8. Februar 2025

Kinder durch Verbot vor Social Media schützen?

Von Michael Seifert
In Albanien soll durch einen Beschluss der Regierung die Online-Plattform TikTok für ein ganzes Jahr gesperrt werden. Die Maßnahme soll voraussichtlich im Februar 2025 wirksam werden. Das berichteten viele Medien auch in Deutschland unter Berufung auf die albanische Nachrichtenagentur ATA. Hintergrund des Beschlusses ist ein Vorfall im November in der Nähe einer Schule in der Hauptstadt Tirana, bei dem ein 15-jähriger Schüler einen 14-Jährigen mit mehreren Messerstichen getötet und einen weiteren Schüler schwer verletzt hat. Der Gewalttat soll ein über die Plattform TikTok ausgetragener Streit zwischen den Schülern vorausgegangen sein. Nach der Tat habe sich der Täter in einem Video mit dem blutigen Messer auf TikTok gezeigt, wie albanische Medien berichteten. Diese Tat hatte das ganz Land in Trauer versetzt und zu Demonstrationen und Diskussionsveranstaltungen über den Schutz vor Gewalt und Mobbing an Schulen geführt. Der albanische Ministerpräsident Edi Rama begründete seine Entscheidung unter anderem auch damit, dass sich in den Gesprächen mit den Eltern 90 Prozent für eine zunächst auf ein Jahr befristete Sperrung von TikTok ausgesprochen hätten. Kritisiert wurde diese Entscheidung von Jugendlichen, einer oppositionellen Politikerin und Geschäftsleuten, die von den Medien befragt wurden. Von den 2,4 Millionen Einwohnern in Albanien verfügen offenbar 1,5 Millionen über einen TikTok-Account.
Im November 2024 hatte bereits Australien ein umfassendes Social-Media-Verbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren beschlossen. Demnach sollen TikTok, Facebook, Snapchat, Reddit, X und Instagram durch ein weltweit einmaliges Gesetz für diese Altersgruppe nicht mehr verfügbar sein.
Auch in Spanien wird ein Gesetzentwurf der Regierung diskutiert, der Kinder vor Online-Bedrohungen schützen soll. Das Gesetz soll virtuelle Kontaktsperren für Straftäter einführen und das Mindestalter für die Eröffnung von Social-Media-Konten erhöhen. Dafür wurde bereits eine innovative App für eine digitale Altersverifikation bei problematischen Seiten, etwa mit Pornografie entwickelt. Spanien kommt damit einer EU-weiten Regelung zuvor, denn die EU will bis Oktober 2027 Plattformen dazu verpflichten, das Alter der Nutzer zu verifizieren, andernfalls drohen Geldstrafen und ein Verbot der Plattformen.
In Deutschland werden solche weitgehenden Maßnahmen eher kritisch gesehen. So verfolgt die Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz (BzKJ) auf der Grundlage deutschen und europäischen Rechts einen anderen Ansatz: Sie stellt die digitalen Kinderrechte in den Mittelpunkt, sieht die Anbieter digitaler Plattformen in der Pflicht. Sebastian Gutknecht, der Direktor der BzKJ erklärt dazu: „Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf digitale Teilhabe und darauf, digitale Lebensräume sicher zu erkunden. Die Anbieter haben in Europa die gesetzliche Pflicht, ihre Plattformen für junge Menschen mit strukturellen Vorsorgemaßnahmen möglichst sicher zu gestalten. Das völlige Verbot von Social Media für unter 16-Jährige halte ich aber für zu weitgehend.“
Thüringens neuer Bildungsminister Christian Tischner von der CDU dagegen sieht ein Social-Media-Verbot für unter 16-Jährige nach australischem Vorbild durchaus positiv: Aus seiner Sicht sei das ein gutes Thema für die Kultusministerkonferenz. Es gebe Mobbing in sozialen Netzwerken, die psychischen Auswirkungen seien für Kinder und Jugendliche groß. Kontrolle dagegen sei schwierig, sagte Tischner gegenüber der dpa.

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