Seit dem Sturz des Regimes von Baschar al-Assad am 8. Dezember 2024 senden keine offiziellen syrischen Fernsehsender mehr. Dadurch entsteht im Land eine große Informationslücke. Die Menschen verlassen sich nun auf andere Medien wie arabische Fernsehsender aus anderen Ländern, die Kanäle, die früher gegen Assad waren, und soziale Netzwerke. Viele fragen sich, warum der offizielle Fernsehsender noch nicht wieder gestartet ist.
Gründe für den Stopp und Streit über Neustart
Die Meinungen über die wahren Gründe der Schließung der offiziellen Kanäle unterscheiden sich. Einige Beobachter der Medienlandschaft glauben, dass die Ersetzung des Personals, das zuvor im syrischen Fernsehen gearbeitet hat, notwendig ist. Dieser Austausch braucht jedoch Zeit, besonders weil neue redaktionelle Richtlinien und Inhalte erst entwickelt werden müssen. Andere meinen, dass die Sache noch komplizierter ist. Es könnte politische Konflikte über die Rolle der offiziellen Medien geben oder internationale Absprachen, die den Kurs der staatlichen Medien in Syrien betreffen.
Es gibt aber auch Zweifel an der Infrastruktur. Einige Berichte sagen, dass das Gebäude und die Geräte des Fernsehsenders sehr alt sind. Eine vollständige Modernisierung sei nötig, was teuer und technisch sowie administrativ schwierig ist.
Viele SyrerInnen erwarten, dass die offiziellen Sender nach ihrer Umstrukturierung bald wieder aktiviert werden. Mohammed Al‑Sakhni, der stellvertretende Direktor der allgemeinen Rundfunk‑ und Fernsehanstalt, sagte, dass die Sender bald mit einer „neuen Vision“ zurückkehren werden. „Diese neue Vision soll Inhalte bieten, die den Erfolg der syrischen Revolution unterstützen und die Wünsche des Volkes widerspiegeln.“
Der syrische Sender und seine Rolle unter Assad
Seit Beginn der syrischen Revolution 2011 hatte der offizielle Fernsehsender eine wichtige Aufgabe: Er verbreitete die Sicht des Regimes. Er leugnete internationale Berichte über Massaker und Verletzungen an Zivilisten. So wurde zum Beispiel das Massaker mit Chemiewaffen in Ghouta (Damaskus) 2013 als „mediale Inszenierung“ bezeichnet. Außerdem zeigte der offizielle Sender satirische Filme. Einer dieser Filme zielte darauf ab, die private syrische Zivilschutz-Organisation, bekannt als die „weißen Helme“, schlecht darzustellen. Deshalb verloren viele Bürger das Vertrauen in den offiziellen Fernsehsender. Sie schauten dann andere Nachrichtensender, auch oppositionelle syrische Kanäle, um an Informationen zu kommen.
Manipulation von Inhalten und Falschmeldungen
Laut mehreren deutschen Berichten wurden nach dem Sturz von Baschar al-Assad unter anderem über Kanäle in sozialen Medien zahlreiche Falschmeldungen verbreitet. Dabei wurden nicht nur Inhalte entfernt, die die neue Regierung unterstützen, sondern auch alte Videos als aktuelle Ereignisse dargestellt, um Verwirrung zu stiften und Misstrauen gegenüber der neuen Regierung zu erzeugen. Darüber hinaus wurden Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen, um den neuen Verantwortlichen zu schaden.
Diese Falschmeldungen verbreiteten sich über verifizierte und unterstützte Nutzerkonten von Internetdiensten, die oft gefälschte Nachrichten veröffentlichten. Sie sollten angeblich von vertrauenswürdigen Quellen stammen. Dies erschwert es, die Wahrhaftigkeit der Informationen zu überprüfen. Syrische Organisationen wie „Takkad“ versuchen, diese Fehlinformationen zu entkräften und deren falsche Behauptungen zu belegen. Weitere Details sind auf der Website verfügbar: https://verify-sy.com/en
Ausland täuscht mit gefälschten Nachrichten
Neben Internet-Accounts, die das alte syrische Regime unterstützen, deuten einige Berichte darauf hin, dass auch Gruppen, die mit dem Iran verbunden sind, falsche Informationen auf Plattformen im Internet verbreiten. Beobachter berichten, dass von Iran unterstützte Mediengruppen die öffentliche Meinung beeinflussen wollen. Sie verbreiten Nachrichten über eine angebliche Instabilität der neuen Regierung und zweifeln an der Legitimität von Präsident Ahmed al‑Sharaa.
„Die Informationsmanipulations-Apparate Russlands und Irans arbeiten auf Hochtouren“: So zitiert die Deutsche Welle Marcos Sebares Jimenez-Blanco von der US-amerikanischen Stiftung German Marshall Fund. Analysten berichten außerdem, dass einige dieser Konten Verbindungen zu iranischen Medien haben – Medien, die das Assad‑Regime über viele Jahre unterstützten. Sie vermuten, dass diese Netzwerke mit Personen zusammenarbeiten, die dem alten Regime nahestehen, sowohl in Syrien als auch im Ausland, zum Beispiel in Deutschland.
Medienbeobachter sagen auch, dass das gestürzte Regime und seine Unterstützer – zu denen neben der iranischen und der russischen Regierung auch die Hisbollah gehören – während des Krieges stark auf mediale Täuschung gesetzt haben.
Lehnen soziale Medien die Verifizierung offizieller Konten ab?
Ein Punkt in dieser Diskussion ist, dass die offiziellen Konten der syrischen Regierung auf sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram bislang ohne die übliche Verifizierung oder das sogenannte „blaue Häkchen“ geführt werden. Die neue Übergangsregierung kritisiert, dass Meta ihre offiziellen Konten nicht verifiziert.
AktivistInnen und JournalistInnen kritisieren dieses Vorgehen des Konzerns stark. Sie meinen, dass das Fehlen der Verifizierung offizieller Konten zur Verbreitung von Falschmeldungen beiträgt und es schwieriger macht, offizielle Nachrichten zu veröffentlichen. Zudem ermögliche diese Politik inoffiziellen Gruppen, sich als offizielle neue Verantwortliche auszugeben und Falschmeldungen zu verbreiten, so die Kritiker.
Zusätzlich gibt es Vorwürfe, dass Personen mit Verbindungen zum Assad-Regime in internationalen Medienunternehmen tätig sind und möglicherweise Einfluss auf die Moderation von Inhalten nehmen. Der syrische Journalist Kutaiba Yassin behauptet, dass Assad-Anhänger dort gezielt Inhalte entfernen und Konten sperren lassen. Diese Anschuldigungen sind jedoch bislang nicht durch unabhängige Berichte oder große Medienhäuser bestätigt worden.
Quellen und weitere Informationen: dw | Desinformation könnte Syrien zurück zum Bürgerkrieg bringen
ZDF | Wie Desinformation in Syrien Chaos schürt
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