28. September 2025

Rettung archäologischer Stätten in Syrien mit Hilfe von Drohnen

Von Bernhard Kirschner

Youssef Kanjou setzt sich für die Rettung archäologischer Stätten in Syrien ein. Der ehemalige Direktor des Nationalmuseums von Aleppo ist 2013 vor dem Krieg in seinem Heimatland geflohen und lebt inzwischen mit seiner Familie in der Nähe von Tübingen.
Viele archäologische Stätten und Gebäude in Syrien sind zerstört, beschädigt oder bedroht. Nach dem Sturz des Assad-Regimes besteht nun die Möglichkeit mit internationaler Hilfe das kulturelle Erbe zu retten. Dazu möchte Youssef Kanjou, Mitarbeiter bei tuenews INTERNATIONAL, einen Beitrag leisten.

Beseitigung von Minen und anderen Kampfmitteln
An vielen Stellen sind Minen vergraben, nicht explodierte Granaten oder Munitionsreste zurückgeblieben. Die sollen so schnell wie möglich beseitigt werden, ist das Ziel des Archäologen und seiner MitstreiterInnen. Denn eine Fortsetzung der Ausgrabungen ist derzeit undenkbar. „Aber vor allem geht um die Sicherheit der Kinder, die oft dort spielen“, ist Kanjou besorgt.

Pilotprojekt mit Drohnen
Deshalb hat der 53-Jährige mit Unterstützung von KollegInnen an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW) und der Gerda-Henkel-Stiftung ein Pilotprojekt mit Drohnen gestartet. Sie sollen das Gelände systematisch abfliegen und fotografieren. Die Bilder werden in eine Datenbank eingespeist und ausgewertet. Das daraus erstellte dreidimensionale Modell soll Experten in die Lage versetzen, die Kampfmittel zu lokalisieren und zu beseitigen. Außerdem sollen damit die archäologischen Stätten und Gebäude digital in einer landesweiten Datenbank dokumentiert und erfasst werden.

Drohnen-Workshop in Aleppo
Dazu gab es im Mai einen einwöchigen Workshop in Aleppo. Ein deutscher Trainer von HTW schulte Mitarbeitende des Nationalmuseums von Aleppo, der Antikenverwaltung von Damaskus und Leute der privaten Zivilschutzorganisation „Weißhelme”. Sie wurden mit dem Steuern einer Drohne und dem Erfassen und der Auswertung der Daten vertraut gemacht. Nach der theoretischen Einweisung haben sie auf der Zitadelle von Aleppo mit der Drohne geübt. Das Gelände wurde systematisch abgeflogen und fotografiert. Danach ging es zum Tell Al-Iss, einem Hügel in der Nähe von Aleppo, der bereits in der Bronzezeit und der hellenistischen und byzantinischen Zeit besiedelt war.

Archäologische Stätte hart umkämpft
Der Ort hatte im Krieg eine strategische Bedeutung. Militär hatte das Gelände planiert und Wälle aufgeschüttet. Es war umkämpft, weiß Kanjou. Deshalb werden dort Munitionsreste vermutet. Entdeckt hat man bisher nichts, aber die Auswertung der Drohnenbilder läuft noch. Sollte etwas gefunden werden, sollen Spezialisten die Kampfmittel beseitigen, so der Plan.

Geldgeber für Drohnen-Projekt gesucht
„Wir sind sehr zufrieden mit dem Verlauf des Pilotprojekts. Es ist eine nützliche Sache“, zieht der 53-jährige Archäologe eine positive Bilanz. Alle seien mit der Ausstattung gut zurechtgekommen. Es gebe großes Interesse von anderen archäologischen Teams in Syrien. Sogar eine Delegation der deutschen Botschaft in Damaskus habe kurz vorbeigeschaut, erzählt Kanjou. Er möchte das Drohnen-Projekt auf weitere archäologische Stätten in Syrien ausweiten und sucht dafür Geldgeber in Deutschland. Das ist seine nächste große Herausforderung auf dem Weg zum Aufbau seines Heimatlandes.

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