiede gab es in allen Spi­tälern. Wenn der Weinver­brauch unver­hältnismäßig gegenüber dem Getreide- und Fleischver­brauch zunahm, so ist dies stets mit ziemlicher Sicherheit eine Folge der Neuaufnahme von wohlhabenderen Pfründnern. Die­ser Personenkreis bekam in allen Anstalten deutlich mehr an elastisch nachgefragter Ver­pflegung als die Armen, vor allem mehr an Wein. Rottenburger Pfründner durften mit 1,54 Litern pro Tag rechnen, ebenso diejenigen in Horb[843], jene in Herrenberg vermutlich ledig­lich mit 1,25 Litern. Häufig besserte dieser Personenkreis seine Rationen durch vertraglich abgesi­cherte Zukäufe auf. Nur halb soviel bekam der Rottenburger Spitalva­ter samt den an seinem Tisch verpflegten Perso­nen zugeteilt. Das Gesinde und die Ärmeren schließlich mußten sich mit einem Viertel der Luxusration begnügen. Zu den Mengenunter­schieden kamen wohl auch Qualitätsunterschiede beim Wein zwischen den unterschiedlichen sozia­len Gruppen, welche allerdings nicht meßbar sind. Ob es auch qualitative Unterschiede beim Fleisch und beim Brot gab, läßt sich mit Hilfe der verwendeten Quellen nicht bele­gen.

Anhand der Versorgungsleistung läßt sich erkennen, daß die Rotten­burger Anstalt gegen­über den anderen auch dominierte, was die An­zahl Versorgter anbetrifft. Sie dürfte, ge­messen am Getreideverbrauch, etwa doppelt so viele Menschen wie jene in Horb und vier Mal so­viele wie jene in Herrenberg untergebracht und ernährt haben.

Was die Versorgung mit den unterschiedlichen Lebensmitteln in den einzelnen Spitälern angeht, so zeigen sich doch erhebliche Unter­schiede. Zu erwarten wären vielleicht die hö­heren Weinquoten in der Rottenburger Anstalt. Daß sie aber so deutlich ausfallen, ver­wundert doch. Während das Verhältnis von Getreide zu Wein in Horb und Herrenberg vor dem Wirksamwerden des Krieges bei 2,5 liegt, beträgt es in Rottenburg 4,6. Hier bekamen die Insassen also wesentlich mehr Rebensaft zu trinken. Erstaunlich ist aber vor allem, daß es in Horb wesentlich mehr Fleisch zu essen gab. Fragt sich nur, für wen. Dieser um das Dreifache höhere Fleischanteil als in Rottenburg ist keine Folge irgendwelcher Ergänzungsmetho­den, da die hohen Horber Werte aufgrund von Fleischkäufen errechnet werden konnten. Auch Verfälschungen durch ein­quartierte Soldaten, die sonst immer einzukal­kulieren sind, können in An­betracht des Zeitraumes als weniger domi­nant be­zeichnet werden. Vielleicht spielten aber Ver­pflegungsleistungen an Externe und an die verpflegten Handwerker in Horb eine Rolle. Österrei­chische Kommissare bemängelten ja gerade den Essensluxus, welchen sich Ratsmitglieder auf Kosten ihrer Anstalt leisteten. Nach Kriegsende blieben die Verhältnisse zwischen Horb und Rottenburg im Wesentli­chen erhalten, wobei der Weinanteil in beiden Anstalten leicht sank. Horb hatte immer noch den höheren Fleischverbrauch, der aber verhältnismäßig leicht auf das Zweieinhalb­fache gesunken war.

Von der Struktur ihrer Verpflegungsleistung her zeigen alle drei un­tersuchten Spitäler eine ähnliche Entwicklung. Dies äußert sich in ei­ner doch recht einheitlichen Periodisierung. In den zwei Jahrzehnten vor dem Wirksamwerden des Krieges traten viele Pfründner ein, Arme wurden in größerem Maße aufgenommen. Als deutliche Zäsur erwies sich das Jahr 1634, nach der Entscheidungsschlacht von Nördlingen, da anschließend die Ster­bequote dramatisch anstieg, die Anzahl Ver­sorgter entsprechend abnahm und die Versorgungslei­stungen zurückgin­gen. Vor al­lem die elastisch nachgefragten Produkte wurden seitdem in weitaus stärkerem Maße reduziert als etwa der Dinkel. Nach Kriegsende gab Herrenberg die Versorgung Bedürftiger und reicher Pfründner im Spital auf. In Rottenburg und Horb füllten sich die Stuben der Anstalten nach und nach wieder, wobei entweder ein hö­herer Anteil Armer unterkam oder aber die Pfründner geringere Lei­stungen beanspruchten. Vor allem die Fleisch­versorgung erreichte nicht mehr jenen Anteil, den sie vor dem Krieg ge­habt hatte.

XII. Die Ausgaben der Spitäler

Die vorliegende Arbeit ging von den Spitälern aus, deren Quellen in ihrem Mittelpunkt stehen. Eine Besitzgeschichte der drei behandelten Anstalten zeigte zu Beginn der Ausfüh­rungen die Grundlagen für ihr wirtschaftliches Handeln auf. Darauf folgte anhand dessel­ben Quellen­materials eine ausführliche Analyse der Rahmenbedingungen, in welche dieses Handeln eingebettet war. Ausdruck fand die wirtschaftliche Ent­wicklung in einem Ge­samtindex, der es ermöglicht, Geldbeträge preis­lich zu bereinigen. Mit seiner Hilfe konnte anschließend die Wirt­schaftsführung aller drei ausgewählten Spitäler dargestellt werden. Bis­her ging es dabei um die Struktur ihrer Einnahmen, um ihre Fähig­keit, Insassen zu ver­sorgen und um die Leistungen, welche diese Personen erhielten. Die Untersuchung der Spitalhaushalte soll nun durch eine Darstellung der Ausgabenseite und einen Vergleich zwi­schen Versorgungsleistung und Versorgungskapazität abgeschlossen wer­den.

Die Ausgaben des Horber Spitals

Die zwei wirtschaftlichen Gesichter des Horber Spitals – auf der einen Seite Versorgungs­anstalt, andererseits Wirtschaftsbetrieb – prägten auch seine Ausgabenstruktur. Kosten entstanden aufgrund entsprechend vielfältiger Aufgaben und Unternehmungen: für die Verwaltung, für das Personal, für Handwerker, für die Instandhaltung der Gebäude, für den Betrieb der Landwirtschaft, für die Versorgung der Spitaliten und für den Kauf von Nahrungsmitteln.

Laut seiner Stiftungsurkunde war der Horber Spital wie viele andere Anstalten von Steu­ern und dergleichen befreit. In diese Abgabenfrei­heit scheinen auch die Ortsherrschaften einbezogen gewesen zu sein, weshalb ihm deren Leistungen tatsächlich zugute kamen. Die Befreiung galt allerdings nicht für seinen gesamten Besitz, weshalb in Lagerbü­chern jeweils vermerkt wurde, welche Güter wie belastet waren. Steu­ern betrugen in aller Regel nur etwa vier Gulden, konnten allerdings während des Krieges zeitweise steigen, jedoch nicht erheblich, anders dagegen die Kontributionen und Schatzungen. Vor allem mit ihrer Hilfe schöpften der Landesherr und Okkupationstruppen die Finanz­kraft der An­stalt aus. Dabei belastete den Horber Spital sein Besitz in Altheim, welchen er erst während des Krieges erworben hatte, be­sonders stark. Sowohl der dortige Hof als auch die Mühle mußten er­hebliche Kontributi­onsteile entrichten. Vor allem deshalb verschlangen Steuern und Schatzungen in den mageren Kriegsjahren einen Anteil von bis zu 15 Prozent an den ge­samten Geld­ausgaben. Sonst waren es, vor dem Wirksam­werden des Krieges und nach Kriegsende, ledig­lich etwa fünf Prozent. Die Steuern und Schatzungen müssen deshalb ge­nauer unter die Lupe genommen wer­den, weil es sehr leicht mög­lich ist, daß die Kommune ihre soziale Einrichtung in beson­ders ho­hem Maße zur Entlastung des eigenen Budgets heranzog. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts hatte es in Horb nämlich bereits eine typische Verhaltensweise der städtischen Obrigkeit gegeben, die zu anderen Städten durchaus Par­allelen aufweist[844]. Zur Türkenschatzung ließen die Ratsherren, die sich meist aus den wohl­habenderen Schich­ten rekru­tierten, den Vorrat der Stadt einsetzen, das kombt aber al­lein den Reichen zuegueten und der Stadt zue Nachtail. Dan ain ar­mer Burger gibt etwa 5 Schilling oder 1 Pfund, da es dem Reichen 10, 20, 30 und mer Pfundt Heller betrifft, also gibt Stat die Schat­zung und die Reichen nichtz[845]. Tatsächlich leistete die Anstalt gerade während der schwersten Kriegsjahre so beträchtliche Beiträge zu Kon­tributionen und Schatzungen, daß an eine unverhält­nismäßige Inan­spruchnahme durch­aus zu denken ist. Besonders hohe Be­träge, teilweise über 1000 Gul­den, mußte sie in den Jahren 1636, 1639 und 1647 aufbrin­gen.

Für den Betrieb beider Teile des Spitals, sowohl der Versor­gungsanstalt als auch der Landwirtschaft, entstanden Verwaltungs­kosten. So mußten laufend etwa die Rechnungsbü­cher ge­führt werden, wofür der Spitalschreiber seinen Lohn erhielt. In einzelnen Jahren, etwa 1614/15, verteuerte sich die Verwaltungstätigkeit, wenn die Anstalt um Grundbesitz prozessierte oder wenn sie ihren Besitz in Güterbüchern verzeichnen ließ. Beispielsweise galt es in den 1660er Jahren ausstän­dige Zinsen gerichtlich einzutreiben[846]. Nor­malerweise blieben derartige Kosten aber unter 50 Gulden.

Erheblich mehr mußte da der Spital für sein Personal aufwenden, das einesteils die Spitali­ten versorgte, sich andernteils aber auch um die Spitalwirtschaft kümmerte. An Personal beschäftigte er meist etwa 14 Personen. Dazu gehörten: der Spitalmeister mit seiner Frau, der Kel­ler, vier Bauernknechte, ein Viehknecht, zwei Bäc­kerknechte, zwei Weingärtner, ein Waldknecht oder Waldvogt, die Köchin und eine Viehmagd[847]. Mit­unter wurden einige Bauernknechte als Fuhrleute be­zeichnet. Außerdem standen die beiden Spitalpfleger und der Stadt­schreiber auf der Ge­haltsliste. Am besten bezahlt war der Spitalmeister mit 30 Gulden, seiner Verantwortung für die gesamte Spitalwirtschaft entsprechend. Oberknechte hatten 20 Gul­den, Unter­knechte 12 Gulden zu beanspruchen, wobei es große Un­terschiede gab. Frauen erhielten we­sentlich weniger für ihre Arbeit als die Män­ner. Mägde verdien­ten etwa sechs bis sieben Gulden. Die Höhe der Löhne schwankte wäh­rend des gesamten Untersuchungszeitraums in hohem Maße, weshalb Lohnerhöhungen von diesen üblichen Differenzen nur schwer unter­scheidbar sind. Umgekehrt ist aber daraus zu schließen, daß die Er­höhungen nur eine relativ geringe Spanne betragen haben können. Dies mag mit dem Umstand zusammenhängen, daß alle Be­diensteten über ihren Lohn hinaus vom Spital versorgt wurden. Sie erhielten Unterkunft, Verpflegung und zum Teil sogar Kleidung ge­stellt. So be­kam der Oberknecht 1658 außer einem damals allerdings aus der Reihe fallen­den hohen Lohn von 28 Gulden zwei Gulden für Stiefel und 44 Kreuzer für Schuhe. Da die Anzahl der Bediensteten insge­samt relativ konstant blieb und sich auch die Höhe der Löhne für die meisten Bediensteten nicht we­sentlich änderte, blieben die Aufwen­dungen des Spitals in diesem Be­reich sehr einheitlich bei etwa 250 bis 300 Gul­den. Eine Ausnahme bilden die Jahre ab 1608, als er jährlich nur gerade 200 Gulden für sein Personal bezahlen mußte. Die meisten Personalaus­gaben entstanden zwischen 1628 und 1634 mit jährlich 300 Gulden. Anschei­nend war die Anstalt gerade in einer ex­pansiven Phase, gerade auch in Anbetracht der Gütererwerbungen in Altheim, als der Krieg dem ein Ende setzte. Es folgte eine kriegsbe­dingte Abnahme der Anzahl Beschäftigter, die zu einer Halbierung der entsprechenden Ko­sten führte. Im einzelnen spielten für diese Ab­nahme sowohl eine Re­duktion der Anzahl Bediensteter als auch Unregel­mäßigkeiten bei der Lohnzahlung eine Rolle. Nach Kriegsende mußten frühere Versäumnisse ausgeglichen werden. Dann blieben die Personalkosten auch weiterhin meist über 260 Gulden. Nach dem Krieg erreichten sie also bald wieder den Vorkriegsstand, wobei die Anzahl der Beschäftigten die frühere Stärke zumindest behielt. Deren Berufe deuten auf ein verstärktes Gewicht des Wirt­schaftsbetriebes hin, insbesondere bis zu vier festangestellte Weingärtner und zahlreiche weitere Knechte.

Der Horber Spital kaufte recht selten gewerbliche Produkte ein. An­scheinend ließ er sol­che Dinge des täglichen Bedarfs in aller Regel von Handwerkern direkt ausführen. Einige von ihnen verrichteten stän­dig ihre Aufträge in der Anstalt. Mit ihnen rechneten die Pfle­ger an den vier Fronfasten[848], also viermal jährlich, ab. Ihre Aufträge erteilten sie an jährlich etwa 20 Handwerker: Zimmerleute, Maurer, Schreiner, Küfer, Schmiede, Sattler, Wagner, Kupferschmiede, Hafner, Schlosser und Metzger. Es findet sich also das ganze Spektrum von Berufen, das für den landwirt­schaftlichen Bedarf und für die Instand­haltung von Ge­bäuden produ­zierte. Wesentlich mehr als die Personalausgaben beeinflußte die Teuerung im Untersu­chungszeitraum die Lohnkosten. Sie ließ diese während der Kipper- und Wip­perzeit auf zeitweise über 300 Gulden steigen. Ange­sichts der nach wie vor hohen Lohn­sätze muß der Rück­gang von Ar­beitsentgelten seit dem Wirksamwerden des Krieges auf meist unter ein Drittel dadurch verursacht worden sein, daß die Anstalt weniger Aufträge erteilte. Nach Kriegsende durften Horbs Hand­werker wieder mit Aufträ­gen im Umfang von über 150 Gulden jährlich rechnen. Weitere geringere Lohnkosten entstanden bei­spielsweise für die vier jährli­chen Großwäschen der Anstalt. Insge­samt mußten die Pfleger für Lohnkosten nach dem Krieg wesentlich weniger in die Tasche greifen als früher.

Der Spitalschreiber buchte indessen nicht alle Arbeitsentgelte als Lohnkosten. Neben der direkten Abrechnung mit den Handwerkern gab es noch die Möglichkeit, ihre Leistungen bei den Baumaßnahmen zu rubrizie­ren. Größere Beträge tauchen darin während des Untersuchungszeit­raumes in Horb indessen nicht auf. Ständige gering­fügige Kosten, selten mehr als 100 Gulden, deuten nur auf laufende Maßnahmen zur Instandhaltung hin, etwa auch für das Hebammen­haus[849]. Stiegen sie einmal über diesen Wert, so meist wegen Bau­maßnahmen in den Dörfern. Dort gab es, in erster Linie an den Pfarr- und Kirchengebäu­den aber auch an dem in Altheim gekauften Hof, immer wieder etwas zu tun. So errichte­ten Zimmerleute und Maurer 1629 den Wirtschaftshof, dessen Lie­genschaften sich die An­stalt in Altheim gekauft hatte. In Vollmaringen, wo sie als Inhaber der Kirchenherrschaft auch die Baulast mittragen mußte, fügten die Zimmerleute 1630 einen mittleren Stock im Pfarrhof ein und verdien­ten 1668 an einer mit erheblichem Aufwand herge­richteten Zehnt­scheuer. Gerade anhand der doch relativ gering blei­benden Baukosten zeigt sich, daß der Horber Spital wesentlich we­niger durch die Kriegsereignisse zu leiden hatte als die Anstal­ten in Rotten­burg und Herrenberg. Vor allem machte sich dabei bemerkbar, daß die Stadt von verheerenden Bränden verschont blieb. Demgegen­über entspricht es anderen Sym­ptomen der Kriegszeit, daß auf dem offenen Land um­fangreichere Schäden entstanden, die repa­riert werden mußten.

Von den auch während der Kriegsjahre erhaltenen städtischen Ein­richtungen aus konnten die Meister den umfang­reichen Wirtschaftsbe­trieb der Anstalt stets aufrechterhalten. Wie die meisten Spitäler im deutschen Südwe­sten kann auch der in Horb als landwirtschaftli­cher Großbetrieb gelten. Die eigene agrarische Produktion ertrug seinen Grundbedarf an Nahrungsmitteln und verschaffte ihm dadurch eine gewisse wirtschaftliche Autarkie. Dar­überhinaus konnte er in normalen Jahren sogar land­wirtschaftliche Erzeug­nisse in seinen mit dem Zeichen des Heiligen Geistes versehenen Säc­ken[850] verkaufen. Diese Ökonomie brachte, wie oben gesehen, umfangreiche Erträge, sie verursachte aber auch die meisten laufenden Kosten. Schon ein großer Teil der an­fangs behandelten Personalkosten und an­dere Lohnausgaben gehören dazu. Beispielsweise arbeiteten die vielen Knechte in erster Linie auf den Feldern und in den Ställen. Außer solchen fixen Kosten mußte der Meister je nach Saison immer wieder zusätzlich einzelne Arbeiten in der Landwirtschaft bezahlen. Er entlohnte Taglöhner, die Äcker und Wiesen bestellten, die Ernte einbrachten, Garben dro­schen und Stroh schnitten. Häufig griff er bei solchen Gelegenheiten auf Weingärtner zu­rück, welche die zusätzlichen Beschäfti­gungsmöglichkeiten oft in Anspruch nahmen. Nach Kriegsende dann, als ein Mangel an Arbei­tern herrschte, beschäftigten die Pfleger viele Ausländer, be­sonders Bayern und Schweizer[851]. Durch diese Aufträge an Taglöhner entstan­den erhebliche Kosten, mehr als die Hälfte davon beim Dre­schen, das meist gleichzeitig vier Männern mindestens einen Winter lang Arbeit gab. Diese Kosten betrugen anfangs etwa 100 Gulden, nach dem Rückkauf einiger Äcker von den Hohenschilt 1612 stieg der Auf­wand wieder beträchtlich. Inflationsbedingt vervierfachten sie sich in der Kipper- und Wipperzeit. Nach dem Wirksamwerden des Krieges sank dann diese Kostenart schnell wieder unter den Ausgangsbetrag, was mit drastisch schrumpfenden Erträgen ein­herging. Nach dem Krieg ließen sich die Pfleger ihre Landwirtschaft wieder etwa ein Drittel mehr kosten als in der ruhigen Vorkriegszeit. Gleichzeitig erhielten sie die Zahl ihrer Knechte, weshalb die Steigerung nicht etwa durch eine Verlagerung von zusätzli­chen Aufgaben auf die Taglöhner entstanden sein kann. Ähn­lich entwickelten sich die Kosten für die Bestel­lung der ei­genen Weingärten, die den Grenzwert von einem halben Hun­dert Gulden prak­tisch nur wäh­rend der zwei bedeutendsten Inflations­jahre überstiegen. Für die Bewirt­schaftung der eigenen Wäl­der, deren bedeutender Umfang im Rahmen der Besitzge­schichte geschildert wurde, mußte der Schreiber im Laufe des Krieges eine zusätzliche Ru­brik anlegen, weil dieser Zweig des Wirt­schaftsbetriebes damals enorm an Geltung ge­wann. Zunächst wandte der Spital lediglich etwa 50 Gulden für jene Holzhauer auf, die für ihn Bäume fällten und in die Stadt transportierten. Diese Arbeiten dürften zu einem Gut­teil in der nicht von Feldarbeit dominierten Jahreszeit geschehen sein und somit einer Reihe von Tagelöhnern weitere Einkünfte beschert haben. Seit der Inflationsperiode zahlte ih­nen der Meister doppelt so viel aus wie zuvor. Nach 1641 reduzierte er allerdings diese Gelder wieder, so­gar auf Beträge unterhalb jener der Vorkriegszeit, vermutlich ein­fach wegen eines abnehmenden Bedarfs. Nach Kriegsende kostete den Spi­tal seine eigene Holzversorgung wiederum etwa so viel wie anfangs. Allerdings hatte sich eine nachhaltige Veränderungen ergeben, die sich freilich nur außerhalb der genannten Rubrik nieder­schlug. Zur Eigen­versorgung trat eine auf den Verkauf orientierte Bewirtschaftung der Wälder hinzu.

Während des Krieges entstanden deshalb erheb­liche Kosten von etwa 200 Gulden, in ein­zelnen Jahren auch mehr als das Doppelte. Sie fielen seit 1639 durch den Betrieb einer ei­genen Säge­mühle und für das Zusammenstellen von großen Holz­flößen an. Städte am Neckar orderten dieses gebündelte Bau­material für den Wiederauf­bau zerstörter Häuser. Sie zahlten so gut, daß die Horber Anstalt leicht auch die recht teuren Flößer entlöhnen konnte. Sechs von ih­nen waren im Jahr 1639 neun Tage lang mit ei­nem Floß nach Stutt­gart unterwegs, wofür jeder täglich 76 Kreuzer verdiente. Auch noch nach Kriegsende betä­tigte sich der Horber Spital längere Zeit sehr erfolgreich in diesem neuen Wirtschaftszweig, dies hatte eine Zunahme von Ausgaben für seine Ökonomie zur Folge.

Zum Bereich des Wirtschaftsbetriebes gehörte auch die Viehwirtschaft. Ihr Um­fang ist ein Indikator für das jeweilige Gewicht der Landwirt­schaft im Spital. Für das Jahr 1607 ist der genaue Bestand seines Viehs bekannt[852]. Damals standen fünf Zugpferde, 12 Milchkühe und 17 weitere Stück Großvieh im Stall. In speziellen Schweineställen gab es 29 Tiere. Genaue Auskünfte über den Viehbestand geben dann erst wieder die Fleischrechnungen der 1670er Jahre, wobei allerdings als Grundlage für deren Weide auch auswärtige Grünflä­chen in Salzstet­ten, Ihlingen und, besonders was die Schafe angeht, Altheim, in Frage ka­men. In die folgende Tabelle nicht mit aufgenommen wurden Jung­tiere, welche der Mei­ster entweder wieder verkaufen, oder für den ei­genen Bedarf schlachten ließ. Deren Zahl war mit bis zu zehn Saug­kälbern und an die zwanzig Ferkeln so groß, daß von ei­ner regelrech­ten Viehzucht zur Fleischversorgung gesprochen werden kann. Auf den Märkten in Balingen und Hechingen ließen die Pfleger demgegenüber recht häufig neue Tiere kau­fen, eine besonders große Anzahl in Jah­ren wie 1611/12, als viele anbrüchig geworden wa­ren und notge­schlachtet werden mußten. Auch junge Fohlen zogen die Knechte zeitweise auf. Einige von ihnen taten bei der Aufzucht allerdings auch mitunter zu viel des Guten. Ein Viehknecht fütterte dem ihm anver­trauten Vieh gedroschenes Korn, als die Drescher gerade nicht hinsa­hen, was seine Vorgesetzten als Vergehen ahndeten[853]. Andererseits kann in der Verhaltensweise des Mannes auch so etwas wie Freude am Gedeihen der ihm anver­trauten Tiere mitschwingen. Von der auf­merksamen Pflege des kostbaren Be­standes zeu­gen auch häufige Ko­sten für den Tierarzt und die immer wieder erwähnten Käufe etwa von Enzian und anderer Arznei für die Gesundheit des Viehs.

Insbesondere am Gedeihen einer bestimmten Tierart hatten auch die Spitaloberen ein ganz besonderes Interesse. Wußten sie doch, daß sie ihre Landwirt­schaft ohne Zugvieh nicht in vollem Umfang betreiben konnten. Zugvieh stellte im Untersuchungszeitraum einen wesentlichen Faktor für das Gedeihen der Ökonomie dar. Am effektivsten dabei wa­ren die Pferde. Ihnen scheint frei­lich eher zuviel als zuwenig des Guten getan worden zu sein. Zumin­dest was den Bestand angeht. So erhoben Zeugen 1607 Klage. Nicht nur, daß die Pfleger das Zugvieh mitunter privat einsetzten. Vor allem bemängelten sie, daß der Spital an acht Rossen genug gehabt hätte, wehre aber ain Unordnung ge­wesen, daß man eylf Roß gehalten und jedem die Wochen 1 Malter Habern gege­ben[854]. Gemessen am deren ge­samtem Haferkonsum er­scheinen die Angaben allerdings übertrieben, zumindest belegen Zahlen vom Ende des Untersuchungszeitraumes, daß jedes Tier nur etwa 20 Malter zu fressen bekam.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, daß die Anstalt ihr Zug­vieh nachweislich auch auf die Weide trieb und ihm Heu fütterte, weshalb der in der Zeugenaussage genannte hohe Ver­brauchswert von einem Malter je Woche aufs Jahr gesehen durchaus niedriger sein konnte. Unter dieser Voraussetzung deutet bis zum Wirk­samwerden des Krieges der Haferverbrauch auf einen Be­stand von acht bis zehn Pferden hin. Während des Krieges raubten immer wie­der Soldaten das wertvolle Vieh, vor allem, wenn es nicht rechtzeitig gelang, mit Roß und Ochsen nacher Stuetgardt. Tübingen oder Hechingen zu fliehen, was freilich jedes Mal immens hohe Aus­gaben verur­sachte[855]. Während der heißen Kriegsphase ist nur noch mit durch­schnittlich zwei Pferden zu rechnen. Nach Kriegsende scheint die Anstalt den Vorkriegsbestand prak­tisch sofort wieder angeschafft und auf zehn bis zwölf aufgestockt zu haben. Daß auch Ochsen zum Zug eingesetzt wurden, geht aus der oben zi­tierten Aufzählung der nach Stuttgart geflüchteten Tiere hervor. Insgesamt deutet der Vieh­bestand nach dem Krieg deutlich darauf hin, daß die Anstalt ihre früheren Kapazitä­ten zum Betrieb umfangreicher landwirtschaftlicher Güter zumindest wieder erreichen, vermutlich sogar ausbauen wollte.

Viehbestand des Horber Spitals         
              1669 1671 1672 1673 1674
 Melkkühe       8    9   11   12   10 
 Kuhkälber      5    4    4    6    8 
 Saugkälber              (8)   1      
 Mastrinder     1    1                
 Wucherrinder        5    6           
 Stierlein           1    2    1      
 Maststiere               1           
 Rinder                         7   11 
 Alte Hagen     3              6    4 
 Hagenkälber    5    2    2         4 
 Zugrosse       8   10   10   11   12 
 Fohlen         4                     
 Schweine      11   11   10    8   13 
 Mastschweine             8    1    1 
 Ferkel         8    9  (17) (19)  10 
 Leithammel     4         1    1      
 Böcke          1    1    2   (3)   3 
 Schafe               4   16   16  (51)
 Lämmer                  19  (39)     

Während die bisher genannten hohen Kostenfaktoren vor allem für die Exi­stenz des Spi­tals als Wirtschaftsbetrieb bedeutsam waren, kamen den eigentlichen sozialen Aufgaben zunächst wesentlich geringere Geldbe­träge zugute. Sozial Schwache, Kranke, Kinder und Arme emp­fingen in diesem Rahmen direkte Unterstützungen, oft in Form von Na­turalleistungen sowie als Übernahme von Arzt- und Bestattungsko­sten. Bei­spielsweise trug die Anstalt die Arztkosten von immerhin fünf Gulden, als ein Eber das Weib eines gewis­sen Onimus Marx gebis­sen[856]. Allerdings könnte es sich dabei auch um ein schuldhaftes Vergehen eines Spitalschweines gehandelt haben, dann wäre die Aus­gabe nicht so sehr als soziale Leistung, sondern vielmehr als Pflicht­ausgabe des Tierhalters zu werten. Wie um die Situation der Leben­den, so kümmerte sich die Anstalt auch um jene der Toten. Geld erhielten beispielsweise die Angehöri­gen Verstorbener, wenn sie für die Beerdigung nicht selbst aufkommen konnten. Auffällig oft finden sich darunter Zuschüsse zu den Kosten für die Totenbäume… armer Bu­ben. Insgesamt betrugen die Sozialkosten anfangs jährlich knapp 100 Gulden. Nach 1614 stiegen sie an und verdoppelten sich dann wäh­rend der Teuerungskrise der Kipper- und Wipperzeit. Anschließend sanken sie stetig, wobei die heiße Kriegs­phase einen absoluten Tiefst­stand brachte. Vor allem nach dem Kriegsende reduzierte die Anstalt die Kosten für ihren eigentlichen sozialen Auftrag erheblich. Wenn sie nominell auch noch halb so viel wie ursprünglich ausgab, so floß davon doch ein we­sentlicher Teil anderen Aufgaben zu, etwa durch die Vergabe von Stipendien an Bürger­söhne. Gerade auf diese Ziel­gruppe verlagerten die Verantwortlichen einen größeren Teil ihrer Zu­wendungen. Einem Studenten etwa, der krank in Konstanz lag, schickte der Spital Geld[857]. Beanspruchten nach dem Krieg nur noch so wenige Arme die Gaben ihrer Sozial­anstalt, daß diese übrige Mittel umverteilen konnte? Besonders die Entwicklung der Aus­gaben deutet darauf hin, daß der soziale Auftrag nach dem Krieg nicht mehr den Stellen­wert hatte, wie früher. Doch wäre eine solche Schlußfolgerung zu früh gezogen, wenn in sie nicht auch die indirekt in den Versor­gungsbereich fließenden Aufwendungen einbezogen würden.

In erster Linie vom sozialen Auftrag geprägt waren zum Beispiel auch die Aufwen­dungen des Horber Spitals zum Kauf von Lebensmitteln. Vor der Kipper- und Wipperzeit schwankten diese erheblichen Ko­sten um Beträge von etwa 1000 Gulden. Die Köchin bes­tritt davon ihren öfters wiederkehrenden Bedarf an kleineren Mengen von Pfeffer, Zimt, Muskat, Wacholder­beeren, Zitronen, Rosinen, Mandeln, Mandelreis, Honig, Zucker, ein­gedicktem Holun­dersaft, Bier, Branntwein, Essig, Kraut, Rüben, Zwiebeln, frischem und gedörrtem Obst, Tauben, Wild­bret und Fisch. Von letzterem werden an Arten Aale, Bar­ben, Forel­len, Grundeln, Hechte, Heringe, Karpfen sowie Stockfische genannt. Auch Schweineschmalz, Milchschmalz, Butter, Käse, Fleisch, Hülsen­früchte, Wein und verschie­dene Getreidesorten mußten immer wieder ei­gene Erträge ergänzen. Die Teuerung ließ entsprechende Kosten in ungünstigen Jahren auf doppelte Werte emporschnellen. Es folgte ein rascher Rückgang während der heißen Kriegsphase, wo­bei die Käufe meist auf die Hälfte des Wertes in der Basisperiode sanken. An­schließend kaufte der Horber Spital nie mehr so teuer ein, meist so­gar nur noch für 200 bis 400 Gulden. Während des Krieges nahmen also zumindest die finanziellen Aufwendungen für die Verpflegung der im Spital ernährten Personen ab und sie blieben anschließend wesent­lich geringer als früher. Auch dieser Umstand deutet auf ein redu­ziertes Gewicht des sozialen Auftrages hin.

Die Käufe von Lebensmitteln verschlangen insgesamt große Anteile des Budgets der Hor­ber Anstalt. Größere Beträge flossen mitunter auch in den Erwerb von Vermögenswerten. Allerdings konnte der Horber Spital Geld für solche Investitionen nur dann freisetzen, wenn günstige Umstände dies erlaubten. Insofern sind Immobilien- und Zinskäufe stets auch als Symptom für seine Prosperität zu werten. In größerem Umfang konnte er sich sol­che Ausgaben noch vor dem Wirk­samwerden des Krieges leisten. Dabei machten sich zunächst Aufwendun­gen für die Rückkäufe ehemals veräußerter Äcker bemerkbar, zu wel­chen österreichische Kommissare die Anstalt ver­pflichtet hatten. Später kaufte sie sich in Altheim einen Hof (1626) und die Mühle (1630), letztere um 2800 Gulden. Nach dem Ende des Krieges investierten die Pfleger wesentlich größere Beträge in das Darlehensge­schäft als in den Grundstückser­werb. Immerhin über ein Fünftel aller ausge­gebenen Gelder flossen damals in Kredite. Mit dem Tätigkeitsfeld heutiger Banken vergleichbar ist dieser Aspekt der Spi­talwirtschaft, dessen Anteil nach dem Krieg expandierte. Dies ist ei­ner jener Ausgabenposten, die also relativ zunahmen, während sich die Anstalt soziale Aufgaben weniger kosten ließ.

Geldausgaben des Horber Spitals        
PeriodeAusga-Abga-LöhneGuts- Vermö-Käufe
      ben   ben     betriebgen       
1607-21  3139 301 852  227   635 1124
1622-26  4789 2211283  576  1287 1422
1627-34  2656 166 932  374   538  646
1635-41  2272 294 766  383   177  651
1642-50  1561 262 595  276   115  313
1651-74  1839  81 792  272   407  287

Bei der Höhe der gesamten Geldausgaben zeichnet sich ein gewaltiger Einbruch ab. Am meisten gaben die Spitalverwalter am Beginn des Untersu­chungszeitraumes aus. Wenn seit der Kipper- und Wipperkrise die Kosten nominell auch weiter stiegen, so machten sich be­reits da­mals deutliche Anzeichen für eine Rezession bemerkbar. Die Teue­rungskrise der 1620er Jahre erscheint denn auch als Beginn einer nachhaltigen Depression, welche sich während der heißen Phase des Krieges fort­setzte und die zu einer realen Abnahme aller Spitalausga­ben um zwei Drittel führte. Dabei bedeutet der Rückgang der Kosten gleichzei­tig eine erhebliche Leistungsverminderung, da er sich im Versorgungsbe­reich überpropor­tional bemerkbar machte. Nach Kriegs­ende blieben die realen Ausgaben weiterhin erheb­lich unter jenen der Basisperiode, ins­gesamt nur etwa halb so hoch. Wiederum ging dies in erster Linie auf Kosten des Versorgungsbereiches. Während einer­seits nämlich, wie oben ge­zeigt, bald wieder umfangreiches Personal mit zum Teil mehr Zugvieh als früher den spi­talischen Wirtschaftsbe­trieb neu aufbaute und im Bereich der Holzwirtschaft sogar zusätzli­che Tätigkeitsfelder erschloß, andere wie das Darlehensgeschäft offen­sichtlich ausbaute, schrumpften auf der anderen Seite Ausgaben für die Versorgung sozial Schwa­cher.

Die direkten sozialen Kosten nahmen ab und gleichzeitig gingen die einst vor allem den Spitaliten zugute kommenden Lebensmittelkäufe zurück. Diesen Trend bestätigt eine grobe Betrachtung der Versor­gungsleistung des Horber Spitals. Seine Aufwendun­gen an Geld und an den wichtigsten Nahrungsmitteln halbierten sich sowohl nominell als auch real. Der Zusammensetzung nach kippte das Vor­kriegsverhältnis, bei dem Geldausgaben 40 Prozent aller Aufwendungen ausgemacht hatten, gerade um, so daß sie seit 1641 mit 60 Prozent dominierten. Enstprechend sanken die Aufwendungen zur Natu­ralversorgung trotz der zurückgehenden Geldausgaben auch anteilsmäßig erheblich. Insge­samt sank die Ver­sorgungsleistung also überproportional.

Aus all diesem läßt sich deutlich ablesen, daß sich die soziale und wirtschaftliche Struktur der Anstalt durch den Krieg nachhaltig än­derte. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges schränkte der Horber Spital die Versorgungsaufgaben zu­gunsten der Verwaltungs- und Wirtschaftstätigkeit stark ein. Dies bestätigt auch eine Gegen­überstellung von Versor­gungsleistung und Versorgungskapazität, sofern Vermögensgeschäfte unberücksichtigt bleiben.

Die Versorgungsleistung des Horber Spitals 
PeriodeVersor-Geldaus- Wert des Verbrauchs  
       gung  gaben GetreideFleischWein
1607-21  5262  2237   1268   1311 446
1622-26  9498  3629   2307   2583 980
1627-34  5171  2135   1456   1271 308
1635-41  4312  1750   1781    357 424
1642-50  2141  1312    487    255  88
1651-74  2669  1596    481    432 160

Seit dem Krieg entwickelten sich die beiden preisbereinigten Reihen erheblich auseinan­der. Die Anstalt hätte beginnend mit den 1640er Jahren ihre Leistung theoretisch verdop­peln können, demgegenüber er­brachte sie verhältnismäßig sogar weniger. Es kam also zu einer weit­gehenden Freisetzung und Umschichtung der Mittel. Dies ermöglichte vermut­lich ein exogener Faktor. Mit der Zahl der Men­schen und mit einer vor allem Arbeitern zugute kommenden Verbesserung der Le­bensverhältnisse dürfte sich die Anzahl jener, welche in der Fürsor­geanstalt nach Hilfe suchten, in größtem Maßstab verrin­gert haben. Der Krieg hätte demnach in Horb die sozialen Probleme des begin­nenden 17. Jahrhun­derts auf makaberste Weise beseitigt.

Ausgaben des Rottenburger Spitals

Auch die Geldausgaben des Rottenburger Spitals prägten deutlich seine bei­den wichtigsten Betätigungsfelder, die Versorgung der Spitali­ten und der eigene Wirtschaftsbetrieb. Gering blieben demgegenüber Abgaben an die Herrschaft sowie jene Beträge, welche die Anstalt an Zinsen und Gülten zu leisten hatte.

Als Abgaben belasteten ihn vor allem Steuern und Schatzungen. Zwar befreiten herr­schaftliche Privilegien, welche österreichi­sche Erzherzöge zur Zeit der Gründung ausstell­ten, die Anstalt grund­sätzlich von Steuern, jedoch galt diese Steuerfreiheit nicht für ihre Höfe in den Flecken, also nicht für den Wendelsheimer Hof und nicht für die Wiesen in Seebronn. Bei den Abgaben für diese Immobilien domi­nierten ein­deutig die Schatzungen und Anlagen. Steuern hingegen konnte die Herrschaft, besonders seit dem Jahr 1573, kaum noch zur Vermehrung ihrer Einkünfte einsetzen, da die schwäbisch-österreichi­schen Land­stände das Selbstbesteuerungsrecht erworben hatten[858]. Für Steuern gab der Spital deshalb bis zum Kriegsende jährlich konstant nur etwa zehn Gul­den aus, danach regel­mäßig nur noch ein Füntel davon. Anlagen und Schatzungen trugen im Untersuchungszeit­raum einen extraordi­nari Charakter, der zu ihrer Notierung neben den nor­malen Steuern führte. In den Rechnungsbüchern des 16. Jahr­hunderts handelte es sich dabei zunächst vor allem um die Türken­hilfe[859], zu der die Anstalt etwa 30 Gulden beitrug. Während des Dreißigjährigen Krieges sollten Anlagen und Schatzungen dann neue Ansprüche befriedi­gen, welche das Kriegsgeschehen diktierte. Einen Einschnitt kennzeichnet dabei die An­kunft schwedischer Truppen 1632. Seitdem kosteten die Schatzungen und Kontributionen so viel, daß der Spital bis 1639 einen ganzen Jahreshaushalt – 3468 Gulden – durch sie ver­lor. Durch­schnittlich stieg ihre Bedeutung damals auf über 500 Gulden. Annä­hernd ein Zehntel aller Geldausgaben jeden Jahres ko­steten die Anstalt während der heißen Kriegs­phase solche Anlagen, welche zum großen Teil freilich nicht etwa dem schwedischen Feind, sondern vielmehr befreundeten Truppen des Kaisers oder der Liga, später auch den Fran­zosen, zugute kamen. Ab 1640 blieben die Schatzungen zwar im­mer noch wesentlich be­deutender als die regulären Steuern, sanken indessen nach und nach unter 100 Gulden. Als sich gegen Ende des Krieges französische Truppen der Stadt bemächtigten, verdoppelten sie sich allerdings wieder, ja bei Kriegsende so­gar auf die alten Höchstwerte. Erst am 2. Februar 1653 waren die unmittel­baren Leistungen wegen des Dreißigjährigen Krieges abge­schlossen[860]. Entsprechend sanken die in dieser Rubrik verbuchten Ausgaben. Erst wieder der Holländische Konflikt am Ende des Untersu­chungszeitraumes verlangte den Untertanen und dem Spital erneut außerordentliche Gelder ab.

Regelmäßig und sehr konstant belasteten den Spital auch ewige Zinsen und Gülten. Sie hat­ten allerdings für seine Ausgaben­seite keine we­sentliche Bedeutung, weil sie sich meist auf etwa 20 Gulden be­schränkten, nach Kriegsende gar nur noch halb so viel betrugen. Hin­gegen gewannen jene Zinsen, welche die Anstalt in einzelnen Peri­oden für entliehenes Kapital aufbrachte, einiges an Gewicht. Freilich wuchsen solche Schuldverpflichtungen keinesfalls beängstigend und ver­blaßten stets weit hinter den von der Anstalt für verlie­henes Kapital beanspruchten Zinsen. Bei einer seinerzeit üblichen Verzinsung von fünf Pro­zent hatte der Spital nur 1606/07 sowie nach 1615 bis zum Be­ginn der Kipper- und Wipperzeit mehr als 2000 Gulden entliehen, sonst höchstens halb so viel. Meist rechtfertig­ten be­sondere Aufwen­dungen die Schuldenaufnahme. So verursachten eines­teils der Bau­boom um die Jahrhundertwende, als Zehntscheuer, Badstube und ein Kelter­baum neu ent­standen, andern­teils Engpässe in der Nahrungsmittelpro­duktion und damit verbunden größere Lebensmittelkäufe die Liquidi­tätskrise der Anstalt. Kredite be­schafften die Pfleger seinerzeit in er­ster Linie bei der Stadt und bei einzelnen Ratsherren. Dieses Verhält­nis zwischen Kreditgeber und Kre­ditnehmer sollte sich während des Dreißigjährigen Krieges umkehren, an dessen Ende die Anstalt ihre meisten Ausstände bei der Stadt zu fordern hatte. Es ist sicherlich als Erfolg der im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts in Rotten­burg tätigen österreichischen Untersuchungskommission zu werten, daß sie sich noch wäh­rend dieses Dezenniums vollständig entschulden konnte. Seitdem galt das Bemühen der Verwaltung stets baldiger Rückzahlung. Entsprechend hohe Beträge finden sich damals bei den vermögens­wirksamen Ausgaben, speziell den Gültablösungen. Die Geldentwertung der Kipper- und Wipperzeit nutzten des Spitals Pfleger, um die ab 1615 wieder ange­schwollenen Schulden zurückzube­zahlen. Das trieb die vermögenswirksamen Ausgaben freilich kurzfristig in die Höhe, damals alleine um 1550 Gulden. So konnte der Pfleger vor dem Wirksamwer­den des Krieges melden, daß die Anstalt schuldenfrei sei. Am ehesten läßt sich diese vorteilhafte Entwicklung mit Wilhelm Abels Theorie von der Prosperität des Großbetriebes in Inflationszeiten[861] er­klären: der Spital profitierte in den 1620er Jahren vom hohen Wert seiner Natu­ralerträge. Die heiße Phase des Krieges stoppte diese günstige Ent­wicklung allerdings wieder. Enorme Kon­tributionen zwangen zur Auf­nahme neuer Kre­dite. Der Zustand ver­schlimmerte sich noch während der 1640er Jahre. Schließlich scheint der Spital nicht einmal mehr sei­nen Schuldver­pflichtungen gänzlich nachgekom­men zu sein: von 663 Gulden fälliger Zinsen zwischen 1636 und 1639 bezahlte er nur ein Sechstel. Umgekehrt vermehrten sich seine beanspruchten Restanzen seinerzeit dra­matisch. Zah­lungsschwierigkeiten waren allem Anschein nach ein zeittypisches Phänomen. Geradezu sensationell sind angesichts dessen die Entschul­dungsaktionen seit dem Ende des Krieges. Von den 4460 Gulden, die damals das Schuldenkonto des Spitals belaste­ten, blieb nach acht Jahren le­diglich ein knappes Zehntel übrig! Da­nach betrugen die Zinsen nur noch etwa 20 Gulden jährlich. Es ge­lang also sehr rasch, die durch Kriegslasten verur­sachten Schulden abzubauen. Gleichzeitig deutet die­ser Umstand darauf hin, daß die Ver­walter Schulden vermeiden wollten und daß andererseits der Guts­betrieb genügend Mittel zur Entschuldung freisetzte; und dies ange­sichts anderer Aufbauleistungen, die es unmit­telbar nach Kriegsende zu erbringen galt.

Zur Aufnahme von Schulden konnte die Anstalt in ein­zelnen Jahren auch der Erwerb von Vermögenswerten zwingen. Investi­tionsmittel dürfte er vor allem während des 16. Jahr­hunderts zur Verfügung ge­habt haben, sofern Wilhelm Abels Überlegungen zur Ren­tabilität der Grundrenten richtig sind[862]. Grundsätzlich kamen zwei Möglichkeiten für Inve­stitionen in Betracht. Einmal ließ sich in Zins- und Gült­rechte[863] investieren, also in das Kreditgeschäft. Dabei über­nahm der Spital die Funktion einer Darlehenskasse. Zum ande­ren ka­men regel­rechte Immobiliengeschäfte in Frage. Bei den Zins- und Gültkäufen er­hielt der Schuld­ner einen bestimmten Geld­betrag, das Hauptgut. Er sei­nerseits hatte dafür der Anstalt einen festen jährlichen Betrag zu entrichten, meist fünf Prozent vom Hauptgut, eben den Zins[864]. Gült­rechte beruhten allerdings auch häufig auf einer Schenkung und hat­ten dann einen anderen Charakter. Sie war in solchen Fällen meist an eine Immobilie, ein Haus oder ein Grundstück, gebunden und nicht rück­zahlbar. Das heißt, daß sich die Stifter dauerhaftes Seelen­heil durch die ewige Existenz ihrer Stiftung sichern wollten[865]. Die Zins- und Gültkäufe weisen eine zweigipflige Entwicklung auf. Einem Boom zwi­schen der Kip­per- und Wipperzeit sowie dem Wirksamwer­den des Krieges[866], als die Pfle­ger innerhalb von neun Berichtsjahren über 9000 Gulden anlegten, folgte bei Kriegsende ein zweiter, gerin­gerer von über 2000 Gulden in 13 Berichtsjahren. Möglicherweise veranlaßten die Teuerungen der Kipper- und Wipperzeit verschiedene Kunden zur Kreditaufnahme. Al­leine 1622 entliehen die Gemeinden Grosselfingen, Stein, Sickingen und Bechtoldsweiler zusammen 1800 Gulden bei der Rottenburger Anstalt[867].

Als Pendant zu Investitionen in das Kreditgeschäft kamen solche in Immobilien in Frage. Umfangrei­chere Güter kaufte die Rottenburger Anstalt, vor allem im 16. Jahr­hundert. Damals scheinen sich auch an­dernorts den großen sozialen Institutionen der Städte gün­stige Investi­tionsgelegenheiten geboten zu haben[868]. So wie beim Biberacher Spital ist auch für den Rotten­burger das 16. Jahrhundert die Schlüsselperi­ode was den Erwerb von Grundstücken anbelangt[869]. Vor und wäh­rend des Dreißigjährigen Krieges hinge­gen stan­den Zins- und Gültkäufe im Vordergrund[870]. Dies dürfte ange­sichts des Bevölkerungs­wachstums im 16. und zu Beginn des 17. Jahrhunderts an einer Verknappung der zum Ver­kauf angebotenen Gü­ter liegen. Möglicherweise stellten Zins- und Gültrechte auch eine be­quemere Anlageform dar, weil sie einen wesentlich geringeren Verwal­tungsaufwand als eigene Güter erforderten und keinerlei eigene Be­wirtschaftung nötig machten. Nach Kriegsende deutet sich wieder ein verstärktes Interesse an Immobilien an. Die Booms der Güterkäufe fallen dabei in Depressions­phasen bei den Zinskäufen. Deshalb entwic­kelte sich die Investitionsquote insgesamt doch recht konstant. Nimmt man beide Arten für Vermögenskäufe zusammen, so zeichnet sich während des Un­tersuchungszeitraumes ein deutlich fallender Trend ab. Während an­fangs noch ein Fünftel bis ein Viertel aller Geld­ausgaben in Vermö­genswerte flossen, verminderte das Wirk­samwerden der Kriegsereig­nisse diese Quote schlagartig auf unter fünf Prozent. Während der kom­menden Jahre mußte die Ver­waltung ihre Finanzmittel einsetzen, um die Versorgungsleistung der Anstalt auf­rechtzuerhalten und gleichzeitig die erzwungenen Kriegslasten zu tra­gen. Überschüsse für die Vermö­gensbildung standen deshalb nicht mehr zur Ver­fügung. Aber selbst nach­dem das Ende des Krieges Mittel freisetzte, gab es Dringenderes zu tun. Zum Beispiel kümmerten sich die Pfleger um den Schuldenabbau. Bis zum Ende des Untersuchungszeit­raumes blieb die Investiti­onsquote deswegen ge­ringer als zu Beginn. Weil dem Spital Inve­stitionen nur möglich wa­ren, sofern er seine sonstigen Auf­gaben erfüllen konnte, ist deren Umfang auch ein Indikator für die Versorgungskapazität. Freie Investitionsmit­tel bedeuten also auch, daß seine Kapazität nicht aus­gelastet war. Geringe Investiti­onsquoten wie nach dem Wirksamwerden des Krieges und nach 1671 lassen hingegen eine angespannte Versor­gungslage vermuten. Solche Engpässe gab es aber insgesamt sehr sel­ten.

Die Lohnkosten kamen zu einem geringeren Teil der Versorgung von Spitaliten und in größerem Maße dem Wirtschaftsbetrieb der Anstalt zugute. Unter dieser Bezeichnung sind die Entgelte der Bediensteten, Handwerker, Holzhauer und Erntehelfer zusammengefaßt. Sehr viel Geld kosteten stets die eigenen Bediensteten: Spitalvater, Hai­scher, Keller, Ober- und Unterbäcker, Obermeister, zwei Ober- und zwei Unterknechte, ein Ober- und bis zu vier Unterwengerter, der Wald­schütze in Seebronn, die Köchin, eine bis zwei Obermägde, bis zu vier Unter- oder Viehmägde, ein Futterknecht, ein Fohlenknecht, der Viehhirt, ein Zehnt- und Weinzehnteinzieher, die Schaff­nerin und der Kalbbube. Insgesamt meist an die 20 Personen fanden in der Rot­tenburger Anstalt eine dauernde Anstellung. Entsprechende Zahlen er­fuhr auch eine österreichische Untersuchungskommission, die 1604 in der Stadt weilte: aufs wenigist 23 Ehehalten seien es, so ordinariter erhalten werden, sambt Vater und Mueter wie auch dem Keller[871]; an Knecht zehne samt den Megden und allerlay Gesindt möch­ten unge­ver 20 sein, darüber nit[872]. Seit 1671 kam das Personal der Distel­mühle hinzu: der Müller, ein Knecht und ein Fuhrknecht. Außerdem stand der Latei­nische Schulmeister auf derselben Besoldungsliste. Zu­sätzlich beanspruchten die beiden Pfleger und der Schreiber ihre Ho­norare. Der Rekrutierungsraum für dieses Personal umfaßte die ge­samte Region, katholische und evangelische Territorien gleichermaßen. Knechte stammten aus Oberwiel­zingen bei Münsingen, Metzingen oder Mötzingen, Zwiefalten, Vöhringen bei Sulz oder Veringen bei Sigmarin­gen, Gammertingen, Melchingen, Haigerloch, Balingen, Ostdorf, Remmings­heim, Breitenholz, Tailfingen bei Herrenberg oder Albstadt, Hechingen, Bierin­gen, Kiebingen, Hirschau und eher selten direkt aus Rottenburg. Dieses Gebiet stimmt mit der bei Hektor Ammann dar­gestellten Region, aus der um das Jahr 1400 Menschen nach Rotten­burg zuwanderten, weitgehend überein[873]. Etwas überraschend ist, daß auch die eher großzügig bezahlten Obermeister selten aus der Stadt selbst stammten. Diejenigen unter ih­nen, die auf eine Spitalordnung vom Anfang des 17. Jahrhunderts vereidigt wurden[874], kamen aus Grossel­fingen (Hans Camerer ab 1613), Frohnstetten (Andreas Lettler, ab 1620 und Bastian Moll ab 1625) so­wie Kiebingen (Hans Schiting ab 1640). Diese Verhält­nisse überraschen besonders deshalb, weil gera­dezu ein To­pos unter den Vorwürfen gegen die städtische Obrigkeit im Jahr 1604 jener der Vetternwirtschaft war. Diesen Vorwurf hat Karl Kempf im übrigen als zutref­fend nachgewiesen[875]. Zumindest vom Amt des Spitalmei­sters ist be­kannt, daß es recht be­gehrt gewesen sein muß. Angeblich weil er an­deren bei der Vergabe dieses Amtes vorgezogen worden war, bezichtig­ten Neider den Spital­meister Michael P. 1650 der Hexerei. Nach mehrwöchiger Folter wurde er enthauptet[876]. Selbst sein Vermögen, welches er stiften wollte, konnte ihn nicht retten: da habe er 30 Gulden auf die Altstadt[877], all sein Vermögen nach Weggenthal und den Kapuzinern, sein Haus und die Wiese in die obere Klause, daß sein Eheweib dafür erhalten wer­den sollte, 70 Gul­den dem Magistrat als Straf, 50 Malter Dinkel den Armen vermacht. Offenbar war es demgegenüber für Rotten­burger nicht attraktiv, Knechtsdienste in der Anstalt zu leisten. In der heißen Kriegsphase nahm der Personalbestand um die Hälfte ab. Viele An­gestellte leistete sich der Spital dann erst wieder, als der Krieg vor­über war und es an den Aufbau der Ökonomie ging. Mehr als vor dem Krieg ließen sich die Pfleger damals ihre Knechte und Mägde kosten.

Im Schaubild sind die Ausgaben für Bedienstete mit denjenigen für die vom Rottenburger Spital beschäftigten Handwerker zusammengefaßt. Die Schmiede, Hufschmiede, Schlosser, Wagner, Sattler, Sailer, Glaser, Küfer, Kübler, Hafner, Schneider, Schuhmacher, Schreiner, Zimmerleute und Maurer, deren Leistungen er jedes Jahr in Anspruch nahm, ma­chen fast fünf Prozent aller im Rottenburger Musterregister von 1615 genannten Handwerker aus[878]. Die Anstalt war also ein we­sentlicher Faktor für die Beschäftigungsmöglichkeiten in der hohenber­gischen Amtsstadt. Weil Handwerker nur nach Bedarf Auf­träge erhiel­ten, konn­ten die Lohnausgaben für sie allerdings flexibler gehandhabt wer­den als jene für die Be­diensteten. Nominell schwankten die Entgelte an sie bis zur Kipper- und Wipperzeit um den Betrag von etwa 400 Gulden. Der weitere Anstieg, den die Geldentwertung verur­sachte, ver­deckt eine reale Minderbeschäftigung. Nach dem Kriegsende zahlte die Anstalt dann trotz der damals hohen Lohnsätze und ungeachtet des enormen Reparaturbedarfs an zerstörten und heruntergekommenen Ge­bäuden ein Viertel weniger an Handwerker aus als vorher. Freilich ru­brizierte der Schreiber die Ausgaben hierfür vor allem in einer spe­ziellen Rubrik.

Als Zeitraum hoher Baukosten läßt sich außer der Jahrhundert­wende denn auch tatsäch­lich das Kriegsende erkennen. Während anfangs noch Neubauprojekte im Vordergrund ge­standen hatten, ging es später um die Instandsetzung der Gebäude, von denen einige beim Stadt­brand 1644 vollständig zugrunde gegangen waren. Auch die Höfe auf dem Land mußten nach dem Krieg praktisch neu gebaut werden. Am Ende des Untersuchungsz­eitraumes setzten die Pfleger schließlich wie­derum größere Geldbeträge für Baumaßnah­men ein, für den Bau der Distelmühle.

Teilweise kamen die bisher genannten Lohnkosten auch dem land­wirtschaftlichen Betrieb des Rottenburger Spitals zugute. Die Entwick­lung dieses Bereiches soll nun näher betrach­tet werden. Welchen Wert die Anstalt auf ihre Ökonomie legte, entschied mit darüber, wieviel Geld für die Erfüllung sozialer Aufgaben übrig blieb. Ne­ben dem ständig für die Pflege von Feldern und Weingärten ange­stellten Perso­nal fanden besonders während der Erntezeiten immer wieder Tagelöh­ner Beschäftigung. Der Anstalt entstanden deshalb beim Heuen und beim Ömden Kosten für ihre Wiesen. Auch der Acker­bau, die Ernte und das Dreschen kosteten extra, alles in allem etwa 100 Gulden.

Unter den Personalkosten, aber auch unter Zehrkosten und den all­gemeinen Aufwendun­gen sowie vor allem hinter den Käufen verstecken sich auch ihre jährlichen Aufwendungen für eine umfangreiche Vieh­haltung. Einblicke in diesen Bereich geben immer wieder die An­schaffungen von Tieren nach vorangegangenen Seuchen. Sie wurden in erster Linie Balingen und Hechingen beschafft, weshalb den Stückpreis regelmäßig Zehrko­sten und Zölle verteuerten. Von diesen Marktorten stammten etwa auch jene acht Stiere, die der Pfleger 1580 bringen ließ. Im Frühjahr 1612 waren es fünf Kühe, drei Kälber, vier Stiere und 12 Gänse, die in des Spitals Ställe trotteten. Als dann im Juli desselben Jahres des Spithals Viehe widerumb an­brüchig worden, mußten weitere drei Kühe, 12 Schweizer Stiere, zwei Schweine, zwei Pferde und vier Kälber gekauft werden. Eine andere Quelle für den Bestand der Anstalt sind die Löhne der Viehhirten. Sie belegen Stückzahlen von bis zu 40 Schwei­nen, 12 Kühen, mehr als zehn wei­teren Rindern und Stieren. Während die Schweine vor allem in Ehin­gen geweidet wurden, grasten die Stiere bevorzugt in Kalkweil[879]. Auch die Verkäufe unterstreichen den Vieh­reichtum der Rottenburger Anstalt. Nicht selten konnten die Metzger vier Stück Großvieh und zehn Schweine aus ihren Ställen kaufen. Noch 1646 überließ der Spitalmei­ster dem französischen Militär, welches die Festung Ho­hentübingen belagerte, ein Kalb, eine Kuh, sechs Saugferkel, ein Mastschwein, vier Ka­paunen, zehn Hühner und 19 Gänse. Daß Viehverkäufe zu den ständigen Einnahmequel­len, Viehkäufe aber gleichzeitig zu den ständi­gen Ausgabearten des Rottenburger Spitals gehörten, deutet auf einen hohen Umsatz hin. Wie bedeutend die Viehwirtschaft war, zeigt auch der Umstand, daß zu den 25 Mit­gliedern des ehrsamen Gedings, das den Rottenburger Weidebe­trieb regelte, vier Spitalmeier gehörten[880]. Weitere Indizien sind die ständigen Löhne für Rotgerber. Mit dem gegerbten Leder fertigte der Schuster Schuhe für die Insas­sen an. Mit Fellen wurden einige Knechte, Mägde und Kinder eingekleidet. Aller­dings wa­ren der Viehhaltung in Rottenburg durch die geringe verfüg­bare Weidefläche enge Gren­zen gesetzt[881]. Die Anstalt selbst verfügte freilich dank einer Stiftung über den 22 Jauchert großen Kuhwasen[882], auf dem Kühe, die sich im Besitz Schwangerer befanden, kostenlos grasen durften. Allerdings mißbrauchten die Verantwortli­chen diese Stiftung, wie sich 1604 herausstellte: anietzt fare man das gantze Jar täglich mit den Schafen darauf, daß die Khüe khain Waid mer ha­ben[883].

Von besonderer Bedeutung waren die Pferde. Der Spitalmeister setzte sie in erster Linie als Zugvieh ein. Als sol­ches waren sie für die ge­samte Land- und Holzwirtschaft ungemein wichtig. Sie sind ein sehr brauchbarer Indikator dafür, welches Ge­wicht die Anstalt ihrer Land­wirtschaft beimaß. Vier Fuhrknechte standen ständig in deren Dienst. Über die An­zahl der Pferde gibt regelmäßig die Abrechnung mit dem Hufschmied Auskunft. Für jedes beschlagene Roß bekam er vor 1622 eineinhalb Gulden, danach zwei Gulden. Vor den Krisenjahren des Dreißigjähri­gen Krieges beschlug er jährlich 12 bis 13 Tiere. Wie wichtig diese waren, zeigte sich 1638, als die Schweden das gesamte Zugvieh raubten. Wäh­rend der Ernte mußten daraufhin fremde Fuhr­leute mit ihren Gespan­nen aushelfen, die für den Transport von 1362 Garben über 36 Gul­den verlangten. Genauere Angaben über die Ent­wicklung der Pferde­zahl lassen sich aus dem Haferverbrauch des Spi­tals ablesen, denn der hauptsächliche Anteil dieses Verbrauchs kam den Pferden zugute, wie in den Rechnungs­büchern jeweils extra ange­geben wird. Von 1598 bis 1632 blieb dieser Wert mit 320 Mal­tern etwa konstant und deutet also auf eine gleich­bleibende Zahl dieser Tierart hin, wohl die 12 bis 13, welche der Schmied jährlich beschlug. Demnach beanspruchte jedes Roß jährlich circa 26 Malter Hafer. Der Tagesbedarf von sechs Kilo­gramm läge ein Viertel un­ter demjenigen heutiger Leistungspferde[884]. Dies ist angesichts des Umstandes, daß die Pferde des Spitals auch auf die Weide getrieben wurden und wohl zusätzlich Heu zu fres­sen bekamen, eine durchaus realistische Größe. Gegen einen noch größe­ren Futteranteil durch Weide und Heu spricht, daß die verfügbare Weideflä­che, wie bereits erwähnt, be­grenzt war und daß auf der städtischen Mar­kung kaum Heu geerntet wurde[885]. Schwankun­gen kennzeichnen die zwei Jahre vor der Schlacht von Nördlingen, als die Schweden mehr­fach requirierten. Weil die protestanti­schen Truppen alle Pferde spoliert hatten, sank der Hafer­verbrauch 1633 auf 196 Mal­ter. Solchen Wert legte die Anstalt auf ihr Zugvieh und so finanz­kräftig war sie damals noch, daß sie den Verlust prak­tisch umgehend wieder ausg­lich, der Verbrauch stieg 1634 bereits wie­der um die Hälfte. Freilich kamen erneute Plün­derungen auf Rotten­burg zu, so daß von 1636 bis 1643 auch der Stall des Spitals bis auf ein Drittel leergestanden haben dürfte. Wäh­rend der anschließenden zweijährigen Depres­sion verfütterten die Knechte so­gar nur noch 88 Mal­ter. Wieder aufgestockt wurden die Be­stände stets unmittelbar im Anschluß an Verluste. Im Laufe der zehn Jahren nach 1633 kaufte der Rottenburger Spital für 3000 Gulden Vieh. Dieses Bestreben, stets genügend Zugvieh bereitzuhalten, setzte sich auch nach Kriegsende fort. Langfristig pendelten sich seitdem die Bestands­zahlen bei etwa drei Vierteln der Ba­sisperiode ein, wohl bei acht bis zehn Pferden. In den 1660er Jahren erwirt­schafteten sie durch Fremdaufträge sogar an­sehnliche Beträge für ihren Dienstherren, die unter gemeine Einnahmen verbucht wurden. Ver­mutlich wegen des Transportbedarfs der Distelmühle erhöhten sich die Haferausgaben 1673 erneut. Von den 107 Pferden, die das Steuer­beraitungsprotokoll des Jahres 1681 aus­weist, standen immerhin zehn Prozent in des Spi­tals Ställen[886]. Die Anstalt beschaffte ihre verlorenen Zugtiere nach dem Krieg also rasch wieder.

Gegenüber den Ausgaben für die Landwirtschaft nahmen jene für den Weinbau scheinbar ab. Doch trügt dieser erste Eindruck, weil hier zum Teil erhebliche Kosten verlagert wur­den. Jedenfalls halbierten sich die in der entsprechenden Rubrik ausgewiesenen Aufwen­dungen seit der Kipper- und Wipperzeit, als der Spital dazu überging, eigene Weingärtner dauernd zu beschäftigen. Gleichzeitig sanken dementspre­chend die Kosten für die Wein­lese und das Keltern, letztere nicht zuletzt deshalb, weil im Krieg Kelterbäume abbrann­ten. Über den Weinbau wachte der Keller, dessen Aufgaben in einer Spitalordnung vom Anfang des 17. Jahrhunderts detailliert be­schrieben sind[887]. Er hatte Früchte in den Kä­sten und Wein in den Kellern zu verwahren. Zu Herbstzeiten achtete er darauf, daß der Reben­saft herbeigeführt, abgefüllt und eingeschlaucht wurde. In den Kel­lern sollte er stets drei­erlei Weinsorten lagern, eine für die Pfründner, eine für des Spi­tals Ehehalten und die ar­men Pfründner, die dritte zum Einlagern. Er durfte die unterschied­lichen Sorten nicht mi­schen und mußte jedem das Zustehende aus­schenken. Ging ein Faß zur Neige, so durfte er das neue erst nach erfolgter Anfrage bei den Pflegern anstechen. Über seine Einnahmen und Ausgaben hatte er ständig genau Buch zu führen und dem Spitalmeister darüber Mit­teilung zu machen, der die Angaben in sein Hausbuch übertrug. Die Kosten für ihn und für die Weingärtner sind in den Personalko­sten enthalten.

Eine Kostenart, die wiederum eher der Versorgung von Spitaliten zu­gute kam, ist jene für Holz. Jährlich benötigte der Rottenburger Spi­tal etwa 350 Klafter[888] zum Kochen und Hei­zen. Zwar konnte er die benötigten Scheiter in seinen eigenen Wäldern schlagen lassen, dafür jedoch mußte er Taglöhner anstellen und honorieren. Vor der Kipper- und Wipper­zeit verdienten diese je nach Brennstoffbedarf etwa 150 Gulden. Nach dem Wirksamwer­den des Krieges fielen die Holzkosten dann beträchtlich, weil der Bedarf zurückging. Nach Kriegsende betru­gen sie langfristig nur noch ein Drittel so viel wie vor Kriegsbeginn.

Faßt man die bisher behandelten Löhne, die Bauaufwendungen und die Kosten für den Gutsbetrieb zusammen, so wird deutlich, daß diese Ausgaben mit am konstantesten waren und insgesamt etwa ein Viertel des Budgets aufzehrten. In ihrem Anteil am Etat des Spi­tals spiegelt sich die allgemeine Entwicklung der Löhne wieder: bis zur Kipper- und Wip­perzeit behielten sie einen hohen Ausgangswert von etwa einem Vier­tel, an­schließend san­ken sie unter dem Eindruck der Nahrungsmittel­teuerung und der Kriegswirkungen auf un­ter ein Fünftel. Nach Kriegsende machte sich dann die Lohn- Preisschere mit hohen Löh­nen und niedrigen Agrarpreisen derart bemerkbar, daß die Anstalt schließlich sogar 38 Prozent ihrer Ausgaben dafür aufwenden mußte. Zwar spielte dabei am Ende der Unter­suchungsperiode auch der Be­trieb der Distelmühle eine Rolle, jedoch verfälschte er die Verhältnisse nur ge­ring. Insgesamt resultiert die gleichbleibende nominelle Höhe der Lohnko­sten aus einer Gewichtsverlagerung innerhalb dieser Rubrik. Während die Kosten für Bedienstete stiegen, nahmen die Ausgaben für Hand­werker und für den Weinbau ab, zum Teil wegen vermehrter Aufga­ben der Ehehalten, zu denen damals Weingärtner und Mühlen­personal kamen.

Stiftungszweck des Rottenburger Spitals wie anderer Anstalten war aber nicht der wirt­schaftliche Betrieb eines landwirtschaftlichen Gutes, son­dern die Versorgung Bedürftiger. Aufwendungen, welche ihnen zugute kamen, waren Stiftungen, Leibgedinge, allerhand Ausgaben für die Haushaltung und immer wieder der Kauf von Nahrungsmitteln. Dar­überhinaus sind Kosten für ihre Bedürfnisse auch in den Lohn- und Baukosten ver­steckt. Ohne größere Bedeutung waren die regelmäßigen Ausgaben für Stif­tungen, die jährlich relativ konstant bei 11 Gulden lagen. Hingegen mußten für Leibgedinge, auf deren materi­elle Erfül­lung die Käufer rechtlichen Anspruch hatten, bis zur Kipper- und Wipperzeit erhebli­che Beträge aufgewendet werden, stets über 100 Gulden. Der Spital scheint diese Belastung dann gezielt abgebaut zu haben, denn sie fiel seit 1641 dauerhaft aus. Vielleicht auch deshalb, weil nach jenem Umbruchsjahr die billigen Lebensmittel eine Investi­tion in solche Leib­gedinge nicht mehr lohnend erscheinen ließ, viel­leicht auch niemand mehr Geld für solchen Luxus übrig hatte.

Zu den klassischen Aufgaben der Spitäler gehört auch die Versorgung von Kindern, die zumeist als Findelkinder oder Waisen in die Anstalt kamen. Nur ab und zu geben die um­fangreichen Rechnungsposten in den Rechnungsbüchern den Blick auf diese Personen­gruppe frei. Einer alten Frau aus Schlatt bei Hechingen in der Grafschaft Zollern, gab man 1628 einen Gulden und 12 Kreuzer, weil sie das Findelkind, so verwichne Wochen bei Sil­chen[889] gefunden und in den Spital getra­gen worden, mit sich hinweg und für ihr Kind ange­nommen. Hier löste man also seine soziale Verpflichtung, indem für Pflegeeltern ge­sorgt wurde. Hin und wieder müssen aber auch Findelkinder im Spital be­halten und dort groß­gezogen worden sein. Darauf, daß sich ständig Kinder in den Gemäuern der Anstalt auf­hielten, deuten Aussagen vor der österreichischen Untersuchungskommission 1604 hin. Von einer Khindtsmueter ist die Rede, der man täglich ein halbes Mas Wein reichte[890]. Mar­tin Purckh, ein Bäcker, berichtete von seiner Tä­tigkeit vor zwei Jahren, als er die Armen speisen helfen, da haben sy in der undern Stuben achtzig khlaine Khinder gehabt[891]. Tatsäch­lich be­stätigt das Rechnungsbuch von 1602 dieses Zeugnis: der Ein­sammler teilte damals 120 Pfund Schmalz zur Spei­sung armer Kinder aus. Nun war das Jahr 1602, auf das sich der Bäcker offen­sichtlich bezog, ein Jahr ausgesprochener Mißernten. Er schränkte selbst die allgemeine Gültigkeit seiner Aussage wieder ein, sie gelte nur zu haleben oder zu teurn Zeiten drey Viertl Jarn. Demnach mußten sich die Spitalpfle­ger nicht ständig um so viele Minderjährige sorgen. Nur in Ausnah­mesituationen kamen derartig umfangreiche Hil­feleistungen auf die Anstalt zu. So auch 1559, als sie 44 Malter Dinkel, fünf Malter Ha­fer und zwei Malter Gerste Kindern zukommen ließ, welche sie wäh­rend des Winters in ihrer Kelter unterge­bracht hatte. Benutzten in solchen Notzeiten mittellose Eltern den Spital als vorübergehendes Kinderasyl? Oder handelt es sich um va­gierende Personen? Auf solche Fragen läßt sich auf Grundlage der verfügbaren Quellen keine Antwort formulieren. Man­che Waisen kamen auch dauerhaft im Spital unter. Die Tochter des Schreiner Ulrich Gre­ter, weliche, ain verlaßner Ways und Laybs Schwachhait halber, unser erbärmbdt, wurde im Spital mit Laib und Guot uf ein halb Jar sei­nem Verhalten nach aufgenommen. Fürs Heilen des Gesinds und der Kinder erhielt der Barbier oder der Arzt immer wieder seinen Lohn. Die Spitalkinder erhielten nicht nur Unterkunft und Nahrung, sondern auch Ausbildung. Unter den gemei­nen Geldausgaben notierte der Schreiber regelmäßig Schulgeld, das dem Deutschen Schulmeister zukam: zwi­schen fünf und sieben Schil­linge im Jahr 1580 für jedes Quartal. Auch Mädchen waren damals vom Unterricht nicht ausgeschlossen, wie sich an­hand des Rechnungs­buches von 1628 belegen läßt, als für zwei Spitalmädlin jeweils 12 Kreuzer an diesen Lehrer gingen. Knaben er­möglichte die Anstalt über eine Elementarbil­dung hinaus zusätzlich eine Lehre. Jacob Beck­lin, einen Spitalbuben, ließ man das Hafner­handwerk lernen, was über sieben Gulden kostete. Als dessen Bruder Laurentius ein Jahr zuvor wandern wöllen, versorgte ihn die Anstalt mit Hemden, Krägen, einer Wehr und ei­nem Kalbfell, um sich einen Ranzen für seine Walz zu schnüren, alles zusammen für fast drei Gulden. Doch nicht nur in Vertretung der Eltern kümmerte sie sich um Angelegenhei­ten der Bil­dung. Seit Anfang des 17. Jahr­hunderts unterhielt sie den Lateinischen Schul­meister. Landschreiber Jacob Hornsteiner berichtete 1604 vor der österreichischen Kom­mission von zwei Pfründen im Spital, welche die Herrschaft zu verleihen hatte, die aine sey dem Schulmaister bewilligt worden[892]. Dies war die Grundlage seiner Finanzierung, vermut­lich jene acht Gulden, mit denen er im Verzeichnis der Bediensteten auf­taucht. Darüber hinaus bezog er aus dem Sankt-Katharinen-Altar der Spitalkirche etwas über einen Gul­den. Des weiteren stellten acht Mal­ter Dinkel seinen Grundbedarf an Brotgetreide sicher. Daß Rotten­burgs Lateinischer Schulmeister des Jahres 1580 nicht gerade arm ge­wesen sein kann, zeigt der Umstand, daß seine Tochter Anna Müller sich damals in eine gemeine Pfründe einkaufen konnte, für 150 Gul­den. Ähnlich wie in Horb profi­tierten auch Studen­ten von der städti­schen Fürsorgeeinrichtung, so jene acht, denen die Pfleger 1609 je­weils einen Batzen zum Almuesen überließen. Vor diesem Hintergrund erscheint es nur allzu konsequent, daß die Herrschaft dem Spital 1668 den ansehnlichen Betrag von 2550 Gulden entzog, um damit den Je­suiten die Gründung ihres Rottenburger Kollegiums zu ermögli­chen[893].

Solche und ähnliche Ausgaben finden sich im Schaubild in der Rubrik Haushaltung sub­summiert, in der zusammengefaßt wurde, was der Spitalmeister täg­lich kaufte, was im Spi­tal an Textilien und Sonstigem verbraucht wurde oder wieviel ihn Zehrungen kosteten. Vor al­lem die ge­meinen Ausgaben blähten diese Rubrik zeitweise auf, so 1623 bis 1625, als we­gen der Münzentwertungen zusammen 1805 Gulden ab­geschrieben werden mußten, oder zwischen 1647 und 1670. Ansonsten dienten die so zusammengefaßten Ausgaben in aller Regel der Versor­gung von Spitaliten und Bediensteten.

Ihnen kamen auch zum größten Teil die Käufe von Nahrungsmitteln zugute, welche der Anstalt stets etwa ein Drittel ihrer Geldmittel abfor­derten. Zwischen der Kipper- und Wipperkrise und dem Wende­punkt, an dem Nahrungsmittel wieder wohlfeil wurden, wa­ren es sogar 45 Prozent. Nach Kriegsende wandte der Spital dann nur noch ein Viertel sei­ner Geldausgaben für solche Käufe auf. Gleichmäßig etwa ein Zehntel davon kostete das für viele Lebensbereiche, besonders aber für die Konservierung von Lebensmitteln, benö­tigte Salz. Bei den Käufen dominierten ansonsten tierische Produkte, vor allem Fleisch und Schmalz, aber auch Vieh, dies besonders während der Inflations­periode. Ihr Ge­wicht ver­schob sich nur in Zeiten, wenn bei den Weinkäufen große Unregelmäßigkeiten auftraten. Diese machten nor­malerweise bis zu einem Drittel des Lebensmittelerwerbs aus, direkt nach dem Krieg freilich bedeutend mehr, zwischen 1615 und 1644 allerdings zum Teil er­heblich weniger. Ge­treidekäufe spielten im lang­jährigen Durchschnitt keine große Rolle, wohl aber in einzelnen Teuerungsjahren.

Einen Hinweis auf die Bemühungen des Rotten­burger Spitals, Bedürf­tige zu versorgen, gibt die Versorgungsleistung. In ihr fließen der je­weilige Wert des Getreidekonsums, des Fleischverzehrs und des Wein­verbrauchs sowie die Geldausgaben zusammen. Da­bei blei­ben allerdings von den Kosten jene für Nahrungsmittelkäufe und der Vermögens­haushalt unberücksichtigt. Zum Gesamtwert trugen bis zur Kipper- und Wipperkrise das Getreide ein Drittel, das Fleisch ein Zehntel und der Wein etwa ein Fünftel bei. Annähernd vierzig Prozent machten die Geldausgaben aus. Die Kipper- und Wipperkrise sowie die erste heiße Kriegsphase brachten vor allem eine Umkehr zwischen den An­teilen von Getreide­wert und Geldausgaben. Das Ver­hältnis kippte nach 1641 erneut. Seitdem sank der Ge­treidekonsum auf ein starkes Fünf­tel, die in Geld bezahlten Kosten erreichten knapp zwei Drittel.

Bei der Versorgungsleistung zeigt sich, wie nachhaltig der Krieg in das Verhalten des Spi­tals eingriff. Hatte sie vor Kriegsbeginn noch real über 7000 Gulden betragen, so blieben davon nach dem Ende der Auseinandersetzungen noch knappe 4000 Gulden übrig. Einen Tiefstpunkt brachten die 1640er Jahre. Insgesamt gingen also die Aufwendungen für die im Spital versorgten Menschen erheblich zu­rück. Dies war eine Folge reduzierter Ver­brauchsmengen bei gleichzei­tig niedrigen Preissätzen.

Nach dem Krieg blieb also die Versorgungsleistung des Rottenburger Spitals erheblich re­duziert. Dies folgte einerseits aus ei­ner ebenfalls, allerdings nicht gleichermaßen stark, verminderten Versorgungskapazität. Gleichzeitig je­doch stellte die Anstalt ihren früheren Personalstand wieder her, be­schaffte ihre verlorenen Zugtiere bald wieder und be­zahlte ihre Schulden zurück. Hohe Beträge mußte sie auch in die Wiederherstellung der Gebäude investieren. Fruchtverkäufe trugen in jenen Jahren des Wie­deraufbaus entscheidend zur Liquidität des Spitals bei. Relativ zu den verfügbaren Geldmitteln stiegen diese Aufwendun­gen.

Anteile an der Versorgungskapazität
PeriodeGetreideFleischWeinGeld
1597-06   33     9   16 42
1607-21   33    10   20 37
1622-26   37     9   21 32
1627-34   45     8   15 32
1635-41   39    11   15 35
1642-50   23     7    9 60
1651-74   23     9   11 57

Dies alles deutet darauf hin, daß sich die Spitalleitung vor allem um die wirt­schaftliche Er­holung des landwirtschaftlichen Betriebes küm­merte. Da­mit reagierte sie auf die Verände­rungen, welche der Krieg brachte, vor allem wohl auf den allgemeinen Rückgang der Bevölke­rung.

Ausgaben Herrenberger Spital

Im Vergleich zu den beiden großen hohenbergischen Anstalten wirt­schaftete der Herren­berger Spital in eher bescheidenen Verhältnissen. Indessen stimmt die Ausgabenstruktur aller drei untersuchten Einrich­tungen im wesentlichen über­ein, da alle das typische Ne­beneinander von Wirtschaftsbetrieb und Sozialanstalt prägte.

In Herrenberg war dies allerdings lediglich bis zum Jahr 1639 der Fall. Zum normalen Ausgabenkanon gehörten Aufwendungen für die Verwaltung, für die Instandhaltung der Baulichkeiten, für den landwirt­schaftlichen Betrieb und für die Erfüllung des sozialen Auftra­ges. In der Grafik sind die ständig fälligen Ab­gaben mit den Verwaltungs­kosten zu­sammengefaßt. Steuerzahlungen und Kontributionen bela­steten den Spitalhaushalt vor al­lem seit der Kipper- und Wipperzeit. Hatten sie vorher Werte von 50 Gulden kaum über­schritten, so machten sie da­mals einen Sprung auf mehr als das Doppelte, in ein­zelnen Jah­ren sogar auf das Vierfache. Nach einer vorübergehenden Depression bei Kriegsende brachten besonders die 1660er Jahre vor­übergehend erneut höhere Belastungen. Dem zu­nehmenden Zugriff der Herrschaft auf seine finanziellen Ressourcen entging der Spital damals, indem er seine steuerlich stark belasteten Güter verkaufte. Grundlasten sowie Ka­pitalzinsen spielten demgegenüber für die Herrenberger Anstalt ebensowenig eine Rolle wie für die bereits behandelten hohenbergi­schen. Die Hellerzinsen überstiegen selten ein­mal Werte von 50 Gul­den.

Verwaltungskosten entstanden, weil die Besitzungen und der gesamte landwirtschaftliche sowie der sozialer Betrieb geregelt werden mußten. Vor allem der Lohn des Spitalschrei­bers schlug hier mit jähr­lich zehn bis 20 Gulden zu Buche. Aber auch einmalige Ausgaben fie­len an, in einigermaßen regelmäßigen Abständen etwa für die Renova­tion der Güter[894]. Diesen Vorgang habe ich weiter oben bei der Vor­stellung benutzter Quellen dargestellt. Andere Verwaltungsausgaben ka­men auf die Verwaltung zu, als sich der Spital mit der Gemeinde Affstätt in den Jahren 1670 bis 1674 wegen ausstehender Steuern stritt[895]. Für seine einstigen Güter auf Affstätter Markung mußte er schließlich doch noch 163 Gul­den nachzahlen, wobei ein Teil des Betrages die Unkosten der Affstätter ersetzen sollte. Gerichtsko­sten brachte auch die Auseinandersetzung mit Johannes Andler aus Herren­berg. Dieser setzte sich zwischen 1666 und 1668 gegen ein vom Spital bean­spruchtes Trauf­recht und wegen einem Misthaufen zur Wehr[896]. Als in Folge des kaiserlichen Restitutions­ediktes die Anstalt über die früher in ihr praktizierte Religion und ihre Verwaltung Re­chenschaft ablegen mußte[897], kostete sie der damit verbundene Aufwand gleichfalls einiges. Mitunter mußte sie auch Zehrungen ihrer Pfleger ersetzen, wenn diese in ihrem Auftrag bei­spielsweise in eine benachbarte Stadt reisten, um Geld gegen Früchte aufzunehmen, oder um eine Kuh zu kaufen.

Verschiedenen Bereichen der Ökonomie kamen die Ausgaben für Per­sonal zugute. Vor der Aufgabe seiner Eigenwirtschaft beschäftigte der Herrenberger Spital meist neun Per­sonen: den Spitalmeister, in der Regel zusammen mit seiner Frau, einen Bäcker, zwei Knechte und zwei Mägde. Nach Errichtung des Waldhauses in der Raistinger Mark erhielt der dortige Waldbauer mit seiner Frau eben­falls eine pauschale Entlohnung. Seine Familie bekam für Speise und Lohn knapp 50 Gulden. Oberknechte verdienten meist etwa 20 Gul­den, ihre Unterge­benen halb soviel und Mägde noch etwas weniger, wobei sich die Höhe der Löhne im Laufe der Zeit änderte. Nicht immer konn­ten die Bediensteten ihr jährliches Entgelt einstreichen. Der Spital setzte die Auszahlung offensichtlich auch zur Disziplinie­rung ein. Einem Unter­knecht etwa kürzte er 1633 seinen zugesagten, geding­ten, Sold von zehn Gulden auf einen einzigen, weil er… ein Roß ver­wahrlost, daraus ihme (dem Spital) ein grosser Schad entstanden, auch nur drey Viertel Jahr lang gedient und dariber in Krieg gezogen ist[898]. Für ihre Diener wandte die Anstalt anfangs etwa 120 Gulden auf. Bis zum Wirksam­werden des Krieges stiegen diese Kosten nur leicht. Anschließend nahmen sie als Folge der Kriegser­eignisse schnell ab. Diese Entwicklung fand ihren Tiefstpunkt durch die Aufhe­bung der Eigenwirtschaft. Seitdem stand eigentlich nur noch der Spitalpfleger auf der Be­soldungsliste, der aber immerhin wegen der Mehrbelastung ein höheres Gehalt einstrich.

Über die Handwerker, die der Herrenberger Spital beschäftigte, geben die mitunter erhal­tenen Beilagen zu den Rechnungsbüchern detaillierte Hinweise auf die Art ihrer Ansprü­che. Sie reparierten die Bauwerke, das landwirtschaftliche Gerät sowie die Haushaltsge­genstände und die Schuhe seiner Insassen. Zu den Ausgaben für Handwerker habe ich auch solche für die vier bis sechsmal jährlich abgehaltene Großwäsche gezählt. Diese ge­samten Kosten blieben fast ständig unter 100 Gulden und hatten seit der Aufhebung der Eigenwirtschaft keine Bedeutung mehr.

Baukosten belasteten den Herrenberger Spital ständig, auch nach Ab­schaffung der Eigen­wirtschaft. Denn er bestand als Institution fort und blieb auch weiterhin im Besitz seiner Gebäude. Diese mußten instandgehalten, zum Teil auch wieder aufgebaut werden. In ein­zelnen Jahren[899] bezahlten die Pfleger größere Beträge dafür. Besonders seit Kriegsende nahmen die Baukosten deutlich zu, eine Folge des damals nötigen Wiederaufbaus von im Krieg beschädigten Häusern. In den 1650er Jahren machte sich dabei in erster Linie die Wiederer­richtung der Spitalkirche finan­ziell bemerkbar. Sie konnte am 1. Juni 1656 ein­geweiht werden und hatte 1100 Gulden gekostet[900]. Für deren beim Brand uffgangen Glocke leistete sich die Verwaltung 1657 Ersatz von Hans Georg Herold in Stuttgart[901]. An­schließend schlug besonders die Wiederher­stellung der Orgel in der Stiftskirche zu Bu­che, an deren Kosten sich die Anstalt beteiligen mußte. Nicht nur sei das Örgelin in der Stifts­kürchen in nicht geringen Abgang geraten, so begründeten die Ver­antwortlichen ent­sprechende Investitionen, son­dern auch etlich merckliche Fehler ahn zerschidenen Orthen be­vorab des verstimpelten Claviers sich erayget. Deshalb sei man bedacht ge­wesen, solch wurm­stichigs Werckhlin vor dem voll­kommenen Ruin schnell noch bestmög­lich zueversilbern und statt­dessen ein neues Werk zu kaufen. Das Kloster Alpirsbach nahm den Herrenbergern schließlich ihre musika­lische Altlast ab. Für das neue Werk des Or­gelmachers Hans Jacob Fesenbeck und des Malers Lor­entz Braun von Calw, der zwei Flügel mit vier Historien in Öl be­malte, wandte die Anstalt 884 Gulden auf[902].

Zum Teil kamen die vom Spital aufgewendeten Personalkosten der ei­genen Landwirt­schaft zugute. Darüber hinaus verursachte dieser Bereich weitere nennenswerte Kosten, vor allem mußten immer wieder Ernte­helfer bezahlt werden. Als der Krieg in Herrenberg wirksam wurde, nahmen diese Aufwendungen rasch ab, sicherlich eine Folge der vielen damals brach liegenden Äcker. Im Schaubild macht sich dies nicht bemerkbar, weil zum Bereich des Gutsbetriebes auch die Viehwirtschaft zählte. Und während der ersten fünf vom Krieg nachhaltig geprägten Jahre glichen hohe Ausgaben für den Viehkauf die Rubrik wieder aus, da immer wieder gestohlenes Vieh ersetzt wer­den mußte. Seit 1642 änderte sich dies dann nachhaltig, da die Anstalt seitdem ihren Be­trieb weitgehend stillegte. Ein Halbmeier scheint den Betrieb am Lau­fen gehalten zu haben, weshalb sich die Kosten wei­ter reduzierten. Durch den Verkauf 1662 trennte sich die Anstalt dann endgültig von ihrer traditionellen Existenzgrundlage. Im Auftrag des Spitals sorgten auch Taglöhner als Holz­hauer im Wald für den Brennstoffnachschub, merkwürdigerweise auch noch nach Kriegs­ende, als sich unter den ent­lohnten Holzhauern besonders viele Schweizer finden[903].

Alle bisher genannten Aufwendungen bilden die Basis für des Spitals eigentliche Aufgabe. Vornehmster Stiftungszweck auch der Herrenberger Anstalt war die Ver­sorgung sozial Schwacher. Wie erfüllte sie im Laufe der Zeit diese Aufgabe? Vor dem Wirksamwer­den des Dreißig­jährigen Krieges dominierten beim Herrenberger Spi­tal tatsächlich die Sozial­ausgaben, vor allem, wenn man berücksich­tigt, daß ein Großteil der Naturalaufwendungen und der Lebensmittel­käufe ebenfalls den Spitaliten zugute kam. Betrachtet man die reinen Geldausgaben, welche Kindern und Armen direkt zuflossen, so blieben diese bis zum Wirk­samwerden des Krieges in etwa kon­stant über 300 Gulden. Sie hatten einen Anteil von etwa 15 Prozent an den gesamten Aufwendungen. Der Tod vieler Spitaliten während der heißen Phase des Krieges ver­ringerte diese in den folgenden Jahren. Nach Kriegsende nahm die Anstalt erst wieder in den 1660er Jahren ein paar Personen auf. Sie wurden aber nicht mehr wie früher voll versorgt. Entweder ließen ih­nen die Stadtväter Bargeld aushän­digen, oder aber jede Woche Brot verteilen[904].

Die Anstalt nahm aber auch noch vielfältige andere soziale Aufgaben wahr. Einige Bei­spiele, wie sie in den Rechnungsbüchern stehen, sollen dies illustrieren. Pfle­geeltern, wel­che Waisen aufnahmen und bei sich versorgten, erhielten eine Entlohnung. Einem Herrenber­ger Bürger, der das arme Töchter­lein des Hans Schnepf aufgenommen hatte[905], bewil­ligte der Rat 1660 beispielsweise das Nötige an Kleidung und Brot für sein Pflege­kind. Armen Knaben finanzierten die Pfleger darüber­hinaus mitunter eine Lehre. Drei Jahre lang erhielt so ein Tübinger Meister für einen Knaben, den er ausbildete, sechs Gul­den aus der Spitalkasse[906]. Sogar auf Studenten in der Landesuniversität Tübingen er­streckte sich die Mildtätigkeit der Anstalt. Ein gewisser cand. phil. Johannes Neuffer, ein Sprößling der Stadt, bat in einem Schreiben an den Herren­berger Vogt um ein Stipendium. Das nötige geistige Rüst­zeug zumindest dazu hatte er sich während seines Studiums offen­sichtlich erworben. Selbst das Bei­spiel der Mildtätigkeit eines Königs Alphons von Arago­nien führte er dem Adressaten vor Augen. Weiter heißt es in seiner Adresse: Tröstlich ist es und ruhmwürdig, daß auch noch heut nicht manglet an mitleidenden Benefactoribus und Guthä­tern, die den Dürftigen die hülfreiche Hand zu bieten für Wu­cher nit achten, wie dann auch in diesem Stück rühmlich verhalten hat meiner Geburt Stat Herrenberg und in derselben der löbl(iche) Magistrat..[907]. In diesen Bereich von Ausgaben für die Bildung der Jugend ge­hört auch die Anschaffung von Unterrichtsmaterialien. Kirchen- und Schulchöre verdank­ten dem Spital etwa Johann Rudolph Alenius ersten und zweiten Teil des Newgepflantzten Thüringisch Lustgartens Musica­lisch Gewächs[908]. Unterstützung gewährte er hin und wieder auch, wenn arme Leute wegen Arztko­sten in Zahlungsschwierigkeiten gerie­ten. Der Witwe eines Schmiedes erstattete man sechs Gulden für den Arztlohn an einem ihrer sechs Kin­der[909]. Die ärztliche Versorgung er­streckte sich auch auf einen Zipperer genannten Mann, als der im Wald von einer Natern gebißen worden, und ime der Arm groß geschwol­len ge­weßen[910].

Gemeinnützigen kommunalen Aufgaben kam die Herrenberger Anstalt ebenfalls nach, in­dem sie beispielsweise das Zuchtvieh der Stadt un­terhielt[911] und die Feuerwehr mitfinan­zierte. So kam sie für die Ko­sten des Feur Wagen auf, als dieser am 2. September 1681, von fünf Pferden gezogen, zur Feurs Brunst nach Weil im Schönbuch[912] eilte[913]. Zu diesem Auf­gabenbereich gehörte auch, dies sei hier als eher ku­riose Einzelheit am Rande vermerkt, daß Räume in der Herrenberger Anstalt zumindest zeitweilig als Gefängnis dienten. Die Tochter des alten Mötzinger Schultheißen Abraham Stupenlauch verbrachte einige Wo­chen während des Winters in einem solchen Gemach in Haft.

Seine Spitaliten, seine Bediensteten sowie die häufig beschäftigten Erntearbeiter verkö­stigte der Spital in der Hauptsache mit den Erträ­gen seiner eigenen Äcker. Bestimmte Produkte wie Salz jedoch – jährlich etwa neun bis zehn Scheiben[914] – mußte er regelmäßig kaufen. Je nach all­gemeiner Ertragslage konnte die Ernährung aller Spitalin­sassen in ein­zelnen Jahren freilich nur durch den Zukauf von land­wirtschaftlichen Pro­dukten sicherge­stellt werden. Beim Dinkel erforderte vor allem die Mißernteperiode 1612-15 solche er­gänzenden Fruchter­werbungen. Verschärfend erzwang der weiter oben angesprochene Pfründnerschub bis zum Wirksamwerden des Krieges weitere Geldaus­gaben für Lebens­mittel. Von Hül­senfrüchten wie Linsen und Erbsen kaufte der Spital meist nur ge­ringe Mengen, auch Gemüse wie Kraut und Zwiebeln scheinen die eigenen Gär­ten in ausrei­chenden Mengen ertragen zu haben. An tie­rischen Produkten mußten außer eini­gem Fleisch auch Schmalz, Un­schlitt und Lichter erworben werden. Wein­käufe hingen in erster Linie von den Erträgen der Lese ab, be­lasteten angesichts des geringen ei­genen Weinbaus in Herrenberg je­doch fast ständig die Kasse. Mitunter standen Weinkäufen in ein und demselben Jahr Verkäufe des Getränks ge­genüber. Da solche Wechselgeschäfte jedoch keinesfalls regelmäßig er­folgten, kann von einer bewußten und regelmäßigen Handelstä­tigkeit nicht gesprochen werden, zumindest nicht mehr im Untersuchungszeit­raum. Vor 1600 scheint dies anders gewesen zu sein, jedenfalls be­obachtete der Herrenberger Chro­nist Hess beim Spital einen offen­sichtlich doch recht bedeutenden Weinhandel, wel­cher dem Corpori nicht geringen Nutzen brachte[915]. Nachdem die eigene Haushal­tung während des Krieges aufgegeben worden war, mußten keine Früchte und an­dere Lebensmittel mehr gekauft werden.

Auf ein Mißverhältnis bei den auf den Feldern angebauten Früchten deuten die ständigen Haferkäufe hin. Hafer dient vor allem als Pfer­defutter. Offensichtlich verfügte die Herren­berger Anstalt nicht über genügend Felder, die im Fruchtwechsel Hafer ertrugen. Tatsäch­lich deutet darauf auch der Umstand hin, daß es nie zu Verkäufen dieser Getreideart kam. Hin­gegen verkauften die Pfleger jedoch in großem Maße Roggen, mitun­ter auch größere Mengen an Dinkel, so daß sich beim Getreide ins­gesamt eine ausgeglichene Bilanz zwi­schen Käufen und Verkäufen ein­stellte.

Einen wichtigen Hinweis auf das wirtschaftliche und soziale Verhalten des Herrenberger Spitals liefert die Entwicklung des Vermögenshaus­halts. Immer wieder investierte er in den Kauf von Vermögenswerten. Wohl vor allem aus dem Verkauf von Pfründen stammten jene Geld­beträge, welche die Anstalt vor dem Wirksamwerden des Krieges anle­gen konnte. Bereits damals kamen in erster Linie Kreditgeschäfte in Betracht. Nachdem die Anstalt ihre ei­gene Haushaltsführung aufgege­ben und die meisten ihrer Äcker 1662 ver­kauft hatte, konnte sie weitere Mittel für Investitionen freisetzen. Die Erlöse des großen Gü­terverkaufs flossen also nicht in den Kon­sum, sondern in eine damals offensichtlich ko­stengünstigere Anlage­form. Der Spital löste damals seine eigenen Verpflichtungen weitge­hend ab und konnte gleichzeitig großzügige Kredite gewähren, die ihm in den Folgejahren erhebliche Zinsen einbrachten. Dieses Verhalten läßt sich als Reaktion auf das Besteue­rungssystem der Zeit verste­hen[916], das Grundstücke in beson­derem Maße belastete, hinge­gen Zin­seinkünfte bevorzugte. Innerhalb von nur 18 Jahren profitierte die Anstalt von die­ser Umstellung – und sicherlich auch von der geringen Anzahl zu versorgender Armer – so nachhal­tig, daß der Schreiber 1681 einen Kassenbestand von 5000 Gulden ausweisen konnte[917].

Die gesamten Geldausgaben des Herrenberger Spitals betrugen jährlich im Durchschnitt knapp 1300 Gulden. Höher lagen sie vor dem Wirksamwerden des Krieges, anschließend dann niedriger. Einen Ausgaben­boom über den langjährigen Durchschnitt hinaus brachten dann noch­mals die Baumaßnahmen in den 1650er und 1660er Jahren. Allgemein kenn­zeichnet die Wirtschaftsführung dieser Anstalt der tiefe Einschnitt durch den Dreißigjähri­gen Krieg besonders deutlich. Wegen ihm schafften die Ratsherren nicht nur die eigene Landwirtschaft, sondern auch die eigene Haushaltsführung ab. Deut­liches Merkmal dieser Entwicklung sind die reduzierten Geldausgaben. Noch deutlicher wird diese Entwicklung, wenn man den Wert der wichtigsten Aufwen­dungen untersucht. Dabei finden außer den Geldausgaben auch die in Geldwert umgerechneten Mengen von Naturalien, welche Spi­taliten ver­brauchten, Berücksichti­gung. Im langjährigen Durchschnitt lag die Versor­gungsleistung um etwa 500 Gulden höher als die Geldausgaben. Allerdings machte sich hier der Kriegsbeginn noch wesentlich nachhal­tiger als Epochengrenze bemerk­bar. Da während des Krieges die Ei­genwirtschaft und die ei­gene Haushaltsführung aufgegeben wurden, fin­den sich bei dieser Be­rechnung nach Kriegsende die unveränderten Werte der Geldausgaben. Real läßt sich vor der heißen Kriegsphase ein sehr konstantes Niveau von knapp über 2500 Gulden beobachten, das nur die Teuerungsperi­ode der Kipper- und Wip­perzeit unterbrach. Nominell blieb das Ni­veau der Versorgungsleistung nach dem Kriegs­ende kaum halb so hoch wie zuvor. Vor allem hatte sich offensicht­lich deren Zielsetzung verlagert. Umfangreichere Aus­gaben galten hauptsächlich der Bautätigkeit, die sozialen Leistungen fielen demge­genüber weit zurück. Noch extremer als bei den beiden hohenbergi­schen Anstalten sanken die sozialen Leistungen. Freiwerdende Mittel flossen jedoch keineswegs in die Landwirtschaft, wie bei den bisher betrachteten Spitälern. Viel­mehr fand auch der landwirtschaftliche Be­trieb des Herrenberger Spitals ein Ende. An seine Stelle trat die Kre­ditwirtschaft. Den wenigen Aussagen über die damalige Entschei­dung der Spitaloberen zufolge rentierte sich die Umverlagerung der Mittel eher, was viel­leicht mit der relativ geringen Größe der Herrenberger Anstalt und dem Besteuerungssy­stem der Zeit zusammen­hängen mag. Außerdem gehört in solche generellen Überlegun­gen der Hinweis darauf mit einbezogen, daß sich endgültige Aussagen über die Ent­wicklung des sozialen Standards in Städten nur unter Berücksichtigung anderer Träger als der Spitäler treffen lassen. Vor allem protestanti­sche württembergische Städte mit ihren Armenkästen verfügten hier über ein manchmal bedeutendes Potential, das im Falle Her­renbergs jedoch eine geringere Bedeutung als der Spital hatte[918].

Die Ausgaben der drei Spitäler

Schon ein Vergleich der Einnahmen aller drei untersuchten Spitäler hat deutlich gemacht, wie sehr die Rottenburger Anstalt über die bei­den anderen dominierte. Diese Feststellung gilt auch im Hinblick auf die Versorgungsleistung. In den Jahren vor der Kipper- und Wipper­zeit wandte der Herrenberger Spital weniger als ein Drittel, jener in Horb etwa drei Viertel der Beträge des Rottenburger Spitals auf. Vor Beginn der heißen Kriegsphase än­derte sich das Verhältnis noch deut­licher zugunsten Rottenburgs.

Versorgungsleistung der Spitäler preisbereinigt in Gulden        
PeriodeHorb a.N.RottenburgHerrenberg
1590-06                          
1607-21   4846     6452     1939  
1622-26   5339    5141      988  
1627-34   3704    5888     1702  
1635-41   2200    3392           
1642-50   1431    2139           
1651-74   1823    2993           

Anhand der Versorgungsleistung aller Spitäler läßt sich zudem die mit Hilfe von Preis- und Lohnreihen und vor allem anhand des Gesamt­indexes getroffene Periodisierung erhärten. Als wichtigster Einschnitt erscheint dabei das Wirksamwerden des Krieges. In Horb kam es zu einer Abnahme der Leistungen um zwei Drittel. Nach dem Krieg blieben sie auf etwa die Hälfte reduziert. Allerdings hatten sich die Gewichte innerhalb der Ausgaben verscho­ben. Bei allen drei Anstalten nahmen die Aufwen­dungen zur Versorgung sozial Schwacher ab. An­gesichts der unge­heuren Menschenverluste im Krieg war die Zahl Hilfesuchender vermutlich ebenfalls stark zu­rückgegangen. Gleichzeitig gestalteten sich die Lebensver­hältnisse wegen der niedrigen Lebensmit­telpreise und relativ hohen Löhne auch für die Angehörigen unterer sozialer Schichten einfacher. Freilich wird auch nach Kriegsende immer wieder von Verelendeten berichtet, die durch die Lande zogen. So könnte auch die städtische Obrigkeit eine restriktive Sozialpolitik gegen Ortsfremde durchgesetzt haben. Jedenfalls wird die Verlagerung in al­len Fällen sehr deutlich. Die beiden Hohenberger An­stalten legten größeren Wert auf ihre Land­wirtschaft, was an dem hohen Personal- und Zugviehbestand sowie an entsprechenden Erntekosten abzulesen ist. Gleichzeitig erhöhten Fruchtverkäufe deren Liquidität. In Herrenberg kam es hingegen zu einer Verlagerung auf das Kreditgeschäft. Über­haupt reagierte der Herrenberger Spital am nachhaltigsten auf die Veränderungen, indem er nicht nur seine Eigenwirtschaft und die ei­gene Haushaltung auf­gab, sondern sich mit dem Verkauf der meisten Grundstücke auch der Möglichkeit zur Wiedereinrichtung beraubte. Ihre Schulden konnten alle Spitäler nach dem Krieg rasch abbauen, Restanzen hingegen nur zum Teil. Ihre Substanz freilich blieb von den Kriegs­wirkungen nicht verschont, Abschreibungen dünnten sie aus.

XIII. Zusammenfassung

In vorindustrieller Zeit, als sich das wirtschaftliche Geschehen innerhalb relativ kleiner räumlicher Einheiten abspielte, müssen die Problemstellungen der Wirtschafts- und Sozi­algeschichte zunächst auf regionaler und lokaler Ebene erforscht werden. Ulf Dirlmeier und Wolfgang von Hippel[919] haben in ihren grundlegenden Arbeiten dieses Anliegen stark betont. Für die Städte Rottenburg, Horb und Herrenberg stellt die vorliegende Untersu­chung entsprechendes Datenmaterial zur Verfügung. Die Fülle des Materials konnte dabei voll und ganz den Ansprüchen eines quantitativ arbeitenden Historikers genügen, wie es Karl Heinrich Kaufhold kürzlich be­schrieben hat[920]: Und nun kommt der quantitativ arbei­tende Forscher! Er zeigt sich in nahezu allen Punkten als das Gegenbild des Benutzers, der dem Archivar vertraut und auf den hin das Archiv orientiert ist. Seine Bestellungen sind umfang­reich; am liebsten nimmt er ganze Serien etwa von Rechnungsbüchern auf einmal in Anspruch. Und er ist damit zumeist erstaunlich schnell fertig; im schlimmsten Falle braucht er nur wenige Minuten für einen Band. Beobachtet man ihn, zeigt sich, daß er meist nur einige Seiten näher prüft und daraus Auszüge macht, oft in vorbereitete Formulare oder Tabellen. Besonders kri­tisch wird es, wenn sein Gesicht zufrieden wirkt und seine Miene heiter wird – dann steht ein umfassender Kopierauftrag ins Haus, weil (wie er sagt) „man so viele Zahlen doch nicht ab­schreiben kann“. Freilich ist die Freude über ergiebige Quellen nur die eine Seite der Me­daille. Mit dem Ent­zücken geht stets auch die Frage nach geeigneten Methoden einher, mit deren Hilfe erhobene Datenreihen sinnvoll ausgewertet werden können. Besonders Ulf Dirlmeier hat dieses Problem deutlich herausgearbeitet. Für alle drei untersuchten Spitäler dürften nach einer gro­ben Schätzung immerhin an die 100000 Einzeldaten aus etwa 300 Rech­nungsbüchern bearbeitet worden sein.

Ziel der vorliegenden Arbeit war es, auf der Basis dieser Daten Rückschlüsse auf die Le­bensverhältnisse in der Frühen Neuzeit zu ge­winnen. Dies ermöglichte ein Umweg. Die angewandte Methode beruht darauf, Rückschlüsse auf die allgemeinen Lebensverhältnisse durch die Untersuchung von Großverbrauchern und Großbetrieben, nämlich den Spitä­lern, zu erhalten. Beobachtungen, die sich für die wirtschaftli­che und soziale Entwicklung ausgewählter Spitäler formulieren lassen, müs­sen daraufhin befragt werden, inwiefern sie Rückschlüsse auf die allge­meinen Lebensverhältnisse im Untersuchungs­gebiet zulassen.

Der doppelköpfige Charakter der Spitäler, zu welchen neben dem So­zialbetrieb in aller Regel auch eine umfangreiche Landwirtschaft ge­hörte, versprach insbesondere Er­kenntnisse aus dem Grenzbereich zwi­schen Wirtschafts- und Sozialge­schichte. Aus einer homogenen Quel­lengrundlage, den Rechnungsbü­chern, ließen sich Lohn- und Preisrei­hen, Reihen über Anbauergeb­nisse, über zeitgenössisches Verbrauchs­verhalten und schließlich über die Wirtschaftsführung der Anstalten selbst gewinnen. Das hierzu herangezogene Quellenmaterial hat sich als besonders ergiebig erwiesen und damit den Erwartungen ent­sprochen.

Freilich muß man sich über einen sehr banalen Sachverhalt klar sein: die Spitalschreiber des 17. Jahrhunderts stellten diese Rech­nungen nicht deshalb auf, damit Historiker Quel­len für ihre Untersuchungen haben. Deshalb konnte das Material nicht in jeder Hinsicht den An­forderungen entsprechen, die heutzutage an die Grundgesamtheiten statistischer Untersuchungen gestellt wer­den. Praktisch bei allen Preis­reihen, vor allem aber auch bei den Löhnen, kamen durch die Bil­dung von Datenreihen Unsicher­heiten zum Tragen. Hier gab es die größten Schwierigkeiten, etwa wenn das Zustandekommen erhobener Taglöhne nachvollzogen werden mußte. Mögliche Handwerker-Budgets ließen sich erst gar nicht er­mitteln, weil Aussagen über eventuelle Landwirt­schaft im Nebenerwerb nur eingeschränkt möglich waren. Aber solche Unsicherhei­ten wurden zugunsten gröberer Untersuchungs­ziele hingenommen.

Auf dem Quellenmaterial aufbauend konnte eine Methode zur Preis­bereinigung entwickelt werden. Das benutzte Wägungsschema beruht auf dem Gedanken, daß sich Veränderun­gen im allgemeinen Verbrauchsverhalten auch in jenem der Spitäler niederschlugen. Somit boten die spitalischen Rechnungsbücher Datenreihen, mit deren Hilfe das Wägungsschema für Preisbereinigun­gen in Abhängigkeit zu den realen Verbrauchsverhältnissen bestimmt werden konnte. Unterschiede etwa in den Verzehrge­wohnheiten traten nachweis­lich ge­rade während des Untersuchungszeitraums auf. Die Vorteile des Wä­gungsschemas zeigten sich unter anderem in der Be­wältigung einer Sche­renbildung zwischen Preisen und Löhnen zu Be­ginn der 1640er Jahre.

Methodisch erwies es sich als wichtiger Vorteil, daß quantitativ ermit­telte Ergebnisse durch die Besitzgeschichte der Anstalten, durch die Untersuchungsberichte österreichi­scher Kommissare, durch Tax­ordnungen und durch Münzerlasse erhärtet werden konnten. Schließlich wurden die Spitalhaushalte vor diesem methodischen Hintergrund ana­lysiert, wozu die Begriffe Versorgungskapazität und Versorgungsleistung Verwendung fanden, um das reale Verhalten der Anstalten messen zu können. Dieses liefert Hinweise auf eine mögliche Reaktion auch pri­vater Verbraucher auf die Probleme der Zeit. Darauf wird spä­ter abschließend eingegangen.

Der doppelköpfige Charakter der Spitäler als landwirtschaft­licher Großbetrieb und als Versorgungsanstalt für Bedürftige zeichnete sich in allen drei Fällen bei der jeweils erst­mals zusammengefaßten Besitz­geschichte deutlich ab. Eigene landwirtschaftliche Betriebe produzierten in der Vorkriegszeit den Grundbedarf an Le­bensmitteln. Die zwei größeren Anstalten ernteten so viele Naturalien, daß sie sogar deren Verkauf zur Kapitalbildung einsetzen konnten, nicht jedoch jene in Herrenberg. Bei den Geldeinnahmen dominierten die Gült- und Zins­gelder, Hinweis auf das damals florierende Kredit­geschäft, welches vor allem die Herrenberger Anstalt nach Kriegsende weiter ausbaute. Das Pfründgeschäft blühte bis zum Kriegsbeginn und besonders in den Jahren zwischen der Kipper- und Wip­perzeit und der heißen Kriegs­phase im Untersuchungsgebiet. Vor dem Krieg gab es eine ausgegli­chene Struktur zwischen Naturalerträgen und Geldeinnahmen, die aller­dings durch den Krieg aus dem Gleichgewicht gebracht wurde. Wie gesund diese Struktur war, zeigt sich unter an­derem daran, daß keiner der Spitäler zu Neuverschuldungen gezwun­gen war, höchstens einmal bei größeren Baumaßnahmen auf den Kapitalmarkt zurückgreifen mußte.

Unter den drei Anstalten war jene in Rottenburg bei weitem die be­deutendste. Ihre Ver­sorgungskapazität, ihre Versorgungsleistung und ihre Besitzrechte waren am umfangreichs­ten. Sie übertraf die in Horb fast um das Doppelte und die Herrenberger um das Vier­fache. Grundlage ihrer dominanten Stellung waren die selbst bewirtschafteten Hofgüter, umfangreiche Zehntrechte und der Weinbau. Für die Horber Anstalt zahlten sich demge­genüber ihre Ortsherrschaften nicht aus. Sie wandte für ihre Versorgungspflichten aber immerhin noch etwa doppelt soviel wie jene in Herrenberg auf. Der Herrenber­ger Spital verköstigte vor Kriegsbeginn etwas mehr als 40 Personen. In der Rottenburger Anstalt leb­ten zur selben Zeit circa 100 Personen, nach dem Krieg nur noch etwas mehr als die Hälfte. Die wirtschaftlichen und sozialen Einflüsse waren indessen sehr ähnlich, was sich nicht zuletzt in einer einheitlichen Pe­riodisierung niederschlug. Sogar in Herrenberg gab es ähnliche Ver­brauchsperioden wie in Hohenberg. Unterschiede zwischen den Anstal­ten las­sen sich zu einem großen Teil durch den Charakter der jewei­ligen Stadt erklären. Deren Ein­wohnerzahl und wirtschaftliche Bedeu­tung spiegelte sich in den Fürsorgeeinrichtungen wieder.

Als wichtigstes Getreide bauten alle drei Anstalten Dinkel an. Hafer spielte als Pferdefut­ter eine Rolle. In den beiden Hohenberger Spitä­lern wurde viel Wein angebaut, vor allem in Rottenburg. Für Herren­berg hatte der Weinbau hingegen nur eine unterge­ordnete Be­deutung.

Den gemeinsamen Entwicklungen stehen aber auch deutliche Unter­schiede zwischen den drei untersuchten Spitälern gegenüber. Ob­wohl die Untersuchungsobjekte einander unmit­telbar benachbart waren, zei­gen sich lokale Sonderentwicklungen. Vor allem gab es für die drei Städte keinen homogenen Markt[921]. Dafür sorgten schon alleine die sehr hohen Trans­portkosten, die selbst bei bestehender Markttranspa­renz einen Ausgleich vieler Preise ver­hindern mußten. Solche Unter­schiede wurden zeitgenössisch, zum Beispiel in den Taxord­nungen, immer wieder betont, ihre Ursachen dargelegt. Freilich gab es überre­gionale Trends, die sich im parallelen Verhalten von Preis- und Lohnreihen niederschlugen. Zum Beispiel hingen gewerbliche Preise deutlich von den großen Messen in Frankfurt und Straßburg ab. Diese überregionalen Trends lassen sich auch in anderen württember­gischen Orten ablesen. Ansonsten waren es die Fleischpreise, welche sich in allen drei untersuch­ten Orten am kontinuier­lichsten und am einheitlichsten entwickelten. Hin­gegen deuten größere Differenzen bei den Getreidepreisen darauf hin, daß sie stär­ker im lokalen Rah­men gebildet wurden. Diese Erkennt­nisse machen besonders deutlich, wie nötig lokale Un­tersuchungen für wirtschafts- und sozialpolitische Fragestellungen über die Frühe Neuzeit sind.

Die ermittelten Ergebnisse ließen sich in einer Gesamtdar­stellung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zusammenführen. Die dabei ermittelten Peri­oden sind ein wesentli­ches Ergebnis der vorliegenden Unter­suchung. Sie stimmten für das gesamte Untersu­chungsgebiet überein, wobei sich die Wendepunkte als in aller Regel von exogenen Fakto­ren bestimmt erwiesen. Insbesondere spielten die Kipper- und Wipper­krise 1622, die Schlacht von Nördlingen 1634 und der Ab­zug der Besatzungstruppen 1650 jeweils eine ent­scheidende Rolle. Die meisten festgestellten Auswirkungen auf die Spitäler und deren Re­aktionen lassen sich also exogen, vor allem durch den Krieg, erklären. Exogene Booms, etwa der Gesamtindizes, be­wirkten ihrerseits aber wiederum strukturelle Änderungen. So verschob sich das Verhältnis von Preisen zu Löhnen bei der Ausgabenstruktur. Insgesamt paßten die Spital­verwaltungen ihre Verbrauchsgewohn­heiten den Kriegsläufen an. Zur Formulierung dieser Verände­rungen erwies sich das me­thodische Instrumentarium der vorliegenden Arbeit als tauglich. Der Untersuchungszeit­raum war indessen zu kurz be­messen, um endogene wirtschaftliche Faktoren erkennen zu können. Im fol­genden sollen nun die einzelnen Perioden der wirtschaft­lichen und sozialen Entwicklung vorgestellt und Schlüsse auf Veränderungen der allgemeinen Lebensverhält­nisse gezogen werden.

Während der Vorkriegszeit bis hin zur Kipper- und Wip­perkrise machten sich unterschied­liche Preise vor allem als Folge von Ernte­zy­klen bemerkbar. Mißernten trieben beispiels­weise die Preise in die Höhe, so jene für Wein seit 1607. Getreide kostete nach Mißernten besonders viel zwischen 1609 und 1615. Anschließend verbilligte es sich wieder. In dieser Periode scheinen also in erster Linie Erntezy­klen preisbil­dend gewirkt zu haben. Alle fol­genden Vergleiche beziehen sich auf diesen Zeitraum, Entwicklungen werden von ihm aus beurteilt.

Mit der Kipper- und Wipperkrise begann 1622 eine enorme Teue­rung, welche Preise und Löhne und somit auch den Gesamtindex in die Höhe trieb. Dafür können Witterungsver­hältnisse kaum verantwort­lich gewesen sein, da die Ernteerträge in etwa normal blieben. Exo­gene Einflüsse sind vielmehr in der staatlichen Politik zu suchen. Wollten frühneuzeit­liche Staaten Budgetdefizite ausgleichen, so konnten sie dazu entweder ihre Münzen ver­schlechtern oder Kredite aufneh­men. An der Steuerschraube ließ sich damals weniger stark dre­hen. Gerade aber die Kriege der Zeit kosteten viel Geld. Deshalb stieg die Staatsverschul­dung enorm. Bis in die Spitalhaushalte hinein wirkte sie sich aus, in­dem die Rubriken der Restanzen anschwollen, welche zu einem erheb­lichen Teil aus Schulden der öffentlichen Hand bestanden. Staatliche Kassen und Privatleute konnten bald ihre Zinsen und Tilgun­gen nicht mehr bezahlen, weshalb die Restanzen vor allem während der 1630er Jahre wei­ter an­schwollen. Dieses Phänomen war in Horb und Rotten­burg gleicherweise erkennbar. Das andere Mittel, die Münzverschlech­terung, steht ursächlich hinter der Kip­per- und Wip­perinflation.

Die Inflation wirkte sich nachhaltig auf die wirtschaftliche und soziale Situation und somit auf die gesamten Lebensverhältnisse aus. Es kam in allen Orten zu einer Scherenbildung zwi­schen dem Verbrauch von elastisch nachgefragten Nahrungsmitteln und jenem von Grundnah­rungsmitteln. Man schränkte sich also auf das Lebensnotwendige ein. In dieser Lage brachte eine hohe Grundversorgung durch Eigenbau enorme Vorteile. Auch Hand­werker konnten diese Krise verkraften, sofern sie oder ihre Familienangehörigen zur Selbstversorgung Äcker im Nebenerwerb oder im Zuerwerb bestellten. Wer von seinem Hand­werk alleine lebte, hatte es besonders schwer, da die Löhne eine Zeit lang hinter den Preisen herhinkten. Die Herrschaft versuchte der Teuerung durch Mün­zedikte und Preis­regulierungen zu begegnen. Es handelte sich um echte Preistaxen, welche Höchstpreise vor allem für agrarische Pro­dukte festlegten. Die Taxordnungen beeinflußten in je­dem Fall die wirtschaftliche Entwicklung nachhaltig, ob jedoch eher negativ oder positiv ist schwer zu entscheiden. Negativ insofern, als sich die staat­lichen Steuerungssysteme als problematisch erwiesen. Sie destabilisierten die Märkte, wofür ein ständiger Regelungsbedarf symp­tomatisch ist. Vor allem führten sie, weil Produzenten ihre Waren zurückhielten, zu einer Versorgungskrise. Ob der tatsächlich recht bald erreichte Preisstop diese Nachteile auf­wiegen konnte, läßt sich kaum entscheiden. Er könnte auch Indiz für eine beginnende Be­schäftigungskrise sein.

Gerade die ländliche Bevölkerung scheint damals die Lust an der Ar­beit verloren zu ha­ben, schändlicher Müßiggang machte sich breit. An Leibskräften wolvermögliche, Mann und Weib verweigerten sich vast aller Handarbeit und wendeten sich stattdessen schandtlich auf den Bettelstab…, wobei sie andern ehrlichen Leuten mit vilen Kindern und gantzen Haushal­tungen,… täglich vor den Thüren ligen, zumahl den rechtdürftigen das liebe Almusen gleichsam aus dem Rachen reißen[922]. Handwerker sprachen ihre Preise ab und trieben damit offenbar die Empörung ihrer Kunden auf den Gipfel, was auch leichtlich zu ge­meinem Aufstand die­nen köndte[923]. Daß es mit der Arbeitsmoral bergab ging, lag vermutlich in erster Linie an den erzielbaren Löhnen. Sie standen in keinem angemessenen Verhältnis zu den Kosten, die davon bestritten werden mußten. Mangel, Hunger und Kummer machten sich damals vor allem unter der städtischen Bevölkerung breit, wohin­gegen es der Landbevölkerung besser ging, da diese den Bauern ihre Produkte direkt von der Tenne weg abkaufte. Die Städte seien zu Dörfern, die Dörfer zu Städten geworden, hieß es 1623 aus dem Tübinger Amt[924].

Der Kipper- und Wipperinflation folgte seit etwa 1627 eine Stabili­sierung der Preise auf niedrigerem Niveau. Normale Ern­teergebnisse und obrigkeitliche Maßnahmen waren für diese Besserung entscheidend. Im Untersuchungszeitraum erreichte der Lohnsatz für Handwerker da­mals nach dem Inflationsschub der Kipper- und Wipperzeit eine Höhe von 24 Kreuzern je Tag, welcher im wesentlichen während des gesamten 18. Jahrhunderts er­halten blieb und wohl nur noch kurzzei­tig zurückging.

Einen nachhaltigeren und schlimmeren Rückschlag als die Kipper- und Wipperzeit brachte für den Südwesten der eigentliche Kriegsbeginn 1634, nach der Schlacht von Nördlingen. Die Störein­flüsse des Dreißigjährigen Krieges suchten seitdem das gesamte Untersuchungs­gebiet auf direkte Art und Weise heim, praktisch ohne Unterschied der be­troffenen katholischen oder protestantischen Territorien. Eine Versorgungskrise entstand, bei­spielsweise, als schwedische und württem­bergische Truppen durch Horb zogen und un­ser… zuvor einge­heimbste Erndt ufgezehret[925]. Aber nicht nur wegen der verstärkten Nach­frage durch einquartierte und foura­gierende Truppen, sondern besonders wegen kriegsbe­dingter Ernteaus­fälle kam es zu Versorgungs­krisen. Vor allem auf dem Land lagen die Felder jah­relang brach. Die Horber Amtsflecken wurden von durchziehenden Truppen immer wie­der grundtsverderblich ruiniert und darüberhinaus  die Bewohner auch gahr von Haus und Hof veriagt, maßen in keinem Fleckhen eintziges Mensch, zuegeschweigen ein Stückhlin Vich mehr zuefinden[926]. Es kam wegen der Landflucht zu einem regelrechten Stadt-Landge­fälle. Die Städte ihrerseits trafen Plünderungen und Stadtbrände be­sonders hart, trotzdem behielten sie mehr noch als in Friedenszeiten ihre zentrale Funktion. Aber auch deren Bürgerschaft, welche oftmals bis zur Ernte kaum etwas zu Essen hatte, stand kurz davor, aufzugeben. So­fern Besatzungstruppen noch weiter wie bisher mit ihnen umgehen würden, so klagten die Horber, wier gantz unverschuldterweis gleichergestalt Haus undt Hof verlassen undt das be­triebte Exilium suechen müessen[927]. Die Preise stiegen enorm, weshalb die Ge­samtindizes einen zweiten Boom durchliefen, den nach­haltigsten im Untersuchungs­zeitraum. An­gesichts dieser Umstände wun­dert es nicht, daß der Kriegsbeginn ein ent­scheidender Ein­schnitt auch beim Konsumverhalten war, die Ver­brauchsmengen gingen ra­pide zurück. Elastisch nachgefragte Lebens­mittel wie Fleisch und Wein dürften weitge­hend reduziert worden sein. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, daß einquartierte Solda­ten einen Teil der luxuriöseren Verpflegung genossen. Als Folge des Krieges ist zu werten, daß der Herren­berger Spital 1637 die eigene Haushaltung auf­gab. Seine Insassen waren gestorben, neue nahm er nicht mehr auf.

Eine Änderung zeichnet sich im Jahr 1641 ab. Damit beginnt die vierte Periode. Deren Ur­sachen lassen sich wegen einer nur mäßigen Quellenlage nicht eindeutig klären. Wichtig wären Informationen über die Entwicklung der Bevölkerung, wie sie aus einzelnen Jahren für Herrenberg und Württemberg vorliegen. Vermutlich war die Bevöl­kerung so stark de­zimiert, daß die Angebots- und Nachfragestruktur umkippte. Die Änderung bestand haupt­sächlich in einer Scherenbil­dung zwischen Preisen und Löhnen. Zuvor hinkten die Löhne den Preisen hinterher, anschließend umgekehrt. Es kam zu einem nachhal­tigen Preisverfall für agrarische Produkte. Hingegen hielten die Löhne ihr altes Niveau. In Warenkörben müssen wegen der Scherenbildung 1641 unbedingt beide Reihen berücksichtigt werden. Nur ihr Zusam­menwirken läßt eine Preisbereinigung zu. Für den nach dem Ver­brauchsverhalten der Spitäler maßgeblichen Warenkorb kamen die Lohnkosten immerhin mit einem Fünftel zum Tragen. Von hohen Lohnanteilen in einem Handwerkerbudget ließ sich vor allem nach 1642 profitieren, wohingegen Bauern beim Verkauf ihrer Produkte das Nachsehen hatten. Diese Pe­riodengrenze findet auch ihren Niederschlag in den staatlichen Preisre­gulierungen. Die In­tentionen der Taxordnun­gen wandelten sich in den 1640er Jah­ren vom Schutz der Konsu­menten zum Schutz der land­wirtschaftlichen Produzenten.

Vor allem richteten sich die Taxordnungen nunmehr gegen jene Lohn­empfänger, welche die enorme Nachfrage nach ihren Diensten ausnutzten. Sie diktierten ihre Forderungen und paßten ih­ren Lebenswandel – zum Beispiel durch entsprechenden Kleidungsaufwand – der starken Posi­tion, die sie innehatten, an. Einige von ihnen verübten angeb­lich al­lerhand Sünden, Schandtaten und Laster, indem selbige, ohne Under­schid von Männern, Weibern, Wittfrawen und lediger Bursch, hie und dorten in Cammern, Stuben, Stallungen und anderswo zusammen­schlupfen, in Worten und Wercken ärgerlich leben und in einem fast wilden barbari­schen We­sen ufwachsen, und mit großer Verachtung des Gottesdienst dahin geben[928]. Lohn­empfänger zeichneten sich angeblich durch ihren Mutwillen und Halsstarrigkeit bei Lohnan­sprüchen aus. Gleichzeitig hatte sich der Ehehalten Stand und Condition umb ain nambhaf­tes gebes­sert[929].

Die Zustände nach dem Krieg begannen sich eigentlich erst nach dem Jahr 1650, vielleicht erst 1654, zu normalisieren. Bis dahin belasteten einquartierte Truppen die Wirtschaft des Untersuchungsgebietes. Allerdings erholte sich die Landwirtschaft bereits seit dem Ende der 1640er Jahre. Nach Kriegs­ende blieben die Getreideerträge freilich geringer als vor Be­ginn. Die zwei hohenbergischen Anstalten bewirtschafteten zwar ihre Äcker erneut, aber deren Er­träge erreichten den alten Stand doch nicht mehr. Vielleicht war hierfür ein Mangel an Zugvieh verantwortlich. Insbesondere der Rottenburger Spital inve­stierte auch wie­der in den Weinbau. Allerdings konnten die Leistungen der abge­brannten Keltern erst am Ende des Untersuchungszeitraums wie­der das alte Niveau erreichen. Die Qualität des Gewächses nahm möglicherweise wegen zu schneller Bepflanzung der Weingärten ab. Trotz­dem war die Anbauentscheidung der beiden Anstalten folgerichtig, weil Wein lange Zeit mehr einbrachte als andere land­wirtschaftliche Pro­dukte. Vor Kriegsbeginn la­gen all­gemein die Preise höher als da­nach. Beim Wein jedoch machte sich der Preisverfall nach dem Krieg lang­samer bemerkbar, die Weinpreise blieben wesentlich länger über dem Vor­kriegsniveau. Erst seit 1668 sanken sie darunter. Auch beim Getrei­deanbau rea­gierten die Spitäler in gewisser Weise auf die Kriegswir­kungen. Die Horber Bediensteten bauten nach dem Krieg mehr Hafer als vorher an. Unterdurchschnittliche Ernteergebnisse beim Ge­treide und beim Wein und Teuerungen zwischen 1660 und 1667 beeinträch­tigten die Wirt­schaft nur leicht. Im Gegensatz zu den un­tersuchten hohenbergischen Anstalten verlagerte die Herrenberger ihre Mittel auf das Kreditgeschäft. Bei allen Spitälern gewan­nen also ent­weder der landwirtschaft­liche Betrieb oder das Kapitalgeschäft nach Kriegs­ende erheb­lich an Be­deutung.

Dagegen sank die Versorgungsleistung, vermutlich wegen gerin­gerer Nachfrage. Ange­sichts der beispielsweise in Württemberg auf ein Vier­tel reduzierten Bevölkerung und der niedrigen Lebensmittelpreise, wel­che auch niedrig bezahlten Arbeitern ein Auskommen ermöglichten, wäre diese Entwicklung plausibel. Allerdings könnte auch eine bewußte Ent­scheidung der Verant­wortlichen dafür mitverantwortlich sein. Denn auf einen nach wie vor bestehenden Bedarf nach sozialer Fürsorge deuten einzelne Aussagen hin. So hieß es vom Horber Spital 1669, daß dort die Pfründner und armen Bresthaften gleichsam Hun­ger und Noth litten und sich mit leufigen Zähren und hertztrengen­den Seufzen beklagten, darüber­hinaus galten deren Bekleidung und Unter­haltung als höchstens bedürftig und nöthig[930]. Auch an der Bausubstanz der Horber Anstalt gab es nach Kriegsende ange­sichts des gleich­samb stündtlich, ja augenblückhlichen besorgenden gantzlichen Einfahls viel zu tun[931]. Diese Zustandsbeschreibungen müssen freilich auch politisch verstanden werden, da es galt, die Zahlung ausstehender Restanzen von der Herrschaft zu erwirken. Trotzdem scheint es auch angesichts wieder steigender Konsummengen in den hohenbergischen Spitälern Eng­pässe gege­ben zu haben.

Dem­gegenüber stellten die Anstalten ihre wirtschaftliche Basis schnell wieder her. Die benötigten Geldmittel erbrachten unter anderem Frucht­verkäufe. Durch den Krieg än­derte sich folglich die soziale und wirtschaftliche Struktur der Spitäler erheb­lich. Nach Kriegsende blieb die Versorgungsfunktion zugunsten der Wirtschaftstätigkeit einge­schränkt. Auch die Konsumgewohnheiten hatten sich geän­dert. Fleisch kam verhältnis­mäßig seltener auf den Tisch, Wein etwas mehr. Noch in weitaus größerem Maße als vor dem Kriegsbeginn kann für diesen Zeitraum der Dinkel als das Grundnahrungsmittel schlechthin bezeich­net werden. Für die Reduktion des Fleischverbrauchs spricht auch der Umstand, daß die Fleischpreise nicht unter das Vorkriegsniveau fielen, sondern dieses zu­mindest hielten.

Die Aufwendungen der Spitäler für Nahrungsmittel sanken nach Kriegsende gewaltig, wo­hingegen die Lohnanteile auf mehr als ein Drittel stiegen. Diese Entwicklung läßt sich ab den 1640er Jahren be­obachten. Lohnempfängern ging es nach Kriegsende folglich relativ besser, weil ihre Einkünfte stiegen und die Preise fielen. Die Obrigkeit bekämpfte wie seit 1642 weiterhin die Lohnforderungen durch Taxordnun­gen. Noch konnten es sich die Die­ner leisten, trotzige Worte gegen ihre Herren zu erheben, zu koldern und zu boldern, ihren Zorn und Unwillen an Geschirr und Mobilien, an Kindern, dem Meister und dessen Frau auszulassen[932]. Wieder schlossen sich Handwerker zusam­men, setzten Unwil­lige als Stimpler unter Druck[933]. Damals sollten die Verordnungen den durch das höchstleidige Kriegswesen eusserst rui­nirten Bawers­mann, den der höchste Unwert der lieben Früchte vom Feldge­schäft abschreckte, schützen. Zu seinen Ungunsten wirkte sich die Clämme des zumal kostbaren Gesinds und Ehehalten aus[934]. Auch Handwerker klagten, weil sie ihren Gesellen die Löhne von Meistern zahlen mußten, wenn sie überhaupt noch welche bekommen wollten[935]. Die Gesellen arbeiteten lieber auf den Dörfern, weil ihnen die Bauern zum Taglohn noch reichlich Es­sen und Trinken gaben[936]. Vor allem ausländische Taglöhner, von denen sich solche aus Tirol und aus der Schweiz in den Rechnungs­büchern nachweisen lassen, standen im Ver­dacht, die Löhne zu steigern: durch ihr immer­forttreibendes hohes Taglohnen dem in­geseßenen erarmten Landtman das Brot gleichsam vorm Mund abschneiden, hernachmals das einge­seckelte Gelt außer Landts hinwegtragen[937]. Auch importierte alkoho­lische Getränke und Tabak waren der Regierung ein Dorn im Auge, alle beede denen bösen Haushaltern nur zu täglichem Zechen Anlaß gibet, zur Arbeit schlummerig und verdrossen machet, und zumal we­gen des Feuers, wie die eingeloffene Exempel schon bezeuget haben, gantz gefährlich seynd[938]. Gegen solche Genußmittel wie auch gegen Kleiderpracht richteten sich die Ord­nungen deshalb, weil die leidige Hoffart Bedien­stete zu höheren Lohnforderungen oder gar zum Diebstahl antrieb. Nach Kriegsende blieben die Gesamtindizes, die ja auch die Lohnent­wicklung berücksich­tigen, trotz des Preisverfalls höher als vor der Kipper- und Wipperzeit. Seit 1674 kam es zu einer neuen Teuerung.

Die arme, übel verderbte Underthonen klag­ten während des Dreißig­jährigen Krieges immer wieder über ihren ublen Standt undt ertaurter Ruin[939]. Was bisher vor allem in literari­scher Form über die durch den Krieg veränderten Lebensver­hältnisse bekannt war, konnte in der vorliegenden Arbeit anhand einer regionalen Untersuchung durch neue Aspekte erweitert werden. Dabei erwiesen sich die Quellengruppe spitalischer Rechnungsbücher und ein speziell auf diese abzielender methodischer Ansatz als besonders hilfreich.

Abkürzungsverzeichnis

Abb = Abbildung

Abh = Abhandlung

AID = Auswertungs- und Informations­dienst der Landwirtschaft

Anm = Anmerkung

Apr = April

Aufl = Auflage

Aug = August

Bd = Band

Bde = Bände

bearb = bearbeitet

Bl = Balingen

Bü = Büschel

Bz = Batzen

Cap = caput

Ders = derselbe

Dez = Dezember

Diss = Dissertation

Dr = Doktor

Ebd = ebenda

f = folgend

Feb = Februar

ff = fortfolgende

fl = Gulden

flrh = Gulden rheinisch

fol = folio

H = Heft

h = Heller

Hbg = Herrenberg

HDSW = Handwörter­buch der Sozial­wissen­schaf­ten. Zugl. Neu­auf­la­ge des Hand­wör­ter­buchs der Staats­wis­sen­schaf­ten, hg. v. Erwin Beckerath u.a. 12 Bde. Stuttgart, Tübingen, Göttingen 1956-1965.

HdWW = Handwörter­buch der Wirt­schafts­wis­sen­schaft. Zugl. Neu­auf­la­ge des Hand­wör­ter­buchs der Sozial­wis­sen­schaf­ten, hg. v. Willi Albers, Karl Erich Born u.a. 10 Bde. Stuttgart, New York, Tübingen, Göttingen, Zürich 1977-1983.

Hg = Herausgeber

hg = herausgegeben

Hor = Horb

HRG = Handwörterbuch zur deut­schen Rechts­ge­schich­te, hg. v. Adalbert Erler u. Ekkehard Kaufmann, bis­her er­schie­nen Bde. 1-3, Berlin 1971 – 1984.

Hs = Handschrift

hs = handschriftlich

HStASt = Hauptstaats­archiv Stuttgart

iur = iuris

J = Jauchert

Jan = Januar

Jbb = Jahrbücher

Jg = Jahrgang

Jul = Juli

Jun = Juni

Kap = Kapitel

KB = Kreisbeschreibung

kg = Kilogramm

LaBu = Lagerbuch, Lagerbücher

lbh = Pfund Heller

Lfg = Lieferung

Lib = librum

LThK = Lexikon für Theologie und Kir­che, hg. v. Josef Höfer u. Karl Rahner, 2. neu­be­arb. Aufl. 10 Bde. u. ein Re­gis­ter­band, Freiburg 1957 – 1967.

M = Morgen

masch = maschinen­schriftlich

Mmd = Mansmad

Mrz = März

Mtr = Malter

Nachdr = Nachdruck

Nov = November

Nr = Nummer

OAB = Oberamts­beschreibung

Okt = Oktober

PfarrA = Pfarrarchiv

Pfd = Pfund (Gewicht, historisch)

r = recte

Rbg = Rottenburg

ReBu = Rechnungsbuch, Rechnungs­bücher

S = Seite

Sep = September

SO = Sommer

Sp = Spalte

SpitA = Spitalarchiv

St = Sankt

StadtA = Stadtarchiv

ßl = Schilling

T = Teil

TLA = Tiroler Landesarchiv

Tü = Tübingen

TW = Tagwerk

u = und

übers = übersetzt

Univ = Universität

v = verso

vgl = vergleiche

Vtl = Vierteil

WI = Winter

Wiss = wissenschaftlich

WJbb = Württem­bergische Jahr­bü­cher für Sta­tis­tik und Lan­des­kun­de, hg. v. d. kö­nig­li­chen sta­tis­tisch-to­po­gra­phisch­en Bur­eau, Stuttgart.

WR = Württembergische Regesten

WVjH = Württemberg­ische Vier­tel­jahr­es­hef­te für Lan­des­ge­schich­te, hg. v. d. kö­nig­li­chen sta­tis­tisch-to­po­gra­phi­schen Bur­eau, Stuttgart 1 (1878) ff.

xer = Kreuzer

zugl = zugleich

ZWLG = Zeitschrift für würt­tem­ber­gische Lan­des­ge­schichte

Quellenverzeichnis

HAUPTSTAATSARCHIV STUTTGART (HStASt)
A 206 Bü 2392, 2399, 2415, 2432, 2481;-
A 231 Bü 31, 32, 33, 35, 36, 38, 41, 42, 43;-
A 357 Bü 1, Nr.1;-
A 357G Bü 1;-
B 19 Bü 97, 98, 104, 105, 112;-
B 30 Bü 262;-
B 37a Bü 9-12;-
B 40 Bü 263;-
B 41 Bd.3, 9;-
B 43 Bü 7, 7a.

SPITALARCHIV HORB (SpitA Horb)
Lagerbücher 1560, 1663, 1664, 1665 (Salzstetten), 1767, 1767/68, 1768, 1768 (Salzstetten);-
Rechnungsbücher 1607-1612, 1614-1641, 1643, 1644, 1646-1656, 1658-1669, 1671-1674.

STADTARCHIV HERRENBERG (StadtA Herrenberg)
Bürgermeisterrechnungen 1600-1604, 1606-07, 1609, 1611, 1613-33, 1638-40, 1641/42, 1643/46, 1646-74;-
Bestand H: Hospitalpflege H1 (1482, 1484, 1492/94, 1499, 1501, 1507-1509, 1513-1517), H2-H55 (1520-1573), H56 (1575), H57 (1577), H58 (1582), H59-H61 (1585-1587), H62-H66 (1589-1593), H67-H75 (1595-1603), H78-H83 (1605-1611), H85-H111 (1613-1639), H111a (1640-1644, 1645/1648 in einem Band), H112-H115 (1649-1653), H116-H134 (1656-1674), H401 (1495), H402-403 (1525), H404 (1530), H405 mit Duplikat H406 (1579), H407 mit Duplikat H408 (1612), H409 mit Reinschrift H410 (1674/75), H411 mit Reinschrift H412 (1754), H412A (1740): Gülthof in Hailfingen, H412B (1765): Spitalhof in Gär­tringen, H413A-H417: Gültstaatbücher, H418-H435: Haischbü­cher, H 404 (LaBu des Spitals von 1530), H 406, H 501, H 502,503, H 505,506, H 514, H 516, H 517 C, H 581 (1638-1809), H 583, H 401-H 442;-
Chronik des Vogtes Gottlieb Friedrich Hess, 4 Bde, hs. Abschrift aus dem Jahr 1775;-
E 7: Kriegskontributionen;-
Gerichtsprotokolle 1650-1661, 1661-1672.

STADTARCHIV ROTTENBURG (StadtA Rotten­burg)
Bestand Spital, Rechnungsbücher von: 1527, 1528, 1576, 1590 (Fragment), 1597, 1598, 1600, 1602-1604, 1607, 1609, 1610, 1616, 1619-1626, 1628, 1632-1635, 1636/1639 (eine Rechnungsperiode), 1640-1661, 1663-1674;-
Rechnungsproto­kolle von: 1589, 1598, 1600, 1602, 1604, 1608, 1609, 1612, 1615, 1618, 1622-1626, 1628, 1630, 1632, 1636/1639 (eine Rechnungsperiode), 1642, 1645, 1649, 1654, 1658, 1662, 1663, 1665, 1667, 1669;-
Hausbücher von: 1610-1612, 1616-1618, 1621-1625, 1628, 1631, 1634, 1636, 1638, 1640-1644, 1651, 1652, 1657-1659, 1663, 1665, 1667-1674;-
C 28, 4-6, 12 u. H 2,2;-

Badstubenrechnung: Summa­rische Reytung über des Spitals aygenthümblich newerbawet Bad in der Vorstatt gelegen; 11 Blatt, bei der Rechnung 1602 lie­gend. Daselbst: Prothocoll über des Spitals Badt in der Vorstatt was der Bawschilling cost und darufgegangen biß es ufferbawet worden angefangen 16. July 1600;-
Herbstbücher seit 1622;-
Urbare von 1494, 1537 und 1598, 1789.

TIROLER LANDESARCHIV INNSBRUCK (TLA)
Hs.2402: Kommissionsbericht der Landesherrlichen Regierung über die Stadt Rottenburg;-
Kopialbücher Bd.908;-
Leopoldinum B Nr.133.

Literaturverzeichnis

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[1]Ulf Dirlmeier, Untersuchungen zu Einkommensverhältnissen und Le­benshaltungskosten in oberdeutschen Städten des Spätmittelalters Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. (= Ab­handlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften phil-hist. Klasse Jg. 1978, 1. Abh.) Heidelberg 1978.

[2]Wolfgang von Hippel, Bevölkerung und Wirtschaft im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Das Beispiel Württemberg, in: Zeitschrift für Historische Forschung 5 (1978) S.413-448.

[3]Wilhelm Abel, Zur Entwicklung des Sozialprodukts in Deutschland im 16. Jahrhundert. Ver­such eines Brüc­kenschlags zwischen Wirt­schaftstheorie und Wirtschaftsgeschichte, in: Jbb. f. Nationalökono­mie u. Statistik 173 (1961) S.448-489;- Ders., Agrarkonjunktur, in: HDSW 1 (1956) S.49-59;- Ders., Massen­armut und Hun­gerkrisen im vorindustriellen Deutsch­land, Hamburg und Berlin 1974;- Ders., Agrarkrisen und Agrarkon­junktur. Eine Geschichte der Land- und Ernährungswirtschaft Mitteleuropas seit dem hohen Mittelal­ter. 3. neubearb. Aufl. Hamburg u. Berlin 1978.

[4]Thomas Robert Malthus, Das Bevölkerungsgesetz, hg. u. übers. v. Christian M. Barth, Mün­chen 1977 S.18.

[5]Einen Überblick bietet: Winfried Schulze, Einführung in die Neuere Geschichte, Stuttgart 1987 S.95-123: Von der Agrarwirtschaft zur Industrialisierung.

[6]Wilhelm Abel, Agrarkrisen bes. S.144ff.

[7]Hippel, Bevölkerung und Wirtschaft S.415.

[8]Ebd. S.415, 431 Anm.70.

[9]Moritz John Elsas, Umrisse einer Geschichte der Preise und Löhne in Deutschland vom aus­gehenden Mit­telalter bis zum Be­ginn des Neunzehnten Jahrhunderts, 2 Bde. Leiden 1936 u. 1949;- Abel, Agrarkrisen;- Hippel, Bevölkerung und Wirtschaft S.414.

[10]Frank Göttmann, Getreidemarkt am Bodensee. Untersuchungen zu wirtschaftlichen, regiona­len und politi­schen Strukturen und Wand­lungen im schwäbisch-ostschweizeri­schen Raum in der zweiten Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert. Habilitationsschrift masch. Konstanz 1985.

[11]Hippel, Bevölkerung und Wirtschaft S.415.

[12]Zur Diskussion um die entsprechenden modernen Verfahren der Kaufkraftermittlung vgl.: Peter J. Denefje, Lebenshaltungspreisin­dex, in: HDSW 6 (1959) S.540-544.

[13]Dirlmeier, Lebensverhältnisse S.9-18 u. 26-38;- Abel, Agrarkrisen S.13 u. 140f.

[14]Dirlmeier, Lebensverhältnisse S.32-35.

[15]Taro Yamane, Statistik. Ein einführendes Lehrbuch. 2 Bde. Frankfurt a.M. 1976 Bd.1 S.287ff.;- Denefje, Le­benshaltungspreisindex.

[16]Dirlmeier, Lebensverhältnisse S.35.

[17]Vgl. hierzu Denefje, Lebenshaltungspreisindex;- Klaus Lange, Preisstatistik, in: HdWW 6 (1981) S.222-233.

[18]Hans-Jürgen Gerhard, Diensteinkommen der Göttinger Officianten 1750-1850 (= Stu­dien zur Geschichte der Stadt Göttingen Bd. 12) Diss. Univ. Göttingen 1978 S.168f: Gerhard kon­frontiert die Nominalwerte der Löhne Göttinger Officianten mit der Verän­derung des Preis­niveaus: „In der Konsequenz mußte so auf eine anteils­mäßige Bewertung der einzelnen Güter verzichtet und mit einem einheitlichen Warenkorb für alle Officianten gearbeitet werden. Lediglich der Ausnahmestellung des Roggens als Grund­nahrungsmittel wurde durch eine zweifache Berücksichtigung bei der Ermittlung des Gesamtpreis-Indexes Rechnung getra­gen“.

[19]Hippel, Bevölkerung und Wirtschaft S.415.

[20]Ebd. S.425.

[21]Leider erwiesen sich in möglichen württembergischen Spitälern entweder die Quellenüberlie­ferung für den Zweck gestört, oder aber die vorhandenen Rechnungsbü­cher durch die Art der Rechnungsführung als un­geeignet. Auch die benachbarte Reichs­stadt Reutlingen fiel als weiteres Vergleichsobjekt mangels Akten­substanz aus.

[22]Spitäler wurden wie große Haushalte geführt. Vgl. Ute Lindgren, Hospital, in: Lexikon des Mittelalters Sp.133-137 Sp.135.

[23]Württembergs Bevölkerung in früheren Zeiten, in: WJbb 1847 S.94-194 S.184. An dieser Stelle kann keine eingehende Pro­blematisierung der in den Württembergischen Jahrbü­chern vorge­nommenen Berechnungen der „Seelenzahl“ erfolgen. Die genann­ten Zahlen sollen deshalb le­diglich als Hinweis auf die Größen­ordnungen dienen;- Vgl. zu dieser Problematik allgemein: Kurt Andermann u. Hermann Ehmer (Hgg.), Bevölkerungsstati­stik an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit. Quellen und methodische Pro­bleme im überregionalen Vergleich (= Oberrheinische Studien Bd.8) Sigmaringen 1990.

[24]Wolfgang Hartung, Armut und Fürsorge. Eine Herausforderung der Stadtgesellschaft im Übergang vom Spätmittelalter zur Frühen Neuzeit, in: Joachim Jahn, Wolfgang Har­tung, Immo Eberl (Hgg.), Ober­deutsche Städte im Vergleich. Mittelalter und Frühe Neuzeit (= Re­gio Bd.2) Sigmaringendorf 1989 S.158-181.

[25]Den aktuellsten Überblick über den Gang der Spitalforschung bie­tet derzeit: Ralf Rei­ter, Städtische Ar­menfürsorge im Übergang vom 18. zum 19. Jahrhundert. Sozial-, wirt­schafts- und verwal­tungsgeschichtliche Untersuchungen zur Sozialpolitik der Stadt Ra­vensburg und ihrer Einrichtungen 1755-1845. Diss. Univ. Konstanz (= Konstanzer Dis­sertationen Bd.256) Konstanz 1989 S.1-24;- Rudolf Seigel, Spital und Stadt in Altwürt­temberg. Ein Beitrag zur Typologie der landstädtischen Spitäler Südwest­deutschlands (= Veröffent­lichungen des Stadt­archivs Tübingen Bd.3) Tübingen 1966;- Jürgen Sydow, Das Spital in der süd­westdeutschen Stadt, in: Beiträge zur Landeskunde. Regelmäßige Beilage zum Staats­anzeiger für Baden-Württemberg 5 (1974) S.6-9;- Bernhard Zel­ler, Die schwäbischen Spitäler, in: ZWLG 13 (1954) S.71-89; gleichzeitig erschienen in: Schwäbische Hei­mat 2 (1951) S.4-9;- Lindgren, Ho­spital.

[26]Zeller, Die schwäbischen Spitäler S.71.

[27]Seigel, Spital und Stadt S.40ff.

[28]Eine erste grobe Überprüfung dieser Angaben erlauben die in den württembergischen Visitati­onsakten des 16. Jahrhunderts mitgeteil­ten Einkünfte einiger württembergischer Spitäler. Vgl. Julius Rau­scher (Hg.), Württembergische Visitationsakten Bd.1: (1534) 1536-1540 (= Würt­tembergische Geschichtsquellen Bd.22) Stutt­gart 1932.

[29]Als Vermögen dieses Spitals errechnete Seigel auf Grund der Steuersumme 430 Gulden. Tatsächlich aber weisen Akten des Spitals 2573 Pfund Heller aus, welcher Betrag den von Seigel errechneten um das vier- bis fünffache übersteigt. Vgl. Otto Günter Lonhard, Das Spital zum Heiligen Geist in Blaubeuren, in: Ulm und Oberschwaben 39 (1970) S.26-80 S.69.

[30]In Frage käme beispielsweise auch eine Art von Rastermethode, die sich sowohl auf das den Lagerbüchern entnehmbare Vermö­gen der Spitäler an Grund- und Herrschafts­rechten, als auch auf die den Rechnungs­büchern entnehmbaren Effektiveinnahmen und Ef­fektivausgaben beziehen könnte.

[31]Vgl. Anm. I,25 u. I,32. Ich nenne hier des weiteren nur jene Veröffentlichungen zur Spital­geschichte, die umfangreiche Daten­reihen zur Verfügung stellen: Wolfgang Berweck, Das Heilig-Geist-Spital zu Villin­gen im Schwarzwald von der Gründung bis zum Beginn des 17. Jahr­hunderts. Verfassung und Verwaltung (= Schriftenreihe der Stadt Villingen) Villingen 1964;- Christian Heimpel, Die Entwicklung der Einnah­men und Ausgaben des Heiliggeist­spitals zu Biberach an der Riß von 1500 bis 1630 (= Quellen und For­schungen zur Agrarge­schichte Bd.15) Stuttgart 1966;- Peter Kolb, Die Juliusspital-Stiftung zu Rothenfels, Würz­burg 1985;- Ludwig Ohngemach, Die Ge­schichte und Entwicklung des Rottwei­ler Spitals 1580 bis 1640, Wiss. Hausarbeit masch. (Tübingen 1983);- Wolfgang Sannwald, Spital und Wirtschaft. Kompo­nenten wirtschaft­licher Konjunktur in Rottenburg am Neckar im 17. Jahrhundert. Ihr Einfluß auf zwei ver­schiedenartige Konsumenten. Eine Aus­wertung der Rechnungsbücher des Rottenburger Spitals. Wissen­schaftliche Hausarbeit zur Magisterprüfung im Fach Neuere Ge­schichte mit Schwerpunkt geschichtliche Landeskunde, Universität Tübingen masch. 1986;- Vgl. auch Wolfgang Sannwald, Der Rottenburger Spi­tal und seine Blüte­zeit im 16. Jahrhundert, in: Der Sülchgau 28 (1984) S.3-15.;- Alfons Sem­ler, Ge­schichte des Hei­lig-Geist-Spitals in Überlingen am Boden­see, Überlingen 1957;- Gebhard Stro­del, Das Heilig-Geist-Spital in Ravensburg. Von seinen Anfängen bis zum Ausgang des 16. Jahrhunderts, Diss. Univ. Tübingen masch. Tübingen 1958;- Bernhard Zeller, Das Heilig-Geist-Spital zu Lindau (= Schwäbi­sche Geschichtsquellen und Forschungen Bd.4) Lindau 1952.

[32]Vgl. Anm. I,31. Weiter Darstellungen zur Geschichte einzelner Spitäler: Doeser, Das Spi­tal Horb von der Zeit seiner Gründung bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, in: Reut­linger Geschichts­blätter 26/27 (1915/1916) Nr.5 S.33-39, Nr.6 S.41f.;- Max Duncker, Das Tübinger Spital im Mittelalter im Rah­men Schwäbischer Spitäler, in: Tübinger Blätter 29 (1938) S.20-35, 30 (1939) S.22-25, 31 (1940) S.25-29;- Johan­nes Greiner, Ge­schichte des Ulmer Spitals im Mit­telalter, in: Würt­tembergische Vierteljahreshefte für Landesge­schichte 16 (1907) S.78-156;- Lon­hard, Blaubeuren;- Andreas Schwarz, Die Sankt-Katharina-Spital-Stiftung Forchheim, Forchheim 1970;- Paul Schwarz, Die Grundherr­schaft der ehemaligen Reichsstadt Reut­lingen, Diss. Univ. Tübingen, Tübin­gen 1953.

[33]Elsas, Umrisse;- Für Österreich gibt es eine parallele Forschung: Alfred Francis Pribram, Materialien zur Geschichte der Preise und Löhne in Österreich (= Veröffentlichungen des internationalen wissen­schaftlichen Komitees für die Geschichte der Preise und Löhne. Österreich Bd.1) Wien 1938. Den Anstoß für diese durch die Weltwirtschafts­krise von 1929 angeregten Untersuchungen gab das 1930 von der „Roc­kefeller Founda­tion“ ins Leben geru­fene „Internationale Wissenschaftliche Komitee für die Geschichte der Preise“, zu dessen Mit­gliedern Elsas und Pribram gehörten.

[34]Elsas, Umrisse Bd.1 S.5.

[35]Wolfgang Zorn, Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit, Mün­chen 1972 S.22.

[36]Heimpel, Biberach.

[37]Ohngemach, Rottweil.

[38]Sannwald, Spital und Wirtschaft.

[39]Bei einigen europäischen Spitälern findet sich eine selbständige Kassenführung seit der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie ging teilweise auf die vom Konzil von Vienne 1311 angeordnete Neu­organisation der Verwaltung zurück. Vgl. Lindgren, Hospital Sp.135.

[40]Vgl. allgemein Franz Haug, Archiv des Heiliggeistspitals in Rotten­burg am Neckar, masch. Rottenburg 1935;- StadtA Rotten­burg, Bestand Spital, Rechnungsbücher von: 1527, 1528, 1576, 1590 (Fragment), 1597, 1598, 1600, 1602-1604, 1607, 1609, 1610, 1616, 1619-1626, 1628, 1632-1635, 1636/1639 (eine Rechnungsperiode), 1640-1661, 1663-1674;- Rechnungsproto­kolle von: 1589, 1598, 1600, 1602, 1604, 1608, 1609, 1612, 1615, 1618, 1622-1626, 1628, 1630, 1632, 1636/1639 (eine Rechnungsperiode), 1642, 1645, 1649, 1654, 1658, 1662, 1663, 1665, 1667, 1669;- Hausbücher von: 1610-1612, 1616-1618, 1621-1625, 1628, 1631, 1634, 1636, 1638, 1640-1644, 1651, 1652, 1657-1659, 1663, 1665, 1667-1674.

[41]StadtA Rottenburg, Bestand Spital C 28, 4-6, 12 u. H 2,2;- Spitalordnungen und Pfründverträge untersuchte Ute Ströbele in einer eingehenden Arbeit, auf deren Ergebnisse ich mich bei den folgenden Ausführungen immer wieder stützen werde: Ute Strö­bele, Leben im Spital. Zur Sozialgeschichte des Rottenburger Spitals vom 16.-17. Jahrhundert. Wissenschaftliche Hausar­beit masch. Tübingen 1986.

[42]Max Duncker, Die Pfarr- und Gemeinderegistraturen des Oberamts Rottenburg (= Württem­bergische Archivinventare Bd.8) Stuttgart 1913 S.25-87.

[43]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, Urbare von 1494, 1537 und 1598, 1789.

[44]K.O. Müller, Quellen zur Verwaltungs- und Wirtschaftsgeschichte der Grafschaft Hohenberg, Teil 1 (= Württembergische Ge­schichtsquellen Bd.24) Stuttgart 1953, Teil 2 (= Veröffentli­chungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde Reihe A Bd.4) Stuttgart 1959.

[45]Franz Quarthal, Zur Wirtschaftsgeschichte der österreichischen Städte, in: Ders. (Hg.), Zwi­schen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Das Land am oberen Neckar, Sigmaringen 1984 S.393-446;- Ders., Wirtschaft und Verkehr, in: Der Landkreis Tübingen. Amtliche Kreisbe­schreibung Bd.3, Stuttgart 1974 S.350-362;- Otto Wetzel, Rottenburgs Weidewirtschaft in der österreichischen Zeit, in: Der Sülchgau 1968 S.75-82.

[46]Franz Quarthal, Rottenburg im 18. Jahrhundert, in: Sülchgau 17 (1973) S.21-28;- Nils Köh­ler, Landstädtischer Haushalt. Das Haushalts- und Rechnungswesen Rottenburgs a. N. in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Wissenschaftliche Hausarbeit masch. Tübingen 1987.

[47]Anton Buhl, Der Haushalt im Rottenburger Spital vor ungefähr 100 Jahren, in: Sülchgauer Scholle 5 (1929) Nr.9 S.34-36, Nr.10 S.37-38, Nr.11 S.42-44.

[48]Ströbele, Leben im Spital.

[49]Adalbert Baur, Die Spitalkirche in Rottenburg. Ihre Pfründe im Mit­telalter, in: Der Sülchgau 16 (1972) S.3-7.

[50]Herbert Wyrwich, Stadt-Staat-Kirche und Spital (Bd.1). Streiflichter zur Geschichte des Hl. Geist-Spitals zu Rottenburg am Neckar, Rottenburg 1982. Dieses Buch gewinnt seine Bedeu­tung vor al­lem als Sammlung von Beleg­stellen zur Frühgeschichte des Rot­tenburger Spitals und durch die Darstellung einiger neuzeitlicher Züge der Rottenburger Spitalgeschichte bis in die Gegenwart hin­ein. Die Ergeb­nisse zur Frühgeschichte sind eher umstritten;- Vgl. die Be­sprechung von Adalbert Baur, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 1984;- Eine ausführliche Erwiderung darauf in: Herbert Wyrwich, Stadt-Staat-Kirche und Spital Bd.2: Das Spital der hl. Katha­rina zu Rottenburg in der Vorstadt. Neue Beiträge zur Frühge­schichte des Rottenburger Spitals, Rottenburg 1986.

[51]Hans Peter Müller, Frömmigkeit auf materieller Basis. Die wirt­schaftlichen Grundlagen des Chorherrenstiftes, in: Joachim Köhler (Hg.), 600 Jahre Stiftskirche Heilig-Kreuz in Horb, Horb 1987 S.151-160 S.160;- Georg Maikler und Peter Silberzahn, Das Spital zum Heili­gen Geist in Horb, in: dass. S.161-172 S.164: 1809 wurden in der Stiftungsverwaltung vereinigt: Heilig­kreuzpflege, Liebfrauenpflege, Johannespflege, große und kleine Leonhardspflege, St.Erhards- und Ottilienpflege, St.Michaelspflege, Sebastianspflege, Rosenkranzbruderschaft, Gutleuthauspflege, Al­mosenpflege, Hospitalpflege, Ihlinger St.Jakobspflege und der Schul­fond. Daß die Spitalverwaltung sich heutzutage wieder in kirchlicher Hand befindet, gibt es in­nerhalb Baden-Württembergs sonst nur noch in Mergentheim, Laupheim und Friedrichshafen.

[52]Josef Reiter, Das Spitalarchiv in Horb (= Württembergische Archi­vinventare Bd.20) Stuttgart 1950.

[53]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: Allerlay Defect der Rai­tungen, Horb.

[54]SpitA Horb, ReBu 1607-1612, 1614-1641, 1643, 1644, 1646-1656, 1658-1669, 1671-1674.

[55]Eberhard Freiherr von Wächter u. Josef Reiter, Die Gemeindear­chive des Kreises Horb (= Württembergische Archivinventare Bd.19) Stuttgart 1947: Ratsprotokolle 1564-1861ff.;- Gerichtsprotokolle 1595-1817;- Hauptrechnungen der Stadt Horb 1621-1747;- Truhenrechnun­gen 1627-1747. Leider ist die­ses Archiv bisher für den quantitativ arbeitenden wissenschaftlichen Be­nutzer kaum zugänglich gewesen, da die Stadt keine Voraussetzungen für eine geregelte Aus­hebung und Benutzung geschaffen hatte. Dabei ließe sich die Horber Stadtgeschichte sicherlich in ähnlich gründlicher und interes­santer Weise aufarbeiten wie diejenige Rotten­burgs. Kein Wunder insgesamt, daß die Horber Stadtgeschichte – trotz der relativen Nähe zur Universität Tübingen – kaum erforscht ist. Die für die vorliegende Arbeit leider nicht mehr wirksame Schaffung einer halben Archivarsstelle durch die Stadt Horb ver­spricht Besserung.

[56]Maikler/Silberzahn, Heiliggeistspital Horb;- Doe­ser, Spital Horb.

[57]StadtA Herrenberg Bestand H: Hospitalpflege H1 (1482, 1484, 1492/94, 1499, 1501, 1507-1509, 1513-1517), H2-H55 (1520-1573), H56 (1575), H57 (1577), H58 (1582), H59-H61 (1585-1587), H62-H66 (1589-1593), H67-H75 (1595-1603), H78-H83 (1605-1611), H85-H111 (1613-1639), H111a (1640-1644, 1645/1648 in einem Band), H112-H115 (1649-1653), H116-H134 (1656-1674).

[58]Beilagen enthalten z.B. die Rechnungjahrgänge 1660 (Spitalbau), 1666 (Orgelbau).

[59]StadtA Herrenberg, Bestand H: Hospitalpflege H401 (1495), H402-403 (1525), H404 (1530), H405 mit Duplikat H406 (1579), H407 mit Duplikat H408 (1612), H409 mit Reinschrift H410 (1674/75), H411 mit Reinschrift H412 (1754), H412A (1740): Gülthof in Hailfingen, H412B (1765): Spitalhof in Gär­tringen, H413A-H417: Gültstaatbücher, H418-H435: Haischbü­cher.

[60]StadtA Herrenberg H436-H437 (1634-1811): Rezeßbü­cher, H438-H443 (1740-1811): Protokoll­bücher des Hospi­talgerichts.

[61]StadtA Herrenberg, Chronik des Vogtes Gottlieb Friedrich Hess, 4 Bde, hs. Abschrift aus dem Jahr 1775. Der Herrenberger Vogt starb 1761. Er erstellte eine umfangreiche Chronik von Stadt und Amt Herrenberg. Eingesehen wurde eine Kopie aus dem Jahr 1775, die der Stadt- und Amtsschreiber Johann Jakob Krafft beglaubigte. Vgl. hierzu Roman Janssen, Kayh – sein Jubiläum, seine Chronisten, seine Überlieferung. in: Ders., Leben in Kayh. Ein Dorf und 800 Jahre Geschichte, Herrenberg 1990 S.13.f.

[62]Vgl. dazu allgemein Otto Herding, Das Urbar als orts- und zeit­geschichtliche Quelle beson­ders im Herzogtum Württemberg, in: ZWLG 10 (1951) S.72-108.

[63]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, Urbar 1537 S.77.

[64]Ebd. S.166ff.: der Hof des Peter Leichtermut in Wendelsheim.

[65]StadtA Herrenberg, Bestand Hospitalpflege H 109 (1637), Rubrik Geld von Armen

[66]TLA Innsbruck Hs.2402: Kommissionsbericht der Landesherrlichen Regierung über die Stadt Rottenburg. Der ehemalige Nagolder Stadtarchivar Karl Kempf stellte mir eine Transskrip­tion dieses Berichtes dankenswerter Weise zur Verfügung. S.672: Aussage des Spitalmeister Sebastian Metzger.

[67]StadtA Rottenburg, Bestand Spital H 2,2.

[68]StadtA Herrenberg, Bestand H: Hospitalpflege H 581 (1638-1809).

[69]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, Herbstbücher seit 1622.

[70]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, ReBu 1647.

[71]TLA Innsbruck Hs.2402 S.638.

[72]Friedrich Ludwig Hochstetter, Beiträge zu Erlernung des wirtem­bergschen Rechnungswe­sens, Stuttgart 1784.

[73]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: Defektenprotokoll der Hor­ber Rechnungen.

[74]Vgl. Siegfried Reicke, Das deutsche Spital und sein Recht im Mittelalter, 2 Bde. Stuttgart 1932 Nachdr. Amsterdam 1961 Bd.2 S.56-80.

[75]TLA Innsbruck Hs.2402 S.615: Pfleger Michael Gugl.

[76]Ebd. S.672: Spitalmeister Sebastian Metzger.

[77]StadtA Herrenberg, Chronik des Vogtes Hess Bd.2 S.1950.

[78]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: 1607 Mai 26, Protokoll die Stadt Horb betreffend. An­läßlich der Gerichts- und Ratser­setzung werden auch neue Spitalpfleger bestimmt.

[79]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: 1607 Jun 1, Zeugenverhör des Stadtwesens halber zu Horb fol.24.

[80]StadtA Herrenberg, Gerichtsprotokolle 1650-1661 S.136r: 1653 Nov 14.

[81]Ebd. S.156.

[82]StadtA Herrenberg, Bestand Hospitalpflege H 101. Besonders in­formativ sind in diesem Zu­sammenhang Abhörprotokolle, die in einigen Rechnungs­büchern eingetragen wurden, so dem Jahrgang 1629, als die Abhörung am 8. Juni 1630 stattfand.

[83]Vgl. Siegfried Krezdorn, Christoph Wendler von Pregenroths Auf­stieg und Fall, in: Ho­henberger Warte 12 (1965) Nr.3 S.1-3, Nr.4 S.4, Nr.5 S.8.

[84]TLA Innsbruck Hs.2402 S.990.

[85]HStASt B 19 Bü 97, 1608 Okt 8: Reformierte Polizeiordnung der Stadt Rottenburg; 1609 Aug 28: Erläuterung und Limitation ders.

[86]HStASt B 19 Bü 97: Reformation und Polizeiordnung der Stadt Rottenburg S.59-64,105,106: Reformationen 78-92.

[87]Ebd.: Reformation und Polizeiordnung der Stadt Rottenburg S.59: Reformation 78 und S.105: Nachtrag zur Re­formation 78;- Vgl. auch die Berufung auf diese gemilderte Poli­zeiordnung gegen Ansprüche des Ehinger Propstes HStASt B 41 Bd.3, fol.199r-200r: 1651 Mai 18.

[88]HStASt B 19 Bü 98: Rezesse zwischen der Herrschaft Hohenberg und der Stadt Rottenburg 1609/1695.

[89]HStASt B 37a Bü 9: Kommissionsrelation über die Visitation der Herrschaft Hohenberg 1565 Okt 8 S.12-12v.

[90]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: Allerlay Defect der Rai­tungen, Horb.

[91]SpitA Horb, ReBu 1638, Rubrik Rest.

[92]HStASt B41 Bd.9 fol.42.

[93]Solche Untersuchungskommissionen legten ihre Berichte für Ho­henberg 1565, 1606, 1627, 1682-83 und 1733-34 vor. Vgl. HStASt B 37a Bü 9-12.

[94]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: Bürgermeister und Stadtge­richt zu Rottenburg, Ableh­nung der Klage- und Be­schwerdepunkte des Rats von 1602.

[95]Haug, Spitalarchiv Rottenburg B 24 Nr.8: 1629 Apr 23, Inns­bruck. Papierabschrift des Vertra­ges zwischen Österreich und dem Bistum Konstanz wegen der geistlichen Juridiktion und den No­valzehnten.

[96]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, ReBu 1647, 1659;- Dazu die aufschlußreichen Ausführun­gen von Wyrwich, Stadt-Staat-Kirche und Spital Bd.1 S.141-168 u. S.408ff. Anm.536.

[97]Haug, Spitalarchiv Rottenburg B 24 Nr.4, 5: 1630 u. 1640.

[98]HStASt B 41 Bd.3 fol.199: 1651 Mai 18, Rottenburg.

[99]Ebd. fol.200v-202v.

[100]Ebd. fol.199v.

[101]Ebd. fol.200v-202v.

[102]Ebd. fol.200r.

[103]Wyrwich, Stadt-Staat-Kirche und Spital Bd.1 S.409 Anm.536.

[104]Hermann Fischer, Schwäbisches Wörterbuch 6 Bde. Tübingen 1904-1936. Bd.3, Tübingen 1911 Sp.1358.

[105]TLA Innsbruck Hs.2402 S.513: Vorwurf des Schwanenwirts Stof­fel.

[106]HStASt A 206 Bü 2392, 1573 Jul 3: Relation und Resolution betr. das Spi­tal-, Armenkasten-, Almosen-, Witwen- und Waisenrechnungswe­sen.

[107]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133 und Hs. 2402: die Akten dieses Büschels befassen sich auf entsprechende Be­schwerden hin mit den städtischen Verwaltungen und den Spitä­lern von Rot­tenburg und Horb im Zeitraum zwischen 1602 und 1607.

[108]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: Reformationsproto­koll Rot­tenburg 1607. Freiherr von Wolckenstein war Statthalter des Kaiserlichen Hofgerichts in Rottweil und der studierte Jurist Keller war Rat und Verwalter der Landgrafschaft Nellenburg.

[109]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133, 1605 Sep 27: „Gravamina des Gemeindeausschusses zu Rottenburg“.

[110]So wurden drei Wannen mit lateinischen Bibeln, Betbüchern und ande­rer erbaulicher Literatur eingesammelt.

[111]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133, 1607 Mai 26: Protokoll die Stadt Horb betreffend, Ge­richts- und Ratsersetzung usw.

[112]Besonders eindrücklich ist eine Liste mit Verwandtschaftsbezie­hungen in: TLA Innsbruck, Leo­poldinum B Nr.133: „Anzeig, wie es im Spital und mit dem Regiment der Stat Horb beschaf­fen“.

[113]Ebd. 1607 Jun 1: „Zeugenverhör des Stadtwesens halber zu Horb“.

[114]Ebd. fol.32.

[115]Ebd.: „Anzeig, wie es im Spital und mit dem Regiment der Stat Horb beschaffen“.

[116]Besonders intensiv zum Spital wurden die Zeugen Nr.19-34 be­fragt. Einige, wie der frühere Spitalkeller Conrad Eytenbintz, Mit­glied des Großen Rats und der Metzger Michael Ho­henschildt, Mitglied des Großen Rats und dem Michael Erhardt verwandt, wiegelten ab, wobei Eytenbintz selbst schwere Vorwürfe anderer Zeugen trafen. Eine ganze Reihe von Zeugen hielt sich sichtlich zurück, berichtete höchstens vom „hören sagen“. Die wesentli­chen Vorwürfe äußerten der Weingärtner Onophrius Herzog, Mit­glied des Kleinen Rats, Georg Rottenburger, Mitglied des Großen Rats und der etwa 1604 angestellte Spitalmeister Peter Bern­hardt.

[117]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: „Allerlay Defect der Rai­tungen“, Horb.

[118]Ebd.: „Anzeig, wie es im Spital und mit dem Regiment der Stat Horb beschaffen“.

[119]Ebd.: „Verzaichnus der Mähler, so die Stat Horb durch das gantze Iahr haben“;- Ebd. 1607 Jun 1: „Zeugen­verhör des Stadtwesens halber zu Horb“.

[120]Ebd. fol.21.

[121]Vgl. zu diesem Thema auf lokaler Ebene: Karl Kempf, Die He­xenverfolgungen im Raum Rot­tenburg, in: Der Sülchgau 28 (1984) S.35-52;- Allgemein Franz Quarthal, Konfessionelle Min­derheiten in südwestdeutschen Reichsstädten, Vortrag im Rahmen des Stuttgarter Sympo­sions Minderheiten in der südwestdeutschen Geschichte am 25. Oktober 1990.

[122]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: „Anzeig, wie es im Spital und mit dem Regiment der Stat Horb beschaffen“.

[123]HStASt A 206 Bü 2399, 1614 Nov 3.

[124]StadtA Herrenberg, Bestand Hospitalpflege H 93 (ReBu 1621): Re­zeßpunkte.

[125]StadtA Herrenberg, Bestand Hospitalpflege H 96 (ReBu 1624): Re­zeßpunkte 1624 Jun 17.

[126]SpitA Horb ReBu 1638, Rubrik Rest.

[127]StadtA Herrenberg, Chronik des Vogtes Hess Bd.2 S.1956.

[128]StadtA Herrenberg, Bestand Hospitalpflege H 111A (ReBu 1640): Re­zeßpunkte.

[129]StadtA Herrenberg, Gerichtsprotokolle 1661-1672 S.28v, 1662 Aug 18: Die Ausstände des spita­lischen Haischknechts Michael Schertlen.

[130]Wetzel, Weidewirtschaft S.79.

[131]Vgl. Albert Schnettler und Heinz Ahrens, Rechnungswesen, in: HDSW 8 (1964) S.734-742.

[132]Die bürgerlichen Spitäler waren allgemein von dem seit 1219 im Reich wirksamen Gesetz ausge­nommen, welches der „Toten Hand“ den Neuerwerb von Grundbesitz weitgehend untersagte. Vgl. Lindgren, Hospital Sp.134f.

[133]Zur Gründung des Horber Spitals: Maikler/Sil­berzahn, Heiliggeistspital Horb S.161-172;- Rei­ter, Archiv Horb S.9;- Doeser, Das Spital Horb S.34,37;- Beschreibung des Oberamts Horb, hg. v. d. königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1865 S.115;- ferner Chri­stoph Fichtner, Das Horber Stadtrecht im Mittelalter. Diss. Univ. Tübin­gen. Warendorf 1990 S.33.

[134]Zur Typologie der Spitäler und zur Einordnung des Horber Spitals vgl. Seigel, Spital und Stadt S.13f. u. 20.

[135]OAB Horb S.115.

[136]Reiter, Archiv Horb S.25f.

[137]Doeser, Das Spital Horb S.37.

[138]Reiter, Archiv Horb S.27.

[139]Stiftungen im Untersuchungszeitraum: 9. Juni 1614: 50 Gulden, 9. Februar 1629: Jahrzeit 100 Gulden, 1651: 100 Gulden.

[140]OAB Horb S.115, 122.

[141]Seigel, Spital und Stadt S.21.

[142]Abb.: SpitA Horb.

[143]Reiter, Archiv Horb S.15;- SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.10;- Doeser, Das Spital Horb S.35.

[144]Abb.: Josef Klink, Alt-Horb. Eine historische Stadt-Führung. masch. o.O.u.o.J. S.5.

[145]Doeser, Das Spital Horb S.35;- OAB Horb S.103,115,120f.

[146]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.11;- DOESER, Das Spital Horb S.35.

[147]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.11f.

[148]Ebd. fol.12f.

[149]Ebd. fol.13f.

[150]Ebd. fol.14;- OAB Horb 1865 S.104.

[151]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.15;- REITER, Archiv Horb S.14.

[152]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.15.;- REITER, Archiv Horb S.14.

[153]REITER, Archiv Horb S.14;- OAB Horb 1865 S.103.

[154]HStASt B 30 Bü 262.

[155]SpitA Horb, Lagerbücher 1560, 1767;- REITER, Archiv Horb S.10..

[156]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133, ca 1607: „Ver­zaichnus der Äckher, so von dem Spital zuo Horb verkauft wor­den“;- ebd. 1607 Mai 26: „Protokoll die Stadt Horb betreffend“.

[157]Ebd. 1607 Jun 2: „An­zeige des Magisters Johann Adam Hertzog über Mängel bei der Stadt Horb und deren Spital“;- ebd. 1607 Jun 1: „Zeugenverhör des Stadtwesens halber zue Horb“.

[158]Verteilung der Äcker des Horber Spitals nach Zelgen: Mittelauch­tert 49 Jauchert, die Aucht­halden 35,5 Jauchert, das Bildechin­ger Feld 11,5 Jauchert und die Judengrub 51 Jauchert.

[159]SpitA Horb, LaBu 1560, 1767 fol.21-35, 35-42.

[160]HStASt B 30 Bü 262, 1678-1698: kleineres Steuerbereitungs­protokoll;- QUARTHAL, Wirtschaftsge­schichte S.412.

[161]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.44-58;- REITER, Archiv Horb S.12.

[162]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.17f.;- REITER, Archiv Horb S.11,14.

[163]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.16f.;- REITER, Archiv Horb S.11.

[164]REITER, Archiv Horb S.12.

[165]SpitA Horb, ReBu 1646/47;- REITER, Archiv Horb S.29.

[166]OAB Horb 1865 S.111: Im Jahr 1865 besaß der Horber Spital 800 Morgen Wald, die Stadt Horb hingegen lediglich 545 Mor­gen.

[167]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.129-132: Bezirksbe­schreibung des Waldstückes „Seeholz“ ohne Größenangabe: die Seehalde kaufte der Spital am 23. März 1401 um 52 Pfund Heller von Con­rad von Börstingen, einem Edel­knecht, und seiner Frau Anna Böklin.

[168]REITER, Archiv Horb S.13: Das Seeholz lag am Weg von Horb nach Bittelbronn in der See­halde. Bentz Gut hatte es am 31. März 1467 an den Spital verkauft. Bezahlt hatte er 24 rheini­sche Gulden, er erhielt vom Spital aber 32 Gulden.

[169]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.112ff.;- REITER, Archiv Horb S.13, 14. Die Neunecker Halde lag auf Horber und auf Dettinger Markung. Am 16. Mai 1477 mußte ein Streit um dieses Gehölz, das der Spital gekauft hatte, entschieden werden. Dieses Waldstück ver­größerte der Spital am 2. Mai 1528 um weitere sieben Jauchert, die er von Hans Ganter um 10 Gulden kaufte. Das Vierfache ließ sich der Spital eine weitere Vergrößerung 1570 kosten. Für die Besitzkonzen­tration dürfte auch ein Tausch mit dem Rexinger Caspar Herdtkhorn am 20. Januar 1591 will­kommen gewesen sein, der 20 Jauchert gegen drei Jauchert und 131 Gulden ab­trat. Auch wäh­rend des Untersuchungszeitraumes machte der Konzentrationsprozeß Fort­schritte. Im Rechnungsjahr 1659/60 kaufte die Anstalt weiteren Wald in der Neunecker Halde um 60 Gul­den. Als das arrondierte Stück 1767 ver­messen wurde, um­faßte es 100 Jauchert, von denen 26 Jauchert zur Dettinger Markung gehörten. Dort war sie auch sonst reichlich mit Wäldern ver­sorgt.

[170]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.119f.;- REITER, Archiv Horb S.13,14. Im Brandsteig verkaufte Si­mon Schlotter von Altheim 10 Jauchert am 2. Mai 1549 auf der Brandsteig an den Spital. Ein wei­teres Waldstück am Brandsteig ließ er sich am 12. Juni 1589 die beachtliche Summe von 300 Gulden kosten. Verkäufer war ein gewisser Conrad Bisinger. 2,5 Jauchert waren im 18. Jahrhun­dert zum Acker gerodet.

[171]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.117. Als die Brandhalde 1735 vermessen wurde, maß sie 78,5 Jauchert.

[172]bd. fol.117f. Der 11 Jauchert große Schlattwald kam möglicher­weise 1542 in Spitalbesitz, er lag eben­falls auf Dettinger Gebiet.

[173]Ebd. fol.115,121f.,123f.,125f.;- REITER, Archiv Horb S.14,43. Vom Wald auf dem Ihlinger Berg lagen im Jahr 1735 fünf Jauchert auf Dettinger Markung. Hier kaufte der Spital von Jakob Beth am 31. Juli 1568 einen Jauchert um 16 Gulden. Ein weiteres Jau­chert kam am 22. Fe­bruar 1602 um 34 Gulden hinzu. Die fünf Jauchert am Ihlinger Steig, die der Spital 1597 er­worben hatte, waren im 18. Jahrhundert für Gült ausgegeben. Gleiches trifft für den 9 Jauchert großen Ihlinger Kapf zu. Weitere fünf Jau­chert am Ihlinger Berg, die einst zum Großen Spi­talwald gehört hat­ten, waren damals verpachtet.

[174]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.115f. Das 1549 in Spitalbesitz gekommene Simeswäldle umfaßte 10 Jauchert.

[175]Ebd. fol.135-144: Beschreibung des Großen Spitalwaldes;- SpitA Horb, LaBu 1665 (Salzstetten) fol.141-149: Bezirksbeschreibung zweier Spitalwäl­der;- REITER, Archiv Horb S.47: 1387 Sep 6;- DOESER, Das Spital Horb S.34. Einen Wald bei der Ziegel­hütte des Albert Dettling kaufte die Anstalt am 26. August 1545 um 50 Pfund Heller. In Salzstetten lag der 357 Morgen große Spi­talwald. 1665 werden zwei Wälder beschrieben.

[176]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.118f. Die 17 Jauchert er­warb der Spital 1534.

[177]Ebd. fol.128f. Die 3 Jauchert wü­stes Feld wurden 1757 als Ac­ker bestellt. Der Spital hatte sie 1507 erworben.

[178]Ebd. fol.132f. Die 4 Jauchert hatte der Spital 1467 gekauft.

[179]Ebd. fol.133ff. Der Spital besaß 4 Jauchert, die er 1604 gekauft hatte.

[180]Vgl. Joachim Radkau u. Ingrid Schäfer, Holz. Ein Naturstoff in der Technikgeschichte. Reinbek 1987.

[181]Vgl. QUARTHAL, Wirtschaftsgeschichte S.409f.

[182]LaBu 1767 fol.18-20;- DOESER, Das Spital Horb S.35f.

[183]SpitA Horb, ReBu 1639;- DOESER, Das Spital Horb 35f.

[184]SpitA Horb, LaBu 1767 fol.42ff.;- REITER, Archiv Horb S.15.

[185]SpitA Horb, LaBu 1560, 1767 fol.237-250;- REITER, Archiv Horb S.26.

[186]SpitA Horb, LaBu 1767/68 fol.235-236.

[187]SpitA Horb, LaBu 1560.

[188]REITER, Archiv Horb S.30-32;- DOESER, Das Spital Horb S.34;- OAB Horb S.132.

[189]OAB Horb S.132.

[190]In den Jahren 1448, 1498 und 1506.

[191]SpitA Horb, LaBu 1767/68: Am 7. November 1448 kaufte der Spital ein Drittel von einem Viertel des Laienzehnten um 106 rheinische Gulden. Am 30. Juni 1498 kaufte er ein Zwölftel des Großen Zehnten von Hans Pfost von Neuneck um 100 rheinische Gulden. Ein weiteres Zwölftel kaufte die Anstalt am 13. Januar 1506 von Rudolf von Ehingen um 152 rheinische Gulden. Ein Hofgut des Jacob Kreidler und der Maria Teufler ließ sich der Spital am 28. Februar 1626 den Betrag von 1150 Gulden ko­sten.

[192]SpitA Horb, ReBu 1626;- REITER, Archiv Horb S.32.

[193]SpitA Horb, ReBu 1630.

[194]SpitA Horb, LaBu 1768: Kaufbrief 1630 Okt 7. Der Kaufpreis beträgt 2800 Gulden.

[195]SpitA Horb, LaBu 1560, 1664.

[196]OAB Horb S.129.

[197]Ebd. S.192.

[198]SpitA Horb, LaBu 1664 fol.82.

[199]SpitA Horb, LaBu 1560: Damals zog der Spital Abgaben von 45 Vogtrechten ein. Sie lasteten zusammen mit verschiedenen Zinsen und Gülten auf 35 Anwesen, zu denen 20 Scheuern und vier Gärten gehörten sowie auf sieben weiteren Hofstätten. Dem Spital zinspflichtig waren außerdem 100,5 Jauchert Ackerland und 17 Mansmad Wiesen. Neben dem Vogtrecht bezog der Spital an Geld 6 Gulden 30 Kreuzer 18 Pfund 12 Schillinge 6 Heller. An Naturalien stan­den dem Horber Spital jährlich zu: 7,5 Malter, 7 Malter 2,5 Vierteil Hafer, 4,75 Malter nach Zelg und 3 Hühner.

[200]REITER, Archiv Horb S.37: Grünmettstetten wurde erkauft von Kunz von Bellenstein sowie Hans und Reinhard von Dettingen um 970 Gulden 30 Kreuzer;- OAB Horb S.115, 189;- DOESER, Das Spi­tal Horb S.34.

[201]REITER, Archiv Horb S.38f.: 1415 Jan 15 Dornstetten, 1415 Nov 20, 1452 Aug 29, 1465 Jan 17, 1465 Mai 2, 1465 Mai 4.

[202]DOESER, Das Spital Horb S.34.

[203]Ebd. S.37;- OAB Horb S.189.

[204]SpitA Horb, Lagerbücher 1560, 1663;- OAB Horb 189: 1560 beanspruchte der Spital 29 Vogtrechte. Zudem war ihm ein großer Teil der Markungsfläche zinspflichtig: 19 Anwesen mit 12 Scheuern und 20 Gärten sowie vier separate Hofstätten und eine Taverne, 822,75 Jauchert Ackerland, 83 Mansmad Wiesen und etwa drei Jauchert Wälder. Davon bezog der Spital ne­ben seinen Vogtrechten weitere 53,75 Malter Vesen, 77 Malter Hafer, 26 Hühner und 150 Eier. Außerdem bezahlten die Bewohner von Grünmettstetten 7 Gulden 33 Pfund 8,5 Schil­linge.

[205]OAB Horb S.141.

[206]Martin Steimblin bewirt­schaftete 103 Jauchert Ackerland und 12,5 Mansmad Wiesen. Stoffel Rueffs Hof umfaßte 87,5 Jauchert Ac­kerland und 4,5 Mansmad Wie­sen. Martin Fritz hatte 117,5 Jauchert Ackerland mit 12,5 Mansmad Wiesen. Die Brüder Jakob und Stoffel Dett­ling verfügten über 125,5 Jauchert Äcker und 14 Mansmad Wiesen. Zu Hans Kaupps Anwe­sen zählten 74,5 Jau­chert und sechs Mansmad, zu jenem von Hans Steimblin 78 Jauchert mit sechs Mansmad, zu demjenigen des Hans Schlotter schließlich 96,5 Jauchert und 11,75 Mansmad.

[207]REITER, Archiv Horb S.42;- OAB Horb S.203;- DOESER, Das Spital Horb S.34.

[208]Burkhard VON EHINGEN, genannt mit dem Zopf, heiratete 1377 Lu­itgart, die Tochter Ulrich Faists von Ihlingen.

[209]Einen Garten mit Haus kauften sie um 315 Gulden, drei Mans­mad Wiesen im Neckartal um 281 Gulden, einen Baumgarten mit einem Häuslein um 370 Gulden, einen Garten mit Haus samt der Wässerei um 380 Gulden. Auch Verkäufe kamen vor: so zwei Mans­mad Baumgarten um 240 Gulden. REITER, Archiv Horb S.43, 1589 Jun 5, 1592 Jan 20, 1608 Okt 21, S.43f. 1636 Aug 10, S.44: 1649 Mai 9.

[210]SpitA Horb, ReBu 1631.

[211]Wilhelm MÜLLER, Heimatkunde über Salzstetten. Vortragsmanuskript masch. Salzstetten 1923 S.22;- 900 Jahre Salzstetten. 1085-1985. Festvortrag und Fotoalbum, Salzstetten 1985 Kap.6.

[212]900 Jahre Salzstetten S.18.

[213]REITER, Archiv Horb S.46;- OAB Horb S.240.

[214]REITER, Archiv Horb S.47;- 900 Jahre Salzstetten Kap.6.

[215]REITER, Archiv Horb S.48.

[216]900 Jahre Salzstetten Kap.7.

[217]OAB Horb S.243;- DOESER, Das Spital Horb S.34;- 900 Jahre Salzstetten Kap.6;- 900 Jahre Salzstetten S.18.

[218]DOESER, Das Spital Horb S.37.

[219]OAB Horb S.192;- 900 Jahre Salzstetten Kap.8.

[220]REITER, Archiv Horb S.49;- 900 Jahre Salzstetten Kap.7.

[221]MÜLLER, Salzstetten S.42.

[222]OAB Horb S.122.

[223]SpitA Horb LaBu 1665 (Salzstetten).

[224]SpitA Horb LaBu 1560: Die Erneuerung schreibt dem Horber Spital 20 Vogtrechte zu. Damals gehörte dem Spital der Ort nur zur Hälfte, wie im LaBu ausdrücklich festgehalten wird. Bela­stet waren 14 Anwesen, zu denen 11 Scheuern und 10 Gärten ge­hörten, 180,75 Jauchert Ac­kerland, 58 Mansmad Wiesen sowie zwei Hanfländer. Zusätzlich zum Vogtrecht bezog der Spital dar­aus vier Malter sieben Vierteil Vesen, vier Malter Hafer, ein Mal­ter fünf Vierteil nach Zelg, sechs Hühner, sechs Gulden 20 Pfund vier Schil­linge. Es werden ein Freihof ge­nannt und der Wald zu Salzstet­ten beschrieben.

[225]SpitA Horb, LaBu Salzstetten 1768 fol.257f.

[226]Ebd. fol.252f.

[227]MÜLLER, Salzstetten S.36.

[228]REITER, Archiv Horb S.59: 1588 Okt 20.

[229]REITER, Archiv Horb S.59;- OAB Horb S.116.

[230]DOESER, Das Spital Horb S.37.

[231]OAB Horb S.254.

[232]OAB Horb S.251f: Kirche 1845-47, Pfarrhaus 1862.

[233]OAB Horb S.110.

[234]OAB Horb S.254.

[235]SpitA Horb, LaBu 1560.

[236]Ebd.

[237]Ebd.

[238]Ebd.

[239]SEIGEL, Spital und Stadt S.14.

[240]WYRWICH, Stadt, Staat, Kirche und Spital. (Bd.I:) u. Bd.II.

[241]WYRWICH Bd.I, Kap.8 u. S.267 Anm.152.

[242]REICKE, Spital Bd.1 S.196-198.

[243]Vgl. oben Kap. 2.

[244]SEIGEL, Spital und Stadt S.61.

[245]Der Landkreis Tübingen. Amtliche Kreisbeschreibung, hg. von der Staatlichen Archivverwal­tung Baden-Württemberg in Verbindung mit dem Landkreis Tübingen 3 Bde. Bd.1: Allgemei­ner Teil, Tübingen 1967, Bd.2, Stuttgart 1972; Bd.3, Stuttgart 1974. Bd.3 S.334f.: Bis heute hat der Rottenburger Spital seinen Stiftungscharakter bewahrt und wird nach wie vor treu­händerisch von der Stadt Rottenburg verwaltet. Organe der Ver­waltung sind der Stadtrat, der Hospitalausschuß, der Oberbürger­meister und der Hospitalver­walter.

[246]Vgl. Jürgen SYDOW, Kirchen- und spitalgeschichtliche Bemerkun­gen zum Problem der Stadt­erweiterung und Vorstadt (= Veröffentli­chungen der Kommission für geschichtliche Landes­kunde in Ba­den-Württemberg Reihe B, Bd.51) Stuttgart 1969 S.107-114.

[247]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg C 25 Nr.10.

[248]Ebd. B 9 Nr.2.

[249]KB Tü Bd.III S.319.

[250]Zum Begriff von Zins und Gült vgl. Theodor KNAPP, Neue Bei­träge zur Rechts- und Wirt­schaftsgeschichte des württembergi­schen Bauernstandes. Neudr. d. Ausg. Tübingen 1919, Aa­len 1964. S.108ff.

[251]KB Tü Bd.III S.306.

[252]Ebd. S.300.

[253]StadtA Rottenburg Urbar 1537 S.16-18v.

[254]Ebd. S.22

[255]HStASt B 30 Bü 262 fol.25, 1678-1698: Kleineres Steuerbe­reitungsprotokoll. Die 483,5 Jau­chert Rottenburger Meß entspra­chen 604 Jauchert Ehinger Meß. In der Steuerbereitung wur­den sie mit doppeltem Wert veranschlagt, was – im Gegensatz zu al­len anderen damals noch in Hohenberg vorhandenen Rebkulturen – auf eine nach wie vor hocheingeschätzte Qualität der Ge­wächse hindeutet.

[256]HStASt B 30 Bü 262 fol.25: Das Horber Rebland maß lediglich 81,25 Jauchert, es wurde, weil sehr schlecht, bei der Steuerbereitung nur einfach veranschlagt;- QUARTHAL, Wirtschaftsge­schichte S.414.

[257]Fischer, Schwäbisches Wörterbuch Bd.3 Sp.1753ff.

[258]StadtA Rottenburg Urbar 1537 S.19-21.

[259]Siedlungsplatz südwestlich der Stadt Rottenburg. Vgl. KB Tü Bd.3 S.299f.

[260]Hofgut südlich der Stadt Rottenburg. Vgl. Beschreibung des Oberamts Rottenburg, hg. v. d. königlichen statistisch-topographischen Bureau, Stuttgart 1828 S.135.;- KB Tü Bd.3 S.326f.

[261]WETZEL, Weidewirtschaft S.77: 1615 gab es 4250 Morgen.

[262]ZELLER, Die schwäbischen Spitäler S.84.

[263]Hans Jänichen, Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte des schwäbi­schen Dorfes (= Veröffentli­chungen der Kommission für geschicht­liche Landeskunde in Baden-Württemberg B 60) Stutt­gart 1970 S.93f.

[264]KNAPP, Gesammelte Beiträge S.207-209.

[265]StadtA Rottenburg, ReBu 1596: Zehrungskosten des Haischers, der auf dem Weg zum Salz­kauf in Hechingen unter­wegs in Engstlatt Gülten eintrieb.

[266]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, A 3 Nr.2: 1779 Akten wegen des Verkaufs; B 12 Nr.1: 1526 Sep 22 (Samstag nach Matthys); B ohne Nr.: 1526 Mrz 9 (Freitag nach Oculi) Quittung des Konrad Preger über den Erhalt einer Anzahlung, Zwistigkeiten mit Jerg Gaislin und Hein­rich Ochsen­bach sind noch zu klären; 1527 Sep 8, Quittung des Konrad Preger über den Erhalt der Kauf­summe; 1525 Dez 18 (Montag nach Lu­ciae) Quittung der Schwestern zu Kir­chberg; 1526 Mrz 12 (Montag nach Lätare) Quittung über die Abbe­zahlung von Schulden, die auf dem Hof lasteten; 1527 Nov 27 (Mittwoch nach Katharina). Quittung des Klosters Reutin über eine Gültab­lösung; B 3, 1654 Renovation; 4 An See­bronner Bürger verliehene Güter im 18. Jhdt.; 5 Meßverzeich­nis 1719: 116 Jauchert; 7 Verkauf 1778;- StadtA Rot­tenburg, Urbar 1537 S.156;- OAB Rottenburg 1900 S.343 u. 338;- KB Tü Bd.II S.667;- 800 Jahre Seebronn, Fest­buch 1982 S.29.

[267]Über den Kauf dieses Hofes im Jahr 1526 liegen in der bishe­rigen Literatur mißverständliche Aussagen vor. Während die Oberamtsbeschreibung angibt, daß der Spital diesen Hof dem Konrad PREGER um 500 Pfund Heller abkaufte, nennt das Fest­buch der Gemeinde Seebronn einen anderen Vorbesitzer und eine andere Kaufsumme. Demnach kaufte der Spital diesen Hof vom Kloster Kirchberg und dem Karmeliterkloster in Rottenburg um 927 Gulden. Zum Verkauf hätten die beiden Klöster wirtschaftli­che Schwierigkeiten genötigt.

[268]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 12 Nr.8: 1566 Sep 27 Ausführ­liches Regest mit Güterbe­schreibung; C 23 Nr.1, 1594 Feb 5, Preis 1460 Gulden, davon bar 600 Gulden, Raten von je­weils 100 Gulden;- DUNCKER, Archiv Rottenburg S.71;- OAB Rottenburg 1900 S.343;- Buhl, Spitalhaushalt Nr.10 S.38.

[269]Als Verkäufer werden genannt: Hans Kaspar von Lindenfels, ein promo­vierter Jurist und Advokat am Kammergericht zu Speyer, Hans Ge­org Lindenfels, Schultheiß zu Bondorf und Bruder des Erstge­nannten, Sebastian Schlegel von Gruol, Obervogt zu He­chingen, Lauren­tius Schmid, ein promovierter Jurist, Stephan Genkin­ger in Ebingen, Georg Kalt, der damals in Rot­tenburg wohnte und Andreas Pfluger in Seebronn.

[270]HStASt B 19 Bü 97: Polizeiordnung und Statuten fol.63, Refor­mation 90.

[271]OAB Rottenburg 1900 S.343;- KB Tü Bd.II S.668.

[272]MÜLLER, Musterregister S.148.

[273]TLA Innsbruck Hs.2402 fol.821

[274]Ebd. fol.374

[275]Ebd. fol.821

[276]HStASt B 19 Bü 97: Polizeiordnung und Statuten fol.63, Refor­mation 90.

[277]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 12 Nr.8: 1610 Aug 23.

[278]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, C 15 Nr.1, 2;- OAB Rot­tenburg 1900 S.376;- KB Tü Bd.II S.799;- Erich Schorp, Wendelsheimer Hei­matchronik, Rottenburg 1953;- DUNCKER, Archiv Rottenburg S.60,61: 1528 Jul 15 u. 1529 Mrz 10.

[279]Einer Vermutung des Wendelsheimer Heimatforschers Erich Schorp zufolge könnte dieser Hof identisch mit dem späteren Leopoldshof sein, der noch 1784 „des Lich­termuths Hof“ ge­nannt wurde. Darauf deuten auch entsprechende Renovationen 1656 hin. Vgl. HAUG, Spi­talarchiv Rottenburg, C 15 Nr.5: 1656 Renova­tion des Leopoldshofs in Wendelsheim.

[280]Kreditaufnahmen Leichtermuts. HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, C 15 Nr.2: 1496 Jan 13 (Samstag nach Hilarii) 60 Gulden vom Spital; 1515 Sep 6 (Donnerstag vor Mariae Geburt) 40 Gulden, 8 Malter Hafer; 1518 Dez 2 (Freitag nach Andreas) 50 rheini­sche Gulden von Dr. Kas­par Forstmeister in Tübingen; 1518 Apr 19 (Montag vor Georgi) 50 Gul­den württem­bergischer Währung von Dr. iur. Kaspar Forstmeister.

[281]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, C 15 Nr.2: 1528 Jul 10 Dr. Win­kelhofers Witwe 285 Gul­den; 1528 Mrz Dr. Forstmeister 140 Gulden.

[282]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, C 15 Nr.3: 1528 Jul 15 (Mitt­woch nach Margaretha) Kloster Bebenhausen, Hof in Seebronn, den Eberlin Mayer innehatte.

[283]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, C 11 Nr.1: 1529 Mrz 10. Propst und Kapitel des Stiftes zu St. Georg in Tübingen tau­schen ihre Gült aus des Leichtermuts Hof gegen eine solche aus dem Spi­tallehenhof in Bondorf;- DUNCKER, Archiv Rottenburg S.60,61: 1528 Jul 15 u. 1529 Mrz 10.

[284]OAB Rottenburg 1900 S.164;- KB Tü Bd.II S.199.

[285]Vgl. QUARTHAL, Wirtschaftsgeschichte S.409f.

[286]OAB Rottenburg 1899 S.554.

[287]DUNCKER, Archiv Rottenburg S.73: 1599 Dez 25 Verkaufsurkunde.

[288]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 22 Nr.1: 1424 Feb 3 (Freitag vor Doro­thea);- OAB Rotten­burg 1900 S.311.

[289]StadtA Rottenburg Urbar 1537 S.24f.

[290]DUNCKER, Archiv Rottenburg S.64: 1547 Sep 1.

[291]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 22 Nr.1: 1599 Dez 25 Der Verkauf umfaßt acht Morgen Wiesen.

[292]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: 1607 Jan 25, Be­schwerdepunkte der Amtleute zu Rottenburg, die sie den Kom­missaren übergaben, Punkt 38.

[293]TLA Innsbruck Hs.2402 fol.821.

[294]Ebd. fol.657.

[295]Ebd. fol.374

[296]Ebd. fol.282

[297]Ebd. fol.766

[298]Ebd. fol.918

[299]HStASt B 19 Bü 97: Polizeiordnung und Statuten fol.63, Refor­mation 90.

[300]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 22 Nr.1: 1655 Apr 6.

[301]KB Tü Bd.II S.534.

[302]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 21 Nr.8-15.

[303]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 21 Nr.1-7; 23 Nr.1-4.

[304]Vgl. QUARTHAL, Wirtschaftsgeschichte.

[305]StadtA Rottenburg, Urbar 1537 S.3f.

[306]Buhl, Spitalhaushalt S.37.

[307]StadtA Rottenburg, Urbar 1537 S.3f.

[308]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: 1607 Jan 25, Be­schwerdepunkte der Amtleute zu Rottenburg, die sie den Kom­missaren übergaben, Punkt 19.

[309]TLA Innsbruck, Leopoldinum B Nr.133: „Begerter Gegenbe­richt des Landschreibers zu Rotenburg uber die Be­schwerungs Puncten der Ambtleut“.

[310]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 24 Nr.11: 1658 Dez 22 Ver­dingzettel an zwei Zimmerleute für die Aufrichtung eines Kelter­baumes.

[311]KB Tü Bd.III S.359f.: Drei große Mühlen gab es in Rottenburg, die herrschaftliche große Stadt­mühle westlich an der alten Zehntscheuer, die kleine Stadt­mühle östlich an der alten Zehntscheuer und die obere Mühle, aus der der Spital 1537 Gülten bezog. In die Stadtmühlen waren die Bürger der Stadt, aus Hirschau, Kiebingen, Wurmlingen, See­bronn, Hailfin­gen und Ergenzingen gebannt. Der Mühlzins, den der Spital aus der oberen Mühle bezog, betrug wö­chentlich zwei Vierteil Mühlkern.

[312]Anton Buhl, Die versunkene Distelmühle, in: Sülchgauer Scholle 6 (1930) S.14-22;- KB Tü Bd.III S.360.

[313]DUNCKER, Archiv Rottenburg S.8,79;- HAUG, Spitalarchiv Rotten­burg, B 6 Nr.3 Abschrift der Stiftungsurkunde und einer Reihe von Vorurkunden; Nr.4.

[314]StadtA Rottenburg Urbar 1537 S.31-33.

[315]Kuno Ulshöfer, Menschen im Spital. Eine Analyse des Haller Hospitalkirchenbuchs 1703-1752. in: Speculum Sueviae. Beiträge zu den historischen Hilfswissenschaften und zur ge­schichtlichen Landeskunde Südwestdeutschlands. Festschrift für Hansmartin Decker-Hauff zum 65. Geburtstag. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und des Insti­tuts für geschichtliche Landeskunde der Universität Tübingen hg.v. Hans-Martin Maurer u. Franz QUARTHAL 2 Bde. zugl. ZWLG 40 (1981) u.41 (1982) Stuttgart 1982 Bd.2 S.104-130 S.55;- Dieter Jetter, Geschichte des Hospitals Bd.1, Wiesba­den 1966 S.29.

[316]BUHL, Spitalhaushalt Nr.9 S.35.

[317]OAB Rottenburg 1900 S.30;- Johann Evangelist Weittenauer, Tra­ditionsbuch von dem Anfang, Ursprung und Wachstum des löbli­chen alten Stiftes St. Mauritii in Ehingen… 1674 zu schrei­ben angefangen. Original im PfarrA St.Moriz Nr.76 fol.25.

[318]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.2;- KB Tü Bd.III S.333f.

[319]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.2: 1394 Dez 6 (Nikolaus Abend); Nr.2: 1475 Jul 4 (St.Ulrichstag);- OAB Rottenburg 1900 S.96.

[320]StadtA Rottenburg, Urbar 1537 S.31.

[321]Franz MANZ, Rottenburgs Badstuben und Heilpersonal dazumal, in: Hohenberger Warte 12 (1965) S.3f.;- Dieter MANZ, Das Stein­haus bei der Kelter, in: Sülchgau 24 (1980) S.26.

[322]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.2: 1572 Nov 30.

[323]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.2: 1600 Mai 6;- DUNCKER, Archiv Rottenburg S.73.

[324]StadtA Rottenburg, Bestand Spital, „Badstubenrechnung“: Summa­rische Reytung über des Spitals aygenthümblich newerbawet Bad in der Vorstatt gelegen; 11 Blatt, bei der Rechnung 1602 lie­gend. Daselbst: „Prothocoll über des Spitals Badt in der Vorstatt was der Bawschilling cost und darufgegangen biß es ufferbawet worden angefangen 16. July 1600“.

[325]TLA Innsbruck Hs.2402 fol.870.

[326]StadtA Rottenburg, Badstubenrechnung, Zehrgelder.

[327]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.2: 1437 Mai 18 (Sams­tag nach Sophiae); 1459 Aug 31 (Freitag nach Pelagii); 1462 Mrz 9 (Zinstag nach Invocavit); 1472 Jul 6 (Montag nach Ulrich); 1473 Aug 30 (Montag nach Bartho­lomaei); 1493 Nov 23 (Samstag nach Otmar); 1496 Okt 12 (Mittwoch vor Galli); 1606 Jan 13.

[328]Lehenbriefe der unteren Badstube (Sp.= als Lehenträger des Spitals). Vgl. HAUG, Spitalar­chiv Rottenburg, B 17 Nr.1: 1387 Feb 5 (Zinstag nach Lichtmeß) Rudolf von Ho­henberg an Albrecht und Burkart Stoll; 1479 Sep 16 (Donnerstag nach Crucis Exalta­tio) Erzher­zogin Mechthild an Konrad Michel den Jungen; 1483 Aug 27 (Mittwoch vor Augustini) Rottenburg. Erzherzog Sigmund an den Bader Hans Hemerl; 1487 Mrz 21 (Mittwoch nach Oculi) Innsbruck. Erzherzog Sigmund an Konrad Michel Bader, der es vom Bader Hans Hamerl erk­aufte; 1492 Jan 13 (Hilarii) Peter Velman von Kiebingen und sein Bruder Hensin kauften das Bad von Konrad Michel um 780 Pfund Hel­ler; 1498 Jun 6 (Mittwoch nach Pfingsten) Kaiser Maximilian an Hans Bisinger Sp.; 1533 Mrz 28, Rottenburg. Kö­nig Ferdinand an Se­bastian Schorer Sp.; 1568 Apr 2, Innsbruck. Erzherzog Fer­dinand an Sebastian Schorer Sp.; 1571 Nov 17, Innsbruck. Erzherzog Ferdinand an Georg Hailfinger Sp.; 1565 Mrz 16. Statthalter Räte und Re­genten von Oberösterreich na­mens des Erzherzogs Ferdinand an Sebastian SCHORER Sp.; 1598 Aug 14, Innsbruck. Kaiser Rudolf II. an Franz SCHORER Sp.; 1625 Nov 28, Innsbruck. Erzherzog Leo­pold an Andreas Hofmeister Sp.; 1634 Jul 19, Tübingen. Herzog Julius Friedrich von Württemberg an Jakob Würthner Sp.; 1653 Dez 1, Innsbruck. Erzherzog Fer­dinand Karl an Andreas Laux Sp.; 1659 Jul 15. Erlaubnis, an Stelle der verbrannten unte­ren Badstube eine Säg­mühle zu bauen; 1665 Mrz 16, Inns­bruck. Erzherzog Sigmund Franz an Andreas LAUX Sp.; 1667 Feb 12, Innsbruck. Kaiser Leopold an Andreas LAUX Sp.;- Beschrei­bung des Kreises Tübingen Bd.III S.334;- Franz MANZ, Hierher ins Bad, ihr Reich und Arm, in: Hohenberger Warte 12 (1965) Nr.3: MANZ datiert das untere Bad von 1388 bis zum Stadtbrand 1644 und lokalisiert es am Platz der Metzgerei Motzer.

[329]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 17 Nr.1: 1479 Sep 16 (Don­nerstag nach Crucis Exaltatio).

[330]Ebd. B 1 Nr.1: 1738 Jan 4.

[331]Lehenbriefe für den Zehnten (Sp.= als Lehenträger des Spitals) Vgl. HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 25. Lehenbriefe: 1460 Dez 26 (Stefani) ERZHERZOGIN MECHTHILD an Ludwig VON EMERSHOFEN; 1464 Jan 30 (Zinstag vor Lichtmess) ERZHERZOGIN MECHTHILD an Ludwig VON EMERSHOFEN; 1475 Okt 13 (Freitag vor Dionysii) ERZHERZOGIN MECHTHILD an Hans von Gültlingen; 1481 Sep 3 (Montag nach Egidii) ERZHERZOGIN MECHTHILD an Junghans Merheld Sp.; 1483 Erzherzog Sigismund an Hans FLYNIG Sp.; 1497 Jan 9 (Montag nach Dreikönig) Kaiser Maximilian an Hans FLYNIG Sp.; 1512 Mai 26 Kaiser Maximilian an Hans Vischer Sp.; 1533 Mrz 28 König Ferdinand an Ludwig Walch Sp.; 1567 Apr 14 Erz­herzog Fer­dinand an Georg Schertlin Sp.; 1582 Aug 1 Inns­bruck, Erzher­zog Ferdinand an Andre Joss Sp.; 1598 Aug 14 Innsbruck, König Rudolf II. an Hans Pfeiffer Sp.; 1602 Mai 26 König Rudolf II. an Sigmund Wendelstein Sp.; 1610 Okt 22 Günzburg, Markgraf Karl von Burgau an Hans Wiech Sp.; 1625 Nov 28 Erz­herzog Leopold an Johann Wei­tenauer Sp.; 1634 Jul 19 Tübingen, Herzog Friedrich von Württemberg an Johann Georg Gottfried Sp.; 1653 Dez 1 Erzherzog Fer­dinand Karl an Konrad KITTELIN Sp.; 1665 Mrz 16 Erzherzog Sigis­mund an Konrad KITTELIN Sp.; 1667 Feb 12 KAISER LEOPOLD an Konrad KITTELIN Sp.; 1684 Jul 20 KAISER LEOPOLD an Hans Konrad KITTELIN Sp.; 1688 Jan 8 KAISER LEOPOLD an Johann Schnell Sp.; 1706 Mai 26 Kaiser Josef an Konrad KITTELIN Sp.; 1712 Aug 12 Kaiser Karl VI. an Konrad KITTELIN Sp.; 1736 Jan 24 Kaiser Karl VI. an Johann Konrad Barth Sp.; 1742 Apr 27 Maria Theresia an Jo­hann Konrad Barth Sp.

[332]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 25 Nr.1: 1543 Apr 6 (Freitag nach Quasimodo) Darin ein Ertragsverzeichnis von 1557ff.; Nr.2-5 Renova­tionen.

[333]Ebd.: 1477 Dez 9 (Zinstag nach Ma­riae Empfängnis);- OAB Rottenburg 1900 S.38,97.

[334]HAUG, Spitalarchiv Rottenburg, B 29 Nr.2: 1381 Aug 24 (Bartholomei).

[335]Ebd. B 29 Nr.1: 1403 Jun 26 (Zinstag vor Peter und Paul); 1410 Feb 14 (Valentini).

[336]Ebd. B 29 Nr.3: 1495 Mai 18 (Montag vor Ur­bani) Verkauft werden der Kornzehnt in Rotten­burg und Ehingen sowie der Kleinzehnt in Rottenburg, Ehingen und Kalkweil um 550 Gulden mit dem Vorbehalt des Wiederkaufs.

[337]Ebd. B 30 Nr.1: 1498 Mrz 6 (Zinstag nach In­vocavit) Verkauft werden der Weinzehnt und eine Land­garbe mit dem Recht zum Rückkauf.

[338]Ebd. B 24 Nr.1-6: 1563 Mrz 29 (Montag vor Palmtag) Endgül­tiger Kauf;- OAB Rottenburg 1900 S.97.