11. Dezember 2024

EuGH: Möglicher neuer Flüchtlingsschutz für Frauen als „soziale Gruppe“

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat eine Entscheidung getroffen, die geflüchteten (auch minderjährigen) Frauen eine neue Möglichkeit eröffnet, international als Flüchtling anerkannt zu werden. Dies gilt, wenn sich die Frauen mit dem „Grundwert der Gleichheit von Frauen und Männern“ identifizieren, dieser Grundwert in ihrem Herkunftsland aber nicht wie in ihrem Fluchtland anerkannt wird. Deshalb können sie in ihrem Herkunftsland als einer „bestimmten sozialen Gruppe“ zugehörig angesehen werden, die verfolgt werden kann. Dies könnte dann zum Flüchtlingsstatus führen. Diese Entscheidung teilte der EuGH in einer Pressemitteilung vom 11. Juni 2024 mit.

Zugrunde liegt der Fall zweier irakischer Mädchen, die sich seit 2015 ununterbrochen in den Niederlanden aufhielten. Nachdem ihre ersten Anträge auf Flüchtlingsschutz abgelehnt worden waren, stellten sie Folgeanträge. Diese begründeten sie damit, dass sie infolge ihres langfristigen Aufenthalts in den Niederlanden die Normen, Werte und Verhaltensweisen ihrer AltersgenossInnen in dieser Gesellschaft angenommen hätten. Bei einer Rückkehr in den Irak wären sie nicht in der Lage, sich den Regeln einer Gesellschaft anzupassen, in der Frauen und Mädchen nicht dieselben Rechte hätten wie Männer. Sie befürchteten, wegen ihrer Identität, die sich in den Niederlanden geformt habe, verfolgt zu werden.
Die niederländischen Behörden lehnten auch diese Folgeanträge ab. Die jungen Frauen wandten sich daher an ein niederländisches Gericht. Dieses legte den Fall dem EuGH vor. Dieser hatte nun zu prüfen, ob für diesen Fall die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft möglich ist, wenn „ein Drittstaatsangehöriger wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird.“

In seinem Urteil bejaht der Gerichtshof diese Frage und weist darauf hin, dass die nationalen Behörden bei ihren Entscheidungen insbesondere das Kindeswohl minderjähriger Antragstellerinnen zu beachten hätten. Bei der Prüfung müsse auch ein langfristiger Aufenthalt in einem Mitgliedstaat berücksichtigt werden, und zwar vor allem dann, wenn es um einen Zeitraum geht, der für minderjährige Antragstellerinnen „identitätsbildend“ sei.
Zur Pressemitteilung des EuGH:
Internationaler Schutz: Frauen, die sich mit dem Wert der Gleichheit von Frauen und Männern identifizieren, kann die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt werden (europa.eu)

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