von Wolfgang Sannwald, 1996
Auf dieser einstmals wohl umfangreich kolorierten Federzeichnung ist der Neckar zwischen Sulz und Tübingen mit dem angrenzenden Land abgebildet. Die Karte ist nach Norden orientiert. Sie reicht nördlich bis zur Linie Dornstetten – Nagold – Herrenberg und südlich bis Bergfelden – Bodelshausen – Dußlingen. Ihr Verfasser ist unbekannt. Aus der Legende geht hervor, daß es sich um eine politisch – geographische Karte handelt, bei der die Farbgebung verschiedenen Besitz unterscheidet. Allerdings sind die Farben mittlerweile so sehr verblaßt, daß die mit ihrer Hilfe unterschiedenen Herrschaftsverhältnisse an einigen Stellen nicht mehr klar nachvollzogen werden können. Vermutlich war der Zweck dieser Karte, strittige Grenzverläufe festzuhalten. Karten mit einer derartigen Zweckbestimmung finden sich mitunter als Beilagen von Prozeßakten.
Trotz der verblassenden Farben zeigt die Karte noch heute die mannigfaltige politische Gliederung des Raumes, in dem das Herzogtum Württemberg, die österreichische Grafschaft Hohenberg, das Fürstentum Hohenzollern – Hechingen, das Fürstentum Hohenzollern – Sigmaringen sowie die kleineren Herrschaftsgebiete des Reichsadels miteinander konkurrierten. An Adelsherrschaften sind jene der Freiherren von Ow, von Raßler, von Rost, Kechler von Schwandorf und der Herren von Bubenhofen vertreten. Die Orte Glatt und Dettingen befanden sich im Besitz des Stiftes Muri in der Schweiz. Auf der Karte fehlen indessen die Gebiete der Schenken von Stauffenberg mit Baisingen und Eutingertal, der Herren von Tessin mit Hochdorf und der Freiherren von Münch mit Mühringen.
Auf das Relief hat der Kartograph keinen besonderen Wert gelegt, es ist in primitiven Bergbildern gezeichnet, zum Beispiel bei Wurmlingen. Die Waldsignatur erinnert an jene von Kiesers Forstkarten. Besonders schmuck wirkt diese Wandkarte durch die künstlerisch ausgeführten Siedlungen. Die Städte Rottenburg, Horb, Sulz, Nagold, Herrenberg und Tübingen sind einigermaßen getreu abgebildet. Die Dörfer hingegen werden oft nur durch Haussignaturen dargestellt, wobei allerdings die eingezeichneten Kirchtürme und Schlösser durchaus den damaligen baulichen Zustand widerspiegeln könnten. Hierin ähnelt die Karte den Ortsansichten in dem Forstkartenwerk von Andreas Kieser, das ja ebenfalls vom Ende des 17. Jahrhunderts stammt, indessen kartographisch von einer wesentlich besseren Qualität ist. Die mit punktierten Linien eingetragenen Straßen geben sicherlich nicht den exakten Verlauf im Gelände wieder, weisen aber darauf hin, zwischen welchen Siedlungen direkte und bedeutendere (zwei parallele Punktlinien) Verbindungen bestanden. Der Weg von Unterjesingen nach Tübingen ist nördlich und links der Ammer eingetragen.
Zur Karte: Karte des mittleren Neckargebiets, Ende 17. Jhdt. Kolorierte Federzeichnung auf Pergament (erheblich beschädigt), Wandkarte, auf Leinwand aufgezogen, 92,5 x 163,7, Maßstab circa 1 : 30000. Verkleinerter Ausschnitt. Legende: „Erleitterung dißer Kartten: Alleß waß in dem Dunckell Rothen Grundt lügt ist Österreichisch / In der Hoch Rothen: Murisch / In der gelben Farb: Württenberg / In der graßgrienen: Haigerlochisch; In dem dunckill grienen: Hechingisch / In dem blawen: Buobenhoffisch / In solcher die Awische Herrschaft / In dißer: Kechlerisch / In dißer: Roschisch / Rasslerisch.“ Die Farben können auf der Karte praktisch nicht mehr identifiziert werden. Zur spärlichen Legende gehörte auch ein Maßstab rechts unten, der stellenweise nicht mehr lesbar ist. Original: Staatsarchiv Sigmaringen Depositum 39 (Fürstliches Archiv) K 109, Reproduktion Hauptstaatsarchiv Stuttgart. URL: http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=6-956262-1
Literatur: Franz Geßler, Horbs älteste Stadtansichten und seine Erwähnung in den ersten Landkarten, in: Der Sülchgau 23 (1979) S. 44 – 55, hier S. 48 (s/w – Ausschnitt mit der Ansicht von Horb); Ruthardt Oehme, Die Geschichte der Kartographie des deutschen Südwestens, Konstanz 1961 S. 106 (Von Oehme stammt die Datierung, die jener im Findmittel des Staatsarchivs Sigmaringen widerspricht, derzufolge die Karte auf das 18. Jahrhundert datiert ist. Oehmes Argumente erscheinen mir plausibel); Rudolf Seigel, Aussagen einer alten Landkarte, in: Sülchgau 1964 S. 66ff. (Ausschnittsweiser s/w – Abdruck).
Auszug aus: Wolfgang Sannwald (Hg.): Schönbuch, Neckar, enge Gassen. Ortspläne und Landkarten aus vier Jahrhunderten, Gomaringen 1996.