Von Bernhard Kirschner
Seit März können Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, in Tübingen Gutscheine in Bargeld umtauschen. Eine Initiative bietet das an, nachdem der Landkreis begonnen hatte, Bezahlkarten auszugeben.
2024 hatte der Bundestag beschlossen, dass Kommunen AsylbewerberInnen statt Bargeld eine Bezahlkarte aushändigen können. Damit können sie in vielen Einzelhandelsgeschäften bezahlen oder einen Gutschein kaufen. Im Monat kann man damit nur noch 50 Euro abheben.
Diskriminierung von Geflüchteten befürchtet
Nicht-staatliche Organisationen, die sich um Geflüchtete kümmern, halten das für diskriminierend, sagte Anna Mayer tuenews INTERNATIONAL. Sie ist Sprecherin der Tübinger Initiative „Bankkarte für alle – statt Bezahlkarte“. Immer montags von 17:30 bis 19 Uhr kann man im Gemeindezentrum Bachgasse in Tübingen Geld gegen einen Gutschein tauschen.
Große Bereitschaft bei UnterstützerInnen
Bisher haben noch keine Geflüchtete die Möglichkeit genutzt, bedauert Mayer. Weil noch wenige Karten ausgegeben wurden, vermutet sie. Allerdings seien schon einige UnterstützerInnen gekommen und hätten Bargeld gegen eine Quittung dagelassen, so Mayer weiter. Sie erhalten Gutscheine, sobald die ersten abgegeben wurden. Die Bereitschaft erleichtere den Start, so habe man bereits etwas Geld in der Kasse.
Hoher bürokratischer Aufwand
Die Initiative will nicht hinnehmen, dass geflüchtete Menschen in ihren Möglichkeiten derart eingeschränkt werden. In Läden, die kein Kartenlesegerät haben, können sie nicht einkaufen, zum Beispiel in ausländischen Supermärkten, Second-Hand-Läden oder auf Flohmärkten.
Außerdem bedeute die Umstellung einen zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Landkreisverwaltung. Die meisten Betroffenen hätten ein Girokonto, auf das das Geld bisher überwiesen wurde. Nun müsse es auf die Bezahlkarte geladen werden, so Mayer. Bis zum Jahresende will das Landratsamt in Tübingen mit der Umstellung fertig sein. Es gibt über 400 Berechtigte.
Mössingen plant Umtauschmöglichkeit
In anderen Städten wie in München gebe es solche Umtauschaktionen schon länger, weiß Mayer. Dort habe man gute Erfahrungen gemacht. An den Vorreitern orientiert sich Tübingen. Auch in Mössingen will eine Initiative eine Umtauschmöglichkeit anbieten. Allerdings fehlt dafür bisher ein Raum.
Bundestag macht Weg frei für Bezahlkarte
2024 hatte der Bundestag das Asylbewerberleistungsgesetz wegen der Bezahlkarte geändert. Statt staatliche Leistungen in bar oder als Scheck auszuzahlen, werde das Geld auf die Karte gebucht, heißt es in einer Mitteilung der Bundesregierung. Damit sollen unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder an Familien in den Heimatländern verhindert werden. Das soll den Anreiz für die sogenannte irreguläre Migration senken. Zudem soll die Karte die Verwaltung der Kommunen entlasten.
Weitere Informationen finden sich unter:
keep.tuebingen.social | Aktion Kartentausch
bei tuenews unter: tun25012802
Kreis Tuebingen | Asylbewerberleistungen
Bundesregierung | Bezahlkarte für Geflüchtete
tun25030409