Von Youssef Kanjou
Syrien ist heute ein Land mit muslimischer Mehrheit, in vorislamischer Zeit waren die meisten Einwohner dieser Region Christen. Daher stehen in Syrien einige der ältesten Kirchen der Welt. Zum Beispiel wurde die sogenannte „Hauskirche“ entdeckt, die auf das Jahr 233 n. Chr. zurückgeht, während die älteste Basilika-Kirche in Syrien aus dem Jahr 372 n. Chr. stammt.
Die Hauskirche war zu Beginn der Verbreitung des Christentums ein Wohnhaus, das in eine Kirche umgewandelt wurde, anstatt ein eigenes Gebäude für christliche Rituale zu errichten. Dies geschah in der Stadt Dura Europos in den Jahren 233 bis 256 n. Chr. Die Kirche wurde im Jahr 1930 in der Stadt Dura Europos entdeckt. Die Stadt liegt heute am rechten Ufer des Flusses Euphrat im Nordosten Syriens. Sie ist jetzt eine archäologische Stätte, die aber immer noch städtische, religiöse und militärische Einrichtungen enthält.
Die Hauskirche von Dura Europos ist das älteste bisher bekannte christliche Kirchengebäude der Welt. Das ursprüngliche Haus war ein Beispiel für die lokale Architektur und hatte einen quadratischen Innenhof, um den herum die verschiedenen Zimmer angeordnet waren. Um das Haus in eine Kirche umzuwandeln, wurde eine Wand zwischen zwei kleinen Zimmern abgerissen und damit ein großer Versammlungsraum gebildet. Dieser wurde mit einem Taufbecken ausgestattet. In dem Raum wurden mehrere Gemälde entdeckt, die als die ältesten künstlerischen Darstellungen von Jesus gelten, wie „Der gute Hirte“, „Die Heilung des Gelähmten“ und „Jesus und Petrus gehen auf dem Wasser“. Sie sind alle heute im Metropolitan Museum of Art in New York zu finden.
Im Nordwesten Syriens findet man eine der ältesten historischen Basilika-Kirchen der Welt. Eine Inschrift deutet darauf hin, dass sie im Jahr 372 n. Chr. erbaut wurde. Sie befindet sich im heutigen im Dorf Fafertin. Der Grundriss der Kirche ist rechteckig, 26,5 Meter lang und 11,6 Meter breit, mit drei Säulengängen und zwei Räumen, die durch Türen zu seitlichen Vorhallen führen. Der südliche Raum enthält einen verzierten Grabbau, der dazu diente, die Reliquien von Märtyrern oder Heiligen aufzubewahren. Diese Kirche gehört zu einer Gruppe von Kirchen in der Region, von denen es Hunderte gibt. Archäologen nennen sie die „vergessenen“ oder „toten“ Städte.
Dagegen gilt die Symeon Stylites Kirche im Norden von Aleppo derzeit als die architektonisch und religiös bedeutendste Kirche Syriens. Sie zeichnet sich durch einen einzigartigen Baustil aus, da sie aus der Kreuzung von vier Basilika-Kirchen besteht, die die Form eines Kreuzes annehmen. Hinzu kommen die schönen geometrischen Verzierungen über dem Haupteingang und den Fenstern.
Die Kirche wurde im Jahr 490 n. Chr. zu Ehren des heiligen Simeon Stylites erbaut, der 40 Jahre lang auf einer Säule betete. Die Kirche wurde so gebaut, dass die Säule im zentralen Hof der Kirche steht und gleichzeitig der Kreuzungspunkt der vier Kirchen ist. Vor dem Krieg in Syrien war sie ein Hauptziel für christliche Pilger sowie eine große Anzahl von Touristen.
Es gibt einen weiteren Hinweis auf die Verbreitung des Christentums in Syrien. Während unserer Arbeit im Jahr 2007 im Umfeld der Stadt Aleppo im Norden Syriens entdeckten wir zufällig drei Kirchen, die zuvor unbekannt waren. Die meisten von ihnen stammen aus der byzantinischen Zeit (5. bis 6. Jahrhundert n. Chr.). Alle ihre Böden waren mit künstlerischen Mosaiken verziert, die reich an geometrischen oder tierischen Szenen waren.
Unglücklicherweise sind die meisten dieser archäologischen Schätze Opfer des Krieges in Syrien geworden, was zur Zerstörung wichtiger Teile geführt hat. Dennoch sind ihre Überreste immer noch Zeugnisse ihrer Bedeutung und der Verbreitung alter Religionen in Syrien. Zahlreiche Überreste sind in Museen auf der ganzen Welt zu finden, und es gibt eine große Anzahl archäologischer Studien, die sich mit ihnen befassen.
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Überreste der Säule, auf der der Heilige Simeon in der Zeit zwischen 419 und 459 n. Chr. gesessen haben soll. Foto: tuenews INTERNATIONAL / Youssef
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